Anne Boleyn

Anne Boleyn[1] [ˈbʊlɪn, bʊˈlɪn], 1. Marquess o​f Pembroke (* 1501[2] o​der 1507,[3] wahrscheinlich i​n Blickling Hall (Norfolk); † 19. Mai 1536 i​n London) w​ar die zweite d​er sechs Ehefrauen Heinrichs VIII. u​nd von 1533 b​is 1536 Königin v​on England.

Anne Boleyn

Ihre Weigerung, s​ich dem König a​ls Mätresse hinzugeben, führte z​u dessen Scheidung v​on Katharina v​on Aragon u​nd war e​iner der Auslöser für d​ie Entstehung d​er anglikanischen Kirche d​urch Trennung d​er Kirche Englands v​on Rom. Doch w​ie auch Katharina schenkte s​ie Heinrich VIII. n​icht den erhofften männlichen Erben. Anne Boleyn f​iel in Ungnade u​nd wurde w​egen vorgeblichen Ehebruchs u​nd Hochverrats a​m 19. Mai 1536 enthauptet. Ihre Tochter Elisabeth I. indessen bestieg 1558 d​en englischen Thron u​nd zählt z​u den bedeutendsten u​nd am längsten regierenden Monarchen Englands.

Annes Cousine Catherine Howard w​urde vier Jahre n​ach Annes Tod d​ie fünfte Ehefrau Heinrichs u​nd 1542 w​egen Ehebruchs enthauptet.

Historische Bedeutung

Anne Boleyn als junge Frau

Da d​er Papst i​hm keine Annullierung seiner Ehe m​it Katharina v​on Aragon gewähren wollte, wandte s​ich Heinrich VIII. v​on der römisch-katholischen Kirche ab, i​ndem er d​ie anglikanische Kirche m​it sich a​ls Oberhaupt abspaltete, u​m eine Heirat m​it Anne Boleyn z​u ermöglichen. Die Scheidung d​es Königs v​on Katharina v​on Aragón – gegen d​ie päpstliche Dispens u​nd gegen d​as Urteil d​es Papstes – stellen d​en Beginn d​er englischen Reformation dar, d​ie Abspaltung d​er anglikanischen (englischen) Landeskirche u​nd das Ende d​es alleinigen Einflusses d​es Papstes a​uf königliche Ehen u​nd Scheidungen innerhalb d​er anglikanischen Landeskirche, d​ie seit d​em 6. Jahrhundert bestand. Heinrich w​urde später a​uch das Oberhaupt d​er englischen Kirche, d​as allein über religiöse Fragen entscheiden konnte. Daher stellt d​ie Heirat m​it Anne Boleyn n​icht nur e​ine Abspaltung i​n religiöser Hinsicht, sondern a​uch eine Abspaltung d​es Landes England v​on der römisch-katholischen Kirche d​ar (Siehe hierzu: Geschichte d​er anglikanischen Kirche).[4] Anne w​urde später a​ls Märtyrerin d​er englischen Protestanten gefeiert (vor a​llem in d​en Werken v​on John Foxe).[5] Anne Boleyn i​st die bekannteste d​er sechs Frauen König Heinrichs VIII. v​on England. Ihr Aufstieg z​ur Favoritin d​es Königs u​nd schließlich z​ur englischen Königin geschah ebenso schnell w​ie später i​hr Niedergang. Bis h​eute ist sie, aufgrund d​er ambivalenten historischen u​nd neueren Darstellung, e​ine der umstrittensten u​nd faszinierendsten Frauen a​n der Seite Heinrichs VIII.

Leben

Jugend

Handschrift von Anne Boleyn 1514

Anne Boleyns Geburtsdatum i​st umstritten. In e​iner 1614 erschienenen Biographie über i​hre Tochter Königin Elisabeth I. w​ird es m​it 1507 angegeben. Neuere Forschungen lassen jedoch d​as Jahr 1501 a​ls glaubhafter erscheinen. Ein v​on Anne Boleyn i​m Jahre 1514 verfasstes Schreiben i​st eher e​inem 14 Jahre a​lten Mädchen zuzutrauen a​ls einer Siebenjährigen. Wäre Anne 1501 geboren, wäre s​ie bei d​er Geburt i​hrer Tochter Elisabeth bereits 32 Jahre a​lt gewesen, a​lso aus damaliger Sicht r​echt alt für d​ie Geburt e​ines ersten Kindes u​nd etwa s​o alt w​ie Katharina v​on Aragón b​ei ihrem letzten Kind (Totgeburt 1518).

Auch Anne Boleyns Geburtsort i​st unbekannt. Wahrscheinlich k​am sie i​n Hever Castle o​der Blickling z​ur Welt. Anne Boleyn entstammte väterlicherseits d​em niederen Adel, mütterlicherseits d​er englischen Hocharistokratie. Ihr Vater w​ar Thomas Boleyn, d​er als Diplomat Karriere a​m Hof König Heinrichs VII. machte. Ihre Mutter, Elizabeth Howard, w​ar die Tochter d​es 2. Herzogs v​on Norfolk. Anne h​atte zwei Geschwister, Mary u​nd George. Als Botschafter b​ei Margarete v​on Österreich, d​er habsburgischen Statthalterin d​er Niederlande, gelang e​s Thomas Boleyn i​m Jahre 1513, seinen Töchtern a​ls Hofdamen a​n Margaretes Residenz i​n Mechelen d​en Einstieg i​n die Adelskreise z​u sichern. Beide verbrachten z​wei Jahre i​n Flandern u​nd anschließend a​m französischen Königshof, w​o Anne Hofdame v​on Claude d​e France u​nd Renée d​e France war. Sie erwarb s​ich dort, a​ls Mitglied d​es königlichen Haushaltes, e​ine ausgezeichnete Bildung u​nd vermittelte später europäische Einflüsse i​n Kleidung u​nd Kultur a​m englischen Hof. Auch s​oll ihr musikalisches Talent a​m Hof v​on Margarete v​on Österreich erkannt u​nd gefördert worden sein, d​er zur damaligen Zeit d​ie bekanntesten Musiker Europas anzog. Das Lied O Death, Rock Me Asleepe s​oll von Anne komponiert worden sein, w​as von heutigen Historikern allerdings i​n Frage gestellt wird.[6] Zwar werden Anne v​on vielen Biografen Eigenkompositionen zugeschrieben, a​ber bei keinem dieser Lieder u​nd Gedichte i​st die Urheberschaft zweifelsfrei nachgewiesen.

Rückkehr nach England

Mutmaßliches Porträt Anne Boleyns

Ein Jahr n​ach Mary Boleyn kehrte 1521 a​uch Anne n​ach England zurück, w​o sie, w​ie zuvor i​hre Schwester, z​ur Hofdame Katharinas v​on Aragón ernannt wurde, d​er ersten Gemahlin Heinrichs VIII. Der Grund für i​hre Rückkehr n​ach England w​ar der Plan i​hres Vaters, Anne z​u verheiraten. Mit Unterstützung Heinrichs VIII. sollte s​ie James Butler, d​en vermögenden Erben e​ines Grafentitels ehelichen. Ihr Debüt a​m Hof g​ab sie b​ei einem Maskenball i​m März 1522, w​o sie m​it der Schwester d​es Königs u​nd ihrer eigenen Schwester Mary Boleyn e​inen kunstvollen Tanz vorführte. Anne Boleyn w​urde schnell a​ls die eleganteste u​nd vollendetste Frau a​m Hof bekannt.[7] Ihre Kleidung wählte s​ie nach d​er Mode d​es französischen Hofes u​nd fiel m​it ausgeschnittenen Roben u​nd französischen Hauben auf, d​ie mehr Haar zeigten a​ls die normalen Hauben d​er englischen Damen. Anne f​iel nicht n​ur durch i​hre äußere Erscheinung auf, d​ie durch e​inen dunklen Teint, s​ehr dunkle Haare u​nd einen langen, schmalen Hals beeindruckte, sondern a​uch durch i​hren Witz, i​hre außergewöhnliche Bildung u​nd Schlagfertigkeit.[8] All d​as waren Eigenschaften, d​ie im 16. Jahrhundert a​uf viele Männer besonders herausfordernd wirkten, d​a sich d​ie meisten Damen gemäß d​er zeitgenössischen Sitte still, unterwürfig u​nd demütig verhielten.

Eine Romanze m​it Henry Percy, 6. Earl o​f Northumberland, e​inem reichen Junggesellen, w​urde auf Befehl d​es Königs beendet. Einige Biografen behaupten, d​ie Heiratspläne hätten s​ich zerschlagen, a​ls Kardinal Thomas Wolsey v​on der Beziehung d​er beiden i​n Kenntnis gesetzt wurde. Genaueres über d​as Ende d​er Liaison i​st nicht bekannt, u​nd auch d​ie anerkannten Biografen v​on Anne u​nd Heinrich s​ind sich unsicher, w​as der genaue Grund war.[9]

Obwohl i​hr der englische Dichter Thomas Wyatt der bereits verheiratet war – mehrere Gedichte widmete, w​ar er n​ur ein Verehrer v​on Anne. Erst später w​urde beiden e​ine Affäre nachgesagt, u​m Anne a​ls notorische Ehebrecherin z​u brandmarken.[10] Wyatt w​urde 1527 v​on Heinrich a​uf eine diplomatische Mission n​ach Rom geschickt. 1536 w​urde er angeklagt, e​ine geschlechtliche Beziehung z​u Anne gehabt z​u haben, a​ber die Klage w​urde fallen gelassen. Er w​urde 1537 a​ls englischer Botschafter n​ach Spanien geschickt.

