Ermershausen
Ermershausen im Landkreis Haßberge ist die kleinste Gemeinde Unterfrankens. Bundesweite Publizität als „Rebellendorf“ erreichte Ermershausen 1978, als es sich der Eingemeindung nach Maroldsweisach – zunächst erfolglos – verweigerte.
Wappen | Deutschlandkarte | |
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Basisdaten | ||
Bundesland: | Bayern | |
Regierungsbezirk: | Unterfranken | |
Landkreis: | Haßberge | |
Verwaltungsgemeinschaft: | Hofheim in Unterfranken | |
Höhe: | 339 m ü. NHN | |
Fläche: | 9,21 km2 | |
Einwohner: | 551 (31. Dez. 2020)[1] | |
Bevölkerungsdichte: | 60 Einwohner je km2 | |
Postleitzahl: | 96126 | |
Vorwahl: | 09532 | |
Kfz-Kennzeichen: | HAS, EBN, GEO, HOH | |
Gemeindeschlüssel: | 09 6 74 223 | |
Gemeindegliederung: | 3 Gemeindeteile | |
Adresse der Verbandsverwaltung: | Obere Sennigstraße 4 97461 Hofheim i.UFr. | |
Website: | ||
Erster Bürgermeister: | Günter Pfeiffer[2] (Freie Wähler Ermershausen) | |
Lage der Gemeinde Ermershausen im Landkreis Haßberge | ||
Geografie
Geografische Lage
Die Gemeinde liegt im Naturpark Haßberge. Der Ort grenzt unmittelbar an Schweickershausen im Landkreis Hildburghausen, Freistaat Thüringen.
Durch Ermershausen fließt der etwa acht Kilometer lange Bach Ermetz. Dieser entspringt in der Au nördlich des Dorfes im Grenzgebiet zu Thüringen und mündet bei Sulzbach in die Baunach.
Nachbargemeinden
Nachbargemeinden sind (von Norden beginnend im Uhrzeigersinn): Schweickershausen, Maroldsweisach und Sulzdorf an der Lederhecke.[3] Durch Ermershausen verläuft die Bundesstraße 279 als Hauptstraße.
Gemeindegliederung
Es gibt drei Gemeindeteile (in Klammern ist der Siedlungstyp angegeben):[4][5]
Geschichte
Bis zum 19. Jahrhundert
Ermershausen wurde erstmals urkundlich im Jahr 1049 als Ermannshuson in Helidungero marca, d. h. in der Hellinger Markung, erwähnt. Im Dreißigjährigen Krieg wurde der Ort mehrmals verwüstet. Die Herren von Hutten waren von 1475 bis zu ihrem Aussterben 1783 in Birkenfeld ansässig, in deren Besitz befanden sich sowohl Ermershausen als auch Birkenfeld. 1814 fiel Ermershausen an Bayern. Mit dem Gemeindeedikt von 1818 entstand die Landgemeinde Ermershausen. Im Jahr 1830 wurde in Ermershausen ein jüdischer Friedhof angelegt.
Kampf um die Selbständigkeit
Der Ort erreichte im Jahr 1978 einige Bekanntheit als das Rebellendorf. Die Einwohner widersetzten sich vehement der Eingliederung in die Gemeinde Maroldsweisach durch die Gemeindegebietsreform. Dies gipfelte in der Besetzung des Rathauses und der Errichtung von Barrikaden durch Bürger von Ermershausen mit dem Zweck, die Verlegung der Gemeindeverwaltung nach Maroldsweisach zu verhindern. Eine größere Anzahl von Bürgern drohte den Übertritt auf das Staatsgebiet der DDR an und zog zur nahegelegenen Grenze, wo bereits geöffnete Grenztore auf die Bürger warteten.[6]
Das Dorf wurde schließlich von mehreren Hundertschaften der Bereitschaftspolizei am 19. Mai 1978 gegen drei Uhr früh gestürmt und das Rathaus geräumt.[7][8] Die Eingemeindung wurde am 1. Mai 1978 vollzogen.[9] 15 Jahre lang kämpften in der Folge die Ermershäuser um ihre Selbständigkeit. Hierzu erklärten sie den 15. Mai zum allgemeinen Gedenktag, an dem sie nachts die „Freiheitsglocke“ am Rathaus erklingen ließen. Die Bewohner der Ortschaft bemängelten, dass ihnen nicht Möbel oder Akten in dieser Nacht genommen worden seien, sondern die Achtung vor dem Staat. Am 1. Januar 1994 wurde Ermershausen wieder selbständig, nachdem der Staat die Eingemeindung für „gescheitert“ erklärt hatte.[10] Damit ist Ermershausen eine der kleinsten selbständigen Gemeinden in Bayern. Erreicht wurde die Rücknahme der Eingemeindung u. a. auch dadurch, dass der damalige CSU-Kreisrat und ehemalige CSU-Landtagsabgeordnete Sebastian von Rotenhan über Nacht 278 Neumitglieder für die CSU werben konnte, um innerparteilich Druck aufbauen zu können.
