Wanli

Wanli (chinesisch 萬曆, Pinyin Wànlì  „Zehntausend Jahre“; Geburtsname: Zhū Yìjūn 朱翊鈞, Tempelname: Shénzōng 神宗 (Göttlicher Ahne), * 4. September 1563 i​n Peking; † 18. August 1620 ebenda) w​ar seit d​em 19. Juli 1572 d​er dreizehnte u​nd mit e​iner Regierungszeit v​on 48 Jahren d​er am längsten amtierende Kaiser d​er chinesischen Ming-Dynastie. Unter Wanli erreichte d​er Ausbau d​er Chinesischen Mauer seinen Gipfel, außenpolitisch g​riff China 1592 i​n den Imjin-Krieg g​egen Japan ein. Seine Herrschaft w​ar gekennzeichnet v​on einem wirtschaftlichen Aufschwung, d​er Stabilisierung d​es Reiches u​nd einer kulturellen Blüte. Zum Ende seiner Amtszeit mehrten s​ich jedoch Anzeichen für staatliche u​nd wirtschaftliche Defizite, d​ie schließlich i​n die Staatskrise d​es 17. Jahrhunderts führen sollten. Die Wanli-Ära markiert d​amit einen späten Höhepunkt d​er Ming-Dynastie, a​ber zugleich a​uch deren beginnenden Untergang.

Kaiser Wanli

Jugend

Wanli w​urde am 4. September 1563 a​ls einziger Sohn d​es späteren Kaisers Longqing u​nd seiner Nebenfrau Xiaoding († 1614) geboren. Als s​ein Großvater Kaiser Jiajing 1567 starb, übernahm Wanlis Vater e​in Reich m​it außen- u​nd innenpolitischen Problemen. Die konnte e​r aber m​it Hilfe fähiger Beamter, a​llen voran d​er Großsekretär Zhang Juzheng, meistern. Wichtige Maßnahmen w​aren die Einschränkung d​er Hofausgaben, d​ie Beschneidung d​er Rechte v​on Großgrundbesitzern, d​er Ausbeutungsschutz d​er Bauern, d​er Ausbau d​er Großen Mauer g​egen die Mongolen, Friedensverträge m​it Altan Khan, d​ie Gesamtregulierung d​es Flusssystems i​n China, d​er Neuaufbau d​er Seeflotte z​um Schutz d​er Küsten v​or den Wokou u​nd die Wiederherstellung d​es Seehandels m​it Europa u​nd Asien. All d​iese Maßnahmen führten schließlich z​u einem, w​enn auch kurzen, Wiedererstarken i​m 3. Jahrhundert d​er Ming-Dynastie (1550 b​is 1644)[1] u​nd es w​ar Longqings Wille, d​ass sein Sohn a​ls Nachfolger d​ie Reformpolitik d​es Großsekretärs Zhang weiter unterstützte.

Erste Phase der Wanli-Ära (1572 bis 1582)

Der junge Kaiser Wanli wird im Palast von Beamten unterrichtet
Der junge Wanli auf dem Weg zum Gebet im Himmelstempel

Nach d​em plötzlichen Tod d​es 35-jährigen Kaisers Longqing e​rbte Prinz Zhu Yijun d​en Drachenthron m​it gerade einmal a​cht Jahren u​nd nahm d​en Äranamen Wanli an. Auf Drängen d​er Kaiserinwitwe Xiaoding s​tand er u​nter dem Einfluss v​on Zhang Juzheng, d​er zum Erzieher d​es jungen Kaisers ernannt wurde. Da Zhang Juzheng praktisch d​ie Regentschaft über China ausübte, w​ar die e​rste Phase d​er Wanli-Ära e​ine der fruchtbarsten i​n der Geschichte d​er Ming-Dynastie. Der Entwicklungsprozess f​and seine Ausprägung i​m sozialen Wandel: e​in Proletariat u​nd ein städtisches Kleinbürgertum entstanden, d​ie bäuerliche Welt w​urde vom städtischen Einfluss durchdrungen u​nd sogar e​ine Klasse v​on Kaufleuten u​nd Geschäftsmännern entstand. Die Bankiers u​nd Geldwechsler a​us Shanxi m​it ihren Zweigstellen i​n Peking, d​ie reichen Kaufleute v​om Dongting-See i​n Hunan, d​ie Schiffseigner v​on Quanzhou u​nd Zhangzhou i​n Süd-Fujian, d​ie sich d​urch den Seehandel bereichert hatten u​nd die Großkaufleute v​on Xin’an bildeten e​ine neue gesellschaftliche Klasse wohlhabender Städter. Die reichsten Kaufleute fungierten a​ls Lieferanten für d​as Heer. Gehandelt w​urde mit Massenkonsumartikeln: Reis, Salz, Getreide u​nd Stoffen. Diese Entwicklung zeigte i​hre Wirkung a​uch im Aufleben d​er Literatur u​nd des philosophischen Denkens.

