Feilitzschstraße
Die Feilitzschstraße ist eine rund 450 m lange Straße im Münchner Stadtteil Schwabing. Sie wurde nach der Eingemeindung Schwabings nach München 1891 noch zu dessen Lebzeiten nach dem bayerischen Staatsminister des Inneren Maximilian von Feilitzsch (1834–1913) umbenannt, um Verwechslungen mit der Maffeistraße in der Altstadt zu vermeiden.
Feilitzschstraße | |
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Feilitzschstraße 25 | |
Basisdaten | |
Landeshauptstadt | München |
Stadtbezirk | Schwabing-Freimann |
Hist. Namen | Maffeistrasse |
Name erhalten | 1891 |
Anschlussstraßen | Münchner Freiheit, Keferstraße |
Querstraßen | Leopoldstraße, Marktstraße, Siegesstraße, Occamstraße, Werneckstraße, Ursulastraße, Gunezrainerstraße, Biedersteiner Straße |
Plätze | Münchner Freiheit, Wedekindplatz |
Nummernsystem | Orientierungsnummerierung |
U-Bahnhof | U-Bahnhof Münchner Freiheit |
Nutzung | |
Nutzergruppen | Fußverkehr, Radverkehr, Individualverkehr |
Technische Daten | |
Straßenlänge | 450 m |
Verlauf
Die Feilitzschstraße führt von der Münchner Freiheit und der Leopoldstraße mit teilweise bis in das 18. Jahrhundert zurückreichender Bebauung vorbei am Altschwabinger Dorfplatz, dem heutigen Wedekindplatz, in Richtung Osten zum Englischen Garten und ist von Kinos, Cocktailbars, Kneipen, Restaurants, Boutiquen u. ä. geprägt.
In der Feilitzschstraße 6 befindet sich das Filmunternehmen Constantin Film. In einem Hinterhofsbehelfsbau der Feilitzschstraße 7 befand sich von der Nachkriegszeit der 1950er Jahre bis 2012 die Schwabinger 7. Seit dem von überregionalen Protesten begleiteten Abbruch des Gebäudes befindet sich die Kultkneipe in der Feilitzschstraße 15.[1]
Als am 3. Juni 1967 von einem Straßenfest begleitet aus der Eckwirtschaft Hacklwirt in der Feilitzschstraße 12 das Drugstore wurde,[2] wurde dies retrospektiv als Beginn der Wandlung eines Bohème-Viertels zum Pop- und Hippie-Treffpunkt gesehen.[3][4] Der „Riesensalon mit vielen Spiegeln, Pop-Arabesken und Protest-Postern“ und z. B. Mick Jagger und Romy Schneider unter den täglich 2.000 Gästen war überregional bekannt.[5][6] Während das Bistro im Erdgeschoss unverändert in der Presse mit „Kult“ attributiert nach wie vor besteht,[7][4] wurde 1987 aus der Disco im ersten Stock eine Theaterkneipe. Zunächst spielte dort für zwanzig Jahre das Revue-Theater Bel Etage,[8] von 2007 bis November 2009 war es Standort des Kammertheaters Schwabing. Seither findet dort der Spielbetrieb von Heppel & Ettlich statt. Zu einer „Institution“ in der Feilitzschstraße wurde die vom Fotografen Wolfgang Roucka in der Nummer 14 gegründete Galerie Roucka,[9][10] die 2014 fünfzigjähriges Jubiläum feierte[11][12] und vom Vermieter zum 31. März 2020 gekündigt wurde.[13]
