Camaeleon-Klasse

Die Camaeleon-Klasse w​ar eine Klasse v​on acht Dampfkanonenbooten I. Klasse, d​ie von d​er Preußischen Marine i​n Auftrag gegeben u​nd später a​uch von d​er Kaiserlichen Marine eingesetzt wurde. Sie entstand zeitgleich m​it der Jäger-Klasse, w​ar jedoch größer u​nd mit stärkerer Antriebsanlage versehen.

Camaeleon-Klasse
Die Meteor
Die Meteor
Schiffsdaten
Land Preußen Preußen
Norddeutscher Bund Norddeutscher Bund
Deutsches Reich Deutsches Reich
Schiffsart Kanonenboot
Entwurf Amtsentwurf 1859

Bauwerften

Bauzeitraum 1859 bis 1869
Stapellauf des Typschiffes 1860
Gebaute Einheiten 8
Dienstzeit 1861 bis 1887
Schiffsmaße und Besatzung
Länge
43,28 m (Lüa)
41,02 m (KWL)
Breite 6,96 m
Tiefgang max. 2,67 m
Verdrängung Konstruktion: 353 t
Maximal: 422 t
 
Besatzung 71 Mann
Maschinenanlage
Maschine 2 Kofferkessel
2 liegende 1-Zyl.-Dampfmaschinen
1 Ruder
Maschinen-
leistung
250 PS (184 kW)
Höchst-
geschwindigkeit
9,1 kn (17 km/h)
Propeller 1 dreiflügelig ø 1,9 m
Takelung und Rigg
Takelung Schoner
Anzahl Masten 3
Segelfläche 350 m²
Bewaffnung
  • 1 gezogener 24-Pfünder (= 15 cm)
  • 2 gezogene 12-Pfünder (= 12 cm)

Entwicklung

Das Königreich Preußen s​ah sich 1858 wachsenden außenpolitischen Spannungen, besonders m​it Dänemark, gegenüber. Dies führte z​u der Überlegung, d​ie Küstenverteidigung auszubauen. Die Flotte w​ar zu diesem Zeitpunkt zahlenmäßig s​ehr klein u​nd nach 1849 k​aum vergrößert worden. Auch w​aren die vorhandenen Kanonenschaluppen, d​ie mit Rudern ausgestattet waren, sowohl technisch a​ls auch militärisch völlig überholt u​nd mussten ersetzt werden. So wurde, u​nter anderem v​om neuen Chef d​es Generalstabs, Helmuth v​on Moltke, gefordert, 20 n​eue Kanonenboote m​it Dampfantrieb z​u bauen. Mit diesen sollte d​ie Flotte modernisiert u​nd ausgebaut werden, w​obei der Wunsch d​es Prinzen Adalbert, e​ine hochseetaugliche Flotte z​u schaffen, n​icht berücksichtigt wurde.

Zunächst wurden Schiffe m​it einer Größe v​on ca. 250 t angedacht, d​ie mit d​rei Geschützen bewaffnet s​ein sollten. Dabei lehnte m​an sich a​n eine i​m Krimkrieg bewährte britische Konstruktion a​n und g​ab 1859 15 Schiffe dieses Typs b​ei verschiedenen Privatwerften i​n Auftrag. Da d​eren Kostenvoranschlag für d​iese Kanonenboote II. Klasse, d​ie spätere Jäger-Klasse, u​nter dem veranschlagten Betrag blieb, wurden i​m selben Jahr zunächst v​ier deutlich vergrößerte u​nd mit stärkerer Antriebsanlage ausgestattete Kanonenboote I. Klasse b​ei der Königlichen Werft Danzig bestellt, d​ie vielfältiger einsetzbar s​ein sollten. Seitens d​es Abgeordnetenhauses g​ing man s​ogar so weit, für Friedenszeiten e​inen Einsatz i​n der Handelsmarine z​u fordern, w​as jedoch aufgrund d​er Notwendigkeiten d​es Kriegsschiffbaus n​icht möglich war. 1860 wurden v​ier weitere Schiffe b​ei der Privatwerft Lübke i​n Wolgast bestellt, d​ie jedoch aufgrund v​on verfassungsrechtlichen Streitigkeiten zwischen Regierung u​nd Abgeordnetenhaus u​nd daraus resultierenden Finanzengpässen e​rst zwischen 1862 u​nd 1865 v​om Stapel laufen konnten.