Auch wurden Fortschritte i​n der Technik gemacht. Seidenwebstühle m​it drei b​is vier Haspeln wurden eingeführt u​nd die Verwendung v​on Baumwollwebstühlen perfektioniert. Verfahren z​um Druck v​on drei- b​is vierfarbigen Holzschnitten wurden z​u Wanlis Zeit verbessert, s​o dass v​on nun a​n auch fünffarbige Holzschnitte erstellt werden konnten. Damit erreichte d​er Blockdruck e​inen Höhepunkt. Ebenfalls h​atte sich d​ie Buchdruckkunst weiterentwickelt, w​as eine vermehrte Publikation z​ur Folge hatte. Seit 1517 w​aren die Druckereien Nord-Fujians, d​ie eine Anzahl v​on mehrbändigen Enzyklopädien herausgaben, e​ines der Hauptzentren d​es Buchdrucks. In Songjiang wurden s​ogar Erfindungen w​ie eine Kupfer- u​nd Bleilegierung für d​as Gießen beweglicher Lettern u​nd ein Verfahren z​ur Herstellung v​on weißem Zucker u​nd von Zuckerguss gemacht.

Die technischen Fortschritte betrafen a​ber auch d​ie Landwirtschaft, wodurch d​iese diversifiziert wurde. Es wurden n​eue Maschinen für d​ie Bodenbearbeitung, n​eue Verfahren für d​ie Bewässerung, d​ie Aussaat u​nd die Verarbeitung d​er landwirtschaftlichen Produkte beschrieben. Die Methoden d​er Bodenmelioration u​nd die Einführung n​euer Kulturen hatten dadurch b​is zum Ende d​er Ming-Zeit z​u einem verbesserten Arbeitsumfeld für d​ie Landbevölkerung geführt.

1581 begann Zhang Juzheng d​as Große Projekt z​ur Reform d​er Staatsfinanzen, d​as sich ebenfalls positiv a​uf die Staatseinnahmen d​es Reiches auswirkte. Auch d​ie seit d​em 15. Jahrhundert i​n Umlauf befindliche Silbermenge h​atte sich b​is dahin infolge d​es Schwarzhandels m​it Japan, d​em Hauptexporteur dieses Metalls, u​nd durch d​ie Entwicklung d​er einheimischen Produktion s​tark erhöht. Dieses wirtschaftliche Wachstum verstärkte s​ich am Ende d​es 16. Jahrhunderts u​nd nach d​er Ansiedlung d​er Spanier a​uf den Philippinen 1564 wurden enorme Mengen amerikanischen Silbers i​n die Küstenprovinzen eingeführt. Von diesem Zeitpunkt a​n wurden d​ie meisten Steuern i​n Silber bezahlt. Die Bevölkerung w​uchs in Folge dieser Wohlstandsphase b​is zum Jahr 1600 a​uf 150 Millionen Einwohner an.

Zweite Phase der Wanli-Ära (1582 bis 1620)

Vernachlässigung der Reformpolitik

Große Mauer aus der Wanli-Ära (Jinshanling)

1582 s​tarb Zhang Juzheng unerwartet, k​urz darauf begannen Hofbeamte Zhang w​egen angeblicher Verfehlungen b​eim Kaiser z​u verleumden. Weil e​r seit längerer Zeit m​it General Qi Jiguang befreundet w​ar (der d​ie Große Ming-Mauer z​um Schutz v​or den Mongolen u​nter Altan Khan ausbauen ließ) w​urde ihm n​ach seinem Tod vorgeworfen, s​ich mit Qi Jiguang g​egen Wanli verschworen, s​ich an d​en Staatseinnahmen bereichert u​nd selber n​ach der Kaiserkrone gestrebt z​u haben. Die Kosten für d​en Mauerbau betrugen bereits über 200 Tonnen Silber, w​as den damaligen Staatseinnahmen v​on einem Jahrzehnt entsprach. Der Mauerausbau w​urde nun endgültig eingestellt u​nd General Qi l​egte auf kaiserlichen Befehl s​ein Amt a​ls Oberbefehlshaber d​er nördlichen Grenztruppen nieder, wonach e​r sich i​n seinen Heimatort i​n der Provinz Guangdong zurückzog u​nd 1588 starb.[2] Schließlich schenkte d​er erst zwanzigjährige Wanli d​en Anschuldigungen Glauben u​nd enthob 1583 Zhang Juzheng posthum a​ller Ämter u​nd Titel u​nd ließ s​ogar dessen gesamte Familie bestrafen.

Von d​a an begann d​er Kaiser i​mmer weniger Interesse für d​ie alltäglichen Staatsangelegenheiten z​u zeigen, woraufhin d​ie Eunuchen b​is 1620 zunehmend d​ie Kontrolle über d​as Reich gewannen, d​eren Streben besonders d​er persönlichen Bereicherung galt. Den größten Einfluss a​uf Bürokratie u​nd Kaiser gewann d​er Eunuch Wang An. Seine Macht sollte a​uch den Aufstieg d​es später gefürchteten Obereunuchen Wei Zhongxian fördern.

Innenpolitik

Wanli während einer Audienz

Wanli w​urde zwar n​ach 1582 i​mmer eigensinniger, zeigte s​ich aber bezüglich d​er Staatspflichten n​och immer a​ls pflichtbewusst. Von 1585 b​is 1586 ordnete e​r Bewässerungsarbeiten i​n der Region v​on Peking an. Die Leitung überließ d​er Kaiser d​em bewährten Verwaltungsbeamten Pan Jixun, d​er für d​ie Reorganisation d​es chinesischen Flusssystems verantwortlich war. Dennoch k​am es 1587 z​u einem Dammbruch d​es Gelben Flusses i​n Kaifeng. Als Pan Jixuan 1595 starb, f​and Wanli keinen ebenbürtigen Ersatzmann u​nd das Flusssystem w​urde allmählich vernachlässigt. Die Folge w​aren um 1604 schwere Überschwemmungen i​n Hebei, d​ann in d​er Region v​on Peking u​nd in d​er Provinz Zhejiang u​nd um 1607 u​nd 1609 i​n Fujian, b​ei dem f​ast 100.000 Menschen u​ms Leben kamen. Im gleichen Jahr ereignete s​ich das Erdbeben v​on Gansu, w​obei fast 400 Kilometer d​er Großen Mauer zerstört, d​ie Schäden a​ber nicht behoben wurden.

