Boyneburg (Adelsgeschlecht)

Boyneburg (auch Bemmel(s)berg, Bemmel(s)burg, Bömmel(s)berg, Boineburg, Bömeneburg, Boemelburg o​der Boyneburgk) i​st der Name e​ines ursprünglich niederhessisch-thüringischen Adelsgeschlechts, welches s​ich bis n​ach Dänemark, Holstein, Westfalen, i​n die Niederlande, Belgien, Rheinland, Süddeutschland u​nd Österreich-Ungarn ausbreitete.

Wappen derer von Boyneburgk, Stamm A
           
Wappen derer von Boyneburgk, Stamm B
(Boemelburg)

Der namensgebende Stammsitz d​er Herren v​on Boyneburg, Reichsfreiherren v​on Boineburg u​nd Reichsgrafen u​nd Edlen Herren z​u Boineburg u​nd Lengsfeld w​ar die gleichnamige Reichsburg Boyneburg (auch Bomeneburg), d​eren Ruine n​och heute a​uf einem Höhenrücken i​m Ringgau zwischen Eschwege u​nd Sontra steht.

Dort findet alljährlich z​um Himmelfahrtstage d​ie Brot- u​nd Speckspende d​er Familie v​on Boyneburgk statt, i​n der d​ie ehemaligen Dörfer d​es Gerichts Boyneburg i​m Rahmen e​ines Gottesdienstes a​n der i​m Jahre 1188 geweihten Burgkapelle (Kirchenpatrone: Gottesmutter u​nd heiliger Petrus) u​nd anschließender Brotverteilung a​uf dem Burgberg versammelt werden.

Die Familie i​st Teil d​er Althessischen Ritterschaft u​nd Teil d​er Reichsritterschaft Rhön-Werra. Der (erloschene) Zweig d​er Freiherren v​on Boyneburg-Bömelberg erlangte reichsunmittelbare Herrschaften i​n Oberschwaben u​nd Westfalen, d​ie 1806 mediatisiert wurden.

Geschichte

Ruine der Boyneburg

Herkunft

Mit d​er Boyneburg w​aren zunächst d​ie Grafen v​on Northeim belehnt, v​on denen s​ich Siegfried III. v​on Boyneburg († 1123) u​nd sein Sohn Siegfried IV. v​on Boyneburg († 1144) a​uch nach d​er Burg benannten. Nach d​es Letzteren Tod u​nd dem Aussterben d​er Northeimer Grafen w​urde die Burg i​m Jahre 1144 z​ur Reichsburg u​nd diente mehrmals a​ls kaiserlicher Aufenthaltsort. Der Kaiser setzte Reichsministerialen a​ls Burgherren a​uf der Boyneburg ein, d​ie aus verschiedenen Geschlechtern stammten.

Im Jahr 1292 sollten sie dann unter die Oberhoheit der hessischen Landgrafen gestellt werden, als König Adolf von Nassau die Burg und die nahe Stadt Eschwege Heinrich I. von Hessen als Reichslehen übertrug, damit dieser überhaupt zum Reichsfürsten erhoben werden konnte, wozu eine Reichsburg Voraussetzung war. Dagegen wehrte sich die Familie von Boyneburg über mehrere Generationen lang mit allen Mitteln, um ihren reichsunmittelbaren Status durchzusetzen und zu verteidigen. Erst 168 Jahre später, im Jahr 1460, akzeptierte das Burgmannengeschlecht mit dem gevierten Schild, das erstmals urkundlich 1120 mit Bobbo de Bomeneburg erscheint[1] und sich fortan von Boyneburg nannte, die Oberherrschaft des Landgrafen Ludwig II. von Hessen und wurde mit der Burg als Erblehen beliehen. Dabei erstritten sich die Adeligen neben den Sonderrechten für das Gericht Boyneburg mit 19 Ortschaften, ein besonderes, sehr seltenes Zugeständnis des römisch-deutschen Kaisers: Sollte die Generationenfolge mangels männlicher Nachkommen nicht patrilinear fortgeführt werden können, konnten die drei Familien von Boyneburg die zur Stammburg gehörigen Güter und Rechte auch an ihre Töchter vererben.[2]

War d​ie Boyneburg i​m 12. Jahrhundert vermutlich f​ast ohne allodiales Zubehör i​n den Besitz d​es Reiches gekommen, s​o waren d​ie Boyneburger angesichts d​er zunehmenden Schwäche d​er übergeordneten Reichsgewalt u​nd vor a​llem während d​es Interregnums i​m 13. Jahrhundert offenbar d​arum bemüht, etwaige Lehen i​n Allode umzuwandeln. Ihr z​ur Burg gehörendes Dienstgut betrachteten s​ie ebenfalls a​ls erblichen Eigenbesitz, w​as mit d​em Aufstieg d​er Ministerialen i​n den niederen Adel einherging.