Eingemeindungen
Am 1. Juli 1973 wurden der Markt Birkenfeld und die Gemeinde Dippach eingegliedert. Beide Gemeindeteile wurden am 1. Mai 1978 anlässlich der Eingemeindung von Ermershausen nach Maroldsweisach umgegliedert.[9] Als Ermershausen am 1. Januar 1994 wieder selbständig wurde, verblieben Birkenfeld und Dippach bei Maroldsweisach.
Einwohnerentwicklung
Im Zeitraum 1994 (nach Wiedererlangung der Selbständigkeit) bis 2018 sank die Einwohnerzahl von 640 auf 560 um 80 Einwohner bzw. um 12,5 %. 2009 wurden nochmals 639 Einwohner erreicht, seither fällt die Einwohnerzahl kontinuierlich. Quelle: BayLfStat
Politik
Die Gemeinde ist Mitglied der Verwaltungsgemeinschaft Hofheim in Unterfranken.
Gemeinderat
Der Gemeinderat hat neun Mitglieder einschließlich des Ersten Bürgermeisters.
Freie Wähler | Ermershäuser Bürgerliste | Gesamt | |
2020[11] | 5 | 4 | 9 Sitze |
2014 | 5 | 4 | 9 Sitze |
2008 | 3 | 6 | 9 Sitze |
Bürgermeister
Nebenamtlicher Erster Bürgermeister ist Günter Pfeiffer (Freie Wähler). Er wurde am 1. Mai 2014 Nachfolger von Werner Döhler (Ermershäuser Bürgerliste) und gewann gegen Theo Vey (Ermershäuser Bürgerliste) mit etwa 69 % der Stimmen. Am 15. März 2020 wurde er ohne Gegenkandidat mit 96,2 % der Stimmen für weitere sechs Jahre gewählt.[12]
Wappen
Blasonierung: „In Rot zwei goldene Schrägbalken überdeckt von einer schräg links gestellten schwarzen Glocke“[13]
Dieses Wappen wird seit 1994 geführt. | |
Wappenbegründung: Der rote Schild mit den goldenen Schrägbalken ist dem Wappen der Herren von Hutten entnommen, die von 1475 bis zu ihrem Aussterben 1783 in Birkenfeld ansässig waren und in deren Besitz sich Ermershausen und Birkenfeld befand. Die Glocke weist auf die alte Pfarrei von Ermershausen. Sie wurde 1575 gegossen, 1858 umgegossen und steht heute auf dem Platz vor dem Rathaus. Ihre Inschrift „Gott schütze und behüte Ermershausen“ wurde zum Symbol der Gemeinde, die im Zuge der Gemeindegebietsreform in den 1970er-Jahren erfolgreich um ihre Selbstständigkeit kämpfte, die sie 1994 wieder erlangte. Die Farbe Schwarz ist aus dem Wappen der Grafen von Henneberg genommen, die von 1317 bis 1548 die Herrschaft in Ermershausen innehatten. |
Denkmäler
Baudenkmäler
Bodendenkmäler
Söhne und Töchter der Gemeinde
- Narziß Ach (1871–1946), deutscher Psychologe
- Hermann Dietzfelbinger (1908–1984), ehemaliger bayerischer Landesbischof der ELKB.
Weblinks
Einzelnachweise
- Genesis Online-Datenbank des Bayerischen Landesamtes für Statistik Tabelle 12411-001 Fortschreibung des Bevölkerungsstandes: Gemeinden, Stichtage (letzten 6) (Einwohnerzahlen auf Grundlage des Zensus 2011) (Hilfe dazu).
- BayernPortal > Gemeinde Ermershausen. Bayerisches Staatsministerium für Digitales, abgerufen am 3. Juli 2020.
- Zahlen, Daten, Fakten. VG Hofheim i. UFr., abgerufen am 3. Juli 2020.
- Gemeinde Ermershausen in der Ortsdatenbank der Bayerischen Landesbibliothek Online. Bayerische Staatsbibliothek, abgerufen am 6. April 2021.
- Gemeinde Ermershausen, Liste der amtlichen Gemeindeteile/Ortsteile im BayernPortal des Bayerischen Staatsministerium für Digitales, abgerufen am 8. Dezember 2021.
- Bayern 2 – Zeit für Bayern: Die Rebellen von Ermershausen vom 19. Mai 2018
- Martin Reischke: Das Rebellendorf Ermershausen. In: Deutschlandradio Kultur. 2. Januar 2009, abgerufen am 28. Oktober 2012.
- Olaf Przybilla: Die Vehemenz des Widerstands wurde durch den staatlichen Rathaussturm provoziert. - Wenn die Polizei das Rathaus stürmt. In: Süddeutsche, Ausgabe vom 26. August 2019, S. R13
- Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart/Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 758 und 760.
- StBA: Gebietsänderungen vom 01.01. bis 31.12.1994
- Wahl des Gemeinderates - Kommunalwahlen 2020 in der Gemeinde Ermershausen - Gesamtergebnis. Abgerufen am 11. November 2020.
- Wahl des ersten Bürgermeisters - Kommunalwahlen 2020 in der Gemeinde Ermershausen - Gesamtergebnis. Abgerufen am 11. November 2020.
- Eintrag zum Wappen von Ermershausen in der Datenbank des Hauses der Bayerischen Geschichte