Hermannroseit
Hermannroseit ist ein extrem selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“. Er kristallisiert im orthorhombischen Kristallsystem mit der chemischen Zusammensetzung CaCu(PO4,AsO4)(OH)[1] und ist damit chemisch gesehen ein Calcium-Kupfer-Phosphat-Arsenat mit einem zusätzlichen Hydroxidion.
Hermannroseit | |
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Allgemeines und Klassifikation | |
Andere Namen |
IMA 2010-0006 |
Chemische Formel | CaCu(PO4,AsO4)(OH)[1] |
Mineralklasse (und ggf. Abteilung) |
Phosphate, Arsenate, Vanadate |
System-Nr. nach Strunz und nach Dana |
8.BH.35 (8. Auflage: VII/B.26) 41.05.01.11 (?) |
Kristallographische Daten | |
Kristallsystem | orthorhombisch |
Kristallklasse; Symbol | orthorhombisch-disphenoidisch; 222[1] |
Raumgruppe | P212121 (Nr. 19)[1] |
Gitterparameter | a = 7,328 Å; b = 9,123 Å; c = 5,769 Å[1] |
Formeleinheiten | Z = 4[1] |
Physikalische Eigenschaften | |
Mohshärte | nicht bestimmbar[1] |
Dichte (g/cm3) | 4,08 (berechnet)[1] |
Spaltbarkeit | keine Angaben[1] |
Bruch; Tenazität | keine Angaben; keine Angaben[1] |
Farbe | grasgrün[1] |
Strichfarbe | blassgrün[1] |
Transparenz | durchscheinend bis durchsichtig[1] |
Glanz | Glasglanz[1] |
Kristalloptik | |
Brechungsindex | n = 1,77 (berechnet)[1] |
Optischer Charakter | zweiachsig, Orientierung nicht bestimmbar[1] |
Pleochroismus | wahrscheinlich stark von gelbgrün über smaragdgrün nach blaugrün wie im Konichalcit[1] |
Hermannroseit findet sich an seiner Typlokalität in Form von bis zu 3 mm mächtigen, nierigen Aggregaten und Krusten, die aus Konichalcit mit eingeschlossenen alternierenden Sequenzen aus mikrokristallinem Konichalcit, Hermannroseit, Hydroxylapatit und Whitlockit bestehen. Die mittlere Korngröße des Hermannroseits beträgt 0,7 μm.[1]
Die Typlokalität des Minerals ist die so genannte zweite Oxidationszone (28. Sohle, Abbauort East 49) der Tsumeb Mine bei Tsumeb, Region Oshikoto, Namibia.[1]
Etymologie und Geschichte
Hermannroseit wurde auf einer Mineralstufe entdeckt, die der ehemalige Grubengeologe der Tsumeb Mine und Chefmineraloge der Tsumeb Corporation Limited Bruno Herrmann Geier (1902–1987) in den 1960er Jahren in der zweiten Oxidationszone der Tsumeb Mine gesammelt hatte. Geiers Erben stellten dieses Mineral den Autoren der Typpublikation zur Identifizierung zur Verfügung.[1] Entsprechende Untersuchungen führten zur Feststellung des Vorliegens eines neuen Minerals, das im Mai 2010 von der International Mineralogical Association (IMA) unter der vorläufigen Bezeichnung IMA 2011-053 anerkannt wurde. Durch ein deutsches Forscherteam mit Jochen Schlüter, Dieter Pohl und Georg Gebhard erfolgte im Jahre 2011 im deutschen Wissenschaftsmagazin „Neues Jahrbuch für Mineralogie, Abhandlungen“ die wissenschaftliche Erstbeschreibung dieses Minerals als Hermannroseit (englisch Hermannroseite).[1] Die Autoren benannten das Mineral nach dem deutschen Mineralogen, Kristallographen und Hochschullehrer Hermann Rose (1883–1976), ehemaliger Leiter des Mineralogisch-Petrographischen Instituts der Universität Hamburg und seit 1972 Ehrenmitglied der Deutschen Mineralogischen Gesellschaft.[1]
Typmaterial des Minerals wird im Mineralogischen Museum der Universität Hamburg in Deutschland (Holotyp, Sammlungs-Nr. MMHH TS 637, im Tresor des Museums) aufbewahrt.[1][2]
Klassifikation
Die veraltete, aber teilweise noch gebräuchliche 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz führt den Hermannroseit noch nicht auf. Er würde vermutlich zur Mineralklasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“ und dort zur Abteilung der „Wasserfreien Phosphate mit fremden Anionen“ gehören, wo er zusammen mit Adelit, Austinit, Cobaltaustinit, Duftit, Gabrielsonit, Gottlobit, Konichalcit, Nickelaustinit und Tangeit die „Adelitgruppe“ mit der System-Nr. VII/B.26 gebildet hätte.