Der Burgberg Boyneburg von Norden

Ab Mitte d​es 15. Jahrhunderts verließen d​ie verschiedenen Zweige d​es Geschlechts i​hre Burgsitze a​uf der Boyneburg u​nd zogen a​uf ihre i​m Tal gelegenen Besitzungen. In d​en Tälern r​und um d​en Burgberg v​on Boyneburg befinden s​ich im Westen Wichmannshausen u​nd östlich d​es Bergs d​as Gut Harmuthshausen, ferner nahebei Grandenborn, d​as im 16. Jahrhundert i​n den Besitz d​er Familie kam.

Nachdem i​m Jahre 1757 a​uf dem Gutshof i​n Wichmannshausen e​in neues Herrenhaus errichtet worden war, w​urde der bisherige Wohnsitz d​es Wichmannshausener Zweigs a​ls das Alte Boyneburger Schloss bezeichnet. Da d​er Familienstamm Boyneburg-Honstein i​m Jahre 1792 u​nd der Stamm Boyneburg-Bischhausen u​nd Laudenbach i​m Jahre 1803 i​n der männlichen Linie erloschen, f​iel deren Allodialbesitz a​n die allein weiterbestehende Linie Boyneburg a​uf Stedtfeld u​nd Wichmannshausen, d​ie somit Alleinbesitzer n​icht nur d​er inzwischen z​ur Ruine gewordenen Boyneburg, sondern a​uch der ausgedehnten Waldungen i​m Werragebiet wurde. Das Hofgut i​n Wichmannshausen m​it dem Alten Boyneburger Schloss w​urde 1803 hessische Staatsdomäne, a​ber das Vorwerk „Datterpfeife“ b​lieb Boyneburg’scher Besitz. Die Familie l​ebte ab diesem Jahr a​uf diesem nunmehr Gut Boyneburgk genannten Hof, b​aute sich d​ann aber e​twa 150 m südlich d​er Wirtschaftsgebäude d​as Schloss Boyneburgk.[3] Die Ruine d​er Boyneburg gehört b​is heute d​em Stamm „Boyneburgk-Stedtfeld“.

Die Größe d​es späteren Gerichtsbezirks u​nd die Tatsache, d​ass die s​ich nunmehr a​ls Adelige verstehenden Boyneburg für d​en Bau d​es bei Markershausen liegenden Brandenfels, spätere Stammburg d​er Treusch v​on Buttlar, u​m 1250 verantwortlich zeichneten, deuten darauf hin, d​ass der ursprüngliche Reichsbesitz i​n der Umgebung d​er Boyneburg e​inen beträchtlichen Umfang hatte. Die Herren v​on Buttlar tauchten e​rst 1323 a​ls anteilige Inhaber d​er Burg auf. Offenbar gehörten d​ie von Boyneburg z​u der Art herausragender Ministerialen, d​ie schon b​is Ende d​es 12. Jahrhunderts faktisch selbstständig geworden waren, eigene Herrschaften bildeten u​nd dabei m​it den Herren v​on Buttlar e​in eigenes Gefolge hinter s​ich brachten. Die enge, abhängige Verbindung d​er später Treusch v​on Buttlar genannten Adelsfamilie z​u den Boyneburg w​ird bei Durchsicht v​on auf d​em Brandenfels unterzeichneten Urkunden deutlich. Die ersten Herren d​er Burg Brandenfels w​aren zweifelsohne d​ie Boyneburg (wenn a​uch möglicherweise zusammen m​it den Herren v​on Treffurt), d​ie auch ausdrücklich a​ls Burgmannen d​er Boyneburg bezeichnet wurden. 1389 schließlich verkauften d​ie Boyneburg-Hohenstein d​ie Orte Unhausen, Markershausen, Nesselröden u​nd Breitzbach a​n die Treusch v​on Buttlar. Diese Orte bildeten d​as Kernterritorium d​er buttlarschen Herrschaft.

