Weifenbach
Weifenbach (mundartlich Wähfeboch) ist ein rund 600 Einwohner großer Stadtteil der Stadt Biedenkopf im mittelhessischen Landkreis Marburg-Biedenkopf.
Weifenbach Stadt Biedenkopf | |
---|---|
Höhe: | 332 (326–358) m ü. NHN |
Fläche: | 5,9 km²[1] |
Einwohner: | 615 (Mai 2011)[2] |
Bevölkerungsdichte: | 104 Einwohner/km² |
Eingemeindung: | 31. Dezember 1971 |
Eingemeindet nach: | Wallau (Lahn) |
Postleitzahl: | 35216 |
Vorwahl: | 06461 |
Ortskern |
Geographie
Das Dorf liegt am süd-östlichen Rande des Rothaargebirges, umrahmt von Bergen, deren bekanntester die Sackpfeife ist. Die nächstgelegenen Ortschaften sind Biedenkopf und Wallau.
Im Ortskern südlich des zentralen Reckenbergs vereinen sich zwei Bachläufe: Der Weidenbach mit Ursprung aus dem Nord-Osten des Ortes mündet in den Weifenbach mit Ursprung aus dem Nord-Westen des Dorfes. Der Weifenbach verläuft fortan und außerorts weiter in südlicher Richtung – er mündet zwischen Wallau und Ludwigshütte in die Lahn. Der Verlauf der beiden Bäche und deren Ypsilon-förmige Vereinigung sind charakteristisch für den Ort und wurde daher im Wappen thematisiert, siehe „Wellendeichsel“ im Abschnitt Wappen. Die Bachläufe sind innerhalb des Ortes zum Teil unterirdisch verlegt worden. Vom Ortskern und dem Großteil des Dorfes ist der Ortsteil östlich des Weidenbachs über Brücken erreichbar bzw. durch Überquerungen der unterirdisch verlegten Teile des Bachlaufs – daher wird dieser Bereich des Dorfes volkstümlich als „die Insel“ bezeichnet.
Geschichte
Chronik
Die älteste bekannte urkundliche Erwähnung erfolgte am 5. Juni 1262 unter dem Namen Weyfenbach.[1] Diese besagt, dass der Glöckner Walter von Weifenbach zu Biedenkopf zur Aussteuer seiner Verwandten, der Nonne Zina, dem Kloster Kappel Güter zu Weifenbach und ein Haus in Biedenkopf schenkt.
Die Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen berichtet 1830 über Weifenbach:
„Weifenbach (L. Bez. Battenberg) evangel. Filialdorf; liegt 3 1⁄2 St. von Battenberg, hat 34 Häuser und 215 evangelische Einwohner. Dieses Dorf trugen Gerlach und Johann von Breidenbach, 1395, dem Landgrafen Hermann zu Lehen auf. Weifenbach gehörte zum Kirchengebiete von Breidenbach.“[3]
Bekannt wurde Weifenbach als Musikantendorf aufgrund seiner Blaskapellen und Gesangvereine, die im 19. Jahrhundert aufspielten.[4]
2011 wurde das 300-jährige Bestehen der Kirche gefeiert, 2012 hat der Ort seine 750-jährige Geschichte gewürdigt.[5][6]
Gebietsreform
Zum 31. Dezember 1971 wurde die bis dahin bis dahin selbständige Gemeinde Weifenbach im Zuge der Gebietsreform in Hessen auf freiwilliger Basis nach Wallau (Lahn) eingemeindet. Mit Wallau kam der Ort am 1. Juli 1974 zur Stadt Biedenkopf,[7] nachdem andere Pläne der Breidensteiner Gemeindevertreter zur Bildung einer erweiterten Stadt Breidenstein mit den Gemeinden Wallau, Weifenbach und Wiesenbach gescheitert waren.[8][9] Für alle ehemals eigenständigen Gemeinden von Biedenkopf wurde je ein Ortsbezirk mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung gebildet.[10]
Territorialgeschichte und Verwaltung im Überblick
Die folgende Liste zeigt im Überblick die Territorien, in denen Weifenbach lag, bzw. die Verwaltungseinheiten, denen es unterstand:[1][11][12]
- vor 1567: Heiliges Römisches Reich, Landgrafschaft Hessen, Amt Blankenstein, Grund Breidenbach (Gericht Breidenbach, das seit ca. 1500 mit den Gericht Wallau und Meisbach zusammengefasst war.)