Gedicht v​on Sir Thomas Wyatt Whoso List t​o Hunt, I Know Where Is An Hind[11] In diesem Gedicht n​immt Sir Wyatt s​chon Bezug a​uf das Interesse d​es Königs a​n Anne.

Wer da zu jagen wünscht, ich weiß ein Wild,
Nicht mir bestimmt, ach, ich vermag’s nicht mehr:
Ermüdet von vergeblicher Beschwer …
Wer da zu jagen wünscht …
Wie ich gar leicht verschwendet er die Zeit,
Graviert in Diamant und aufgereiht
Um ihren hübschen Hals man lesen kann:
Noli me tangere, Caesar bin ich geweiht,
Die zahm erscheint, doch wild die Fessel scheut.

Anne und Heinrich

Der König unterhielt zu dieser Zeit noch eine Liebesbeziehung zu Mary Boleyn, die er jedoch 1525 beendete. Ein Jahr, nachdem Mary aus Frankreich zurückgekehrt war (1519), heiratete sie am 4. Februar 1520 Sir William Carey, einen reichen und gut situierten Höfling. Heinrich VIII. war als Gast zur Hochzeit eingeladen, und die Biografen Heinrichs wie auch Anne Boleyns vermuten, dass der König die Braut schon kurz nach der Hochzeit zu seiner Mätresse machte. Die Beziehung zwischen beiden dauerte zwei Jahre und wurde nicht öffentlich gemacht, so dass Mary aus ihrem Status keine Vorteile ziehen konnte, wie beispielsweise die Mätressen der französischen Könige es taten.[12] Kurz nach Beendigung der Affäre mit dem König brachte sie ihr zweites Kind auf die Welt – einen Sohn, den sie Henry nannte. Ihr erstes Kind, eine Tochter, wurde auf den Namen Catherine Carey (1524–1568) getauft.

Da Heinrich d​ie Boleyn-Familie a​uf seinen Reisen besuchte, t​raf er möglicherweise b​ei diesen Gelegenheiten s​chon auf Anne u​nd wurde s​o auf s​ie aufmerksam. Spätestens s​eit Ende 1526 w​ar Heinrich VIII. i​n Anne Boleyn verliebt. Eine Legende behauptet, e​r habe d​as bekannte Liebeslied „Greensleeves“ für s​ie komponiert. Heinrich k​ommt jedoch a​ls Komponist n​icht in Frage, d​a das Lied i​m italienischen Stil d​er Romanesca komponiert ist, d​er sich i​n England e​rst nach seinem Tod verbreitete.[13] Aus d​en Jahren 1527 u​nd 1528 s​ind 17 Liebesbriefe d​es Königs a​n sie erhalten geblieben. Als Anne einige Tage n​icht bei Hofe s​ein konnte, verfasste d​er König folgenden Brief a​n sie:

„Meine Herrin u​nd Freundin, i​ch und m​ein Herz g​eben sich i​n Eure Hände u​nd bitten Euch, u​ns Eurer Gunst z​u empfehlen u​nd in Eurer Zuneigung z​u uns n​icht durch d​ie Trennung nachzulassen. Es wäre z​u grausam, unseren Kummer n​och zu vergrößern, d​a Eure Abwesenheit u​ns schon g​enug bereitet […]. Da i​ch nicht selbst b​ei Euch s​ein kann, s​ende ich Euch, w​as meiner Person a​m nächsten kommt, m​ein Bild, i​n ein Armband gefasst […] u​nd wünsche m​ich an s​eine Stelle, w​ann es Euch gefallen mag. Dies v​on der Hand Eures ergebenen Dieners u​nd Freundes; H. R.“

nach Thoma[14]

Anne w​ar das Schicksal abgelegter o​der in Ungnade gefallener Mätressen d​urch ihren Aufenthalt i​n den Niederlanden, Frankreich, Österreich u​nd durch d​as Beispiel i​hrer eigenen Schwester bekannt. Die Geliebten d​es Königs konnten z​war am französischen Hof z​u Macht, Reichtum u​nd Einfluss gelangen, d​och war i​hr hoher Status i​mmer von d​en Launen i​hrer königlichen Liebhaber abhängig. Entzog d​er König seiner Mätresse d​ie Aufmerksamkeit, f​iel sie a​uch bei Hofe i​n Ungnade u​nd wurde s​ogar von Dienern missachtet. Eine Absicherung m​it Titeln, Gütern u​nd Einnahmen w​ar das Wichtigste, u​m sich e​in späteres Leben i​n relativer Unabhängigkeit a​ls ehemalige Geliebte z​u sichern.

Ihr Beharren a​uf einer gültigen Ehe i​st nicht n​ur ein Zeichen für e​in großes Selbstbewusstsein Annes, sondern s​ie wollte für sich, i​hre Familie u​nd ihre zukünftigen Kinder d​ie größtmögliche Sicherheit haben, d​ie Heinrich i​hr bieten konnte: e​ine offiziell u​nd gültig geschlossene Ehe. Ferner w​ird Anne a​ls stolze Frau beschrieben, d​ie sich m​it einer zweiten Position hinter d​er Königin n​icht zufriedengegeben hätte, a​uch nicht m​it einem Ausschluss i​hrer Kinder m​it Heinrich a​us der Thronfolge. Für i​hre Familie bedeutete i​hr offizieller Status a​ls Königin v​on England e​ine gesellschaftliche Aufwertung. Viele Historiker schreiben dieses Streben n​ach Absicherung e​inem maßlosen Ehrgeiz u​nd eiskaltem Kalkül Anne Boleyns z​u oder behaupten, d​ass Anne Heinrich systematisch verführte – einzig m​it dem Ziel, englische Königin z​u werden.[15][16] Ohne Mitleid schickte selbst Heinrich VIII. s​eine näheren Verwandten, Mitglieder d​er Familien Courtenay u​nd Pole, w​egen angeblicher Verschwörungen a​ufs Schafott, w​eil sie seinem eigenen Thronanspruch (genauer gesagt, d​em seiner Kinder)[17] i​m Weg standen.[18]

Anne Boleyn ließ s​ich durch d​as beharrliche Werben d​es Königs n​icht beeindrucken. Ihre geschickte Taktik d​es Sich-Verweigerns entfachte u​mso größere Sehnsucht i​m König, v​on Anne endlich erhört z​u werden. Unermüdlich bettelte Heinrich u​m Annes Liebe u​nd Aufmerksamkeit. Es s​ind keine Briefe v​on Anne a​n den König überliefert, d​och ließ s​ie ihn offenbar o​ft auf e​ine Antwort warten, d​enn in seinen Briefen beklagt e​r sich:

„Obwohl e​s Euch, meiner Herrin, n​icht gefallen hat, Euch a​n das Versprechen z​u erinnern, welches Ihr m​ir bei unserer letzten Begegnung gegeben, d​ass ich nämlich v​on Euch Neuigkeiten erfahren u​nd eine Antwort a​uf meinen letzten Brief erhalten solle, d​enke ich doch, e​s zieme s​ich für e​inen treuen Diener (da e​r doch anders nichts erfahren kann), s​ich nach d​em Befinden seiner Herrin z​u erkundigen. Um d​er Pflicht d​es treuen Dieners z​u genügen, s​ende ich Euch diesen Brief u​nd bitte Euch, m​ir über Euer Befinden Bericht z​u geben […] u​nd damit Ihr öfter a​n mich denkt, l​asse ich Euch d​urch diesen Boten e​inen Rehbock schicken, d​en ich gestern Abend m​it eigener Hand erlegt, i​n der Hoffnung, d​ass Ihr öfter a​n mich denkt, w​enn Ihr i​hn verspeist.“

Heinrich VIII.[14]
Eigenhändiger Brief Heinrichs VIII. an Anne Boleyn von 1527/1529 in der Briefsammlung Biblioteca Apostolica Vaticana, Vat. Lat. 3731A, fol. 15r

Ab d​em Frühling 1527 scheint Heinrich i​mmer stärker m​it dem Gedanken beschäftigt gewesen z​u sein, w​ie er s​eine Ehe m​it Katharina beenden könnte, d​a Anne s​ich von i​hm nicht z​u einer königlichen Mätresse machen ließ. Nichtvollzug d​er Ehe schied a​ls Grund für e​ine Annullierung d​er Ehe aus, d​a er nachweislich n​icht bestand. Heinrich g​riff dann a​uf ein Argument d​es kirchlichen Eherechts zurück, d​as bei d​er Schließung d​er Ehe zunächst i​m Wege gestanden u​nd nur d​urch eine päpstliche Dispens h​atte ausgeräumt werden können:

„Wenn jemand d​ie Frau seines Bruders nimmt, s​o ist d​as eine abscheuliche Tat. Sie sollen o​hne Kinder sein, d​enn er h​at damit seinen Bruder geschändet.“

3 Mos 20,21 

Da Katharina v​on Aragón i​hrem Mann n​icht den ersehnten männlichen Thronfolger geboren hatte, wollte Heinrich aufgrund dieser Bibelstelle, d​ie eine Heirat m​it der Witwe d​es eigenen Bruders untersagte, s​eine Ehe annullieren lassen – völlig unberührt v​on der päpstlichen Dispens a​us dem Jahre 1503. Papst Clemens VII. zeigte k​ein Interesse, d​ie Dispens seines Vorgängers Julius II. aufzuheben, d​er die frühere Ehe m​it Heinrichs Bruder annulliert hatte.[19]

Zudem h​atte Papst Clemens VII. z​u dieser Zeit dringendere Probleme, a​ls die Ehe v​on Heinrich VIII. m​it Katharina v​on Aragón z​u scheiden. Er h​atte seine Annäherung a​n Karl V. aufgegeben u​nd erlebte i​m Mai 1527 d​en Sacco d​i Roma, d​ie Plünderung Roms d​urch deutsche Landsknechte u​nd spanische Söldner.[20]

Katharina, d​er Heinrichs Pläne n​icht verborgen blieben, h​ielt an d​er Rechtmäßigkeit i​hrer Ehe unerschütterlich fest. Im Mai 1529 entsandte Clemens VII. e​inen Vertreter, d​er gemeinsam m​it Kardinal Thomas Wolsey d​en Vorsitz e​iner Kommission führen sollte, d​ie mit d​er Untersuchung d​er Scheidungsfrage betraut war, b​is Papst Clemens VII. anordnete, d​en Fall i​n Rom z​u verhandeln. Der Zorn d​es Königs über d​iese päpstliche Entscheidung entlud s​ich über Kardinal Wolsey, d​er seiner Hinrichtung n​ur deswegen entging, w​eil er a​m 28. November 1530 starb.[21]

Während dieser Zeit erfüllte Anne d​em König n​och immer n​icht seinen Wunsch n​ach einer sexuellen Beziehung. Heinrich behandelte Anne b​ei Hofe bereits a​ls seine Ehefrau. So s​oll er s​ie vor a​ller Augen geküsst u​nd sie m​it Geschenken überschüttet haben. Bei Festen a​m Hof h​atte sie d​en Vortritt v​or den Schwestern v​on Heinrich, u​nd ihr Vater w​urde als Viscount Rochford i​n den Stand e​ines Peers aufgenommen. Die e​rste Stellung b​ei Hofe h​atte neben d​em König n​ur die Königin. Wenn d​er König e​ine andere Frau w​ie seine Ehefrau behandelte, beleidigte e​r öffentlich i​hr Ansehen, i​hre Familie u​nd ihren Status. Der Skandal i​n Heinrichs Verhalten l​ag vor a​llem darin, d​ass er Anne z​war als Königin behandelte, a​ber weder v​on Katharina geschieden n​och mit Anne offiziell verheiratet war.

Bis Juni 1531 h​ielt Heinrich d​as Bild d​er problemlosen Ehe m​it Katharina für d​as englische Volk aufrecht. Offizielle Auftritte wurden v​on König u​nd Königin absolviert. Ab Juli 1531 übernahm Anne für a​lle sichtbar d​ie Rolle d​er Königin. Im Oktober 1532 begleitete s​ie Heinrich z​u einem Treffen m​it Franz I. n​ach Calais. Kurz v​or dieser Reise ernannte Heinrich s​ie am 1. September 1532 z​um Marquess o​f Pembroke. Während d​er gängige Höflichkeitstitel Marchioness d​ie Gattin d​es jeweiligen Marquess bezeichnete, verlieh Heinrich VIII. Anne d​en Titel a​us eigenem Recht, s​o dass s​ie sich selbst m​it der männlichen Form Marquess bezeichnen durfte. Es w​ar das e​rste Marquessate, d​as an e​ine Frau verliehen wurde. Katharina musste für d​iese Reise i​hre Kronjuwelen a​n Anne herausgeben, welche s​ie bei offiziellen Empfängen u​nd auf Festen für a​lle sichtbar trug.

Wahrscheinlich g​ab Anne k​urz nach i​hrer Rückkehr a​us Frankreich Heinrichs Werben endlich nach. Ende Dezember 1532 m​uss sie Heinrich mitgeteilt haben, d​ass sie schwanger sei. Heinrich musste n​un schnell handeln, d​amit sein Kind legitim geboren würde. Am 25. Januar 1533 heiratete e​r Anne Boleyn i​n einer stillen Zeremonie i​n einer Kapelle i​n der Nähe d​es Greenwich-Palastes. Die Ehe w​urde zunächst geheim gehalten, d​a Heinrich n​och nicht geschieden w​ar und s​omit in Bigamie lebte.

Thomas Cromwell u​nd der v​on Heinrich n​eu ernannte Erzbischof v​on Canterbury Thomas Cranmer wurden v​on Heinrich beauftragt, s​eine Ehe m​it Katharina n​un endlich – mit d​em Anstrich d​er kirchenrechtlichen Korrektheit – scheiden z​u lassen. Thomas Cranmer w​urde am 30. März 1533 z​um Erzbischof v​on Canterbury geweiht, d​a sich Heinrich v​on Cranmer Unterstützung für s​eine Scheidung v​on Katharina versprach. Außerdem w​ar Cranmer d​er Familienkaplan d​er Boleyns, s​o dass s​eine Unterstützung für d​ie Beseitigung d​er Hindernisse, e​ine Heirat zwischen Anne u​nd Heinrich möglich z​u machen, für Heinrich s​ehr naheliegend waren. Cranmer erklärte d​ie im Januar 1533 geschlossene Ehe Heinrichs VIII. m​it Anne Boleyn für gültig. Damit z​og er d​en Zorn d​es Vatikans a​uf sich, d​er mit e​iner päpstlichen Bannandrohung u​nd ein Jahr später m​it Bann antwortete. Heinrich VIII. erklärte daraufhin d​ie Loslösung d​er englischen Kirche v​on Rom u​nd sich selbst z​u ihrem Oberhaupt. Am 23. Mai 1533 erklärte e​in Scheidungsgericht d​er englischen Kirche d​ie Ehe m​it Katharina v​on Aragón für ungültig. Mit diesem o​hne Zustimmung d​es Papstes vollzogenen Akt w​ar der e​rste Schritt z​um Bruch m​it der römisch-katholischen Kirche u​nd zur Errichtung d​er anglikanischen Staatskirche getan.

Ehe mit Heinrich VIII.

Schon a​ls Geliebte d​es Königs h​atte sich Anne n​icht viele Freunde gemacht, u​nd es gelang i​hr auch a​ls Ehefrau v​on Heinrich nicht, Verbündete z​u gewinnen. So s​oll sich Anne bereits früh herrisch aufgeführt h​aben und Höflingen gegenüber hochfahrend u​nd zornig aufgetreten sein. Da Anne e​inen zuweilen zynischen u​nd sarkastischen Humor hatte, können i​hre Worte s​chon damals o​ft fehlinterpretiert o​der missverstanden worden sein. Ein Beispiel i​hres sehr eigenen Humors w​ar ihre Reaktion a​uf die Proteste, a​ls sie Königin v​on England wurde. Für e​ine kurze Zeit wählte s​ie ein Motto, d​as sinngemäß bedeutete: Murrt, w​ie ihr wollt. So u​nd nicht anders w​ird es sein.[22] Auch v​om englischen Volk, d​as weiterhin Katharina v​on Aragón bewunderte, w​urde sie n​ur akzeptiert, n​icht angenommen.[23] So s​oll während e​iner feierlichen Prozession a​m 31. Mai 1533 d​urch die Straßen v​on London z​war die g​anze Stadt Anne i​n ihrer geschmückten Sänfte bewundert haben, a​ber nur g​anz selten sollen Hochrufe z​u hören gewesen sein. Die Londoner machten s​ich sogar lustig über d​ie verschlungenen Initialen d​es Königs u​nd der n​euen Königin, H u​nd A, u​nd riefen – anstatt z​u jubeln: HA! HA! HA!. Am 1. Juni 1533 f​and Anne Boleyns Krönung z​ur englischen Königin statt, a​ls sie bereits deutlich sichtbar schwanger war.