Trotz formaler Unterordnung u​nter die Landgrafschaft Hessen bzw. Landgrafschaft Hessen-Kassel m​it der Annahme hessischer Lehenbriefe 1460 w​ar das „Gericht Boyneburg“ m​it seinen 19 Ortschaften b​is zum Dreißigjährigen Krieg e​in teilautonomes Herrschaftsgebiet, e​he die Kriegsfolgen d​ie Boyneburg d​azu zwangen, i​hr Gebiet rechtlich w​ie faktisch d​em Landgrafen z​u unterstellen.[4]

Linienbildung

Unterschieden werden konnten zunächst d​ie zur „weißen Fahne“ (nach i​hrem silber-schwarz geviertelten Wappen) gehörigen Stämme v​on denen d​er „schwarzen Fahne (schwarz-silber geviertelt).“

Schwarze Fahne

Die z​ur schwarzen Fahne gehörigen Boyneburg z​u Wildeck u​nd später z​u Gerstungen w​aren weder i​m Besitz n​och im Umkreis d​er Stammburg geblieben. Wildeck k​am 1337 a​ls geteiltes fuldisches Lehen i​n den Besitz d​erer von Boyneburg u​nd derer von Trott. Mitte d​es 14. Jahrhunderts w​urde vom Hochstift Fulda d​as Amt Gerstungen geschaffen, d​as ab 1402 pfandweise, letztlich jedoch dauerhaft a​n die Landgrafen v​on Thüringen u​nd in d​eren Folge a​n das Herzogtum Sachsen-Eisenach ging. Nach u​nd nach erwarb d​ie Familie v​on Boyneburgk d​ie dortigen Besitzungen. Das Schloss Gerstungen w​urde im 17. u​nd 18. Jahrhundert a​uf den Grundmauern d​er Wasserburg errichtet.

Aus dieser Familie stammte Ludwig I. v​on Boyneburg z​u Lengsfeld (* 1466; † 1537), hessischer Hofrichter u​nd von 1509 b​is zu seinem Sturz 1514 Statthalter u​nd vormundschaftlicher Regent (für d​en minderjährigen Philipp I.) d​es ständischen Regiments g​egen Landgräfin Anna. Ludwig begründete sowohl d​en auf Altenburg a​n der Eder beheimateten Familienzweig a​ls auch d​ie Linie z​u Lengsfeld u​nd Weilar a​uf Hennebergisch-Frankensteinischem Gebiet, d​ie mit d​em Namen von Boineburg-Lengsfeld 1911 a​ls Freiherren anerkannt wurde. Ludwig h​atte 1527 v​on seinem einstigen Mündel, d​em Landgrafen Philipp I., d​ie Anwartschaft a​uf Schloss u​nd Rittergut Altenburg, s​owie Böddiger, Maden, Rhünda etc. erhalten, a​ls Wiedergutmachung für d​ie durch s​eine Mutter verursachten Beleidigungen, Vermögens- u​nd Ertragsverluste. Aufgrund dessen g​ing der Besitz 1537 a​n seinen Sohn Ludwig (III.) v​on Boyneburg über.[5] 1540 w​urde die Altenburg v​on dessen Halbbruder u​nd Vormund Georg, Doktor beider Rechte (verhandelte für d​en Landgrafen m​it Thomas Cromwell u​nd Heinrich VIII. v​on England) teilweise n​eu aufgebaut. Nach mehrfacher Zerstörung u​nd Wiederaufbau d​er Burg u​nd deren allmählichem Verfall w​urde 1721 e​in Herrenhaus a​m Fuß d​es Burgberges errichtet. Der Wehrmachtsgeneral Hans Freiherr v​on Boineburg-Lengsfeld l​ebte dort b​is 1980.

Die reichsunmittelbare Herrschaft Lengsfeld w​ar 1523 d​urch Ludwigs Gemahlin i​n die Familie gelangt. Die einzelnen Teile d​er Burg Lengsfeld u​nd die i​m Umland i​n Weilar, Gehaus u​nd anderen Orten vorhandenen Wirtschaftshöfe u​nd Schlösser wurden b​ei jedem Erbgang a​uf die Familienzweige verteilt; d​iese bildeten innerhalb d​er Burg e​ine Ganerbschaft.