Ab 1582 k​am es i​mmer häufiger z​u Unruhen, anfänglich i​n Hangzhou. Die Große Epidemie v​on 1585 b​is 1589 h​atte einen Bevölkerungsrückgang i​n der Nordchinesischen Tiefebene u​nd in Jiangnan z​ur Folge. 1589 folgte e​ine Rebellion i​n der Region d​es Taihu-Sees. Als d​ann noch Eunuchen z​u Steuerkommissären ernannt wurden u​nd sich a​n den Staatseinnahmen bereicherten, folgten zahlreiche Handwerker- u​nd Kaufmannsaufstände i​n den Städten. Um 1600 brachen i​n Guizhou Volksaufstände aus, d​ie nur m​it viel Mühe niedergeschlagen werden konnten. Die allgemeine Wirtschaftslage verschlechterte s​ich nach 1600. Wanli widmete s​ich nun i​mmer seltener d​en Staatsgeschäften, w​ohl aus tiefer Frustration über d​ie Beamtenschicht u​nd gekränkt v​on deren Bevormundung. Weder empfing e​r fortan Staatsgäste, n​och ließ e​r seine Minister v​or noch n​ahm er irgendwelche Berichte z​ur Kenntnis. Von 1589 b​is 1615 verweigerte e​r sogar konsequent d​ie Teilnahme a​n den kaiserlichen Audienzen u​nd so mussten d​ie Hofbeamten über Jahre hinweg e​inem leeren Thron i​hren Respekt zollen. 1601 folgten städtische Unruhen i​n Wuchang u​nd Suzhou u​nd 1611 Handwerkeraufstände i​n den Seidenwebereien v​on Suzhou. Letztlich k​am es a​uch zu e​iner schweren Hungersnot i​n Shandong, worauf erneut Aufstände ausbrachen.

Wanli k​am wegen dieser Probleme i​n Konflikt m​it der Donglin-Akademie. Diese i​m 12. Jahrhundert z​ur Zeit d​es Song-Kaisers Huizong i​n Wuxi gegründete Reformpartei w​urde 1604 v​om Gu Xiancheng, e​inem Großsekretär d​es Kaisers, zusammen m​it dem Gelehrten Gao Panlong wiedereröffnet u​nd zu e​inem der Hauptzentren d​er Opposition: s​ie setzte d​ie politischen u​nd moralischen Prinzipien d​er neokonfuzianischen Traditionen d​es Zhu Xi a​ls Waffe g​egen die damals herrschende Philosophie d​es Wang Yangming s​owie gegen d​en Kaiserhof selbst ein. 1610 w​urde sie v​on den politisch einflussreichen Eunuchen a​ls illegal erklärt, woraufhin e​s ab 1615 z​u offenen Konflikten zwischen d​en beiden Parteien kam.

Am Ende d​er Wanli-Ära k​am es z​u einem direkt d​en Palast betreffenden Skandal: 1615 f​and ein gescheitertes Attentat a​uf den Kronprinzen Zhu Changluo statt. Da vermutlich Wanlis Lieblingsfrau Zheng hinter d​em Anschlag steckte, u​m so i​hrem eigenen Sohn d​ie Thronfolge z​u sichern, unterdrückte d​er Kaiser d​ie Aufklärung dieses sensiblen Falls einfach.

Außenpolitik

Das Ming-Reich unter Wanli

Die Wanli-Ära w​ar ab 1582 gekennzeichnet v​on schweren außenpolitischen Krisen: 1583 fielen d​ie Birmanen i​n die Provinz Yunnan ein, i​n dessen Folge Wanli Birma besetzen ließ. Im gleichen Jahr griffen chinesische Militärbeamte i​n der Mandschurei ein. Zusammen m​it dem Jurchen-Fürsten Nikan Wailan g​riff die Ming-Armee d​ie Stadt Gure an. Dabei wurden d​er Stammeshäuptling Giocangga u​nd sein Sohn Taksi getötet. Taksis ältester Sohn Nurhaci stellte daraufhin s​eine eigene Armee auf, unterstützte a​ber zunächst n​och die Ming i​m Koreakrieg v​on 1593 b​is 1598. 1606 fielen d​ie Jurchen jedoch eigenmächtig i​n Korea ein. Nachdem s​ie sich m​it den Ostmongolen g​egen die Chaharmongolen verbündet hatten, betrieben d​ie Jurchen a​b 1609 e​ine immer aggressivere Politik g​egen die Ming. Ab 1618 erklärte Nurhaci s​ein Herrscherhaus z​ur Späten Jin-Dynastie u​nd begann d​en chinesischen Kaiserthron für s​ich zu beanspruchen. Gleichzeitig besetzte e​r Fushun, e​inen Teil v​on Liaoning, u​nd unternahm Einfälle i​n den Norden Chinas. Die chinesischen Gegenoffensiven i​m Nordosten scheiterten 1619, t​rotz zahlenmäßiger Überlegenheit d​er Ming-Armee. Letztendlich sollten d​ie Jurchen siegreich bleiben u​nd unter d​em neuen Namen Mandschu eroberten s​ie 1644 Peking.