Die seit 2001 gültige und von der IMA verwendete 9. Auflage der Strunz'schen Mineralsystematik kennt den Hermannroseit ebenfalls noch nicht. Hier würde er ebenfalls in die Abteilung der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“ und dort in die Abteilung der „Phosphate usw. mit zusätzlichen Anionen; ohne H2O“ eingeordnet werden. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach der relativen Größe der beteiligten Kationen und dem Stoffmengenverhältnis der zusätzlichen Anionen (OH usw.) zum Phosphat-, Arsenat- bzw. Vanadatkomplex RO4, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Mit mittelgroßen und meist großen Kationen; (OH usw.) : RO4 = 1 : 1“ zu finden ist, wo es zusammen mit Adelit, Arsendescloizit, Austinit, Cobaltaustinit, Duftit, Gabrielsonit, Gottlobit, Konichalcit, Nickelaustinit und Tangeit die „Adelitgruppe“ mit der System-Nr. 8.BH.35 bildet.
Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana würde den Hermannroseit in die Klasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“ und dort in die Abteilung der „Wasserfreien Phosphate etc., mit Hydroxyl oder Halogen“ einordnen. Hier wäre er ebenfalls zusammen mit Adelit, Austinit, Duftit-Beta, Gabrielsonit, Tangeit, Konichalcit, Nickelaustinit, Cobaltaustinit, Arsendescloizit und Gottlobit in der „Adelitgruppe“ mit der System-Nr. 41.05.01 innerhalb der Unterabteilung der „Wasserfreien Phosphate etc., mit Hydroxyl oder Halogen mit (AB)2(XO4)Zq“ zu finden.
Chemismus
Einhundertfünfzig Mikrosondenanalysen an Hermannroseit aus der „Tsumeb Mine“ ergaben Mittelwerte von 22,80 % CaO; 34,52 % CuO; 0,58 % ZnO; 15,16 % P2O5; 21,88 % As2O5; 1,02 % V2O5; 4,04 % H2O (aus der Differenz berechnet), woraus sich auf der Basis von fünf Sauerstoffatomen p.f.u. (pro Formeleinheit) die empirische Formel Ca0,96(Cu1,03Zn0,02)(P0,51As0,45V0,03)O3,94(OH)1,06 errechnete. Für die Analyse mit dem höchsten Phosphorgehalt errechnete sich die empirische Formel zu Ca0,96(Cu0,99Zn0,01)(P0,64As0,30V0,01)O3,68(OH)1,32. Die empirische Formel lässt sich zu CaCu(PO4,AsO4)(OH) idealisieren, wobei die Formel für das reine Phosphat-Endglied mit CaCuPO4(OH) angegeben wird.[1]
Hermannroseit ist das Phosphat-dominante Analogon des Arsenat-dominierten Konichalcits. Kontinuierliche Substitution von P5+ für As5+ führt dabei zum ersten Phosphatmineral der Adelit-Gruppe als Subgruppe der Adelit-Descloizit-Gruppe.[1] Hermannroseit ist ferner auch das Phosphat-dominante Analogon des Vanadat-dominierten Tangeits, CaCuVO4(OH).[3]
Kristallstruktur
Hermannroseit kristallisiert im orthorhombischen Kristallsystem in der Raumgruppe P212121 (Raumgruppen-Nr. 19) mit den Gitterparametern a = 7,328 Å; b = 9,123 Å und c = 5,769 Å sowie vier Formeleinheiten pro Elementarzelle.[1]
Hermannroseit ist isotyp (isostrukturell) mit seinem Phosphat-Analogon Konichalcit.[1]
Eigenschaften
Morphologie
Hermannroseit bildet an seiner Typlokalität bis zu 3 mm mächtige, nierige Mineral-Aggregate und Krusten, die aus Konichalcit mit eingeschlossenen alternierenden Sequenzen aus mikrokristallinem Konichalcit, Hermannroseit, Hydroxylapatit und Whitlockit bestehen. In diesen Aggregaten findet sich Hermannroseit unter einer dünnen äußeren Kruste aus Konichalcit. Die mittlere Korngröße des Hermannroseits beträgt 0,7 μm.[1]
