Geschwister Scholl
Bei den Geschwistern Scholl handelt es sich nach üblicher Sprechweise um Hans und Sophie Scholl. Beide wurden bekannt als Mitglieder der „Weißen Rose“, einer in ihrem Kern studentischen Münchener Gruppe, die während des Zweiten Weltkriegs im Widerstand gegen den Nationalsozialismus aktiv war, insbesondere bei der Verbreitung von Flugblättern gegen den Krieg und die faschistische Diktatur unter Adolf Hitler.
Hans und Sophie Scholl gelten seit der Nachkriegszeit bis in die Gegenwart als bedeutende Symbolgestalten eines an humanistischen Werten orientierten Widerstands innerhalb Deutschlands gegen das totalitäre NS-Regime.
Leben
Im weiteren genealogischen Sinn waren die „Geschwister Scholl“ sechs Geschwister: Inge (1917–1998), Hans (1918–1943), Elisabeth (1920–2020), Sophie (1921–1943), Werner (1922–1944, vermisst in Russland[1]) und die sehr früh verstorbene Thilde Scholl (1925–1926). Ihre Eltern waren der Politiker Robert Scholl (1891–1973) und Magdalena Scholl, geb. Müller (1881–1958). Die Familie lebte bis 1930 in Forchtenberg, von 1930 bis 1932 in Ludwigsburg und ab 1932 in Ulm (jeweils Württemberg).
Das Geschwisterpaar Hans und Sophie Scholl wurde am 18. Februar 1943 beim Auslegen von Flugblättern an der Münchner Universität von deren Hausmeister Jakob Schmid überrascht und bei der Gestapo denunziert. Bereits am 22. Februar 1943 wurden sie vom Volksgerichtshof unter der Leitung von Roland Freisler zum Tod verurteilt und noch am selben Tage im Gefängnis München-Stadelheim von Johann Reichhart mit der Guillotine enthauptet. Ihr Grab befindet sich auf dem dortigen Friedhof am Perlacher Forst (Grab Nr. 73-1-18/19).
Würdigung und Rezeption
Geschwister Scholl als Namensgeber
Nach 1945 wurden in zahlreichen deutschen Städten in der Bundesrepublik und der Deutschen Demokratischen Republik Straßen, Wege und Plätze nach den Geschwistern benannt. Mit fast 600 solcher Straßennamen sind sie die Personen, die am häufigsten gemeinsam in einem Straßennamen erscheinen. Auch Schulen, Kindergärten und Kindertagesstätten wurden nach den Geschwistern benannt (siehe Geschwister-Scholl-Schule), ferner seit 1948 das Geschwister-Scholl-Haus in Leipzig (es beherbergt heute das Institut für Kunstpädagogik der Universität Leipzig) und das ab 1959 erbaute „Studentenwohnheim Geschwister Scholl“ in München.[2] Der Vorplatz des Hauptgebäudes der Ludwig-Maximilians-Universität München trägt den Namen Geschwister-Scholl-Platz. Der Vorplatz der Außenstelle Brixen der Freien Universität Bozen trägt den Namen „Geschwister-Scholl-Platz“.[3]
Am 30. Januar 1968 wurde das in der Nachkriegszeit neu gegründete Geschwister-Scholl-Institut für politische Wissenschaft der Ludwig-Maximilians-Universität München nach den Geschwistern benannt. Eine von der Studierendenvertretung an der LMU München angeregte Umbenennung der Universität in „Geschwister-Scholl-Universität“ wurde von der Universitätsleitung abgelehnt.
Der Landesverband Bayern des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels vergibt zusammen mit der Stadt München jährlich den mit 10.000 Euro dotierten Geschwister-Scholl-Preis für ein Buch, welches „von geistiger Unabhängigkeit zeugt und geeignet ist, bürgerliche Freiheit, moralischen, intellektuellen und ästhetischen Mut zu fördern und dem gegenwärtigen Verantwortungsbewusstsein wichtige Impulse zu geben“. Der Preis wird in der Aula der Ludwig-Maximilians-Universität München überreicht.
Einer der ersten neuen Intercity-Express-Züge (ICE 4) wurde nach den Geschwistern Scholl benannt.[4]
Denkmäler und Gedenkorte
Vor dem Geschwister-Scholl-Studentenwohnheim am Steinickeweg in München steht ein 1962 von Christine Stadler geschaffenes Denkmal. Von ihr stammt auch eine Bronzeplastik für die Geschwister am Gebäude der Katholischen Akademie Bayern in der Mandlstraße. Am ehemaligen Wohnhaus der Geschwister an der Franz-Joseph-Straße 13 befindet sich seit 1968 eine Gedenktafel.[5]
Auf dem Geschwister-Scholl-Platz in München sind die auf dem Boden liegenden Flugblätter der „Weißen Rose“ in Stein dargestellt. Seit 1997 erinnert eine Denkstätte am Lichthof des Hauptgebäudes der Universität an die Geschwister Scholl und weitere Mitglieder der Weißen Rose. Im Lichthof befindet sich seit 2005 eine Bronzebüste von Sophie Scholl.
Ebenfalls 2005 wurde eine privat initiierte Gedenktafel für Hans und Sophie Scholl am Wohnhaus der Familie Scholl in den Jahren 1930–1932 in Ludwigsburg angebracht und in Gegenwart von Elisabeth Hartnagel geb. Scholl eingeweiht.[6]
Im Eingangsbereich des Regionalen Berufsbildungszentrums Technik in Kiel steht seit Mai 2013 eine Skulptur von Michael R. Sander.[7]
Filme
Der Film Die weiße Rose von Regisseur Michael Verhoeven war der erfolgreichste deutsche Kinofilm des Jahres 1982.
Die letzten Tage im Leben der Geschwister Scholl sind das Thema des deutschen Films Sophie Scholl – Die letzten Tage, der auf der Berlinale 2005 den Silbernen Bären gewann und 2006 für den Oscar nominiert war.
Weblinks
Einzelnachweise
- Schwester von Hans und Sophie Scholl erzählt. In: mainpost.de. 22. Februar 2013 (mainpost.de [abgerufen am 9. Oktober 2018]).
- Studentenwohnheim Geschwister Scholl: Unser Name schollheim.net
- https://www.stol.it/artikel/chronik/bozen-gedenkt-hans-und-sophie-scholl
- Bahn tauft neue Züge: Ein ICE4 namens Einstein
- Helga Pfoertner: Mit der Geschichte leben. (Memento vom 28. April 2014 im Internet Archive) Bd. 1, Literareron, München 2001, ISBN 3-89675-859-4, S. 149–158 (PDF, 1,1 MB).
- Ein lebendiger Ort für Sophie Scholl. In: Ludwigsburger Kreiszeitung vom 25. September 2018 (online bei lkz.de). - Die Tafel befindet sich am Eckhaus Schillerplatz 7/Myliusstraße.
- Geschwister Scholl Denkmal, Kiel. In: YouTube, 5. April 2014 (Video).