Toyotomi Hideyoshi
Toyotomi Hideyoshi (jap. 豊臣 秀吉; * 17. März 1537 in Nakamura, Aichi-gun, Provinz Owari (heute Nakamura-ku, Nagoya); † 18. September 1598 auf der Burg Fushimi (heute in Fushimi-ku, Kyōto)) war ein japanischer Feldherr und Politiker, der entscheidend zur Einigung des neuzeitlichen Japans beitrug, weshalb er als der zweite der Drei Reichseiniger bezeichnet wird. Er übernahm das Amt als General nach dem Selbstmord durch Seppuku von Oda Nobunaga, führte die Einigung Japans herbei. Ihm folgte Tokugawa Ieyasu, der die Tokugawa-Dynastie der Shōgune begründete.
Leben
Hideyoshi wurde als erster Sohn eines Bauern im Dorf Nakamura (heute ein Stadtbezirk von Nagoya) in der Provinz Owari geboren. Sein erster Name war Hiyoshi oder Hiyoshimaru. Seine auffällige Physiognomie trug ihm den Beinamen Saru (Affe) ein. Hideyoshis Vater Yaemon († 1543) hatte als einfacher Fußsoldat in der Armee von Oda Nobuhide gekämpft und gehörte mit Sicherheit nicht der Samurai-Klasse an. Dennoch verfügte die Familie nachweislich über einen gewissen Wohlstand und besaß eine eigene Parzelle Land.[1] Als junger Mann diente Hideyoshi zunächst der Familie der Matsudaira, welche Vasallen der Imagawa waren, in der Provinz Mikawa. 1558 verließ er die Imagawa, um in den Dienst von Oda Nobunaga zu treten. 1560 kämpfte Hideyoshi in der Schlacht von Okehazama für die Oda.[2] Seine Karriere begann er als einfacher Soldat, aber mit einigen Erfolgen erwarb er sich höhere Ränge. Auf dem Schlachtfeld war er an einem eindrucksvollen Hirschgeweih auf seinem Helm zu erkennen. Er nannte sich damals Kinoshita Tōkichirō (木下 藤吉郎) und heiratete Nene. In dieser Zeit lernte er Maeda Inuchiyo kennen, mit dem er sich anfreundete.
Hideyoshi zeigte in strategischer und taktischer Hinsicht Talent auf dem Schlachtfeld und besaß ein außerordentlich hohes diplomatisches Geschick (er arbeitete sich von einem Fußsoldaten zum mächtigsten Mann des Reiches empor). Nachdem er im Krieg gegen die Asai und Asakura in den Provinzen Ōmi und Echizen erfolgreich war, erhob ihn Oda Nobunaga 1573 zum Daimyō von Nagahama in Sudomi. Tōkichirō änderte seinen Namen und nannte sich von nun an Hashiba Hideyoshi (羽柴 秀吉), was wohl auf die Initiative von zwei der höchstsituierten Männer Nobunagas zurückging: Niwa Nagahide und Shibata Katsuie.
Als Nobunaga am 21. Juni 1582 in Kyōto einem Anschlag seines Gefolgsmannes General Akechi Mitsuhide zum Opfer fiel, befand sich Hideyoshi in dessen Auftrag auf dem Weg zu einem Feldzug gegen die Mōri-Familie in Chūgoku. Hideyoshi machte in der Provinz Bitchū mit seinen Männern umgehend kehrt und besiegte die Akechi (Mitsuhide und seinen Vetter Mitsuharu, welcher ihm gezwungenermaßen folgte) dreizehn Tage nach Oda Nobunagas Tod in der Schlacht von Yamazaki vor Kyōto. Mit diesem Sieg wuchs sein politischer Einfluss, und so forderte er, dass Samboshi, der Enkel Nobunagas und der einzige Sohn des ersten Sohnes Nobunagas, seinen Großvater beerben solle. Mit dieser Entscheidung wurde er de facto zum Nachfolger Oda Nobunagas und behauptete sich selbst gegen den Widerstand der zweiten und dritten Söhne Nobunagas sowie einiger anderer einflussreicher Männer des Reiches. 1583 errichtete er die Burg Osaka (Naniwa), in der Provinz Settsu, um von dort aus über Japan zu herrschen.