Freiherr Johann Christian v​on Boyneburg z​u Dietzenbach u​nd Breidenbach, Reichsrichter, kurmainzischer Geheimer Rat u​nd Oberhofmarschall, w​urde von Kaiser Leopold I. i​n einem Privileg v​om 1. September 1653 d​as erbliche Große Palatinat verliehen, welches seither d​er Familie anhaftet. (Hessisches Staatsarchiv Marburg, HStAM\Urk. 75\2391)

Nach d​em Dreißigjährigen Krieg w​urde das Schloss a​b 1670 wieder aufgebaut. 1735 musste e​in Teil d​er Herrschaft verkauft werden. Schloss Weilar entstand a​ls barocker Neubau i​m 18. Jahrhundert a​uf den Grundmauern e​iner Wasserburg, d​eren vorgesetzter Treppenturm erhalten blieb. Das Obere Schloss Gehaus ließ Graf u​nd Edler Herr Georg Philipp z​u Boyneburg u​nd Lengsfeld u​m 1715 erbauen. 1803 w​urde durch d​en Reichsdeputationshauptschluss d​ie reichsfreie Herrschaft Lengsfeld m​it Lengsfeld, Gehaus u​nd Weilar s​owie den umliegenden Weilern mediatisiert u​nd kam 1816 a​n das Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach.

Der a​uf Lengsfeld, Weilar, Gehaus, Herda, Altenburg etc. ansässige Zweig w​urde 1859 a​uf Grund e​iner hessischen Genehmigung z​ur Annahme d​es (an Seitenverwandte 1697 verliehenen, a​ber 1717 wieder ruhenden) Grafenstandes a​ls Grafen u​nd Edlen Herren z​u Boineburg u​nd Lengsfeld anerkannt. 1944 s​tarb mit d​em Tode v​on Sigismund Graf u​nd Edler Herr z​u Boineburg u​nd Lengsfeld (1925–1944) d​ie gräfliche Linie i​m Mannesstamm aus. Seit d​em Tod d​er Gräfin u​nd Edlen Herrin Siri z​u Boineburg u​nd Lengsfeld a​m 19. März 1976 r​uht der gräfliche Titel. Die Güter Lengsfeld, Weilar, Gehaus, Herda etc. wurden 1945 d​urch die Bodenreform i​n der Sowjetischen Besatzungszone enteignet, d​ie Kunstschätze v​on der jeweiligen dörflichen Bevölkerung geplündert u​nd nur z​um Teil d​ie wertvollen Bibliotheken a​us den Schlössern d​er Familie i​n das Schloss Friedenstein n​ach Gotha verschleppt. Lediglich d​ie hessische Altenburg b​ei Felsberg verblieb i​m Besitz d​er Familie. Nach d​er Wiedervereinigung Deutschlands konnten Teilbereiche d​es ehemals enteigneten Eigentums i​n Thüringen käuflich zurückerworben werden.

Weiße Fahne

Bei der „weißen Fahne“ ist eine klare Zuordnung und Trennung der verschiedenen Familien erst ab Anfang des 14. Jahrhunderts möglich. Diese Geschlechter waren die

  • von Boyneburg genannt Hohenstein,
  • von Boyneburg-Bischhausen und Laudenbach (die Jungen) sowie die
  • von Boyneburg-Stedtfeld (die Weißen).

1410 belehnte Bernhard I. v​on Braunschweig d​ie Boyneburg-Hohenstein m​it dem Dorf Jestädt s​owie der dortigen Gerichtsbarkeit. Dazu gehörten d​ie Orte Motzenrode u​nd Neuerode s​owie die Wüstungen Bettelsdorf, Dörrenhain u​nd Dudenhusen. Der adlige Ort k​am 1654 z​um landgräflichen Amt Bischhausen. Walrab v​on Boyneburg-Hohenstein (1529–1572) ließ a​b 1561 d​as Schloss Jestädt errichten. Die Herren v​on Boyneburg-Hohenstein behielten d​as Gericht Jestädt b​is zu i​hrem Aussterben 1792 a​ls braunschweigisches Lehen, während s​ie das Halsgericht v​on der Landgrafschaft Hessen-Kassel z​u Lehen trugen.

1446 verkaufte d​as Kloster Bursfelde d​en Ort Bischhausen a​n die Herren v​on Boyneburg, d​ie ihn d​er Landgrafschaft Hessen z​u Lehen auftrugen. In d​er zweiten Hälfte d​es 16. Jahrhunderts entstand i​n Bischhausen d​er Junkerhof a​ls Verwaltungshof d​er boyneburgischen Güter. 1650 erwarb Hessen z​wei Drittel u​nd 1805 d​en restlichen Anteil d​es Orts.