An der Ecke Feilitzschstraße / Werneckstraße befindet sich das 1715 bis 1718 durch Johann Baptist Gunetzrhainer errichtete Schloss Suresnes, auch Werneckschlößl genannt, das seit 1967 Tagungshaus der Katholischen Akademie in Bayern ist. Daneben im Viereckhof, einem Bauernanwesen in der Feilitzschstraße 26 vom Ende des 13. Jahrhunderts, das 1787 barock überarbeitet wurde, befinden sich deren Seminarräume. Gegenüber dem Viereckhof bestand bis 1892 der wegen seiner großen Schweinezucht so genannte Saubauernhof als zweiter großer Schwabinger Bauernhof.[14][15] An dem dann dort von Anton Mack erbautem Neorenaissance-Eckbau in der Feilitzschstraße 25 befanden sich ursprünglich über den Fenstern im 2. Stock vom Bildhauer Wilhelm Kielhorn gestaltete Büsten von Johann Wolfgang von Goethe, Friedrich Schiller und Heinrich Heine. Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs ließ ein im vierten Stock des Hauses wohnender SA-Mann Heine entfernen. Die zwei ihn flankierenden Putten mit Schreibheft und Buch blieben vorhanden. Der freie Platz wurde durch „1892“ ersetzt, wobei die „2“ eine auf den Kopf gestellte „5“ ist.[16]
An der Ecke Feilitzschstraße zur Leopoldstraße erwarb Johann Theodor von Waldkirch im 18. Jahrhundert ein Lusthaus mit Garten, das am 22. Januar 1774 durch Kurfürst Max III. Joseph zum gefreiten Edelsitz Mitter-Schwäbing erhoben wurde.[17] Später ging es an den Philosoph Franz von Baader, nach dem es Baaderschlösschen genannt wurde.[18] 1874 kaufte Ludwig Petuel das Herrenhaus und richtete es als Gastwirtschaft für die daneben von ihm erbaute Schwabinger Brauerei ein. 1889 wurde das Schloss abgerissen und durch einen Neubau mit großem Saal ersetzt. Dort fanden legendäre Künstlerfeste der Bohème wie z. B. die von der Akademie der Bildenden Künste veranstaltete „Schwabinger Bauernkirta“, das berühmteste Künstler- und Studentenfest des Münchner Faschings, statt.[19] Nach dem Ersten Weltkrieg wurde mit den „Schwabylon-Festen“ daran angeknüpft. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das teilweise zerstörte Gebäude zunächst renoviert.[20] 1964 wurde an seinem Platz ein schwarzes, rund 50 m hohes elfstöckiges Warenhaus von Hertie erbaut, das 1992 wieder abgerissen wurde.[21]
2014/2015 wurden die Feilitzschstraße und der Wedekindplatz für 1,8 Millionen Euro neu gestaltet,[22] im Rahmen dessen wurde an der Feilitzschstraße auch die Schwabinger Laterne in Erinnerung an die Schwabinger Gisela wieder aufgestellt.[23]
Baudenkmäler
Die Feilitzschstraße gehört zum geschützten Bauensemble Altschwabing (E-1-62-000-4).[24] Insgesamt verfügt die Feilitzschstraße über 18 vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege geschützte Baudenkmäler.[25]
- am 10. Juli 1959 errichteter, von Ferdinand Filler gestalteter Brunnen
- Springbrunnen in der Feilitzschstraße 4
- Altschwabinger Bauernanwesen Viereckhof vom Ende des 13. Jh., 1787 barock überarbeitet, in der Feilitzschstraße 26
- 1928 von Franz Xaver Boemmel erbautes barockisierendes Walmdachhaus in der Feilitzschstraße 37
- Neorenaissancebau vom Ende des 19. Jahrhunderts in der Feilitzschstraße 33
- um 1900 erbautes Gebäude mit Erker im Stil der deutschen Renaissance in der Feilitzschstraße 3, in dem Paul Klee elf Jahre lang sein Atelier hatte
- Schloss Suresnes, seit 1967 Tagungshaus der Katholischen Akademie in Bayern
- Gasthaus zur Seerose, wo die Redaktion des Simplicissimus beheimatet war sowie Thomas Mann lebte. 1948 wurde dort der Seerosenkreis gegründet, der jährlich den Seerosenpreis vergibt.