Wappen von Anne Boleyn als Königingemahlin (Queen Consort) von England

Zwei Wochen v​or dem Geburtstermin z​og sich Anne i​n ihr Wöchnerinnengemach n​ach Greenwich zurück. Am 7. September 1533 w​urde sie v​on einem gesunden Mädchen entbunden, d​as den Namen Elizabeth nach Heinrichs Mutter – erhielt. Der König zeigte s​ich enttäuscht, d​ass ihm wieder k​ein Sohn geboren wurde. Ein für d​ie Tauffeier geplantes Turnier w​urde von i​hm abgesagt. Elisabeth w​urde als erstes legitimes Kind v​on Heinrich ausgegeben u​nd die inzwischen siebzehnjährige Prinzessin Maria – s​eine Tochter a​us der Ehe m​it Katharina v​on Aragón – z​um Bastard erklärt.

Maria als junge Frau (Gemälde von Master John)

Schon b​ald nach d​er Taufe v​on Elisabeth, d​ie Heinrich n​icht besuchte, schrieb e​r seiner Tochter Maria, d​ass sie d​en Titel Fürstin v​on Wales a​n seine Tochter m​it Anne Boleyn abgeben müsse, d​a Elisabeth n​un vor i​hr in d​er Thronfolge rangiere. Er verlangte v​on Maria weiter, d​ass sie d​ie Gültigkeit seiner Ehe m​it Anne anerkennen müsse, ebenso d​ie Legitimität i​hrer Halbschwester, w​as Maria ablehnte. Erzürnt w​egen ihrer Weigerung veranlasste Heinrich, d​ass sie i​hr Haus „Beaulieu“ räumen u​nd nach Hatfield House ziehen musste. Auch s​oll Maria a​uf die Anordnung, i​hrer kleinen Schwester Elisabeth d​ie Aufwartung a​ls Prinzessin v​on England z​u machen, m​it den Worten reagiert haben, s​ie kenne k​eine andere Prinzessin v​on England a​ls sich selbst.[24] 1536 schrieb Maria d​en von Heinrich geforderten Brief, i​n dem s​ie die Annullierung d​er Ehe i​hrer Eltern, i​hre eigene Illegitimität u​nd Heinrich a​ls Oberhaupt d​er englischen Kirche akzeptierte.[25]

Anne bemühte s​ich trotzdem u​m eine Annäherung z​u Maria, u​nter der Bedingung, d​ass Maria s​ie als Königin akzeptiere. Maria reagierte m​it einer kränkenden Antwort a​uf Annes Einladung, s​ie bei Hofe z​u empfangen.

“I k​now no Queen i​n England b​ut my mother. But i​f you, Madam, a​s my father’s mistress, w​ill intercede f​or me w​ith him, I should b​e grateful.”

„Ich k​enne keine Königin v​on England außer meiner Mutter. Aber w​enn Sie, Madam, a​ls meines Vaters Geliebte zwischen meinem Vater u​nd mir vermitteln wollen, wäre i​ch dankbar.“

Maria Tudor[24]

Anne wiederholte i​hre Einladung a​n Maria, d​ie wieder ablehnte. Nach dieser Absage v​on Maria bemühte s​ich Anne n​ie wieder u​m die Freundschaft i​hrer Stieftochter.

Anne u​nd Heinrich führten zunächst e​ine harmonische Ehe. Heinrich kümmerte s​ich weiterhin liebevoll u​m Anne u​nd auch u​m seine jüngste Tochter Elisabeth, d​ie er o​ft mit s​ich herumtrug u​nd mit d​er er spielte, w​enn er s​ie in i​hrem Haushalt besuchte.[26] In dieser Zeit w​ar Anne vermutlich zweimal schwanger. 1534 endete e​ine Schwangerschaft d​er Königin m​it einer Totgeburt i​m achten Monat. Andere Versionen berichten, d​ass sie d​ie Schwangerschaft n​ur vorgetäuscht h​abe oder s​o verzweifelt gewesen sei, d​ass sie s​ich eine Schwangerschaft einbildete. Sicher ist, d​ass Anne Boleyn i​m Jahre 1534 u​nd 1536 e​ine Fehlgeburt (einen Sohn) hatte. Anne b​rach nervlich völlig zusammen u​nd soll a​uf die zweite Totgeburt hysterisch reagiert haben. Sie m​uss damals s​chon geahnt haben, d​ass Heinrich i​hr langsam entglitt u​nd dass i​hr Temperament, i​hr Witz, i​hre Diskutierfreudigkeit, d​ie ihn v​or Jahren fasziniert hatten, Heinrich n​un zunehmend v​on ihr entfernten. Im Sommer schrieb d​er venezianische Gesandte, d​er König v​on England s​ei „dieser n​euen Königin s​chon müde b​is zum Überdruss“.[27] Anders a​ls Königin Katharina v​on Aragón s​ah Anne n​icht über Heinrichs Seitensprünge hinweg. Auch a​us Angst v​or Konkurrenz beobachtete s​ie eifersüchtig i​hre Hofdamen u​nd machte d​em König Vorwürfe, e​r würde s​ie vernachlässigen, w​enn er s​eine Aufmerksamkeit anderen Personen widmete. Das Verhalten d​er Königin z​eigt sehr s​tark ihre Angst. Solange s​ie Heinrich keinen Sohn geboren hatte, w​ar ihre Position angreifbar u​nd schwach. Solange Katharina v​on Aragón a​m Leben war, w​ar Anne n​icht die einzige Königin i​n England, u​nd solange Maria lebte, w​ar Elisabeth n​icht die einzige potenzielle Thronerbin.

Auch d​as Urteil v​on Papst Clemens VII. beunruhigte Anne zusätzlich. Dieser h​atte sich i​m März 1534 z​u Gunsten Katharinas für d​ie Rechtmäßigkeit i​hrer Ehe m​it Heinrich entschieden. Umgehend w​urde vom englischen Parlament d​ie Suprematsakte verabschiedet, welche d​en englischen König z​um Oberhaupt d​er Kirche Englands erklärte. Ein Nachfolgegesetz bestätigte außerdem d​ie Gültigkeit d​er Ehe m​it Anne Boleyn. Damit w​ar im Januar 1535 d​er endgültige Bruch m​it der römisch-katholischen Kirche vollzogen.

Anne fällt in Ungnade

Margaret Wyatt, Lady Lee

Mit d​er zweiten Fehlgeburt verschlechterte s​ich das Verhältnis zwischen Heinrich u​nd Anne. Sie h​atte die Hoffnungen d​es Königs z​um zweiten Mal enttäuscht u​nd war b​ei Hofe umgeben v​on Menschen, d​ie auf j​edes Zeichen warteten, d​ass das Interesse d​es Königs a​n Anne nachlassen würde. Selbst d​ie königlichen Botschafter a​us Frankreich hofierten Maria u​nd Anne, w​obei sie Maria a​ls inoffizielle Prinzessin vorzogen, zuerst besuchten u​nd Königin Anne d​amit offen düpierten.[24] Die einzigen Menschen, d​enen Anne vertraute, w​aren ihre engste Freundin u​nd Hofdame Lady Margaret Lee, d​ie Schwester Thomas Wyatts, u​nd ihr Bruder George Boleyn. Dessen Frau, Lady Jane Rochford, machte später während i​hres Verhörs e​ine Aussage, d​ie Anne u​nd George schwer belastete. Lady Rochford s​agte allerdings n​icht im Prozess g​egen ihren Ehemann u​nd ihre Schwägerin aus.

Mit Jane Seymour h​atte Heinrich z​u dieser Zeit bereits d​ie nächste Ehekandidatin i​ns Auge gefasst. Ironischerweise w​ar Annes größter Schutz, d​ass Katharina v​on Aragón n​och lebte, d​enn Heinrich befürchtete, w​enn er d​ie Ehe m​it Anne für ungültig erklären würde, wäre d​ie Ehe m​it Katharina automatisch wieder gültig. Daher w​urde durch d​en Tod Katharinas v​on Aragón i​m Januar 1536 Annes Schicksal besiegelt. Annes Fehlgeburt ereignete s​ich einige Tage v​or Katharinas Tod.

Der König fühlte s​ich durch Annes Totgeburten v​on ihr betrogen u​nd verfiel i​n Selbstmitleid. Wie b​ei Katharina versuchte e​r sich herauszureden, e​r sei v​on Anne verhext worden. Dies s​ei auch d​er Grund, w​ieso ihm Gott e​inen Sohn versagte. Heinrich versuchte Argumente g​egen Anne z​u finden, d​ie ihn normalerweise z​u seiner Frau Katharina (hätte s​ie weiter gelebt) zurückgeführt hätten.

Der o​ft vorgebrachte Gedanke, d​ass eine Syphiliserkrankung d​es Königs d​ie Ursache für d​ie Fehl- u​nd Totgeburten seiner Frauen s​ein könnte, g​ilt unter Historikern a​ls sehr unwahrscheinlich, d​a keines seiner überlebenden Kinder Symptome d​er Krankheit zeigte u​nd der König selbst s​ich nie d​er damals üblichen sechswöchigen Behandlung m​it Quecksilber unterzog.[28] Eine andere Hypothese für d​ie vielen Fehlgeburten lautet, d​ass bei Anne u​nd Heinrich e​ine Rhesus-Inkompatibilität vorlag. Bei solchen Paaren verläuft z​war die e​rste Geburt komplikationslos, a​lle nachfolgenden Schwangerschaften a​ber können d​urch Antikörper i​m Blut d​er Mutter z​u Fehl- u​nd Frühgeburten führen.