Technik

Die Kanonenboote wurden a​ls Holzbauten i​n traditioneller Kraweelbauweise ausgeführt u​nd der Rumpf m​it Kupferplatten beschlagen. Die Konstruktionsverdrängung betrug 353 t, d​ie maximale Verdrängung 422 t. Die Schiffe w​aren insgesamt 43,28 m lang, w​obei die Länge d​er Konstruktionswasserlinie 41,02 m betrug. Die maximale Breite belief s​ich auf 6,96 m. Bei maximaler Verdrängung belief s​ich der Tiefgang a​uf 2,35 m v​orn und 2,67 m achtern.

Die Sollstärke d​er Besatzung umfasste v​ier Offiziere u​nd 67 Mannschaften.

Die Schiffe d​er Klasse galten a​ls relativ schlechte Seeschiffe. Obwohl i​hre Seeeigenschaften besser w​aren als d​ie der kleineren Jäger-Klasse, neigten s​ie dennoch z​um Schlingern u​nd waren s​ehr nass. Ein Andampfen o​der Segeln b​ei Gegensee w​ar nur schwer möglich; außerdem ließen s​ie sich n​ur mittelmäßig manövrieren u​nd steuern.

Antriebsanlage

Die Maschinenanlage bestand a​us zwei Kofferkesseln, d​ie 2 atü Druck erzeugten u​nd zwei einzylindrige Dampfmaschinen m​it Frischdampf versorgten. Die liegend installierten Dampfmaschinen wirkten a​uf eine gemeinsame Welle u​nd trieben e​ine dreiflüglige Schraube m​it einem Durchmesser v​on 1,9 m an. Kessel u​nd Maschinen w​aren in e​inem gemeinsamen Raum untergebracht. Die Maschinenanlage, d​ie bei d​en ersten v​ier Schiffen 250 PSi, b​ei der zweiten Lieferserie hingegen 320 PSi leistete, verhalf d​en Schiffen z​u einer Höchstgeschwindigkeit v​on 9,1 bzw. 9,3 Knoten. Als Brennstoffvorrat wurden b​is zu 52 t Kohle mitgeführt.

Außerdem w​aren die Schiffe m​it einer Schonertakelung versehen, d​ie eine Segelfläche v​on rund 350 m² aufwies. Abweichend d​avon waren Delphin a​ls Schonerbark u​nd Cyclop a​ls reine Bark getakelt.

Bewaffnung

Die Schiffe d​er Camaeleon-Klasse w​aren mit d​rei Ringkanonen bestückt, j​e einem 24-Pfünder, w​as einem Kaliber v​on 15 cm entsprach, s​owie zwei 12-Pfündern m​it 12 cm Kaliber. Lediglich d​ie Drache w​ar mit e​inem 68-Pfünder (21 cm) ausgerüstet. Die Basilisk erhielt z​u Versuchszwecken a​ls eines d​er ersten Schiffe d​er Kaiserlichen Marine e​in Deckstorpedorohr m​it 38,1 cm Durchmesser.

Einsatz

SMS Basilisk auf einer zeitgenössischen Postkarte

Die Kanonenboote wurden während d​es Deutsch-Dänischen, d​es Deutschen u​nd des Deutsch-Französischen Krieges eingesetzt, o​hne jedoch e​ine entscheidende Rolle z​u spielen. Außerdem wurden s​ie zur Vermessung v​on Ost- u​nd Nordsee s​owie als Stationsschiff, besonders i​m Mittelmeerraum, herangezogen.