- ab 1567: Heiliges Römisches Reich, Landgrafschaft Hessen-Marburg, Amt Blankenstein, Grund Breidenbach (ab 1577: Gericht Breidenbach)[13]
- 1604–1648: strittig zwischen Hessen-Kassel und Hessen-Darmstadt (Hessenkrieg)
- ab 1604: Heiliges Römisches Reich, Landgrafschaft Hessen-Kassel, Amt Blankenstein, Grund Breidenbach
- ab 1627: Heiliges Römisches Reich, Landgrafschaft Hessen-Darmstadt, Oberfürstentum Hessen, Amt Blankenstein, Grund Breidenbach[14]
- ab 1806: Rheinbund, Großherzogtum Hessen, Oberfürstentum Hessen, Amt Blankenstein, Grund Breidenbach, Gericht Breidenbach[15][16]
- ab 1815: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Amt Blankenstein, Grund Breidenbach[17]
- ab 1821: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Landratsbezirk Battenberg[Anm. 1]
- ab 1832: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Kreis Biedenkopf
- ab 1848: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Regierungsbezirk Biedenkopf
- ab 1852: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Kreis Biedenkopf
- ab 1867: Norddeutscher Bund, Königreich Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Wiesbaden, Kreis Biedenkopf (übergangsweise Hinterlandkreis)[14]
- ab 1871: Deutsches Reich, Königreich Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Wiesbaden, Kreis Biedenkopf
- ab 1918: Deutsches Reich, Freistaat Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Wiesbaden, Kreis Biedenkopf
- ab 1932: Deutsches Reich, Freistaat Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Wiesbaden, Kreis Dillenburg
- ab 1933: Deutsches Reich, Freistaat Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Wiesbaden, Kreis Biedenkopf
- ab 1944: Deutsches Reich, Freistaat Preußen, Provinz Nassau, Landkreis Biedenkopf
- ab 1945: Amerikanische Besatzungszone, Groß-Hessen, Regierungsbezirk Wiesbaden, Landkreis Biedenkopf
- ab 1949: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen (seit 1946), Regierungsbezirk Wiesbaden, Landkreis Biedenkopf
- ab 1968: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Landkreis Biedenkopf
- am 31. Dezember 1971 wurden Wallau (Lahn) und Weifenbach zu Wallau (Lahn) zusammengeschlossen.
- ab 1974: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Marburg-Biedenkopf
- am 1. Juli 1974 wurde Weifenbach als Stadtteil der Stadtgemeinde Biedenkopf eingegliedert.