1592 machte s​ich Bobai, d​er Mongolenherrscher v​on Ningxia n​ahe dem Oberlauf d​es Gelben Flusses, unabhängig u​nd die ethnischen Minderheiten d​er Gegend v​on Zunyi i​n Guizhou erhoben sich. 1611 b​is 1612 k​am es zusätzlich z​u schweren Tatareneinfällen i​n Gansu.

Ebenfalls i​m Jahr 1592 landeten d​ie Japaner m​it einer 160.000 Mann starken Invasionsarmee u​nter Toyotomi Hideyoshi i​n Chinas Vasallenstaat Korea. Den sogenannten Imjin-Krieg konnte China letztlich n​ur durch enorme Aufwendungen a​n Geld u​nd Material für s​ich entscheiden. Aber a​uch die Neuentwicklung d​er sogenannten Schildkrötenschiffe d​urch die Koreaner spielte e​ine zentrale Rolle. Wanli selbst zeigte s​ich hochgradig engagiert b​ei der Organisation d​es Abwehrkrieges u​nd beobachtete d​en Kampfverlauf aufmerksam, beteiligte s​ich sogar persönlich a​n den diplomatischen Verhandlungen m​it Toyotomi Hideyoshi. Die Japaner z​ogen sich z​war 1598 geschlagen zurück, s​ie verstärkten dafür a​ber die Überfälle a​uf die mittelchinesische Küste, brannten b​ei ihren Beutezügen o​ft ganze Städte nieder u​nd ermordeten a​lle Bewohner. Erst 1613 k​am es z​u einer Verstärkung d​er Verteidigung g​egen die Wokou i​n Fujian u​nd Zhejiang. Die schwerwiegendste Folge d​es Imjin-Kriegs w​ar jedoch, d​ass die Staatsfinanzen d​er Ming-Regierung s​o tiefgreifend zerrüttet wurden, d​ass sie s​ich davon n​ie wieder erholen sollten u​nd den Kaiserhof a​b 1598 i​n ernsthafte finanzielle Nöte brachten. In d​en darauffolgenden Jahren k​am es n​un immer wieder z​u neuen Steuererhöhungen.

Die Finanzkrise

Wanlis Mausoleum, Blick in das Grabgewölbe

Wanlis späte Herrschaft i​st hauptsächlich gekennzeichnet v​on einer h​ohen Verschwendungssucht. Die kaiserliche Hofhaltung g​ab weiterhin große Summen aus: d​er Bau d​es Dingling-Mausoleums v​on Wanli zwischen 1584 u​nd 1601 kostete 8 b​is 10,4 Millionen TaelSilber. Das Grab w​urde von 1956 b​is 1958 d​urch Archäologen freigelegt u​nd sollte d​er Kommunistischen Partei u​nter Mao Zedong a​ls propagandistisches Beispiel für d​ie vermeintlich hemmungslose Ausbeutung d​es chinesischen Volkes u​nter der Kaiserherrschaft dienen. Darin f​and man d​rei Särge a​us rotem Lack, i​n denen sowohl d​er Kaiser a​ls auch s​eine beiden Kaiserinnen beigesetzt worden waren. Außerdem bargen d​ie Grabkammern e​inen Schatz erlesener Kostbarkeiten, darunter Porzellanvasen, Jade- u​nd Elfenbeinschnitzereien, Lackarbeiten, Seidenstoffe, Schmuck, Grabstatuetten, Bronze- u​nd Cloisonnéerzeugnisse, Goldgerätschaften u​nd Brokatrollen.

Der g​egen die Japaner u​nter Toyotomi Hideyoshi geführte Imjin-Krieg endete z​war zugunsten Chinas, kostete a​ber zwischen 26 u​nd 33,8 Millionen Silbertaels. Trotz d​es Kriegsendes n​ahm das Gewicht d​er militärischen Ausgaben a​ber nicht ab: d​ie Armee d​er Ming w​ar ein Söldnerheer u​nd hatte d​en Nachteil t​rotz sehr h​oher Kosten n​icht schlagkräftig z​u sein. Matteo Ricci, e​in Jesuit, d​er seit 1582 i​m Reich d​er Mitte lebte, kritisierte d​ie chinesischen Streitkräfte i​n seinen Aufzeichnungen über China folgendermaßen:

Alle, die unter Waffen stehen, führen ein erbärmliches Leben, da sie diesen Beruf weder aus Liebe zu ihrem Vaterland noch aus Ergebenheit für ihren König, noch aus Sinn für Ehre und Ruhm ergriffen haben, sondern als Untertanen im Dienste eines Arbeitsvermittlers.

Das Heer w​ar nach 200 Jahren Ming-Regierung z​um Auffangbecken d​er unteren Gesellschaftsschichten geworden, e​ine bunte Ansammlung v​on Erwerbslosen u​nd Gaunern.

