Yves Montand
Yves Montand, geboren als Ivo Livi (* 13. Oktober 1921 in Monsummano Terme, Toskana, Italien; † 9. November 1991 in Senlis, Département Oise, Frankreich), war ein französischer Chansonnier und Schauspieler italienischer Herkunft.
Leben und Karriere
Yves Montand wurde als Sohn des selbständigen Besenbinders und radikalen Kommunisten Giovanni Livi in der Toskana geboren. Mit Mussolinis Machtergreifung im Oktober 1922 wurden die Verfolgungen und Gewalttätigkeiten der Faschisten gegenüber Andersdenkenden immer schlimmer, sie konnten bis zur Vernichtung der Existenz führen. So entschloss sich der Vater, nach Amerika auszuwandern und seine Familie später nachzuholen. Er blieb aber in Marseille hängen und versuchte dort eine selbständige Existenz als Besenbinder aufzubauen. Im Jahr 1924 folgte ihm die Familie, die 1929 die französische Staatsbürgerschaft erhielt. Sein Vater war 1932 wegen der nun auch nach Europa übergreifenden Weltwirtschaftskrise pleite. Yves musste die Schule verlassen, er arbeitete nun unter anderem im Friseursalon seiner Schwester.
Im Jahr 1938 trat Montand im Alter von siebzehn Jahren erstmals als Sänger in Clubs auf. Seit dieser Zeit nannte er sich Yves Montand. Er wurde eine bekannte Chansongröße in Südfrankreich. Frankreich wurde 1940 von Deutschland besetzt, und Montand entging nur knapp einer Deportation nach Deutschland. Nach dem Ende des Vichy-Regimes ging er nach Paris, wo seine Karriere 1944 im ABC am Boulevard Poissonnière begann, einer Music Hall mit immerhin 1200 Plätzen. Seine erste eigene Show erhielt er in Paris 1945 im Théâtre de l’Étoile, es war der Beginn einer Karriere als anerkannter Chansonnier. Sein Vorbild als Sänger, Tänzer und Schauspieler war der US-Amerikaner Fred Astaire. Unterdessen wurde Édith Piaf auf ihn aufmerksam und engagierte ihn für ihre Konzerte; zugleich wurde Montand ihr Liebhaber.
Sein erster Film, Chanson der Liebe (Étoile sans lumière), kam 1946 in die Kinos. Im Jahr 1949 traf er die Schauspielerin Simone Signoret, die sich seinetwegen von Yves Allégret scheiden ließ und Montand zwei Jahre später heiratete; beide führten eine viel bewunderte Musterehe, die sich auf Toleranz und eine lebenslange Freundschaft sowie ihr gemeinsames politisches Engagement für die Linke gründete.
Mit dem preisgekrönten Film Lohn der Angst von 1953 wurde Yves Montand über die Grenzen Frankreichs berühmt. Er arbeitete mit Regisseuren wie Claude Sautet, Philippe de Broca, Jean-Luc Godard und Costa-Gavras und spielte an der Seite von Romy Schneider, Marilyn Monroe, Jane Fonda, Gérard Depardieu und Sami Frey.
Montand gehörte 1950 zu den Unterzeichnern des Stockholmer Appells gegen Kernwaffen. Auch seine Filme betrachtete er als politische Stellungnahme. Er sympathisierte mit der Kommunistischen Partei Frankreichs (KPF) und verstand sich bis zum Einmarsch der Truppen der Warschauer-Pakt-Staaten in Prag als Kommunist. In den 1980er Jahren kritisierte er den sozialistischen Staatspräsidenten Mitterrand dafür, dass er Mitglieder der KPF zu Ministern berief.
Montand starb 1991 kurz nach Beendigung der Dreharbeiten zu seinem letzten Film an einem Herzinfarkt. In einem Interview sagte der Regisseur, Jean-Jacques Beineix: „Er starb am Filmset […] nach der allerletzten Szene. […] Er beendete, was er zu tun hatte, und dann ist er einfach gestorben. Und der Film erzählt genau die Geschichte eines alten Mannes, der an einem Herzanfall stirbt, was dann in Wirklichkeit auch geschehen ist.“ Montand wurde neben Simone Signoret auf dem Pariser Cimetière du Père Lachaise (Division 44) bestattet.[1]
Nachdem Montand die Vaterschaft der am 6. Oktober 1975 geborenen Französin Aurore Drossart stets bestritten hatte, reichte diese zusammen mit ihrer Mutter 1990 Klage ein. Das Gericht bat Montand um einen Bluttest, den er jedoch ablehnte. Drei Jahre nach seinem Tod erkannte das Gericht Aurore als Montands uneheliche Tochter an. Dagegen und gegen die damit verbundenen Ansprüche auf ein Achtel des Montand-Nachlasses legten die Hinterbliebenen, Carole Amiel und Catherine Allégret, Widerspruch ein. Sieben Jahre nach seiner Beerdigung wurden Montands sterblichen Überreste exhumiert. Drei unabhängig voneinander durchgeführte Untersuchungen der Gewebeproben kamen zu dem Ergebnis, dass „Monsieur Ivo Livi, genannt Yves Montand, nicht der Vater von Mademoiselle Aurore Drossart“ sein könne.[2]
Im Jahr 2004 belastete Montands Stieftochter, Catherine Allégret, ihn in ihren Memoiren Un monde à l’envers (deutsch etwa: Eine Welt steht kopf) postum schwer. Mit Einwilligung ihrer Mutter, Simone Signoret, die so versucht habe, ihre Ehe aufrechtzuerhalten, habe Montand sie von ihrem fünften Lebensjahr an sexuell missbraucht. Jedoch konnte die Autorin diese Anschuldigung nie belegen.