- ab 1981: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen, Regierungsbezirk Gießen, Landkreis Marburg-Biedenkopf
Einwohnerzahlen
Quelle: Historisches Ortslexikon[1] | |
• 1577: | Hausgesesse | 15
• 1630: | zweispännige Ackerleute, 3 Einläuftige). | 15 Hausgesesse (9
• 1677: | Jungmannschaften, 3 ledige Mannschaften | 10 Männer, 2
• 1742: | 28 Haushalte |
• 1791: | 200 Einwohner[18] |
• 1800: | 188 Einwohner[19] |
• 1806: | 229 Einwohner, 31 Häuser[16] |
• 1829: | 215 Einwohner, 34 Häuser[3] |
Weifenbach: Einwohnerzahlen von 1791 bis 2011 | ||||
---|---|---|---|---|
Jahr | Einwohner | |||
1791 | 200 | |||
1800 | 188 | |||
1806 | 229 | |||
1829 | 215 | |||
1834 | 247 | |||
1840 | 271 | |||
1846 | 296 | |||
1852 | 292 | |||
1858 | 303 | |||
1864 | 306 | |||
1871 | 302 | |||
1875 | 358 | |||
1885 | 338 | |||
1895 | 410 | |||
1905 | 438 | |||
1910 | 449 | |||
1925 | 466 | |||
1939 | 507 | |||
1946 | 735 | |||
1950 | 679 | |||
1956 | 547 | |||
1961 | 559 | |||
1967 | 563 | |||
1971 | 574 | |||
1990 | ? | |||
2000 | ? | |||
2011 | 615 | |||
Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: Die Bevölkerung der Gemeinden 1834 bis 1967. Wiesbaden: Hessisches Statistisches Landesamt, 1968. Weitere Quellen: LAGIS[1]; Stadt Biedenkopf:1971; Zensus 2011[2] |
Einwohnerstruktur
Nach den Erhebungen des Zensus 2011 lebten am Stichtag dem 9. Mai 2011 in Weifenbach 615 Einwohner. Darunter waren 12 (2,0 %) Ausländer. Nach dem Lebensalter waren 90 Einwohner unter 18 Jahren, 252 zwischen 18 und 49, 135 zwischen 50 und 64 und 135 Einwohner waren älter.[2] Die Einwohner lebten in 261 Haushalten. Davon waren 75 Singlehaushalte, 78 Paare ohne Kinder und 84 Paare mit Kindern, sowie 18 Alleinerziehende und 6 Wohngemeinschaften. In 87 Haushalten lebten ausschließlich Senioren und in 156 Haushaltungen lebten keine Senioren.[2]
Religionszugehörigkeit
Quelle: Historisches Ortslexikon[1] | |
• 1829: | 215 evangelische (= 100 %) Einwohner[3] |
• 1885: | 337 evangelische, ein katholischer Einwohner |
• 1961: | 525 evangelische (= 93,92 %), 33 katholische (= 5,90 %) Einwohner |
Erwerbstätigkeit
• 1867: | Erwerbspersonen: 67 Landwirtschaft, 4 Gewerbe und Industrie, 4 Verkehr, 50 persönliche Dienstleistungen, 2 Gesundheitspflege, 1 Erziehung und Unterricht, 3 Gemeindeverwaltung.[1] |
• 1961: | Erwerbspersonen: 94 Land- und Forstwirtschaft, 161 produzierendes Gewerbe, 27 Handel und Verkehr, 27 Dienstleistungen und Sonstiges.[1] |
Wappen, Flagge und Banner
Am 7. Oktober 1959 genehmigte der Hessische Minister des Innern das Wappen mit folgender Beschreibung:
Blasonierung: „In Gold eine blaue Wellendeichsel zwischen drei roten Garnrädern mit schwarzen Speichen (1:2).“[20] | |
Wappenbegründung: Die Wellendeichsel steht für den Weifenbach, dabei vereinen sich zwei Bäche im Ort und bilden diesen Bach. Es wurden noch drei Räder von Garnwinden addiert, die zur früheren Weife, auch Haspel genannt, gehören. |
Die Dorfflagge bzw. das Banner ist zweigeteilt in Rot und Weiß und das Wappen ist in der Mitte aufgelegt.
Kultur und Sehenswürdigkeiten
Vereine
Der Weifenbacher Männergesangsverein „MGV 1885“ feierte am 28. und 29. Mai 2010 sein 125-jähriges Bestehen.
Kulturdenkmäler
Verkehr
Straßenverkehr
In den Ort führt die Kreisstraße 109, die ihn mit den Bundesstraßen 62 und 253, sowie Wallau, Ludwigshütte und Biedenkopf verbindet. In Richtung Norden führt eine kleinere Gemeindeverbindungsstraße nach Hatzfeld (Eder) und den Stadtteil Lindenhof.
Literatur
- Heinz Hinkel: Weifenbacher Ortschronik 1262–1988. Marburg 1988.
- Arbeitskreis Chronik Weifenbach (Hrsg.): ’s Erwesehinkelche – Dorfzeitung für Weifenbach. 2001.