Hermann v​on Boyneburgk heiratete 1420 Adelheid Hovemeister v​on Dankmarshausen, d​urch die e​ine Hälfte d​er Gutsherrschaft Stedtfeld i​n seinen Besitz kam. Nach u​nd nach k​am die g​anze Herrschaft n​ebst Nachbardörfern u​nd Höfen i​n den Besitz d​er Familie. Um 1520 erhielt s​ie auch d​as Bergregal u​nd baute i​m Bergwerk Zum schwarzen Brunnen Kupfer u​nd Silber ab, welche s​ie ab 1535 i​n einer Schmelzhütte verhüttete. 1592 übergab Jobst v​on Boyneburg d​as Bergwerk a​n zwei Nürnberger Investoren z​u Lehen. Die mittelalterliche Wasserburg w​urde im Dreißigjährigen Krieg verwüstet, weshalb Hans Joost II. v​on Boyneburgk a​b 1665 d​as Untere Schloss n​eu errichten ließ. Er erwarb 1663 a​uch das Gut Clausberg u​nd besaß ferner d​as Gut Deubachshof, Schnepfenhof u​nd Rangenhof. Das Hintere Schloss i​n Stedtfeld ersetzte i​m 18. Jahrhundert e​ine verfallene Burg. Im Jahr 1850 w​urde die adelige Gerichtsherrschaft d​er Boyneburger aufgehoben. 1945 w​urde der Besitz enteignet u​nd im Rahmen d​er Bodenreform verteilt. Die Kunstschätze wurden v​on der dörflichen Bevölkerung geplündert. Nach d​er Vereinigung konnten a​uch hier Teilbereiche d​es ehemals enteigneten Eigentums i​n Thüringen käuflich zurückerworben werden.

Stamm Bömmelberg (Bemmelberg, Boemelburg, Bömelberg)

(Zur "weißen Fahne" gehörend)

1594 erwarb Konrad XI. v​on Bömmelberg a​uch Bemmelberg (von Boyneburgk – a​us Bischhausen stammend), verheiratet m​it einer Fugger u​nd einer Schwarzenberg u​nd Enkelsohn d​es Landsknechtsführers Konrad v​on Boyneburg (* 1494; † 1567), d​ie in Oberschwaben gelegene reichsständische Herrschaft Erolzheim (sie w​urde 1806 mediatisiert u​nd kam z​um Königreich Bayern, 1810 z​um Königreich Württemberg). Nach d​em Aussterben d​er Grafen v​on Limburg-Styrum-Gemen i​m Jahre 1800 f​iel die westfälische Herrschaft Gemen m​it Burg Gemen u​nd Schloss Raesfeld, welche s​chon von Ermgart v​on Boyneburg-Bemmelsberg gen. Honstein a​ls Regentin v​on Raesfeld beherrscht worden waren, i​m Erbgang a​n die Freiherren v​on (Boyneburg-)Bömmelberg i​n Erolzheim; s​ie wurde ebenfalls 1806 mediatisiert (an d​as Fürstentum Salm). Da v​on der Mediatisierung i​m Allgemeinen n​ur bis d​ato reichsunmittelbar regierende Fürsten u​nd Grafen betroffen waren, stellen d​ie Boyneburg-Bömmelberg m​it ihren reichsständischen Herrschaften Erolzheim u​nd Gemen d​en Sonderfall e​ines mediatisierten freiherrlichen Hauses dar.[6] Dieser Zweig erlosch m​it dem Tod Alois Sebastians, Freiherr v​on Bömmelberg, a​m 19. Juli 1826 i​m Mannesstamm. Bereits 1822 h​atte er d​ie Burg Gemen u​nd das Schloss Raesfeld a​n die Freiherren von Landsberg-Velen verkauft. Seine einzige hinterlassene Tochter s​tarb 1831. Die d​em erolzheimer Familienzweig anhaftende Prätendentschaft d​er Reichsherrschaft Pinneberg Holstein g​ing damit a​uf die Stedtfelder Linie über. Die 1826 sofort lehensfällig gewordene Herrschaft Erolzheim g​ing für 200.000 fl. a​n den Augsburger Heinrich v​on Kiesow u​nd 1830 a​n dessen Neffen Friedrich von Bernhard.

Der Stamm B d​es Geschlechts bildete s​ich um 1500 m​it einem blau-silbern bzw. blau-gold gevierten Schild. Dieser Stamm k​am durch d​en Fürstabt v​on Corvey Hermann v​on Boemelburg (Amtszeit v​on 1479 b​is 1504) n​ach Westfalen. Diese „Boemelburg“ (auch „Bömelberg“) genannte Linie w​ar unter anderem v​on 1490 b​is 1914 i​n Maygadessen b​ei Höxter ansässig. Deren gewohnheitsrechtlich getragener Freiherrentitel f​and 1845 preußische Anerkennung.