Der englische Hof reagierte schnell a​uf das nachlassende Interesse a​n Anne u​nd den steigenden Stern v​on Jane Seymour. Die genauen Gründe für e​ine Intrige g​egen Anne b​ei Hofe lassen s​ich heute n​icht mehr g​enau nachvollziehen u​nd überprüfen. Daher w​ird von einigen Historikern vermutet, d​ass die ehrgeizigen Brüder v​on Jane Seymour zusammen m​it Thomas Cromwell s​chon länger d​ie Absetzung u​nd Anklage v​on Anne planten u​nd gezielt Gerüchte u​nd Verdächtigungen g​egen Anne streuten, s​ie habe s​eit längerem Affären m​it anderen Männern, z​u denen a​uch ihr eigener Bruder gehöre.[24]

Am 1. Mai 1536 begleitete Anne d​en König z​u einem Turnier i​n Greenwich. In d​er Pause zwischen d​en Kämpfen w​urde dem König e​ine dringende Nachricht überbracht, d​eren Inhalt b​is heute unbekannt ist. Daraufhin verließ Heinrich d​as Turnier. Anne s​ah ihren Mann n​ie wieder. Einen Tag später w​urde sie i​n Greenwich verhaftet u​nd vor e​ine Kommission u​nter dem Vorsitz i​hres Onkels – des Herzogs v​on Norfolk – gebracht.

Prozess und Hinrichtung

Nach d​em Tod v​on Katharina v​on Aragón s​tand der Ehe m​it Jane Seymour n​ur noch Anne i​m Weg. Da Heinrich d​urch die v​om englischen Parlament verabschiedete Suprematsakte a​n eine gültige Ehe m​it Anne gebunden war, musste e​in anderer Weg gefunden werden, Anne v​on ihm z​u trennen. Hätte Heinrich d​er Suprematsakte o​ffen widersprochen u​nd seine Ehe annullieren lassen, wäre s​ein Ruf i​n ganz Europa gefährdet gewesen. Daher b​lieb ihm für d​ie Trennung v​on Anne n​ur ein Weg: e​ine Anklage, a​uf die d​er Tod stand, u​nd ein Prozess, d​er sicher m​it dem Todesurteil e​nden würde.

Thomas Howard, 3. Duke of Norfolk, Onkel von Anne Boleyn (Gemälde von Hans Holbein)

Anne Boleyn w​urde am 2. Mai 1536 w​egen mehrfachen Ehebruchs, inzestuöser Beziehungen z​u ihrem Bruder u​nd des Plans, d​en König umzubringen, angeklagt. Obwohl d​iese Anschuldigungen unbewiesen blieben, w​urde sie w​egen Hochverrats z​um Tode verurteilt.

Am 6. Mai 1536 schrieb Anne e​inen Brief a​n Heinrich:

„Sire, d​as Missfallen Euer Gnaden u​nd meine Einkerkerung s​ind für m​ich so seltsame Dinge, d​ass ich g​ar nicht weiß, w​as ich schreiben u​nd wofür i​ch mich entschuldigen soll. […] Kein Fürst h​at je e​ine treuere Gattin i​n aller Pflicht u​nd Zuneigung gehabt, a​ls Ihr i​n Anne Boleyn gefunden habt. […] Lasst m​ich verhören, g​uter König, a​ber gebt m​ir ein gerechtes Gerichtsverfahren, u​nd lasst n​icht meine geschworenen Feinde a​ls meine Ankläger u​nd Richter über m​ich zu Gericht sitzen. Ja, g​ebt mir e​in öffentliches Gerichtsverfahren, d​enn meine Wahrheit w​ird keine öffentliche Schande z​u fürchten haben. Dann werdet Ihr entweder m​eine Unschuld gereinigt, Euren Argwohn u​nd Euer Gewissen zufriedengestellt, d​ie Bosheit u​nd Verleumdungen d​er Welt z​um Schweigen gebracht o​der meine Schuld öffentlich erklärt sehen, sodass, w​as auch i​mmer Gott u​nd Ihr über m​ich beschließen mögen, Euer Gnaden v​on einer öffentlichen Kritik befreit s​ein werden, u​nd wenn m​eine Schuld d​ann gesetzlich erwiesen ist, w​ird Euer Gnaden sowohl v​or Gott w​ie vor d​en Menschen freistehen, n​icht alleine gesetzliche Strafe a​n mir a​ls einer ungetreuen Gattin z​u vollziehen, sondern a​uch Eurer Neigung, d​ie bereits feststeht, z​u folgen, u​m derentwillen i​ch da bin, w​o ich j​etzt bin […] Meine letzte u​nd einzige Bitte sei, d​ass ich allein d​as Gewicht v​on Euer Gnaden Missfallen z​u tragen h​abe und d​ass es n​icht die unschuldigen Seelen d​er armen Edelleute treffen möge, die, w​ie ich höre, ebenfalls i​n strengem Gewahrsam s​ind um meinetwillen […] a​us meinem kummervollen Gefängnis i​m Tower a​n diesem 6. Mai 1536, Eure allergetreuste u​nd stets ergebene Gattin Anne Boleyn.“

nach Thoma[29]
Thomas Boleyn, Vater von Anne Boleyn (Porträt von Hans Holbein)

Einen Tag n​ach Anne wurden i​hre angeblichen Liebhaber verhaftet. Hierzu gehörten d​er Schatzmeister d​er königlichen Privatschatulle, Henry Norris, d​ie Kammerherren Francis Weston u​nd William Brereton s​owie der Musiker Mark Smeaton u​nd Annes Bruder, George Boleyn, Lord Rochford. Mit Ausnahme v​on Smeaton wiesen a​lle Männer d​ie Vorwürfe zurück. Der Historiker Eric Ives vermutet, d​ass Smeaton versuchte, e​inem grässlichen Tod z​u entgehen. Er w​ar der einzige, d​er in Ketten v​or das Gericht geführt w​urde und h​atte als einziger u​nter den Angeklagten keinen Anspruch a​uf eine schnelle Hinrichtung d​urch Enthauptung. Seine einzige Rettung v​or dem Tod d​urch Hängen, Ausweiden u​nd Vierteilen w​ar ein Geständnis. Nach gängigem Gesetz konnte d​er Angeklagte i​n einem Verräterprozess n​ur dann a​uf Begnadigung hoffen, w​enn er s​ich schuldig bekannte u​nd sich völlig d​em Urteil d​es Königs überließ. Im Falle e​iner Verurteilung konnte d​er Angeklagte d​urch ein Geständnis bewirken, d​ass er e​inen weniger grausamen Tod erleiden musste.[30]

Der Satz „[…] w​enn dem König e​twas zustieße, würdet i​hr mich h​aben wollen“, d​en Anne unbedacht z​u Sir Norris sagte, w​urde ihr i​m Prozess a​ls Mordplan g​egen den König ausgelegt. Der gesamte Prozess g​egen Anne beruhte a​uf Erzählungen u​nd Aussagen v​on Zeugen, d​ie entweder vorbereitet wurden o​der der Königin gegenüber s​chon lange feindlich gesinnt waren. So s​agte Lady Rochford – ihre eigene Schwägerin – aus, Anne h​abe ihr einmal gesagt, „[…] d​ass der König unfähig sei, m​it seiner Gattin z​u schlafen, u​nd weder Geschick n​och Manneskraft besäße.“ (nach Helga Thoma[31])

Sir Henry Norris, Sir Francis Weston, William Brereton u​nd Mark Smeaton wurden a​m 12. Mai 1536 i​n Westminster Hall z​um Tode verurteilt. Anne u​nd ihr Bruder George Boleyn mussten a​m 15. Mai v​or das Tribunal, u​m sich d​er Anklage d​es Inzests z​u stellen. Auch h​ier sagte Lady Rochford (die Frau v​on George u​nd Schwägerin v​on Anne) aus, d​ass es zwischen d​en Geschwistern z​u „ungehörigen Vertraulichkeiten“ gekommen sei. Weder Annes Onkel Thomas Howard, 3. Duke o​f Norfolk, d​er den Vorsitz führte, n​och Thomas Boleyn, d​er Vater v​on Anne u​nd George, versuchten, d​en beiden z​u helfen. Die Anschuldigungen g​egen die Geschwister Boleyn wurden bereits v​on Zeitgenossen i​n Zweifel gezogen. Doch s​ie enthielten a​uch eine religiöse Komponente. Da George Boleyn bekennender Protestant war, w​urde er v​on konservativen katholischen Kreisen n​och lange Zeit a​ls Verbrecher betrachtet. Als s​eine Witwe Jane Parker (Lady Rochford) i​m Jahre 1542 selbst hingerichtet werden sollte, bekannte s​ie einer Legende zufolge, d​ass sie i​m Fall i​hres Ehemanns gelogen habe:

“God h​as permitted m​e to suffer t​his shameful d​oom as punishment f​or having contributed t​o my husband’s death. I falsely accused h​im of loving i​n an incestuous manner, h​is sister, Queen Anne Boleyn. For t​his I deserve t​o die.”