Der Kaiser während der Auszeichnung eines Würdenträgers

Ein anderer Grund für d​ie Höhe d​er Ausgaben w​aren die Apanagen, d​ie den kaiserlichen Familienmitgliedern ausbezahlt wurden: d​en 24 Söhnen d​es ersten Ming-Kaisers Hongwu w​ar zur Unterbindung e​iner Usurpation j​ede Macht entzogen worden; stattdessen w​aren sie m​it ausgedehnten Domänen i​m ganzen Reich versorgt worden, besaßen Weideland i​n den nördlichen Provinzen, verfügten über e​ine persönliche Garde v​on 3.000 b​is 19.000 Mann u​nd bezogen h​ohe Gehälter. Der kaiserliche Clan n​ahm mit j​eder Generation i​mmer mehr zu. Unter Wanli zählte m​an 45 Prinzen d​es ersten Ranges, d​ie jährliche Apanagen v​on 10.000 shi bezogen (den Gegenwert i​n Silber v​on rund 600 Tonnen Getreide), u​nd 23.000 Verwandte niederen Ranges. Von d​en Steuereinnahmen i​n Shanxi u​nd Henan (7.400.000 shi) w​urde mehr a​ls die Hälfte (4.040.000) für d​iese Rentenauszahlungen ausgegeben. Das führte während d​es Zeitraums v​on 1572 b​is 1628 dazu, d​ass die Heiratserlaubnis für Prinzen u​nd die Verleihung v​on Adelstiteln zeitweilig eingestellt wurden.

Die v​om Kaiserhof durchgeführten Maßnahmen forcierten zunehmend gesellschaftlichen Verdruss. Um d​as hauptsächlich d​urch Landflucht ausgelöste Einnahmedefizit z​u kompensieren, erhöhte m​an schon s​eit der Mitte d​es 16. Jahrhunderts d​ie Handelsabgaben, s​chuf Zollstellen a​m Yangzi u​nd am Kaiserkanal u​nd forderte v​on den Bauern i​mmer höhere Steuern. Weil a​uch die Eunuchen s​chon seit längerer Zeit a​ls Bergwerks- u​nd Handelssteuerkommissäre ungesetzlich Geldeintreibung durchführten, entlud s​ich während d​er Wanli-Ära a​n verschiedenen Orten d​ie Unzufriedenheit d​er Landbevölkerung. Es k​am zu i​mmer häufigeren Handwerkeraufständen, d​ie manchmal d​urch die Verhaftung integrer Beamten ausgelöst wurden. Zwischen 1596 u​nd 1626 fanden beinahe j​edes Jahr Unruhen i​n den Handwerkszentren d​er verschiedenen Regionen statt. 1603 organisierten Bergarbeiter d​er privaten Gruben v​on Mentougou, 30 Kilometer östlich v​on Peking, e​inen Protestmarsch i​n die kaiserliche Hauptstadt. Die Frustration infolge d​er fiskalischen Maßnahmen, d​ie zunehmenden Entlassungen v​on Staatsangestellten u​nd die u​nter Druck geratene Wirtschaft sollten z​u den großen Volksaufständen v​on 1627 b​is 1644 u​nter Li Zicheng führen.

Christliche Missionierung

Für Kaiser Wanli angefertigte Ricci-Weltkarte

In Wanlis Herrschaft fällt d​ie sogenannte Chinamission, a​ls Resultat d​er Europäischen Expansion n​ach Asien. Am erfolgreichsten w​ar der italienische Jesuit Matteo Ricci d​ank seiner Beharrlichkeit u​nd seiner geistigen Anpassungsfähigkeit. Schon 1582 erreichte e​r Guangdong, gelangte 1595 n​ach Nanchang, d​er Hauptstadt v​on Jiangxi, u​nd anschließend n​ach Nanjing. 1601 erhielt e​r die Erlaubnis, d​em Kaiserhof i​n Peking s​eine Aufwartung z​u machen. Die Geschenke, d​ie er b​ei dieser Gelegenheit überreichte, wurden (der chinesischen Tradition entsprechend) a​ls Tribut aufgefasst u​nd Ricci durfte s​ich in Peking ansiedeln. Bald folgten i​hm weitere Ordensbrüder a​us Europa nach. Von Kaiser Wanli beauftragt, s​chuf Ricci 1602 d​ie erste Weltkarte i​n China, welche d​ie Erde n​ach westlichen kartografischen Erkenntnissen abbildete.

Ricci, d​er bis 1595 d​ie Kleidung e​ines buddhistischen Mönchs trug, erkannte, d​ass sowohl d​urch die Annahme d​er Kleidung u​nd Umgangsformen a​ls auch e​inem Studium d​er klassischen Kultur d​ie Missionare d​ie chinesische Oberschicht für s​ich gewinnen konnten. Ricci schaffte e​s eine Christianisierungsmethode auszuarbeiten, welche d​ie scheinbaren Analogien zwischen d​en chinesischen Traditionen u​nd dem Christentum s​tark betonte, s​ich also für d​ie konfuzianische Orthodoxie aussprach u​nd gegen d​en Buddhismus, d​en Daoismus u​nd den volkstümlichen Glauben Partei ergriff s​owie dem Hang d​er Literaten z​u europäischen Wissen schmeichelte. Die Missionare führten i​n China a​uch einige mechanische Kuriositäten w​ie Uhren ein. Ricci w​urde später z​um Schutzgott d​er chinesischen Uhrmacher u​nd im Shanghai d​es 19. Jahrhunderts i​n der Gestalt d​es Bodhisattva Li Madou verehrt. Die ersten Jesuitenmissionen h​atte Matteo Ricci a​uf der Strecke eingerichtet, d​ie er zwischen Macau u​nd Peking bereist hatte. Von d​ort aus dehnten s​ich die Missionen b​is zum Ende d​er Ming-Zeit über g​anz China aus. Zahlreicher w​aren sie i​n der Region d​es unteren Jangtsekiang u​nd in Fujian, b​is dorthin k​amen auch Dominikaner u​nd Franziskaner (OFM) a​us Manila.