Gelegentlich wird in der japanischen Literatur diskutiert, dass entgegen der landläufigen Meinung Hideyoshi das Amt des Shōgun nicht wegen seiner niedrigen Herkunft versagt worden sei. Dieses Gerücht sei von damaligen Beobachtern ausgestreut worden, für die dieses Amt die ultimative Herrschaftsbekundung bedeutete. Dabei missachteten sie aber, dass sowohl das Amt des Shōguns als auch das des Kampaku – das Hideyoshi 1585 übernahm – stets nur mit Mitgliedern der kaiserlichen Zweitfamilien besetzt worden waren. Hideyoshi entschied sich stattdessen für das Amt des Kampaku, da er sich mit dem Prestige des Hofes und nicht mit dem unrühmlichen Ende des Ashikaga-Shōgunats verbunden sehen wollte.
1586 wählte Hideyoshi schließlich in Absprache mit dem Kaiser seinen neuen Klannamen (uji) Toyotomi, der „Großzügige Minister“, womit sein Name eigentlich Toyotomi no Hideyoshi war. Als er 1590 den Klan der Hōjō in Odawara in der Region Kantō besiegen konnte, hatte er seine Herrschaft über Japan gesichert. 1591 gab er zwar seinen Kampaku-Sitz zu Gunsten seines Neffen, Toyotomi Hidetsugu auf, blieb aber weiterhin als Taikō bekannt und herrschte de facto über Japan.
Anfänglich setzte Hideyoshi die jesuitenfreundliche Politik Nobunagas fort. Später erließ er ein Ausweisungsedikt für die Missionare (1597), das jedoch nach seinem Tod wieder aufgehoben wurde und erst unter seinen Nachfolgern, den Tokugawa-Shogunen, ab 1614 konsequent durchgesetzt wurde. Viele Missionare blieben auch in Japan und setzten ihre Missionstätigkeit verdeckt fort, oder kehrten nach Hideyoshis Tod dorthin zurück. Hauptgrund für die Ausweisung war, nach einem Bericht des Weltreisenden Francesco Carletti, der sich zu dieser Zeit in Japan aufhielt, ein Vorfall im Jahre 1596. Damals strandete ein spanisches Schiff mit reicher Fracht beladen aus Manila kommend mit gebrochenem Ruder an der japanischen Küste. Nach einem Erlass Hideyoshis gehörte jede Fracht eines gestrandeten Schiffes dem japanischen Staat und wurde beschlagnahmt.
Die Spanier versuchten dieses Gesetz zu umgehen, indem sie und die Missionare behaupteten, die Ladung gehöre dem seit 1593 in Japan missionierenden Franziskanerorden. Hideyoshis Antwort lautete: „Wie ist es denn überhaupt möglich, dass diese Mönche, die behaupten so arm zu sein, jetzt sagen, dass jene Schiffsladung ihnen gehöre? Deshalb meine ich, dass sie ganz üble betrügerische Leute sein müssen. Außerdem habe ich befohlen, dass ihre unverschämte Religion verboten wird.“ Sechs Franziskanerbrüder und zwanzig japanische Konvertiten wurden im Februar 1597 als unmittelbare Folge dieses Vorfalls in Nagasaki gekreuzigt und sämtliche Kirchen in Japan geschlossen.
Hideyoshi trennte gesetzlich den Samurai- vom Bauernstand. Den Bauern war es nicht mehr erlaubt, ihren Wohnort zu verlassen und Waffen zu besitzen. Hideyoshis Truppen zogen durchs Land und sammelten die Waffen der Bauern ein. Dieser Vorgang wird als Schwertjagd bezeichnet. Aus dem Metall der eingeschmolzenen Waffen sollte eine riesige Buddhastatue zum Schutz des japanischen Volkes gegossen werden.
Hideyoshi wollte auch Korea und das Kaiserreich China beherrschen, wogegen allerdings die Daimyō opponierten. Entgegen den Ratschlägen der Daimyōs zog er 1592/93 nach Korea in den Imjin-Krieg. Es gelang ihm zunächst, fast ganz Korea unter seine Kontrolle zu bringen. Doch als der chinesische Ming-Kaiser Wanli an der Seite seines koreanischen Vasallen in den Krieg eintrat, hatten die Japaner hohe Verluste zu beklagen. Außerdem zerstörten die Koreaner mit Hilfe ihres Admirals Yi Sun-sin die Nachschubflotte der Japaner, was Hideyoshis Invasionspläne erheblich behinderte.