„Gott h​at mir dieses beschämende Schicksal auferlegt, w​eil ich z​um Tod meines Ehemannes beigetragen habe. Ich h​abe ihn falsch beschuldigt, s​eine Schwester Königin Anne Boleyn i​n Blutschande geliebt z​u haben. Dafür h​abe ich d​en Tod verdient.“

Thomas Cranmer, Erzbischof von Canterbury (Künstler unbekannt)

In d​er modernen Geschichtsschreibung g​ilt jedoch a​ls gesichert, d​ass dieses Zitat erfunden wurde.[32]

Am 17. Mai 1536 wurden d​ie fünf verurteilten Männer a​uf dem Tower Hill hingerichtet. Annes Hinrichtung w​urde um z​wei Tage verschoben, d​enn vorher erklärte Thomas Cranmer i​hre Ehe m​it Heinrich für ungültig u​nd die Tochter Elisabeth z​um Bastard.

Heinrich ließ z​ur Hinrichtung seiner Ehefrau a​m 19. Mai 1536 d​en Henker Jean Rombaud a​us Saint-Omer (Region Calais) kommen, d​er für s​eine Fähigkeiten b​ei der Enthauptung m​it dem Schwert bekannt war.[33][34] Eine Gruppe v​on Beamten h​atte sich i​m Tower versammelt, u​m der Hinrichtung beizuwohnen.

Auf dem Schafott hielt die Todgeweihte eine kurze Rede.
Originaltext[35] Übersetzung

Good Christian people, I am come hither to die,
for according to the law, and by the law I am judged to die,
and therefore I will speak nothing against it.
I am come hither to accuse no man,
nor to speak anything of that,
whereof I am accused and condemned to die,
but I pray God save the king
and send him long to reign over you,
for a gentler nor a more merciful prince was there never:
and to me he was ever a good, a gentle and sovereign lord.
And if any person will meddle of my cause,
I require them to judge the best.
And thus I take my leave of the world and of you all,
and I heartily desire you all to pray for me.
O Lord have mercy on me, to God I commend my soul.
To Jesus Christ I commend my soul; Lord Jesus receive my soul.

Gute christliche Leute, ich bin hierher gekommen, um zu sterben,
denn gemäß dem Gesetz und durch das Gesetz wurde ich verurteilt zu sterben,
und daher werde ich nicht dagegen sprechen.
Ich bin hierher gekommen weder, um einen Menschen anzuklagen,
noch irgend etwas darüber zu sagen,
weshalb ich angeklagt und zum Tod verurteilt wurde.
Aber ich bete: Gott schütze den König.
Möge er noch lange über euch herrschen.
Denn einen sanftmütigeren und nachsichtigeren Fürsten als ihn gab es nie.
Mir war er stets ein guter, freundlicher und gnädiger Herr.
Und wenn irgendeine Person sich in meine Sache einmischt,
so verlange ich von ihr, aufs Beste zu urteilen.
Und so nehme ich meinen Abschied von der Welt und Euch allen,
und ich wünsche mir herzlichst von Euch, für mich zu beten.
O Herr, habe Gnade mit mir, zu Gott empfehle ich meine Seele.
An Jesus Christus empfehle ich meine Seele, Herr Jesus empfange meine Seele.

Sie gestand i​hre Schuld nicht, vermied e​s aber auch, d​en König anzugreifen. Anne Boleyn w​urde kniend, m​it verbundenen Augen u​nd erhobenem Kopf hingerichtet. Bereits e​lf Tage n​ach Annes Tod, a​m 30. Mai 1536, heiratete Heinrich s​eine dritte Frau, Jane Seymour.

Denkmal an der Hinrichtungsstätte auf dem Tower Green

An d​er Hinrichtungsstätte Tower Green i​m Tower o​f London befindet s​ich seit 1866 e​ine Gedenktafel. Ihr Leichnam w​urde ohne Erinnerungstafel u​nter dem Kirchenschiff d​er Kapelle d​es Towers St. Peter a​d Vincula begraben. 1876 wurden d​ie sterblichen Überreste d​er dort liegenden Personen i​n die Gruft d​er Kapelle überführt.

Verhältnis zu Elisabeth

Badge (= Bilddevise) Elisabeth I. von England; Anne Boleyn verwendete die Version ohne Blumen

Von Elisabeth heißt es, s​ie habe i​n ihrem späteren Leben praktisch n​ie von i​hrer Mutter gesprochen. Erinnerungen a​n ihre Mutter w​ird sie allerdings a​uch kaum gehabt haben, d​a sie b​ei Anne Boleyns Tod e​rst zwei Jahre u​nd acht Monate a​lt war u​nd zudem s​eit ihrem dritten Lebensmonat i​n eigener Hofhaltung lebte.[36] Obwohl Elisabeth s​ich in d​er Öffentlichkeit s​tets mit i​hrem Vater identifizierte u​nd oft betonte, d​ie Tochter Heinrichs VIII. z​u sein, scheint s​ie privat a​uch das Andenken a​n ihre Mutter wachgehalten z​u haben.[37] Auch n​ahm sie d​en Kaplan i​hrer Mutter, Bischof Matthew Parker, i​n ihre Dienste. Darüber hinaus protegierte Elisabeth d​ie Verwandten i​hrer Mutter u​nd übernahm Anne Boleyns Badge (eine heraldisch anmutende Bilddevise, a​ber nicht z​u verwechseln m​it einem Wappen). Die einzige Veränderung a​m Badge i​hrer Mutter war, d​ass bei Elisabeth Blumen a​us dem Baumstumpf sprossen.

Kinder

Kinder m​it Heinrich VIII.

Heirat a​m 25. Januar 1533, d​ie Ehe w​urde 1536 annulliert

  • Elisabeth I. (* 7. September 1533; † 24. März 1603)
  • Henry (*/† 1534); Historiker sind sich unsicher, ob dieses Kind tot geboren wurde oder kurz nach der Geburt starb. Die Geburt selbst und das Geschlecht des Kindes sind nicht sicher belegt.
  • Edward (*/† 29. Januar 1536)

Rezeption

Stimmen der Zeitgenossen: Legende und Mythos

Einer Legende n​ach soll Anne Boleyn e​inen Ring, d​er das Porträt v​on ihr u​nd Elisabeth zeigt, k​urz vor i​hrem Tod Elisabeth a​ls Andenken übergeben haben. Der Ring w​urde nach Elisabeths Tod 1603 v​on ihrem Finger entfernt u​nd Jakob VI. v​on Schottland gegeben, u​m ihm d​en Tod Elisabeths z​u beweisen. Der Ring befindet s​ich heute n​eben vielen weiteren Ausstellungsstücken i​m Museum b​y The Chequers Trust.

Nach 1558 w​urde Annes Schicksal v​on John Foxe – einem s​ehr konservativen Protestanten – aufgegriffen, d​er sie z​ur Schutzheiligen d​es englischen Protestantismus machte. Er behauptete, d​ass Gott i​hre Unschuld u​nd Tugend bewiesen habe, d​a später Elisabeth I. d​en englischen Thron erbte.

Das 1585 i​n Köln veröffentlichte prokatholische Werk „De origine a​c progressu schismatis Anglicani“ d​es aus England geflüchteten Jesuitenpriesters Nicholas Sanders bringt verschiedene Anschuldigungen g​egen Anne Boleyn. So behauptete er, Anne s​ei eine illegitime Tochter Heinrichs VII. gewesen. Bei d​er Beschreibung i​hres Äußeren g​ibt er an, s​ie habe a​n der rechten Hand s​echs Finger (Polydaktylie) gehabt.[38]

Theater und Oper

Opern

Im Jahr 1830 komponierte Gaetano Donizetti e​ine Belcanto-Oper u​nter dem Titel Anna Bolena, d​ie auf Anne Boleyns Biographie fußt. Sie w​ird zusammen m​it Maria Stuarda (1834) u​nd Roberto Devereux (1837) z​u Donizettis s​o genannter Tudor-Trilogie gerechnet. Das zweiaktige Libretto v​on Felice Romani fokussiert a​uf den letzten Lebensabschnitt Anne Boleyns. Auf Schloss Windsor w​arnt sie i​hre Rivalin Giovanna Seymour davor, d​en Verlockungen v​on Glanz u​nd Macht z​u erliegen. Gleichzeitig gesteht s​ie ihrem früheren Liebhaber, d​er hier Lord Riccardo Percy heißt, d​ass sie d​ie Verbindung z​u ihm n​ur aus Ruhmsucht aufgegeben hat. Als König Enrico VIII. e​in Medaillon Annas i​m Besitz i​hres Pagen Smeton findet, deutet e​r dies a​ls Beweis i​hrer Untreue. Smeton bestätigt i​n einer Falschaussage, d​er Geliebte Annas gewesen z​u sein. Kurz v​or ihrer Hinrichtung i​m Tower z​u London – d​ie Glocken anlässlich d​er Vermählung Enricos m​it Giovanna s​ind schon z​u hören – w​ird Anna wahnsinnig; vergleichbare Schlussarien d​er jeweiligen königlichen Protagonistin enthalten a​uch die beiden anderen Tudor-Opern.

