Die Braut (1999)
Die Braut ist der letzte Spielfilm des Regisseurs und Schriftstellers Egon Günther. Wieder, nach seinen Filmen Lotte in Weimar (1975) und Die Leiden des jungen Werther (1976), wendete er sich dem berühmten deutschen Dichter Johann Wolfgang von Goethe zu. Diesmal zeigt er die Beziehung Goethes zu der unstandesgemäßen Christiane Vulpius, seiner späteren Frau, vom Beginn 1788 bis zu ihrem Tod 1816. Egon Günther schrieb das Drehbuch nach einer Idee von Albrecht Börner und führte auch Regie.
Film | |
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Originaltitel | Die Braut |
Produktionsland | Deutschland |
Originalsprache | Deutsch |
Erscheinungsjahr | 1999 |
Länge | 107 Minuten |
Altersfreigabe | FSK 12 |
Stab | |
Regie | Egon Günther |
Drehbuch | Egon Günther |
Produktion | Georg Stingl |
Musik | Joseph Haydn |
Kamera | Peter Brand |
Schnitt | Monika Schindler |
Besetzung | |
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Handlung
Christian August Vulpius, der ältere Bruder von Christiane Vulpius, war als Hauslehrer bei der adligen Familie von Soden in Nürnberg angestellt. Er wurde gefeuert, weil der Nachfolger kostengünstiger war. So schrieb er einen Brief an seine Schwester nach Weimar. Sie sollte dem Staatsminister und Geheimrat von Goethe einen Brief übergeben, indem er um Unterstützung für eine neue Anstellung bat. Christiane Vulpius lebte unter ärmlichen Verhältnissen mit ihrer Halbschwester Ernestine, später zog auch ihre Tante Juliane zu ihr, in einem ärmlichen Teil Weimars. Sie verdiente den Lebensunterhalt als Putzmacherin bei der Kunstblumenherstellung in der Manufaktur von Caroline Bertuch.
Im Juli 1788 passte sie Goethe auf dessen Weg zu seinem Gartenhaus im Park an der Ilm ab, um ihm den Brief zu übergeben. Goethe war sofort von der Körperlichkeit der 23-Jährigen fasziniert und erregt. Er lud sie zum selben Abend zu einem Treffen in das Gartenhaus ein. Dort entwickelte sich ein leidenschaftliches Liebesverhältnis, und Christiane zog fest ins Gartenhaus. Tagsüber widmete sie sich dem Haushalt. Dabei wurde sie von Fritz von Stein, dem Sohn der Charlotte von Stein, überrascht. Charlotte von Stein konnte es nicht fassen, dass Goethe sich eine neue Geliebte, noch dazu eine nicht standesgemäße, genommen hatte und offensichtlich nicht mehr an ihr interessiert war. Sie überzeugte sich selbst des Nachts davon im Gartenhaus. Sie bekämpfte dieses Verhältnis mit allen Mitteln. Dabei richtete sie ihre Kampfansage auch ganz offen an Goethe. Sie verbreitete diesen Skandal in der Öffentlichkeit, intrigierte zusammen mit Charlotte von Lengefeld, der späteren Frau von Schiller, und wandte sich gar an den Herzog.
Als Carl August, der Herzog von Sachsen-Weimar-Eisenach, mit seinem Hof Goethes Gartenhaus einen Besuch abstattete, warnte Christoph Martin Wieland, der wie Goethe ein joviales, freundschaftliches Verhältnis zum Herzog hat, Christiane. Sie floh. Der Herzog wollte, dass Goethe das Verhältnis bis zum nächsten Frühjahr ruhen ließe. Doch Goethe suchte Christiane in ihrer ärmlichen Wohnung auf, um ihre Rückkehr ins Gartenhaus zu erreichen. Wieland gewann Christiane als besonderen Freund, der wohl über ihre Ungebildetheit entsetzt (Sie kennt den „Werther“ nicht!), aber von ihrer Offenheit und Geradlinigkeit eingenommen war.1789 ist Christiane schwanger. Am 25. Dezember 1789 wurde der Sohn August geboren. Sie zog mit ihm in Goethes Haus am Frauenplan in Weimar und war dort für den Haushalt zuständig. Auch ihre Halbschwester Ernestine und die Tante Julia fanden dort eine Anstellung, so dass ihre Not ein Ende hatte. Christianes Aktionsradius war auf den Haushalt beschränkt. Sie durfte nicht Goethes Gesellschaftsräume betreten, geschweige denn an Abendgesellschaften teilnehmen. Nur ein Blick durch ein Fenster war gestattet. Dabei sang dort Karoline Jagemann, die Mätresse des Herzogs, die aus dem Nebenhaus der Familie Vulpius stammte. Trotz der gesellschaftlichen Ächtung besuchte August als kleiner Junge Charlotte von Stein, deren Ehegatte 1793 gestorben war. Christiane war oft allein, denn Goethes gesellschaftliches und politisches Leben fand ohne sie statt. Trotzdem versicherte sie ihm ihre Liebe. Sie gebar noch vier Kinder, die alle früh starben. Für sie schien das, die Auswirkung des Fluches der Weimarer Gesellschaft zu sein. An den Begräbnissen seiner Kinder nahm Goethe nicht teil.
