Hyrkanischer Wald
Der Hyrkanische Wald ist ein Gebirgswald in der Nähe der südlichen Küste des Kaspischen Meeres in Aserbaidschan und im Iran. Er erstreckt sich über eine Fläche von 55.000 Quadratkilometern. Ein Teil des iranischen Anteils des Hyrkanischen Waldes wurde 2019 in das Weltnaturerbe der UNESCO aufgenommen.
- Nicht zu verwechseln mit dem Herkynischen Wald
Hyrkanische Wälder | |
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UNESCO-Welterbe | |
Hyrkanischer Regenwald in der Provinz Gilan, Iran | |
Vertragsstaat(en): | Iran |
Typ: | Natur |
Kriterien: | (ix) |
Fläche: | 129.484,74 ha |
Pufferzone: | 177.128,79 ha |
Referenz-Nr.: | 1584 |
UNESCO-Region: | Asien und Pazifik |
Geschichte der Einschreibung | |
Einschreibung: | 2019 (Sitzung 43) |
Wortherkunft
Hyrkanien war die altgriechische Bezeichnung für altpersisch Varkāna („Land der Wölfe“).
Lage
Dieses Ökosystem liegt in der antiken Landschaft Hyrkanien am südlichen Kaspischen Meer. Das Gebiet umfasst den Südosten von Aserbaidschan, die Lenkoraner Niederung sowie das Talysch-Gebirge. Im Iran zieht es sich entlang der Küste des Kaspischen Meeres, sowie den nördlichen Hängen des Elburs-Gebirges; dort beträgt die Waldfläche 30.400 km² und besitzt somit die meiste Waldfläche. Im südlichen Teil geht das Waldgebiet in größeren Höhen in die Elburs Steppenwald-Region über.
Das Klima der Ökoregion ist feuchtsubtropisch, in höheren und nördlichen Lagen ozeanisch und in den Gebirgen feuchtkontinental. Der jährliche Niederschlag liegt zwischen 900 mm im Norden bis 2900 mm im Süden, was dieses Ökosystem erheblich satter macht als die Wüstenregionen, Halbwüstenregionen und Steppen in seinen Grenzgebieten. Die südlichen Bereiche erfüllen die Bedingungen für einen Regenwald der gemäßigten Breiten mit einem Niederschlag von 2000 mm im Jahr.
Flora
Einst waren die Küstenebenen des Kaspischen Meeres von Schwarzerlen-Wäldern bedeckt (Alnus glutinosa). Die Flüsse in der Küstenebene waren von der Silber-Pappel (Populus alba), der Kaukasischen Flügelnuss (Pterocarya fraxinifolia) und der Kaukasischen Erle (Alnus subcordata) gesäumt. Diese Gebiete sind inzwischen fast vollständig überbaut oder werden landwirtschaftlich genutzt. In den niederen Anhöhen des Talysch- und Elbursgebirges findet man unterschiedliche Wälder mit Eisenholz (Parrotia persica), der Kaukasischen Zelkove (Zelkova carpinifolia), dem Seidenbaum (Albizia julibrissin), Ebenholz (Diospyros lotus), Stechpalmen (Ilex hyrcana), Mäusedorn (Ruscus hyrcanus) sowie Stechwinden (Smilax excelsa)[1]. Das Eisenholz ist für das Talysch-Gebirge und Nordiran endemisch, wobei es zu einer beachtlichen Dichte der Baumbestände kommen kann. Flechtenbewachsene Äste sind hier ineinander verwachsen und lediglich tote Blätter sind im tiefen Schatten des Waldbodens zu finden. Im Herbst nehmen die gelben Blätter des Eisenholz-Baumes eine zarte Fliederfarbe an.[2] Im äußersten Osten des Elburs-Gebirges (Golestan) dominieren Eichen und Ahorn-Bäume, wobei Buchen in Richtung Westen (Gilan) häufiger vorkommen. In den Hyrkanischen Wäldern findet man kaum Totholz, da wegen des warm-feuchten Klimas das tote Holz schnell verrottet.