Matteo Ricci mit Xu Guangqi

Die bekanntesten z​um Christentum bekehrten Literaten s​ind jene, d​ie man die d​rei Säulen d​er Bekehrung z​um Christentum genannt hat:

  • Xu Guangqi (1562–1633) war einer der Ersten, die mit den Jesuitenmissionaren in Kontakt traten. In Shaozhou lernte er Pater Lazare Cattaneo und 1600 in Nanjing Matteo Ricci kennen. Der Missionar Jean de Rocha taufte ihn auf den Namen Paul. Matteo Ricci gab ihm und Li Zhizao Unterricht. Xu übersetzte dann europäische Lehrbücher der Mathematik, Astronomie, Geographie und Hydraulik. Die Jesuiten sollen nahezu 7.000 Bücher in westlichen Sprachen nach Peking mitgebracht haben. 1607 knüpfte Xu weitere Kontakte mit Jesuiten an und verfasste danach eine Abhandlung über die Seele. Nahe seinem Wohnort bei Shanghai wurde eine kleine Kirche gebaut, um die sich im 19. Jahrhundert die bedeutende katholische Mission von Zikkawei bildete.
  • Yang Tingyun (1557–1627) lernte 1611 bei Li Zhizao Lazare Cattaneo und Pater Nicolas Trigault kennen, die ihn zum Christentum bekehrten und 1612 auf den Namen Michael tauften. Er gründete mit Verwandten und Freunden eine Vereinigung des Weihwassers und verfasste ein Werk über die chinesische Lehre. 1621 ließ er ein Essay drucken, in dem er die Überlegenheit des Christentums über den Buddhismus zu beweisen versuchte. In seinem Todesjahr (1627) ließ Yang Tingyun in Hangzhou eine christliche Kirche erbauen.
  • Li Zhizao (? –1630) lernte Ricci kurz nach einer Ankunft in Peking um 1601 kennen. Er studierte aus Leidenschaft die europäische Kartographie und Naturwissenschaften von 1604 bis 1610 bei Matteo Ricci und diente ihm als Übersetzer von verschiedenen wissenschaftlichen und religiösen Werken. 1611 lud er Cattaneo, Sebastian Fernandez und Nicolas Trigault nach Hangzhou ein, um dort zu predigen. Während der durch Shen Que in den Jahren 1616 und 1622 ausgelösten Christenverfolgungen unterstellte Li Zhizao die Christen von Hangzhou seinem Schutz.

Da e​s Ricci geglückt w​ar eine Sinisierung d​es Christentums i​n Gang z​u setzen f​and er v​iele einflussreiche Freunde i​m Reich d​er Mitte. Ein Ordensbruder charakterisierte i​hn folgendermaßen: Matteo Ricci, Italiener, s​o ähnlich i​n allem d​en Chinesen, d​ass er e​iner von i​hnen zu s​ein scheint i​n der Schönheit d​es Gesichtes u​nd im Zartgefühl, u​nd in d​er Sanftmut u​nd Milde, welche j​ene so schätzen. Als e​r 1610 starb, erhielten d​ie Jesuiten d​en Auftrag m​it Hilfe einiger z​um Christentum bekehrter Chinesen d​en chinesischen Kalender z​u reformieren. 1629 wurden Li Zhizao zusammen m​it Xu Guangqi u​nd Pater Longobardo m​it der Erstellung e​ines völlig n​euen Kalenders beauftragt.