Dann kam das denkwürdige Jahr 1806. Infolge der Niederlage in der Schlacht bei Jena und Auerstedt am 14. Oktober 1806 plünderten französische Soldaten Weimar. Auch Goethes Haus am Frauenplan wurde heimgesucht. Christiane rettete durch ihr beherztes Eingreifen Goethe das Leben, indem sie einen marodierenden Soldaten, der das Bajonett schon auf Goethe gerichtet hatte und Gold forderte, durch Backpfeifen überraschte. Dieses Erlebnis veranlasste Goethe, das Verhältnis zu Christiane durch die stille Eheschließung am 19. Oktober 1806 in der kleinen Sakristei der Stadtkirche Weimar zu legitimieren. In ihre neue Rolle als Frau von Goethe musste sich Christiane erst finden. Jetzt übernahm das Dienstpersonal die direkten Arbeiten im Haushalt.
Die letzte Intrige Charlottes von Stein gegen Christiane war ein fingierter Brief angeblich von Bettina Brentano, der eine erotische Situation zwischen ihr und Goethe beschrieb. Wieland verweigerte sich Charlotte von Stein. Den Brief stellte statt seiner Charlotte von Schiller Christiane zu. Diese war empört als sie ihn las. 1811 kam es zum Eklat. Als Bettina Brentano, nun Bettina von Arnim, mit ihrem Mann Achim Weimar besuchte und die klassizistischen Kunstwerke des Goethe-Vertrauten Heinrich Meyer („Kunschtmeyer“) in Goethes Haus lauthals verwarf, wurde sie von Christiane tätlich angegriffen und geschlagen. Christiane erwartete kniend Goethes Strafe. Doch Goethe hielt zu ihr und erteilte den Arnims brieflich Hausverbot.
Goethe und seine Frau entfernten sich zunehmend. Nicht nur dass Goethe viel unterwegs war. Auch Christiane fuhr selbstbestimmt öfters aus, um zum Beispiel in Bad Lauchstädt mit Studenten ausdauernd zu tanzen und dem Alkohol zuzusprechen.
Goethe war während einer offiziellen Feier vor dem Schloss, vielleicht anlässlich der Verleihung des herzoglichen Hausordens vom Weißen Falken 1816, allein. Weißgepudert im Staatsornat mit dem Orden saß er erstarrt und einsam auf einer Tribüne. Der Herzog rezitierte, vom Buffet auf ihn schauend, den Schlussvers von Goethes Gedicht „An den Mond“: „Was, von Menschen nicht gewusst oder nicht bedacht, durch das Labyrinth der Brust wandelt in der Nacht.“ Charlotte von Stein fügte hinzu: "Und so lang du das nicht hast, dieses: Stirb und werde! bist du nur ein trüber Gast auf der dunklen Erde (Vers aus Goethes „West-oestlicher Divan“ – Buch des Sängers, Selige Sehnsucht). Auf die Metapher Mond für Goethe spielt der Film schon am Anfang mit dem Zeigen eines sich langsam entfernenden Vollmondes an.
1816 kam Christiane allein von ihrem Amusement aus Bad Lauchstädt zurück. Sie schleppte sich ins Haus und brach infolge eines Schlaganfalles zusammen, vorher auf den Haufen durchtanzter Schuhe weisend. Goethe, aber auch ihr Sohn August waren abwesend. Sie erholte sich nicht mehr und starb nach langem Leiden am 6. Juni 1816. Goethe inzwischen zurück wagte nicht, an ihr Bett zu treten. Er wartete vor der Tür leidend ihren Todeskampf ab. Dort trat zu ihm Christianes Bruder Christian August Vulpius. Er richtete eine Pistole auf Goethe und warf ihm vor, nicht genug auf Christiane geachtet zu haben. Goethe zeigte sich von der Pistole wenig beeindruckt und erwiderte, dass Christian August, nun ebenfalls Dichter, zwanzig Jahre seine Schwester nicht besucht hätte. Darauf senkte Christian August betroffen seine Waffe.
Produktion
Der Film wurde 1998 an Originalschauplätzen in Weimar und Umgebung gedreht. Er wurde von der Tellux-Film GmbH Dresden in Coproduktion mit dem Saarländischen Rundfunk (SR), dem Österreichischen Rundfunk (ORF), dem Mitteldeutschen Rundfunk (MDR), dem Hessischen Rundfunk (HR), dem Studio Babelsberg Independents und von ARTE G.E.I.E. produziert. Die Produktion wurde gefördert von der Mitteldeutschen Medienförderung GmbH (MDM) und dem Filmboard Berlin-Brandenburg GmbH. Die Erstaufführung im Fernsehen erfolgte am 26. November 1999 in ARTE.
Rezeption
Der in sorgfältig komponierten Bildern eindrucksvoll inszenierte, von hervorragenden Darstellern – besonders der vorzüglichen Titeldarstellerin – getragene Film setzt behutsame Akzente und will weniger als Künstlerporträt, sondern als Liebesfilm verstanden werden: Nicht die Literatur steht im Mittelpunkt, sondern das körperliche Kraftfeld einer Frau, die in der Weimarer Provinzgesellschaft wie eine Provokation wirkt.[1]
Literatur
Sigrid Damm: Christiane und Goethe. Eine Recherche. Frankfurt am Main/Leipzig 1998.
Weblinks
- Die Braut in der Internet Movie Database (englisch)
Einzelnachweise
- Die Braut. In: Lexikon des internationalen Films. Filmdienst, abgerufen am 14. März 2021.