Die mittleren Höhen werden von der Orient-Buche (Fagus orientalis), Eichen (Quercus spp.), Hainbuche (Carpinus spp.), und Edelkastanie (Castanea sativa) dominiert. In dieser Buchenwaldstufe befinden sich größere, unzugängliche Urwälder in einer auf der Nordhalbkugel einmaligen jungfräulichen Qualität, das heißt in annähernd unberührtem Zustand (selbst ohne jegliche historische Beeinflussung durch frühere Kulturen). Das und die Tatsache, dass diese hyrkanischen Wälder auch während der Eiszeit weitgehend von der Vereisung der Nordhalbkugel verschont blieben, verleiht ihnen heute den Qualitätszustand eines sog. „hot spots“. Darunter versteht man in der internationalen Biodiversitätsdiskussion die Ballung sog. endemischer Arten, die nur an einem Ort und sonst nirgends vorkommen, also einen unwiederbringlichen Genpool darstellen[3].
Die höheren Gebirgs- und subalpinen Zonen sind durch Steppen, Macchia und die Persische Eiche charakterisiert. Alpine Tundra und Weiden befinden sich in den höchsten Erhebungen.
Fauna
Einst lebte hier der heute ausgerottete Kaspische Tiger (Panthera tigris virgata). Weitere heute noch existierende größere Säugetiere sind der Persische Leopard (Panthera pardus saxicolor = ciscaucasica), der Eurasische Luchs (Lynx lynx), der Braunbär (Ursus arctos), das Wildschwein (Sus scrofa), der Wolf (Canis lupus), der Goldschakal (Canis aureus), die Rohrkatze (Felis chaus), der Transkaukasische Dachs (Meles canescens), der Rothirsch und der Fischotter (Lutra lutra)[1]. Noch im Mittelalter lebte dort wohl auch der Bergwisent.[4] Das Ökogebiet ist außerdem ein wichtiger Rastplatz für Zugvögel zwischen Russland und Afrika. Es bildet ein Schlüsselhabitat für viele Vogelarten. Zu den hervorstehenden Tierarten gehören die Graugans (Anser anser), die Blässgans (Anser albifrons), die Zwergtrappe (Tetrax tetrax), der Braune Sichler (Plegadis falcinellus), der Löffler (Platalea leucorodia), der Nachtreiher (Nycticorax nycticorax), die Rothalsgans (Branta ruficollis), der Wanderfalke (Falco peregrinus), der Krauskopfpelikan (Pelecanus crispus), der Kuhreiher (Bubulcus ibis), der Rallenreiher (Ardeola ralloides), der Rosaflamingo (Phoenicopterus roseus) und die Weißkopfruderente (Oxyura leucocephala)[1].
- Braunbär
- Persischer Leopard
- Eurasischer Luchs
- Wolf
- Rohrkatze
- Fischotter
- Krauskopfpelikan
- Rosaflamingo
Naturschutzgebiete
Naturschutzgebiete in Aserbaidschan
- Gizil-Agach-Staatsreservat – 88,4 km²
- Hirkan-Nationalpark – 427,97 km²
- Zuvand-Nationalpark – 15 km²
Naturschutzgebiete im Iran
- Golestan-Nationalpark – 918,9 km²
- Jahannama-Naturschutzgebiet – 384 km²
- Alborz-Naturschutzgebiet – 134 km²
- Lisar-Naturschutzgebiet – 352,044 km²
- Siah-Keshim-Naturschutzgebiet – 416 km²
- Dodangeh-Naturschutzgebiet
- Miankaleh-Naturschutzgebiet – 376 km²
- Selkeh-Naturschutzgebiet
- Dashtenaz-Naturschutzgebiet – 56 km²
- Findiqliq Nationalpark – 24 km²
- Gasht-Rodkan Naturschutzgebiet – 574 km²
- Javaherdasht Naturschutzgebiet – 266 km²
- Beles Kuh Naturschutzgebiet – 135 km²
- Vaz Naturschutzgebiet – 152 km²
- Do Dangeh und Boola Naturschutzgebiet – 430 km²
Weltnaturerbe