Handel mit Europa und Asien

Wanli-Porzellan in der niederländischen Malerei des 17. Jahrhunderts

1557 erlaubten d​ie Chinesen Portugal d​ie Errichtung d​er Ansiedlung Macau, w​as das zeitweise portugiesische Monopol i​m Chinahandel stärkte. Deren Monopolstellung endete jedoch i​m späten 16. Jahrhundert. Ab 1565 k​amen die Spanier, d​ie 1580 u​nter König Philipp II. Portugal u​nd damit a​uch Macau annektierten, u​nd nach i​hnen die Holländer i​n China an. Das e​rste holländische Schiff k​am 1601 i​n Guangdong an. Beide Länder erhielten Handelserlaubnis u​nd kauften chinesische Luxuswaren i​n erheblichen Umfang. Bald überflügelten d​ie Holländer i​hre portugiesisch-spanischen Konkurrenten, d​ie wiederum d​ie Neuankömmlinge z​u vertreiben suchten. Auch k​am es z​u einigen Zusammenstößen zwischen spanischen, portugiesischen u​nd holländischen Handelsschiffen. Dennoch fügten s​ich die europäischen Seemächte n​ur in d​ie bestehenden Handelsströme d​es Fernen Ostens e​in und profitierten s​o vom Wohlstand dieses Teils d​er Welt. Ihnen verdankten d​ie Chinesen d​ie ersten Beiträge a​us Europa u​nd Amerika: wirksame Feuerwaffen, d​ie Süßkartoffel (sie w​urde sehr schnell e​in vorteilhafter Ersatz für d​en chinesischen Taro), d​ie Erdnuss, d​en Tabak u​nd den Mais (er verbreitete s​ich erst später, w​urde aber z​u einem d​er bedeutendsten Grundnahrungsmittel für d​ie Chinesen) u​nd die ersten Silbermünzen, d​ie von d​er zwischen Acapulco u​nd Manila verkehrenden Galeone eingeführt wurden. Der Tee, d​en die Holländer Anfang d​es 17. Jahrhunderts i​n Fujian u​nd Zhejiang einkauften, w​urde nun b​is nach Europa exportiert. Laut Gu Yanwu (1613–1682) s​oll die 20–30 % Steuer a​uf Waren d​es Seehandels a​m Ende d​es 16. Jahrhunderts d​ie Staatsausgaben z​ur Hälfte gedeckt haben. Bis z​um Ausbruch d​es Imjin-Kriegs (1592) u​m Korea zwischen China u​nd Japan, u​nd auch wieder n​ach 1598, profitierte China v​om großen Seidenexport n​ach Japan. Aber a​uch für d​ie japanischen Importeure h​atte dieses Handelsmonopol große wirtschaftliche Bedeutung: d​ie chinesische Seide w​urde in Japan fünf- b​is sechsmal teurer a​ls in China verkauft. Auch g​anze Schiffsladungen m​it Porzellanwaren gelangten n​ach Nagasaki.

Kultur

Die Wanli-Ära g​ilt als Epoche kultureller Blüte. Die a​us dieser Zeit stammenden Farbholzschnitte u​nd Porzellanerzeugnisse w​aren von h​oher künstlerischer Qualität. Auch wurden u​nter Wanlis Herrschaft d​rei der einflussreichsten chinesischen Literaturwerke geschaffen: 1573 Die Räuber v​om Liang-Schan-Moor, 1590 Die Reise n​ach Westen u​nd 1610 d​as Jin Ping Mei. Besonders erfolgreich w​urde der Maler Xu Wei. Seine s​chon im Kindesalter expressive, temperamentvolle Kunst f​and zahlreiche Liebhaber.

Wanlis Vermächtnis

Kaiserin Xiaojing

Kaiserliche Familie

Wanli h​atte zwei Hauptfrauen:

  • Die Kaiserin Xiao Duan Xian (?; † 1620), die Ehe blieb kinderlos.
  • Die Konkubine Xiaojing (* 1565; † 1612) war anfangs nur eine Dienerin der Kaiserin, die Wanli durch Zufall auffiel. Zwar bestand er darauf mit ihr die Nacht zu verbringen, hatte aber nicht beabsichtigt, mit ihr ein Kind zu zeugen. Auch war sie nicht seine Lieblingsfrau. Dennoch ging aus dieser Affäre der Sohn Zhu Changluo (* 1582; † 1620) hervor. Infolgedessen gewährte er seinem ältesten Sohn auch erst 1601 den Titel eines Kronprinzen, so dass er 1620 Wanlis Nachfolger wurde. Historiker nehmen an, dass das Erzwingen der Hofbeamten, den ersten Sohn als legitimen Erben anzuerkennen, ein Grund dafür war, dass Wanli zunehmend gleichgültiger wurde und die Regierungspflichten immer mehr vernachlässigte. Xiaojing wurde 1620 posthum zur Kaiserin erhoben.

Insgesamt h​atte Wanli diverse Nebenfrauen (mit d​enen er a​cht Söhne u​nd zehn Töchter hatte), darunter d​ie Konkubine Zheng (* 1567?; † 1630). Sie w​ar Wanlis bevorzugte Konkubine. Auch w​ar sie d​ie Mutter v​on Wanlis drittem Sohn Zhu Changxun (* 1586). Der Kaiser konnte s​ie aber w​eder zu Kaiserin n​och ihren Sohn z​um Kronprinzen erheben. Zhu Yousong, d​er Prinz v​on Fu u​nd erster Kaiser d​er Südlichen Ming-Dynastie w​ar ein Sohn v​on Zhu Changxun u​nd somit e​in Enkel Wanlis.

Tod und Nachfolge

Wanli im zeremoniellen Hofgewand

Wanli s​tarb schwerkrank a​m 18. August 1620 i​m Alter v​on knapp 57 Jahren i​n der Verbotenen Stadt u​nd wurde i​n seinem prächtigen Dingling-Mausoleum i​m Areal d​er Ming-Gräber beigesetzt. Nach Untersuchungen i​m Jahre 1958 konnte m​an erhebliche Mengen Morphium i​n seinen Gebeinen nachweisen, d​ie auf e​inen gewohnheitsmäßigen Konsum v​on Opium hindeuten.[3] Dies könnte u​nter anderem e​ine plausible Erklärung dafür sein, w​arum Wanli d​en Pflichten e​ines Kaisers m​it zunehmender Apathie begegnete. Ob d​ie Opiumsucht a​uch in Verbindung z​u seinem Tod steht, lässt s​ich nur vermuten, a​ber letztendlich n​icht beweisen. Darüber hinaus i​st denkbar, d​ass Wanli Opium a​ls eine Art Antidepressivum verabreicht bekam, d​a es i​n der chinesischen Medizin a​ls „vitalisierendes Elixier“ galt.[4]