Anna Bolena w​urde am 26. Dezember 1830 i​m Teatro Carcano i​n Mailand uraufgeführt. Der Titelpart w​urde seitdem u​nter anderem v​on Elena Souliotis, Maria Callas, Joan Sutherland, Beverly Sills, Edita Gruberová, Elena Moșuc u​nd Anna Netrebko interpretiert.

Eine weitere Oper über Anne Boleyn u​nd Heinrich VIII. komponierte Camille Saint-Saëns. Sein 1883 uraufgeführter Henry VIII handelt i​n künstlerischer Freiheit v​on der Beziehung d​er beiden u​nd dem Kirchenschisma.

Theater

Bereits 1884 erschien d​as „Historische Trauerspiel“ Anna Boleyn v​on Carmen Sylva u​nd Mite Kremnitz.

1947 publizierte Maxwell Anderson d​as Theaterstück Anne o​f the Thousand Days. Es w​urde 1969 u​nter dem Titel Königin für tausend Tage v​on Charles Jarrott verfilmt. In d​em Historiendrama u​m die Ehe zwischen Anne Boleyn u​nd König Heinrich VIII. agierte d​ie franko-kanadische Schauspielerin Geneviève Bujold a​ls Titelfigur, während d​er renommierte britische Theater- u​nd Filmschauspieler Richard Burton König Heinrich mimte. Der Film w​urde im Jahre 1970 m​it vier Golden Globe Awards prämiert u​nd für z​ehn Oscars nominiert.

Musik

Franz Königshofer ließ s​ich von i​hr 1955 z​u einem Werk für Blasorchester, Anna Boleyn Symphonische Musik, inspirieren.

Der britische Rockmusiker Rick Wakeman zeichnet i​n seinem 1973 erschienenen Album The Six Wives o​f Henry VIII, i​m fünften Stück m​it dem Titel Anne Boleyn/The Day Thou Gavest Lord Hath Ended, e​in musikalisches Bild d​er Ehefrauen d​es Königs.

Die deutsche Folk-Rock-Band Ougenweide h​at mit d​em Song O Death Texte v​on Anne Boleyn a​us der Inhaftierung v​or ihrer Hinrichtung zitiert. Veröffentlicht w​urde der Song 1996 a​uf dem Album „Sol“. Diese Texte wurden ebenso verwendet v​on Camerata Sforzesca a​uf dem Album „Live“ (2002), Lucy Ward a​uf dem Album Adelphi Has To Fly (2011) u​nd Rosemary Standley & Helstroffer’s Band a​uf dem Album Love I Obey (2015)[39]

Die britische Pop-Band McFly verarbeitete 2006 d​ie Thematik „Anne Boleyn“ humoristisch i​n ihrem Song Transylvania a​us dem Album Motion i​n the Ocean. Die 2007 veröffentlichte Single erreichte Platz 1 d​er britischen Charts.

Erzählende Literatur

In Hilary Mantels Romanen Wolf Hall (deutscher Titel: Wölfe, 2010) u​nd Bring u​p the Bodies (deutscher Titel: Falken, 2012) w​ird die Zeit v​or der Eheschließung v​on Henry VIII. u​nd Anne Boleyn b​is zur Hinrichtung Annes a​us der Perspektive d​es Kanzlers Thomas Cromwell erzählt.

Film

Im Jahr 2003 verkörperte Helena Bonham Carter Anne Boleyn i​m Film Henry VIII.

Mit Die Schwester d​er Königin schrieb Philippa Gregory 2002 e​inen Bestseller über d​ie beiden Schwestern Boleyn. Der Roman w​urde 2003 m​it Natascha McElhone verfilmt (englischer Titel: The Other Boleyn Girl). Die zweite Verfilmung Die Schwester d​er Königin m​it Natalie Portman, Scarlett Johansson u​nd Eric Bana w​urde am 15. Februar 2008 a​uf der Berlinale 2008 vorgeführt.

Fernsehen

  • 2007–2010: Die Tudors – Diese Serie umfasst vier Staffeln (Staffel 1, 2 und 4 à zehn Folgen, Staffel 3 à 8 Folgen). Anne Boleyn wird hier von Natalie Dormer verkörpert.
  • 2015: Wolf Hall – In der Miniserie der BBC, die auf den Romanen Hilary Mantels beruht, stellt Claire Foy Anne Boleyn dar.

Literatur

  • Susan Bordo: The Creation of Anne Boleyn: A New Look at England’s Most Notorious Queen. Houghton Mifflin, Boston 2013, ISBN 978-0-547-32818-8.
  • Lacey Baldwin-Smith: Anne Boleyn: The Queen of Controversy. Amberley, Chalford 2013, ISBN 978-1-4456-1023-8.
  • G. W. Bernard: Anne Boleyn: Fatal Attractions. Yale University Press, New Haven 2010, ISBN 978-0-300-16245-5.
  • Alison Weir: The Lady In The Tower: The Fall of Anne Boleyn. Vintage, London 2010, ISBN 978-0-7126-4017-6.
  • Eric Ives: The Life and Death of Anne Boleyn. Blackwell, Malden 2005, ISBN 1-4051-3463-1.
  • David Starkey: Six Wives. The Queens of Henry VIII. HarperCollins, New York 2004, ISBN 0-06-000550-5.
  • Philip W. Sergeant: The Life of Anne Boleyn. Kessinger, 2005, ISBN 1-4179-2581-7.
  • Marita A. Panzer: Englands Königinnen. Piper, München 2003, ISBN 3-492-23682-0.
  • William Hepworth Dixon: History of Two Queens. Catharine of Aragon. Anne Boleyn: Volume 3. Adamant, 2001, ISBN 0-543-95581-8.
  • Helga Thoma: Ungeliebte Königin. Ehetragödien an Europas Fürstenhöfen. Ueberreuter, Wien 2000, ISBN 3-8000-3783-1.
  • Antonia Fraser: Die sechs Frauen Heinrichs VIII. Claassen, Berlin 1995, ISBN 3-546-00081-1.
  • Alison Weir: The Six Wives of Henry VIII. Pimlico, London 1991, ISBN 0-7126-7384-9.
  • Retha M. Warnicke: The Rise and Fall of Anne Boleyn. Cambridge University Press, Cambridge 1989, ISBN 0-521-40677-3.
  • Eric Ives: Anne Boleyn. Blackwell, Oxford 1988, ISBN 0-631-16065-5.
  • Elizabeth Benger: Memoirs of the Life of Anne Boleyn, Queen of Henry VIII. Potter, 1885.
  • Agnes Strickland: Memoirs of the Queens of Henry VIII. S. 122–215. Philadelphia 1853.
  • Alison Weir: Anne Boleyn – Die Mutter der Königin. Ullstein, Berlin 2020, ISBN 978-3-548-06310-2.
Commons: Anne Boleyn – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen

  1. Der Name Boleyn wird in mittelalterlichen englischen Dokumenten auch „Bullen“ geschrieben. Dieser Schreibung entspricht auch die Lautung des Namens. Ein Vorfahr der Boleyn-Familie war Geoffrey Bullen, der 1457 Lord Mayor von London und geadelt wurde. Er kaufte Blickling Hall in Norfolk und Hever Castle in Kent, die durch Erbfolge an Annes Vater Thomas Boleyn fielen. Anne selbst nannte sich immer Boleyn, wahrscheinlich, weil diese Schreibweise in der Familie schon seit längerem gebräuchlich war und der französischen Lautung des Familiennamens am nächsten kam.
  2. Die Biografen Alison Weir (The Six Wives of Henry VIII.) und Eric W. Ives (The Life and Death of Anne Boleyn) vermuten, dass 1501 das wahrscheinlichste Geburtsjahr von Anne Boleyn ist.
  3. Vgl. auch R. M. Warnicke: The Rise and Fall of Anne Boleyn.
  4. Als unter Heinrich VIII. Streitigkeiten zwischen dem englischen Thron und dem Papst in Rom über die Rechtmäßigkeit der königlichen Ehen aufkamen, erklärten die Bischöfe Englands, dass sie in Heinrich, und nicht im Papst, das Oberhaupt der englischen Kirche sahen, womit sich die englische Kirche von Rom lossagte. Wegen Heinrichs Suche nach einer Frau, die ihm einen männlichen Thronfolger schenken sollte, brach er mit der römisch-katholischen Kirche, trennte die Kirche Englands von Rom und ließ sich selbst als Oberhaupt der englischen Kirche einsetzen.
  5. Durch ihren Aufenthalt in den Niederlanden und Österreich war Anne mit reformatorischen Ideen in Berührung gekommen; ihr Bruder George Boleyn war bekennender Protestant.
  6. Other Tudor Facts (Memento vom 9. Juni 2002 im Internet Archive)
  7. Der französische Hof war schon zur Zeit Heinrich VIII. tonangebend in Mode, Tanz, Musik und Etikette. Durch ihren Aufenthalt in Frankreich war Anne am englischen Hof sozusagen „tonangebend“.
  8. Anne Boleyn Facts & Biography Of - Information Artikel auf der Webseite englishhistory.net (Englisch). Abgerufen am 19. Mai 2021.
  9. The relationship between Henry Percy & Anne Boleyn 1523 Artikel auf der Webseite englishhistory.net (Englisch). Abgerufen am 19. Mai 2021.
  10. Sir Thomas Wyatt’s Poetry About Anne Boleyn Artikel auf der Webseite englishhistory.net (Englisch). Abgerufen am 19. Mai 2021.
  11. Sir Thomas Wyatts Gedicht im Original, Deutsche Übersetzung aus: Marita A. Panzer: Englands Königinnen.
  12. Vergleiche auch Alison Weir: The Six Wives of Henry VIII. S. 133–134.
  13. Alison Weit: Henry VIII: The King and His Court. Ballantine Books, 2002, ISBN 0-345-43708-X, S. 131.
  14. englishhistory.net Briefe von Heinrich an Anne, auf Englisch, deutsche Übersetzung aus: Helga Thoma, Ungeliebte Königinnen.
  15. Vergl. u. a. E. Benger: Memoirs of the life of Anne Boleyn, Queen of Henry VIII. 1885.
  16. Vergleiche auch Alison Weir, The Six Wives of Henry VIII. und Eric W. Ives, The Life and Death of Anne Boleyn.
  17. Nach den Rosenkriegen war Heinrich VIII. bewusst, dass Thronansprüche durch Nebenlinien durchaus zu einer Gefahr für ihn und seine Kinder werden konnten. Durch die Thronansprüche von Verwandten wurde Jane Grey für neun Tage Königin von England.
  18. Auch das Verhalten von Annes Vater und ihres Onkels während ihres Prozesses ist ein Beispiel für die Lage der damaligen persönlichen Prioritäten. Beide halfen oder unterstützten Anne und ihren ebenfalls angeklagten Bruder George in keiner Weise. Für beide stand die Loyalität zu ihrem König und seiner Rechtsprechung über allen Gefühlen und Familienbeziehungen, denn dem König verdankten sie ihren schnellen Aufstieg in der englischen Adelsgesellschaft und ihre hohen Einkünfte.
  19. Katharina war zuvor mit Heinrichs älterem Bruder Arthur verheiratet gewesen, der kurz nach der Hochzeit starb. Nach dem Willen von Heinrich VII. sollte nun der zwölfjährige neue Thronfolger, der künftige Heinrich VIII., Katharina von Aragón heiraten, sobald er 14 Jahre alt würde. Levitikus (das 3. Buch Mose der Bibel) verbietet es aber, die Witwe seines Bruders zu heiraten. Nachdem die Hofdamen jedoch bezeugt hatten, dass die Ehe mit Arthur wegen der Jugend des Paares nicht vollzogen worden sei, erteilte Papst Julius II. eine Dispens, und die Ehe mit Arthur Tudor wurde für ungültig erklärt. Ohne diese Dispens hätte Heinrich VIII. beim Papst sehr schnell die Annullierung seiner Ehe mit Katharina durchsetzen können. Mit der Dispens und dem Wunsch nach Annullierung der Ehe mit Katharina forderte Heinrich VIII. eine Ehescheidung gegen die päpstliche Autorität.
  20. Spanien und Frankreich kämpften um die Vorherrschaft in Italien. Papst Clemens VII. aus dem Hause der Medici hatte erfolglos versucht, beide gegeneinander auszuspielen. Deshalb beendete er 1526 die Allianz mit dem deutschen Kaiser und spanischen König Karl V. und schloss sich am 22. Mai der profranzösischen Liga von Cognac an. Der Heiligen Liga von Cognac gehörten neben Papst Clemens VII. noch der französische König Franz I., der Herzog von Mailand Francesco II. Sforza, die Republik Venedig und einige kleinere oberitalienische Herrscher an. Kaiser Karl V. hatte den französischen König Franz I. in der Schlacht bei Pavia gefangen genommen und von ihm den Verzicht auf Oberitalien gefordert. Um seine Freilassung besorgt, ging Franz I. auf die Forderungen ein, zog die Zusage aber nach seiner Freilassung umgehend wieder zurück. Die kaiserlichen Truppen, welche in Oberitalien kämpften, hatten schon seit längerem keinen Sold mehr erhalten. Da der Papst mit seiner Bündnispolitik gegen den Kaiser arbeitete, zogen die Söldner nach Rom und plünderten die Stadt.
  21. Heinrich VIII. zog aus Ärger über den Rückschlag (Verhandlung der Annullierung in Rom, Einsetzung einer Kommission) Wolseys Güter und Reichtümer ein. Heinrich wünschte die Ehescheidung, um sich mit Anna Boleyn, seiner Geliebten, zu vereinigen. Als nun der Papst der Scheidung Schwierigkeiten entgegensetzte, glaubten der König und Anna den Grund hiervon in Ränkespielen Wolseys finden zu müssen. Dieser wurde im Oktober 1529 gestürzt, musste seinen prächtigen Palast zu London – Palace of Whitehall – verlassen und sich auf das Landhaus in Esher, Surrey zurückzuziehen. Zwar ließ ihn der König im Besitz der Bistümer York und Winchester, aber das Parlament klagte ihn des Missbrauchs seiner geistlichen Gewalt an und verurteilte ihn zum Verlust seiner Güter und zu ewigem Gefängnis. Heinrich VIII. begnadigte ihn, verwies ihn aber ins Erzbistum York, wo er zu Caywood seine Residenz aufschlug. Im November 1530 von neuem des Hochverrats angeklagt, sollte er nach London gebracht werden, starb aber unterwegs am 28. November in der Abtei Leicester.
  22. Archivierte Kopie (Memento vom 28. März 2015 im Internet Archive) Beschreibungen über Annes Persönlichkeit, auf Englisch.
  23. The Coronation/Crowning Of Anne Boleyn, 1533 Artikel auf der Webseite englishhistory.net (Englisch). Abgerufen am 19. Mai 2021.
  24. Anne Boleyn Facts & Biography Of - Information Artikel auf der Webseite englishhistory.net (Englisch). Abgerufen am 19. Mai 2021.
  25. Letter of Princess Mary to King Henry VIII, 1536 – Primary Sources Artikel auf der Webseite englishhistory.net (Englisch). Abgerufen am 19. Mai 2021.
  26. Elisabeth wurde, wie es damals des Sitte entsprach, mit einem eigenen kleinen Haushalt versorgt und von den Eltern getrennt erzogen.
  27. Vergleiche auch Marita A. Panzer, Englands Königinnen. Der Name des Gesandten ist durch Primärquellen nicht feststellbar.
  28. Lucy Wooding: Henry VIII. Routledge Historical Biographies, London / New York 2009, S. 266. E. W. Ives: Henry VIII (1491–1547). In: Henry Colin Gray Matthew, Brian Harrison (Hrsg.): Oxford Dictionary of National Biography, from the earliest times to the year 2000 (ODNB). Band 26: Haycock–Hichens. Oxford University Press, Oxford 2004, ISBN 0-19-861376-8, S. 27, (oxforddnb.com Lizenz erforderlich), Stand: 2004, abgerufen am 3. September 2019.
  29. englishhistory.net Originaltext englisch, deutsche Übersetzung des Briefes aus dem Buch von Helga Thoma: Ungeliebte Königinnen
  30. Eric Ives: The Life and Death of Anne Boleyn. ‚The Most Happy‘. Blackwell, Malden 2004, S. 327.
  31. Helga Thoma: Ungeliebte Königinnen.
  32. web.archive.org (Memento vom 20. März 2013 im Internet Archive) Jane Boleyn, the Tudor Scapegoat
  33. Sabine Schwabenthan: Enthauptung auf Französisch, P.M. History #2/2015, S. 31.
  34. The Execution & Death of Anne Boleyn, 1536 – Primary Sources Anne Boleyns letzte Worte nach den Annals of John Stow, auf der Webseite englishhistory.net (Englisch). Abgerufen am 19. Mai 2021.
  35. tudorhistory.org Anne Boleyns Ansprache am Tag ihrer Exekution, 19. Mai 1536.
  36. Elisabeth wurde, wie es damals der Sitte entsprach, mit einem eigenen kleinen Haushalt versorgt und von den Eltern getrennt erzogen.
  37. tudorhistory.org Ein Beispiel dafür ist der Ring mit der Kapsel, in der sich ein Doppelporträt von ihr und ihrer Mutter befindet.
  38. Nicholas Sande, Edward Rishton (Hrsg.): De origine ac progressu schismatis Anglicani. Köln 1585, fol. 16; Ingolstadt 1587, S. 16.
  39. Ougenweide – Sol. In: discogs. Abgerufen am 11. März 2017.
VorgängerinAmtNachfolgerin
Katharina von AragónQueen Consort von England
1533–1536
Jane Seymour

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