Eine Fläche von sieben Prozent des hyrkanischen Waldes im Iran wurde im Jahr 2019 von der UNESCO unter dem Titel "Hyrkanische Wälder" als Stätte des Weltnaturerbes in die Liste des Welterbes aufgenommen. Als Grund für die Aufnahme als Weltnaturerbe nennt die UNESCO die hohe Biodiversität. Die Region beheimate aufgrund ihrer verhältnismäßig starken Isolation eine große Zahl nur dort vorkommender, bedrohter oder woanders bereits ausgestorbener Tier- und Pflanzenarten.[5]
Die Welterbestätte umfasst 15 Gebiete, welche über drei Provinzen verteilt sind. Laut UNESCO sind diese Regionen repräsentativ für die unterschiedlichen Charakteristika der hyrkanischen Region und des Ökosystems des hyrkanischen Waldes. Die 15 Gebiete sind die folgenden:[5]
Karte mit allen Koordinaten der Welterbebestandteile: OSM
ID | Name und Ort | Land (Provinz) | Koordinaten | Fläche | Pufferzone |
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1584-001 | Golestan (Nord) | Iran (Golestan) | 37° 25′ 17″ N, 55° 43′ 27″ O | 17.873,18 ha | 64.300,77 ha |
1584-002 | Golestan (Süd) | Iran (Golestan) | 37° 20′ 26″ N, 55° 43′ 32″ O | 10.658,08 ha | |
1584-003 | Abr (Ost) | Iran (Golestan) | 36° 48′ 45″ N, 54° 56′ 42″ O | 6.672,52 ha | 23.323,35 ha |
1584-004 | Abr (West) | Iran (Golestan) | 36° 48′ 57″ N, 55° 6′ 3″ O | 10.991,08 ha | |
1584-005 | Jahan Nama | Iran (Golestan) | 36° 39′ 55″ N, 54° 24′ 6″ O | 11.339,73 ha | 26.862,83 ha |
1584-006 | Boola | Iran (Mazandaran) | 36° 5′ 56″ N, 53° 23′ 38″ O | 17.516,47 ha | 12.344,21 ha |
1584-007 | Alimestan | Iran (Mazandaran) | 36° 10′ 25″ N, 52° 24′ 14″ O | 394,30 ha | 845,98 ha |
1584-008 | Vaz (Ost) | Iran (Mazandaran) | 36° 16′ 45″ N, 52° 7′ 30″ O | 2.218,16 ha | 3.720,15 ha |
1584-009 | Vaz (West) | Iran (Mazandaran) | 36° 18′ 27″ N, 52° 3′ 40″ O | 4.692,37 ha | |
1584-010 | Kojoor | Iran (Mazandaran) | 36° 32′ 46″ N, 51° 40′ 4″ O | 14.891,80 ha | 9.628,50 ha |
1584-011 | Chahar-Bagh | Iran (Mazandaran) | 36° 15′ 31″ N, 51° 13′ 2″ O | 6.886,44 ha | 2.663,80 ha |
1584-012 | Khoshk-e-Daran | Iran (Mazandaran) | 36° 43′ 38″ N, 51° 3′ 50″ O | 214,47 ha | 39,08 ha |
1584-013 | Siahroud-e-Roudbar | Iran (Gilan) | 36° 53′ 59″ N, 49° 40′ 19″ O | 11.197,40 ha | 15.897,40 ha |
1584-014 | Gast Roudkhan | Iran (Gilan) | 37° 3′ 56″ N, 49° 9′ 10″ O | 10.541,13 ha | 16.015,37 ha |
1584-015 | Lisar | Iran (Gilan) | 37° 56′ 8″ N, 48° 49′ 56″ O | 3.397,61 ha | 1.487,35 ha |
Weblinks
- Hyrkanischer Wald auf der Website des Welterbezentrums der UNESCO (englisch und französisch).
- Artikel auf Worldwildlife (englisch)
- Artikel auf Livius zu Hyrcania (englisch)
Einzelnachweise
- Caspian Hyrcanian mixed forests (PA0407). World Wildlife Fund. Abgerufen am 7. Januar 2011.
- Ornamental plants from Azerbaijan. Missouri Botanical Garden. Abgerufen am 7. Januar 2011.
- Wilhelm Bode und H. D. Knapp (Hrsg.): Schutz der Biologischen Vielfalt und integriertes Management der Kaspischen Wälder (Nordiran). [bilingual Deutsch/Farsi]. Bundesamt für Naturschutz, Bonn-Bad Godesberg 2005, ISBN 3-7843-3912-3 (Naturschutz und Biologische Vielfalt; 12)
- V. G. Heptner, A. A. Nasimovich und A. G. Bannikov: Mammals of the Soviet Union (Mlekopitayushchie Sovetskogo Soyuza) English edition. Volume 1: Artiodactyla and Perissodactyla. Smithsonian Institution Libraries and The National Science Foundation, Washington, D.C. 1988 (übersetzt für die Smithsonian Institution von P. M. Rao, zuerst erschienen bei Vysshaya Shkola Publishers Moscow, 1961), S. 557–599
- Hyrcanian Forests: Multiple locations (15). UNESCO-Webseite, abgerufen am 7. Juni 2019 (englisch).