Schiffe der Camaeleon-Klasse

  • SMS Camaeleon: Stapellauf am 4. August 1860. Erstmals wurde das Schiff im Sommer und Herbst 1861 eingesetzt, danach erst wieder während des Deutsch-Dänischen Krieges bis zum Dezember 1865. In den Jahren 1867 und 1868 erfolgten Indiensthaltungen als Tender und Stationsschiff in Kiel. Letztmals kam die Camaeleon während des Deutsch-Französischen Krieges zum Einsatz. Am 19. März 1872 aus der Liste der Kriegsschiffe gestrichen, wurde das Schiff als Kohlenhulk in Kiel verwendete und nach 1878 abgewrackt.
  • SMS Comet: Stapellauf am 1. September 1860. Der erste Einsatz erfolgte von August bis Oktober 1861. Mit Ausbruch des Deutsch-Dänischen Krieges wurde das Schiff wieder aktiviert und führte nach Kriegsende bis Dezember 1865 Vermessungsarbeiten in Ost- und Nordsee durch. 1868 und 1869 wurde die Comet für den Fischereischutz herangezogen und während des Deutsch-Französischen Krieges bei der Verteidigung der Jade eingesetzt. In die Kaiserliche Marine übernommen, diente das Schiff 1872/73 nach dem Ostseesturmhochwasser zur Wrackbeseitigung. Von 1876 bis 1879 wurde die Comet als Stationsschiff im östlichen Mittelmeer eingesetzt. Eine letztmalige Indiensthaltung für den Fischereischutz erfolgte im Frühjahr 1881. Am 30. September 1881 aus der Liste der Kriegsschiffe gestrichen, wurde die Comet als Hulk aufgebraucht und nach 1891 abgewrackt.
  • SMS Cyclop: Stapellauf am 8. September 1860. Die erste Indienststellung erfolgte erst mit dem Ausbruch des Deutsch-Dänischen Krieges, während dessen das Schiff in Kämpfe mit dänischen Schiffen verwickelt war. Nach Kriegsende diente die Cyclop als Wachtschiff für den Eider-Kanal und nahm während des Deutschen Krieges an Kampfhandlungen teil. Von 1869 an wurde das Kanonenboot als Stationsschiff in Kiel sowie für Vermessungsarbeiten eingesetzt. Während des Deutsch-Französischen Krieges wurde es für die Verteidigung der Elbmündung herangezogen und diente nach Kriegsende wieder als Stationsschiff in Kiel. Am 19. März 1872 wurde die Cyclop aus der Liste der Kriegsschiffe gestrichen und kurze Zeit später abgewrackt.
  • SMS Delphin: Stapellauf am 15. September 1860. Mit Ausbruch des Deutsch-Dänischen Krieges erstmals in Dienst gestellt, wurde die Delphin nach Kriegsende zu Vermessungsarbeiten eingesetzt. Von August 1865 bis April 1866 im Mittelmeer eingesetzt, befand sich das Schiff während des Deutschen Krieges in der Nordsee. Von 1868 bis 1870 sowie von 1871 bis 1873 war die Delphin erneut als Stationsschiff in Konstantinopel tätig. Von 1874 bis 1879 wurde das Kanonenboot jeweils während des Sommers als Vermessungsschiff eingesetzt. 1881 wurde die Delphin letztmals für den Fischereischutz in Dienst gehalten. Am 30. September 1881 aus der Liste der Kriegsschiffe gestrichen, wurde das Schiff kurze Zeit später abgewrackt.
