Inge Aicher-Scholl
Inge Aicher-Scholl (* 11. August 1917 in Ingersheim-Altenmünster (heute Crailsheim); † 4. September 1998 in Leutkirch im Allgäu) war eine deutsche Kulturschaffende, Gründerin und Leiterin der Ulmer Volkshochschule (1946–1978), Mitgründerin der Hochschule für Gestaltung Ulm und Schriftstellerin.
Leben
Inge Scholl war das erste von sechs Kindern der Eheleute Magdalena und Robert Scholl, ihre Geschwister waren Hans (1918–1943), Elisabeth Hartnagel geb. Scholl (1920–2020), Sophie (1921–1943), Werner (1922–1944) und Thilde (1925–1926) (vgl. auch Geschwister Scholl). Sophie und Hans wurden als Mitglieder der studentischen Widerstandsgruppe Weiße Rose im Februar 1943 wegen ihrer Beteiligung am Widerstand gegen den Nationalsozialismus hingerichtet. Obwohl von ihren Eltern zu christlich-humanistischen Werten erzogen, engagierte sich Inge Scholl in den 1930er Jahren gegen den Willen ihres Vaters in leitender Funktion in der Hitler-Jugend beim Bund Deutscher Mädel (BDM).
Ab 1932 lebte Scholl in Ulm. 1946 gründete sie in der Martin-Luther-Kirche die Ulmer Volkshochschule – als eine der ersten Volkshochschulen im Nachkriegsdeutschland –, die sie auch bis 1974 leitete. 1947 schrieb sie das Buch Die weiße Rose über ihre Geschwister Hans und Sophie und die Münchener Widerstandsgruppe, der sie angehörten. 1950 rief Inge Scholl die Geschwister-Scholl-Stiftung als Trägerin der Hochschule für Gestaltung Ulm ins Leben. 1952 heiratete sie den Gestalter Otl Aicher und trug seither den Namen Inge Aicher-Scholl. Sie hatte mit ihm fünf Kinder.
1972 übersiedelte die Familie nach Rotis, einem Ortsteil von Leutkirch im Allgäu, wo ihr Mann in den 1980er Jahren einige Atelierhäuser erbaute.[1] Bereits Ende der 1960er Jahre engagierte sich Inge Aicher-Scholl als Rednerin bei den Ostermärschen der Friedensbewegung. So nahm sie etwa 1985 an Blockaden vor dem amerikanischen Raketendepot auf der Mutlanger Heide teil und wurde dafür zu einer Geldstrafe verurteilt.
Veröffentlichungen
- Inge Scholl: Die weiße Rose. S. Fischer Verlag, Frankfurt/M. 1952
- Sippenhaft. Nachrichten und Botschaften der Familie in der Gestapo-Haft nach der Hinrichtung von Hans und Sophie Scholl. Fischer Verlag, 1993, ISBN 978-3-10-000409-3.
- Eva – Weil du bei mir bist, bin ich nicht allein. Direktverlag, Riedhausen, 1996, ISBN 3-925295-18-6.
Ehrungen und Auszeichnungen
- 1969 Pfaff-Preis für Initiativen im Bildungswesen
- 1987 Allgäuer Friedenspreis
- 1988 Freda-Wüsthoff-Preis
- 1995: Verdienstmedaille des Landes Baden-Württemberg[2]
- 1997: Ehrenbürgerwürde der Stadt Ulm
- 1999: wurde eine Schule für geistig Behinderte in Bad Saulgau-Renhardsweiler nach ihr benannt.
- 2005: wurde die Realschule in Neu-Ulm/Pfuhl nach ihr benannt.[3]
Literatur
- Christine Abele-Aicher (Hrsg.): Die sanfte Gewalt. Erinnerungen an Inge Aicher-Scholl. Süddeutsche Verlagsgesellschaft Ulm im Jan Thorbecke Verlag, Ostfildern 2012, ISBN 978-3-7995-9121-8.
- Christine Hikel: Sophies Schwester. Inge Scholl und die Weiße Rose. Oldenbourg Verlag, München, 2013, ISBN 978-3-486-71718-1. Quellen und Darstellungen zur Zeitgeschichte; Bd. 94. Zugleich Dissertation an der Universität Bielefeld, 2011.
- Frank Raberg: Biografisches Lexikon für Ulm und Neu-Ulm 1802–2009. Süddeutsche Verlagsgesellschaft im Jan Thorbecke Verlag, Ostfildern 2010, ISBN 978-3-7995-8040-3, S. 10 f.
- Winfried Süß: Scholl, Inge. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 23, Duncker & Humblot, Berlin 2007, ISBN 978-3-428-11204-3, S. 444 f. (Digitalisat).
Weblinks
- Literatur von und über Inge Aicher-Scholl im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Werke von und über Inge Aicher-Scholl in der Deutschen Digitalen Bibliothek
- Der Nachlass Inge Aicher-Scholl befindet sich im Institut für Zeitgeschichte und ist dort über die Archivdatenbank recherchierbar (Signatur ED 474).
- Homepage der Ulmer Volkshochschule (vh ulm)
- Interview mit Elisabeth Hartnagel geb. Scholl aus Anlass des 70. Jahrestages der Hinrichtung ihrer Geschwister. In: Mainpost, 14. April 2013.
Einzelnachweise
- Deutschlandradio Kalenderblatt
- Liste der Ordensträger 1975–2021. (PDF; 376 kB) Staatsministerium Baden-Württemberg, 23. Juli 2021
- oberschwaben-portal.de