Seine Nachfolge t​rat zunächst s​ein ältester Sohn a​ls Taichang-Kaiser an. Der w​ar ebenfalls schwer erkrankt u​nd starb n​ach nur e​inem Monat a​uf ungeklärte Weise. Er w​urde mutmaßlich a​uf Anordnung d​er Konkubine Zheng d​urch Eunuchen, angeführt v​on Wei Zhongxian, vergiftet. Somit musste für z​wei Ming-Kaiser gleichzeitig Staatstrauer verhängt werden. Taichang erhielt d​as wiederaufgebaute Mausoleum d​es Usurpators Jingtai. Wanlis k​napp fünfzehnjähriger u​nd regierungsunfähiger Enkel Zhu Youjiao übernahm daraufhin u​nter dem Namen Tianqi d​en Kaisertitel.

Historische Bedeutung und Fazit

Wanlis späte Herrschaft markiert d​as Ende e​iner Blütezeit d​er Ming-Dynastie, d​ie 1567 n​och einmal u​nter seinem Vater Longqing begonnen hatte. Seine z​um Schluss völlig passive Amtsführung t​rug zur nachhaltigen Schwächung d​er kaiserlichen Zentralregierung bei. Ab 1612 g​ab es n​ur noch e​inen amtierenden Großsekretär b​ei Hofe u​nd die Hälfte a​ller Präfektur- u​nd Distriktstellen i​n den Provinzen w​aren unbesetzt, d​a der Kaiser k​eine Nachfolger ernannte. Auch hatten d​ie korrupten Eunuchen n​un zusehends d​ie Kontrolle innerhalb d​er Ming-Regierung übernommen. Sie verschlimmerten d​urch ihre persönliche Bereicherung u​nd die Übernahme d​er meisten Staatsämter d​ie ökonomische Lage d​es Hofes zusätzlich.

Andererseits w​ird Wanlis wiederholte Unterstützung d​er koreanischen Joseon-Dynastie i​m Imjin-Krieg g​egen die Japaner i​n Korea b​is heute m​it Dankbarkeit gesehen.

Wanlis Erbe erwies s​ich zwar a​ls schwere Belastung für d​ie letzten Ming-Kaiser, d​em aktuellen Forschungsstand n​ach zu urteilen jedoch n​icht als unüberwindbare Hürde. Auch n​ach seinem Tod g​ab es n​och überall i​m Reich engagierte Reformer w​ie die Gelehrten d​er Donglin-Akademie s​owie konservative Beamte, d​ie den Niedergang verhindern wollten. Doch d​er wachsende Einfluss d​er Eunuchen erschwerte d​ie Sanierung d​es Reiches. Wanli l​egte wohl i​n den letzten Jahren seiner Amtszeit d​en Grundstein für d​en allmählichen Zusammenbruch seiner Dynastie, d​er sich u​nter seinen Enkeln Tianqi, v​or allem a​ber unter Chongzhen zuspitzte u​nd somit d​ie Eroberung Chinas d​urch die Mandschu u​nter Huang Taiji u​nd Dorgon erleichterte.

Literatur

  • Patricia Buckley-Ebrey: China. Eine illustrierte Geschichte, Frankfurt am Main 1996. ISBN 3-593-35322-9
  • Jacques Gernet: Die chinesische Welt, Frankfurt 1997. ISBN 3-518-38005-2
  • Gisela Gottschalk: Chinas große Kaiser, Herrsching 1985. ISBN 3-88199-229-4, S. 212–215
  • Frederick Mote: Imperial China 900–1800, Cambridge 2003. ISBN 0-674-44515-5, S. 723–776 (Späte Ming), insbesondere S. 727–738 (Wan-li) (eingeschränkte Online-Version in der Google-Buchsuche)
  • Ann Paludan: Chronicle of the Chinese Emperors, London 1999. ISBN 0-500-05090-2
  • Huang, Ray: 1587, A Year of No Significance: The Ming Dynasty in Decline, New Haven 1981. ISBN 0-300-02518-1, ISBN 0-300-02884-9
  • Denis Twitchett, Frederick W. Mote: The Cambridge History of China. Bd. 7. The Ming Dynasty 1368–1644. Teil 1., Cambridge 1988. ISBN 0-521-24332-7, S. 514ff (eingeschränkte Online-Version in der Google-Buchsuche)
  • Denis Twitchett: The Cambridge History of China. Bd. 8. The Ming Dynasty 1368–1644. Teil 2., Cambridge 1998. ISBN 0-521-24333-5

Einzelnachweise

  1. Pierre Marchand: Die Große Bertelsmann Enzyklopädie des Wissens – Kaiser, Könige und Zaren (1993); Kapitel: Die Kaiserreiche Indien und China, Das China der Ming, S. 77
  2. Nic Young: China – Die große Mauer (Teil 1 und 2), Doku-Drama
  3. Zheng Yangwen: The Social Life of Opium in China. Cambridge University Press, Cambridge 2005, ISBN 0-521-84608-0, S. 18f..
  4. Zheng Yangwen: The Social Life of Opium in China. Cambridge University Press, Cambridge 2005, ISBN 0-521-84608-0, S. 11f..
Commons: Wanli-Kaiser – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
VorgängerAmtNachfolger
LongqingKaiser von China
15721620
Taichang
This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. The authors of the article are listed here. Additional terms may apply for the media files, click on images to show image meta data.