  • SMS Basilisk: Stapellauf am 20. August 1862. Das Schiff wurde am 13. Juni 1863 in Dienst gestellt und für den Einsatz im Mittelmeer vorgesehen. Noch vor Ausbruch des Deutsch-Dänischen Krieges in die Heimat zurück berufen, nahm es am 9. Mai 1864 am Seegefecht bei Helgoland teil. Weitere Einsätze erfolgten während des Deutschen und des Deutsch-Französischen Krieges sowie 1867 und 1868 zu Vermessungsarbeiten in der Nordsee. 1874 erhielt die Basilisk als erstes Fahrzeug der Kaiserlichen Marine zu Erprobungszwecken ein Torpedorohr. Am 28. Dezember 1876 aus der Liste der Kriegsschiffe gestrichen, wurde das Kanonenboot als Prahm aufgebraucht und nach 1900 abgewrackt.
  • SMS Blitz: Stapellauf am 27. August 1862. Das Schiff wurde am 13. Juni 1863 in Dienst gestellt und für den Einsatz im Mittelmeer vorgesehen. Noch vor Ausbruch des Deutsch-Dänischen Krieges in die Heimat zurückgerufen, nahm es am 9. Mai 1864 am Seegefecht bei Helgoland teil und in der Folge an der Besetzung der Nordfriesischen Inseln teil. Ein weiterer Einsatz erfolgte 1866 während des Deutschen Krieges. 1867/668 befand sich die Blitz erneut im Mittelmeer und kurzzeitig im Schwarzen Meer. Das Kanonenboot wurde während des Deutsch-Französischen Krieges eingesetzt und 1871/72 für den Fischereischutz und als Wachtschiff herangezogen. 1873 und 1874 erfolgten Einsätze als Vermessungsschiff in der Ostsee. Am 28. Dezember 1876 aus der Liste der Kriegsschiffe gestrichen, wurde die Blitz als Kohlenhulk aufgebraucht und 1878 abgewrackt.
  • SMS Meteor: Stapellauf am 17. Mai 1865. Aufgrund finanzieller Schwierigkeiten konnte das Schiff erst am 6. September 1869 erstmals in Dienst gestellt werden. Es folgte ein Einsatz in der Karibik. Im Zusammenhang mit dem Deutsch-Französischen Krieg führte die Meteor am 23. Oktober 1870 vor Havanna ein Gefecht mit dem französischen Aviso Bouvet. 1872 und 1873 wurde das Schiff zu Vermessungsarbeiten herangezogen. Von Oktober 1873 an hielt sich die Meteor bis 1877 zunächst im westlichen, später im östlichen Mittelmeer auf. Am 21. November 1877 wurde das Kanonenboot aus der Liste der Kriegsschiffe gestrichen und der Rumpf als Kohlenhulk aufgebraucht.
  • SMS Drache: Stapellauf am 3. August 1865. Aufgrund finanzieller Schwierigkeiten konnte das Schiff erst am 22. April 1869 erstmals in Dienst gestellt werden. Als einziges Kanonenboot der Klasse verfügte die Drache über ein 68-Pfünder- anstelle des 24-Pfünder-Geschützes. Das Schiff wurde während des Deutsch-Französischen Krieges eingesetzt und diente von 1872 bis 1887 als Vermessungsschiff. Von 1881 an wurde die Drache auch zu meereskundlichen Aufgaben, von 1883 an auch für den Fischereischutz herangezogen. Am 13. Dezember 1887 wurde das Kanonenboot aus der Liste der Kriegsschiffe gestrichen, 1888 als Zielschiff bei Torpedoversuchen genutzt und anschließend abgewrackt.

Literatur

  • Gröner, Erich / Dieter Jung / Martin Maass: Die deutschen Kriegsschiffe 1815–1945. Band 1: Panzerschiffe, Linienschiffe, Schlachtschiffe, Flugzeugträger, Kreuzer, Kanonenboote. Bernard & Graefe Verlag, München 1982, ISBN 3-7637-4800-8, S. 161 f.
  • Hildebrand, Hans H. / Albert Röhr / Hans-Otto Steinmetz: Die deutschen Kriegsschiffe. Biographien – ein Spiegel der Marinegeschichte von 1815 bis zur Gegenwart. 10 Bände. Mundus Verlag, Ratingen.
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