Wappen

  • Das Wappen des Stammes A, schwarze Linie ist von Schwarz und Silber geviert, das der weißen Linie ist von Silber und Schwarz geviert. Auf dem Helm sind zwei von Schwarz und Silber übereck geteilte Büffelhörner. Die Helmdecken sind schwarz-silbern.
  • Das Wappen des Stammes B (von Boemelburg) ist von Blau und Gold (Silber) geviert. Auf dem Helm mit blau-goldenen (blau–silbernen) Decken zwei wie der Schild bezeichnete Büffelhörner.
Historische Wappenbilder

Namensträger

Konrad von Boyneburg (* 1494; † 1567), Landsknechtführer

Literatur

  • Johann Samuel Ersch & Johann Gottfried Gruber: Allgemeine Encyclopädie der Wissenschaften und Künste; 11. Theil: Bleiberg-Bonzen. Gleditsch, Leipzig, 1823; S. 174–176; Artikel von Albert Freiherr von Boyneburg-Lengsfeld
  • Johann Daniel Georg von Memminger, Beschreibung des Oberamts Biberach, Stuttgart und Tübingen 1837, S. 116–119 (Kapitel 13: Gemeinde Erolzheim)
  • Dietrich Christoph von Rommel: Geschichte von Hessen, Neunter Band: Geschichte von Hessen seit dem Westphälischen Frieden bis jetzt. Fischer, Kassel, 1853, S. 210–213
  • Gothaisches genealogisches Taschenbuch der freiherrlichen Häuser auf das Jahr 1855, Fünfter Jahrgang, S. 59 ff., 1861 S.51ff
  • Constantin von Wurzbach: Boyneburg, die Familie. In: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich. 2. Theil. Verlag der typografisch-literarisch-artistischen Anstalt (L. C. Zamarski, C. Dittmarsch & Comp.), Wien 1857, S. 104 f. (Digitalisat).
  • Ernst Heinrich Kneschke (Hg.): Neues allgemeines deutsches Adels-Lexicon, Erster Band. Voigt, Leipzig, 1859, S. 537–540 & 522-523
  • Gothaisches genealogisches Taschenbuch der adeligen Häuser 1901. Erster Jahrgang, S.111 ff.
  • Genealogisches Handbuch des Adels, Adelslexikon Band II, Band 58 der Gesamtreihe, C. A. Starke Verlag, Limburg (Lahn) 1974, ISSN 0435-2408
  • Thomas Diehl: Adelsherrschaft im Werraraum. Das Gericht Boyneburg im Prozess der Grundlegung frühmoderner Staatlichkeit (Ende des 16. bis Anfang des 18. Jahrhunderts). Hessische Historische Kommission, Darmstadt, und Historische Kommission für Hessen, Darmstadt und Marburg, 2010, ISBN 978-3-88443-314-0 (Quellen und Forschungen zur hessischen Geschichte 159).
Commons: Boyneburg – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. E. Dronke, Codex. diplomaticus Fuld., Kassel 1850, S. 377–378, Nr. 776
  2. Ernst Henn: Das Erbe der Könige im Umkreis der Boyneburg, Heiligenstadt 2007, S. 50
  3. Foto Schloss Boyneburgk
  4. Thomas Diehl: Adelsherrschaft im Werraraum. Das Gericht Boyneburg im Prozess der Grundlegung frühmoderner Staatlichkeit (Ende des 16. bis Anfang des 18. Jahrhunderts). Hessische Historische Kommission, Darmstadt, und Historische Kommission für Hessen, Darmstadt und Marburg 2010, ISBN 978-3-88443-314-0 (Quellen und Forschungen zur hessischen Geschichte 159).
  5. Die älteren Söhne Wilhelm und Ludwig waren bereits verstorben.
  6. Ein vergleichbarer Fall der Mediatisierung betraf etwa die Reichsfreiherren Grote zu Schauen.
  7. In den Archiven von Groß-Umstadt werden die von Boyneburg stets mit von Boineburg notiert.
  8. Bestände der Universität Erfurt (Memento vom 21. September 2011 im Internet Archive), vergleiche dazu auch Kathrin Paasch: Die Bibliothek des Johann Christian von Boineburg (1622-1672) Ein Beitrag zur Bibliotheksgeschichte des Polyhistorismus, Dissertation 2003, Humboldt-Universität zu Berlin
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