- Die originale Schwabinger 7, wie sie bis 2012 bestand
Prominente Anwohner
Thomas Mann wohnte 1899 bis 1902 im dritten Stock der Feilitzschstraße 32 (damals Nr. 5, seit 1909 Gaststätte Seerose)[26] und schrieb dort seinen Roman Buddenbrooks, für den er 1929 mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet wurde.[27] Im gleichen Gebäude befand sich auch die Redaktion der satirischen Wochenzeitschrift Simplicissimus.[28] In der Seerose wurde 1948 der Seerosenkreis als Stammtisch von Künstlern aller Sparten gegründet. „Gründungsväter“ waren u. a. der Schauspieler Gustl Weigert (der seit 1944 im Nachbarhaus Nr. 34 wohnte),[29] der Dichter Peter Paul Althaus und der Maler Hermann Geiseler. Bis 2004 war Ernst Günther Bleisch „Oberseerosianer“. Seither führt die Literaturwissenschaftlerin, Autorin und Malerin Brigitta Rambeck den literarischen Seerosenkreis, sekundiert von Barbara Bronnen, Gert Heidenreich, Dagmar Nick, Maria Peschek, Anatol Regnier, Asta Scheib, Albert von Schirnding, Michael Skasa und Winfried Zehetmeier. Den Vorsitz des Seerosenkreises Bildende Kunst übergab 2008 nach 25 Jahren Baldur Geipel an den Maler und Grafiker Konrad Hetz.[30]
Eine vom Münchner Bildhauer Eugen Weiß geschaffene Gedenktafel in der Feilitzschstraße 3 erinnert an Paul Klee, der dort von 1908 bis 1919 sein Atelier hatte.[31] Die Zeit von Juli bis Oktober 1904 verbrachte Oskar Panizza im 2. Stock der Feilitzschstraße 19.[32] Ab Januar 1936 lebte Stefan Andres mit seiner Familie in der Feilitzschstraße 34.[33] Im gleichen Haus lebte auch Peter Pasetti.[34] Auch Nastassja Kinski wohnte zeitweise in der Feilitzschstraße.[35]
Fliegerbombe
Am 28. August 2012 musste eine bis dahin unentdeckt gebliebene US-amerikanische Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg am Fundort in der Feilitzschstraße gesprengt werden.[36] Gegen Mittag waren Bauarbeiter auf einer Baustelle auf die 250 Kilogramm schwere Bombe gestoßen, genau dort, wo früher die Kneipe Schwabinger 7 gewesen war.[37][38] Die überregional mit großer Aufmerksamkeit verfolgte Sprengung führte zu erheblichen Sachschäden: 17 Häuser wurden so stark beschädigt, dass deren Bewohner eine neue Unterkunft benötigten.[39][40]
Weblinks
- Feilitzschstraße – Harmonisches Durcheinander In: Süddeutsche Zeitung 11. März 2011
- Meine Straße: Feilitzschstraße In: Süddeutsche Zeitung 16. Dezember 2015
Einzelnachweise
- Christopher Haarhaus: Servus, ranziges München In: Der Spiegel 29. Juni 2011
- Simone Egger: „München wird moderner“: Stadt und Atmosphäre in den langen 1960er Jahren. Transcript Verlag, 2014, ISBN 978-3-8394-2282-3, S. 273 ff. (eingeschränkte Vorschau).
- Die Könige der Flower-Power-Ära in Schwabing In: Bayerischer Rundfunk 22. März 2014
- Gerhard Fischer: Erinnerungen an das wilde Schwabing In: Süddeutsche Zeitung 7. Januar 2016
- Einmal frei zechen In: Der Spiegel 18. November 1968
- Schwabings Goldfinger graben weiter In: Die Zeit 20. März 1970
- Karl Stankiewitz: Kultkneipe in Schwabing: "Drugstore" darf weiterleben In: Abendzeitung 19. Dezember 2015
- Bel Etage Theater (Memento vom 11. Februar 2006 im Internet Archive)
- Simone Egger: „München wird moderner“: Stadt und Atmosphäre in den langen 1960er Jahren. Transcript Verlag, 2014, ISBN 978-3-8394-2282-3, S. 281 ff. (eingeschränkte Vorschau).
- 75 Jahre Posterkönig Wolfgang Roucka In: München TV 18. November 2015
- Beate Wild: Er hatte sie alle In: Süddeutsche Zeitung 22. November 2010
- Philipp Daum: Ein Leben wie ein poppiges Poster In: Abendzeitung 4. April 2008
- Irene Kleber: München: Posterkönig Roucka muss aus Räumen raus. In: www.abendzeitung-muenchen.de. 30. März 2020, abgerufen am 31. März 2020.