In seinem Privatleben war Montand ein begeisterter Boule-Spieler.[3]
Filmografie (Auswahl)
- 1946: Chanson der Liebe (Étoile sans lumière)
- 1946: Pforten der Nacht (Les Portes de la nuit)
- 1950: Es geschah in Paris (Souvenirs perdus)
- 1953: Lohn der Angst (Le Salaire de la peur)
- 1954: Tempi nostri
- 1955: Napoléon
- 1955: Die Helden sind müde (Les Héros sont fatigués)
- 1955: Die Blume der Nacht (Marguerite de la nuit)
- 1956: Frauen und Wölfe (Uomini e Lupi)
- 1957: Die Windrose
- 1957: Die Hexen von Salem (Les Sorcières de Salem)
- 1957: Die große blaue Straße (La grande strada azzurra)
- 1959: Wo der heiße Wind weht (La legge)
- 1960: Machen wir’s in Liebe (Let’s Make Love)
- 1961: Geständnis einer Sünderin (Sanctuary)
- 1961: Lieben Sie Brahms? (Goodbye Again)
- 1962: Meine Geisha (My Geisha)
- 1965: Mord im Fahrpreis inbegriffen (Compartiment tueurs)
- 1966: Der Krieg ist vorbei (La Guerre est finie)
- 1966: Grand Prix
- 1967: Lebe das Leben (Vivre pour vivre)
- 1968: Ein Abend … ein Zug (Un soir, un train)
- 1969: Pack den Tiger schnell am Schwanz (Le Diable par la queue)
- 1969: Z
- 1970: Einst kommt der Tag... (On a Clear Day You Can See Forever)
- 1970: Das Geständnis (L’Aveu)
- 1970: Vier im roten Kreis (Le Cercle rouge)
- 1971: Die dummen Streiche der Reichen (La Folie des grandeurs)
- 1972: Alles in Butter (Tout va bien)
- 1972: César und Rosalie (César et Rosalie)
- 1972: Der unsichtbare Aufstand (État de siège)
- 1972: Le fils
- 1973: Bonne Chance (Le Hasard et la violence)
- 1974: Vincent, François, Paul und die anderen (Vincent, Francois, Paul et les autres)
- 1975: Die schönen Wilden (Le Sauvage)
- 1976: Police Python 357
- 1976: Der große Angeber (Le grand escogriffe)
- 1977: Lohn der Giganten (La Menace)
- 1978: Straßen nach Süden (Les Routes du sud)
- 1979: Die Liebe einer Frau (Clair de femme)
- 1979: I wie Ikarus (I comme Icare)
- 1981: Wahl der Waffen (Le Choix des armes)
- 1982: Feuer und Flamme (Tout feu, tout flamme)
- 1983: Garçon! Kollege kommt gleich! (Garçon!)
- 1986: Jean de Florette
- 1986: Manons Rache (Manon des sources)
- 1988: Trois places pour le 26
- 1991: Rückkehr eines Toten (Netchajev est de retour)
- 1992: IP5 – Insel der Dickhäuter (IP 5 – L’Île aux pachydermes)
Auszeichnungen (Auswahl)
- 1961: BAFTA-Nominierung, Bester Schauspieler, für Machen wir’s in Liebe
- 1962: Emmy-Nominierung, Outstanding Performance in a Variety or Musical Program or Series, für Yves Montand on Broadway
- 1973: David di Donatello, Migliore Attore Straniero, für César und Rosalie
- 1976: Bambi, Film International, für Die schönen Wilden (mit Catherine Deneuve)
- 1980: César-Nominierung, Bester Hauptdarsteller, für I wie Ikarus
- 1984: César-Nominierung, Bester Hauptdarsteller, für Garçon! Kollege kommt gleich!
- 1988: BAFTA-Nominierung, Bester internationaler Schauspieler, für Jean de Florette
Literatur
- Jorge Semprun: Yves Montand, das Leben geht weiter. (OT: Montand, la vie continue). Suhrkamp, Frankfurt am Main 1994, ISBN 3-518-37779-5.
- Yves Montand, Hervé Hamon, Patrick Rotman: Yves Montand. Du siehst, ich habe nicht vergessen. Ein Leben in diesem Jahrhundert. Aufbau Verlag, Berlin 1995, ISBN 3-746-61077-X.
- Richard Cannavo, Henri Quiquere: Yves Montand. Seewald, Stuttgart 1988, ISBN 3-512-00711-2.
- Daniel Winkler: Transit Marseille. Filmgeschichte einer Mittelmeermetropole. transcript, Bielefeld 2007, ISBN 978-3-89942-699-1. Kapitel zu Montand, S. 208 ff. bei Google Bücher.
Dokumentarfilme
- Für Yves Montand. (OT: Per Yves Montand.) Dokumentarfilm, Italien, 2005, 53 Min., Regie: Nino Bizzarri, Produktion: Rai International, Franco Porcarelli, Filmseite.
- Yves Montand, Charme, Chanson und Schauspiel. (OT: Yves Montand, l'ombre au tableau.) Dokumentarfilm, Frankreich, 2015, 59 Min., Regie: Karl Zéro und Daisy d'Errata, Produktion: La mondiale de productions, Troisième Œil Productions, arte France, Sendung: 15. Mai 2016, Inhaltsangabe von ARD.
Weblinks
- Literatur von und über Yves Montand im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Yves Montand in der Internet Movie Database (englisch)
Einzelnachweise
- Yves Montand auf Find a Grave
- Jochen Leibel: Aurore ist nicht seine Tochter. In: Die Welt, 13. Juni 1998.
- Kleines Dorf und große Stars. In: Kleines Dorf und große Stars. ZEIT ONLINE, abgerufen am 21. Februar 2022.