- Literatur über Weifenbach nach Stichwort nach GND In: Hessische Bibliographie
Weblinks
- Stadtteil Weifenbach. In: webauftritt der Stadt Biedenkopf.
- Weifenbach. Infos. In: www.weifenbach.de. Dorfgemeinschaft Weifenbach e. V.
- Weifenbach, Landkreis Marburg-Biedenkopf. Historisches Ortslexikon für Hessen. In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
Anmerkungen
- Bis 1823 Patrimonialgericht Grund Breidenbach; 1823: Trennung von Justiz (Landgericht Biedenkopf) und Verwaltung.
Einzelnachweise
- Weifenbach, Landkreis Marburg-Biedenkopf. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 16. Oktober 2018). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
- Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1,1 MB) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt, S. 26 und 64 .
- Georg Wilhelm Justin Wagner: Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen: Provinz Oberhessen. Band 3. Carl Wilhelm Leske, Darmstadt August 1830, OCLC 312528126, S. 311 (Online bei google books).
- Dorfchronik von Jürgen Schneider
- Kirchengemeinde Wallau-Weifenbach: Kirche in Weifenbach, abgefragt am 14. Januar 2016
- Kirchengemeinde Wallau-Weifenbach: Weifenbach, abgefragt am 14. Januar 2016
- Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart/Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 350 und 351.
- Trachtentanz-und Brauchtumsgruppe Stadt Breidenstein e.V. - Auszug aus der Geschichte der Stadt Breidenstein. Abgerufen am 12. Oktober 2021.
- Ortsgeschichte. In: www.breidenstein-am-perfstausee.de. Abgerufen am 30. Januar 2022 (deutsch).
- Hauptsatzung. (PDF; KK kB) § 3. In: Webauftritt. Stadt, abgerufen im Januar 2022.
- Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation. In: treemagic.org. 2006 .
- Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band 13. G. Jonghause's Hofbuchhandlung, Darmstadt 1872, DNB 013163434, OCLC 162730471, S. 12 ff. (google books).
- Die Zugehörigkeit des Amtes Blankenstein anhand von Karten aus dem Geschichtlicher Atlas von Hessen: Hessen-Marburg 1567–1604., Hessen-Kassel und Hessen-Darmstadt 1604–1638. und Hessen-Darmstadt 1567–1866.
- Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band 13. G. Jonghause's Hofbuchhandlung, Darmstadt 1872, DNB 013163434, OCLC 162730471, S. 27 ff., § 40 Punkt 6c) (google books).
- Wilhelm von der Nahmer: Handbuch des Rheinischen Particular-Rechts: Entwickelung der Territorial- und Verfassungsverhältnisse der deutschen Staaten an beiden Ufern des Rheins : vom ersten Beginnen der französischen Revolution bis in die neueste Zeit. Band 3. Sauerländer, Frankfurt am Main 1832, OCLC 165696316, S. 7, 430 (Online bei google books).
- Hessen-Darmstädter Staats- und Adresskalender 1806. Im Verlag der Invaliden-Anstalt, Darmstadt 1806, S. 246 (Online in der HathiTrust digital library).
- Neuste Länder und Völkerkunde. Ein geographisches Lesebuch für alle Stände. Kur-Hessen, Hessen-Darmstadt und die freien Städte. Band 22. Weimar 1821, S. 416 (online bei Google Books).
- Hessen-Darmstädter Staats- und Adresskalender 1791. Im Verlag der Invaliden-Anstalt, Darmstadt 1791, S. 190 (Online in der HathiTrust digital library).
- Hessen-Darmstädter Staats- und Adresskalender 1800. Im Verlag der Invaliden-Anstalt, Darmstadt 1800, S. 203 (Online in der HathiTrust digital library).
- Genehmigung eines Wappens der Gemeinde Weifenbach im Landkreis Biedenkopf, Regierungsbezirk Wiesbaden vom 17. Oktober 1959. In: Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1959 Nr. 42, S. 1139, Punkt 988 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF]).