Physikalische und chemische Eigenschaften
Hermannroseit ist grasgrün[1], seine Strichfarbe ist dagegen immer blassgrün[1]. Die Oberflächen der durchscheinenden bis durchsichtigen Aggregate weisen einen glasartigen Glanz[1] auf, was gut mit dem Wert für die mittlere Lichtbrechung übereinstimmt. Dieser Wert beträgt nach Berechnungen 1,77.[1] Obwohl an den Dünnschliffen des Hermannroseits kein Pleochroismus festgestellt worden ist, sollte Hermannroseit, analog Konichalcit, einen starken Pleochroismus von gelbgrün über smaragdgrün nach blaugrün aufweisen.[1]
An den Aggregaten des Hermannroseits konnte weder eine Spaltbarkeit noch ein Bruch festgestellt werden. Ebenso fehlen Angaben zur Tenazität. Aufgrund der geringen Korngröße konnte auch die Mohshärte nicht bestimmt werden.[1] Die aus der Einheitszelle und der empirischen Formel für Hermannroseit berechnete Dichte beträgt 4,08 g/cm³.[1] Das Mineral zeigt weder im lang- noch im kurzwelligen UV-Licht eine Fluoreszenz.[1]
Bildung und Fundorte
Als extrem seltene Mineralbildung (bekannt ist lediglich eine einzige Stufe) konnte Hermannroseit bisher (Stand 2018) lediglich von einem Fundort beschrieben werden.[4][5] Als Typlokalität gilt die „Tsumeb Mine“ bei Tsumeb, Region Oshikoto, Namibia, wobei der genaue Fundort innerhalb des Bergwerks auf der 28. Sohle, Abbauort East 49 im Bereich der zweiten Oxidationszone, liegt.[1][6] Vorkommen von Hermannroseit in Deutschland, Österreich oder in der Schweiz sind damit nicht bekannt.[5]
Hermannroseit ist ein typisches Sekundärmineral, welches sich in der Oxidationszone einer arsenreichen polymetallischen Buntmetall-Lagerstätte gebildet hat. Hermannroseit und Konichalcit fanden sich hier in Form von nierig-traubigen Aggregaten, die eine Druse im massiven Hydroxylapatit auskleiden, welcher durch amorphe Manganoxide und Manganhydroxide schwarz gefärbt ist. Weitere Parageneseminerale sind Pseudomalachit und Whitlockit.[1]
Verwendung
Mit einem durchschnittlichen CuO-Gehalt von 34,52 Gew.-% wäre Hermannroseit ein Kupfererz. Aufgrund seiner extremen Seltenheit ist er aber nur für den Mineralsammler von Interesse.
Siehe auch
Literatur
- Jochen Schlüter, Dieter Pohl, Georg Gebhard: The new mineral hermannroseite, CaCu(PO4,AsO4)(OH), the phosphate analogue of conichalcite, from Tsumeb, Namibia. In: Neues Jahrbuch für Mineralogie, Abhandlungen. Band 188, Nr. 2, 2011, S. 135–140, doi:10.1127/0077-7757/2011/0186.
Weblinks
Einzelnachweise
- Jochen Schlüter, Dieter Pohl, Georg Gebhard: The new mineral hermannroseite, CaCu(PO4,AsO4)(OH), the phosphate analogue of conichalcite, from Tsumeb, Namibia. In: Neues Jahrbuch für Mineralogie, Abhandlungen. Band 188, Nr. 2, 2011, S. 135–140, doi:10.1127/0077-7757/2011/0186.
- Typmineral-Katalog Deutschland – Aufbewahrung der Holotypstufe Hermannroseit
- Mindat – Hermannroseite (englisch)
- Mindat – Anzahl der Fundorte für Hermannroseit (englisch)
- Fundortliste für Hermannroseit beim Mineralienatlas und bei Mindat
- Tsumeb.com – Hermannrosite (englisch)