- Theodor Dombart: Schwabing: Briefliche Plaudereien. Bayerland, 1913, S. 7 (eingeschränkte Vorschau).
- Hanns Vogel: Schwabing: vom Dorf zur Künstlerfreistatt. F. Fackler, 1963, S. 7 (eingeschränkte Vorschau).
- Heinrich-Heine-Gesellschaft: Heine-Jahrbuch 2011. 50. Jahrgang. Springer Verlag, 2011, ISBN 978-3-476-02405-3, S. 184 (eingeschränkte Vorschau).
- Helmuth Stahleder: Von Allach bis Zamilapark: Namen und historische Grunddaten zur Geschichte Münchens und seiner eingemeindeten Vororte. Buchendorfer Verlag, 2001, ISBN 978-3-934036-46-8, S. 76 (eingeschränkte Vorschau).
- Emil Kraepelin: Kraepelin in München II: 1914-1921. belleville Verlag Michael Farin, 2009, ISBN 978-3-933510-96-9, S. 146 (eingeschränkte Vorschau).
- Gunna Wendt: Schwabinger Brauerei In: Literaturportal Bayern
- Bayerische Geschichte(n), 25/2015: Schwabing leuchtet In: Volk Verlag 10. November 2015
- Geliebt und umstritten: Geschichten vom Hertie-Hochhaus In: Münchner Wochenanzeiger 16. September 2014
- Aufgeblüht In: Süddeutsche Zeitung 5. November 2015
- „Schwabinger Laterne“: Bald leuchtet sie wieder In: Abendzeitung 21. Juli 2015
- Ausgebremst In: Süddeutsche Zeitung 11. Dezember 2015
- Liste der Baudenkmäler für München des BLfD, Stand 8. April 2017
- Anja Behringer: Im Namen der Seerose (Memento des Originals vom 10. April 2017 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. In: Literaturportal Bayern 8. August 2016
- Jörg von Uthmann: Es steht ein Wirtshaus an der Lahn: ein Deutschlandführer für Neugierige. Hoffmann und Campe, 1979, ISBN 978-3-455-08882-3, S. 250 (eingeschränkte Vorschau).
- Heinrich Hart, Joseph Kürschner, Julius Hart, Hermann Hillger, Heinrich Klenz, Gerhard Lüdtke, Erich Neuner, Hans Strodel: Kürschners deutscher Literatur-Kalender. Band 25 (eingeschränkte Vorschau).
- Gerhard J. Bellinger,Brigitte Regler-Bellinger: Schwabings Ainmillerstraße und ihre bedeutendsten Anwohner: Ein repräsentatives Beispiel der Münchner Stadtgeschichte von 1888 bis heute. 2013, ISBN 978-3-8482-6264-9 (eingeschränkte Vorschau).
- http://www.seerosenkreis.de
- An Haus Nummer 3 hängt eine Gedenktafel In: Süddeutsche Zeitung 11. März 2011
- Michael Bauer: Oskar Panizza – Literatur als Kunst. Carl Hanser Verlag, 1984, ISBN 978-3-446-13981-7, S. 278 (eingeschränkte Vorschau).
- Ernst Jünger: Stefan Andres – Briefe 1937-1970. Klett-Cotta Verlag, 2007, ISBN 978-3-608-93664-3, S. 117 (eingeschränkte Vorschau).
- Herrmann A. L. Degener, Walter Habel: Wer ist wer? Schmidt-Römhild, 1958, S. 951 (eingeschränkte Vorschau).
- Michael Graeter: Die „Hasen“ Uschi, Nastassja & Iris In: Abendzeitung 10. September 2009
- Experte schließt weitere Bomben am Fundort nicht aus In: Süddeutsche Zeitung 29. August 2012
- Anne Lena Mösken: Am Rand des Kraters In: Frankfurter Rundschau 14. September 2012
- Das sieht dann spektakulär aus In: Der Spiegel 29. August 2012
- Münchens Bürgermeister Ude sagt Geschädigten Schadenersatz zu In: Tagesspiegel 29. August 2012
- Fliegerbombe gesprengt In: Frankfurter Allgemeine Zeitung 29. August 2012