Ernst von Stubenrauch
Ernst Leberecht Hugo Georg Colmar Stubenrauch, ab 1900 von Stubenrauch (* 19. Juli 1853 in Sagan; † 4. September 1909 in Schierke) war ein deutscher Jurist, Kommunalpolitiker und Landrat des südlich Berlins gelegenen Kreises Teltow. Stubenrauch gilt als der „Vater des Teltowkanals“.
Leben
Stubenrauch wuchs in Berlin auf, wo er das Friedrichswerdersche Gymnasium besuchte. An seinem 18. Geburtstag meldete er sich als Freiwilliger im Garde-Füsilier-Regiment in Berlin und zog in den Deutsch-Französischen Krieg 1870/71. Als Reserveoffizier des in Potsdam stationierten 1. Garde-Regiments zu Fuß erreichte er später den Dienstgrad Hauptmann.[1]
Nach Rückkehr aus dem Krieg studierte Stubenrauch Rechtswissenschaften an den Universitäten Gießen und Berlin und trat dem Corps Teutonia Gießen bei. Nach seinem Examen wurde er 1879 Hilfsrichter in Berlin, 1880 bis 1885 Regierungsassessor in Potsdam, 1883 Verwalter der Potsdamer Polizeidirektion. Am 1. April 1885 übernahm er zunächst kommissarisch das Landratsamt des Kreises Teltow, um dann am 18. August desselben Jahres die endgültige Ernennung durch Kaiser Wilhelm I. zu erhalten.
Im Jahr 1891 geriet er wegen einer bewohnerfreundlichen und für Immobilienverwerter ungünstigen Bauordnung in einen heftigen Konflikt mit einflussreichen Kräften beim Kaiserhof, da er deren Geschäfte störte. Stubenrauch wurde als seines Amtes enthoben erklärt, die Bauordnung nach vier Tagen vom Oberpräsidenten als unwirksam erklärt – und Stubenrauch im Januar 1892 vom Kreistag bestätigt, die Bauordnung wieder in Kraft gesetzt. Sie hatte die Gebäudehöhen und die Bebauungsdichte streng reglementiert. Bis heute ist sie beispielsweise an der Ringbahntrasse beim Übergang zwischen den Berliner Ortsteilen Wilmersdorf (Innenstadtbereich) und Friedenau (ehemaliger Landkreis) im Stadtbild noch gut zu erkennen: Im Gegensatz zu den viergeschossigen Gebäuden Wilmersdorfs haben die Häuser in Friedenau nur drei Obergeschosse. Eine nach Stubenrauch benannte Straße befindet sich in unmittelbarer Nähe.
In der Amtszeit Stubenrauchs wurde vor allem die Infrastruktur des Kreises Teltow stark ausgebaut. Als wichtigste Maßnahme ist der 38 Kilometer lange Teltowkanal erwähnenswert, der die Havel bei Potsdam mit der Dahme bei Grünau im heutigen Berliner Bezirk Treptow-Köpenick verbindet. Er wurde auf Initiative Stubenrauchs zwischen 1900 und 1906 erbaut. Daneben wuchs das Straßennetz des Landkreises in seiner Amtszeit um 286 Kilometer und in Zossen, Trebbin, Lichterfelde und Mittenwalde entstanden neue Krankenhäuser.
Ebenso geht der Bau des Grunewaldturms, einem Monument, das nachfolgende Generationen an die Verdienste der Hohenzollern erinnern sollte, auf ihn zurück. Stubenrauch wurde am 1. Januar 1900 von Kaiser Wilhelm II. in den erblichen Adelsstand erhoben.[2] 1908 wurde er Polizeipräsident in Berlin. Ein Jahr später starb der populäre Politiker an Kehlkopfkrebs.
Ernst von Stubenrauch heiratete 1891 Frida Freiin von Eberstein (1865–1950), Tochter des preußischen Oberst a. D. Alfred Freiherr von Eberstein und dessen Ehefrau Anna Friederike geborene von Uebel. Er ist auf dem Kirchhof von Genshagen im heutigen Landkreis Teltow-Fläming bestattet.
Ehrungen
Anlässlich der Bildung Groß-Berlins im Jahr 1920 kamen mehrere Gemeinden des Landkreises Teltow zu Berlin. In ihnen gab es jeweils eigene Stubenrauchstraßen, deren Namen sich zum Teil bis heute erhalten haben. Unter anderem erinnert in Berlin-Friedenau die Stubenrauchstraße als Teil der sogenannten „Carstenn-Figur“ an den Politiker.
Weitere Namensgebungen
- Stubenrauchbrücke im Berliner Bezirk Treptow-Köpenick
- Stubenrauchbrücke im Berliner Bezirk Tempelhof-Schöneberg
- Stubenrauch-Krankenhaus (Zossen, Trebbin, Berlin-Lichterfelde und Mittenwalde)
- Stubenrauch-Brunnen in Teltow
- Ernst-von-Stubenrauch-Grundschule Teltow
- Ernst-von-Stubenrauch-Saal, zentraler Veranstaltungsort im Neuen Rathaus in Teltow
Aus Respekt vor dem mächtigen Landrat im benachbarten Landkreis benannte die Stadt Rixdorf eine an der gemeinsamen Grenze verlaufende Straße nach seinem Lieblingsferiengebiet in Harzer Straße, weitere Straßen im angrenzenden Viertel nach von Stubenrauch geschätzten Kurorten im Harz; darunter auch nach Schierke, wo er starb.
Literatur
- Ernst von Stubenrauch, der neue Polizeipräsident von Berlin. In: Kreiskalender Beeskow-Storkow. 1909.
- Der Stubenrauch-Brunnen in Teltow. In: Teltower Kreiskalender, Jg. 6. 1909.
- Ernst von Stubenrauch. Nachruf. In: Teltower Kreiskalender, Jg. 7. 1910.
- Claudia Wilke: Die Landräte der Kreise Teltow und Niederbarnim im Kaiserreich. Potsdam 1998, ISBN 3-930850-70-2.
Weblinks
- Landrat Ernst von Stubenrauch (Memento vom 3. Juni 2016 im Internet Archive) auf der Website des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamts Berlin
- Jürgen Stich: Landrat Ernst von Stubenrauch bleibt unvergessen (Memento vom 16. Juni 2009 im Internet Archive). In: Märkische Allgemeine, 20. Januar 2006.
Einzelnachweise
- Gothaisches genealogisches Taschenbuch der freiherrlichen Häuser: zugleich Adelsmatrikel der im Ehrenschutzbunde des Deutschen Adels vereinigten Verbande. Julius Perthes., 1894 (google.de [abgerufen am 26. März 2021]).
- A. Freiherr von Houwald: Brandenburg-Preußische Standeserhebungen und Gnadenakte für die Zeit 1873-1918. Görlitz 1939, S. 118.