Ein zweiter Invasionsversuch 1597/98 schlug ebenso fehl. Die Beziehungen zu Korea blieben danach bis 1607 auf dem Nullpunkt. 1598 starb Toyotomi Hideyoshi in der Burg Fushimi bei Kyōto (heute ein Stadtteil Kyōtos). An seinem Sterbebett bat er die fünf Daimyōs, sich um seinen Sohn Hideyori, den Erben Japans, zu kümmern.
Hideyoshis Ziele, eine Dynastie zu schaffen und das Reich zu einigen, schlugen jedoch fehl. Tokugawa Ieyasu, einer der fünf Daimyōs, die er in den Rat der Fünf Regenten berief, schaltete seine Konkurrenten nacheinander aus, einigte das Reich und sicherte seine Herrschaft schließlich in der Schlacht von Sekigahara. Die Nachfahren Hideyoshis wurden getötet.
In Zen-buddhistischer Tradition verfasste Hideyoshi auf dem Sterbebett folgendes, von der buddhistischen Vorstellung der Vergänglichkeit der Welt geprägtes, Todesgedicht:
「露と落ち 露と消えにし 我が身かな 難波のことも 夢のまた夢」
„Tsuyu to ochi / tsuyu to kiye ni shi / waga mi kana / Naniwa no koto mo / yume no mata yume“
„Wie der fallende und schwindende Tau bin ich! Selbst das Schloss von Osaka ist nur ein Traum in einem Traum.“[3]
Shintō
Posthum wurde Hideyoshi unter dem Namen Toyokuni Daimyōjin (豊国大明神 „leuchtende Gottheit des Reichtums des Landes“) verehrt. Als Shintō-Gottheit (Kami) wird er in einer Reihe von Schreinen verehrt. Diese werden entweder Toyokuni-Schrein (Kun-Lesung) oder Hōkoku-Schrein (On-Lesung) genannt, beides kann jeweils 豊国神社 (Shinjitai) oder 豐國神社 (Kyūjitai) geschrieben werden, darunter der Toyokuni-Schrein in Kyōto (erbaut 1599), später wieder errichtet als Hōkoku-Schrein (erbaut 1700 auf dem gegenwärtigen Standpunkt des Mausoleums Hōkoku-ryō, danach abgerissen und 1880 an anderer Stelle wieder aufgebaut), der Toyokuni-Schrein in Kanazawa, der Hōkoku-Schrein in Tōkyō, der Hōkoku-Schrein in Ōsaka (zusammen mit Toyotomi Hidenaga und Toyotomi Hideyori), der Nagoya Toyokuni-Schrein (erbaut 1881) und der Nagahama Hōkoku-Schrein (Präfektur Shiga).
Filmische Rezeption
Der japanische Film Der Tod eines Teemeisters befasst sich mit dem Konflikt zwischen Hideyoshi und seinem einflussreichen Teemeister Sen no Rikyu. Die Dokumentation Das Gold der Samurai befasst sich ebenfalls mit Hideyoshi Toyotomi. In dem Film geht es hauptsächlich um die Gewinnung und Verwendung des von ihm geförderten Goldes. Im Fantasy-Film The Legend Of Goemon des Regisseurs Kazuaki Kiriya tauchen neben Hideyoshi selbst sowohl sein Teemeister Rikyu als auch sein Vorgänger Oda Nobunaga sowie sein Nachfolger Tokugawa Ieyasu auf.
Fernsehdokumentationen
Netflix strahlte im Jahr 2021 mit Zeitalter der Samurai: Der Kampf um Japan eine sechsteilige Dokumentation über Hideyoshis Aufstieg und die Geschehnisse bis zum Beginn der Ära der Tokugawa bzw. dem Beginn der Edo-Zeit aus, in der zahlreiche Historiker zu Wort kommen.
Literatur
- Eiji Yoshikawa: Taiko. A. Knaus Verlag, München, 1993, ISBN 3-8135-0303-8
Weblinks
- Kurzbiografie auf samurai-archives.com (englisch)
Einzelnachweise
- Stephen Tunbull: Toyotomi Hideyoshi, Oxford 2010, S. 6.
- Turnbull 2010, S. 9.
- Simone Müller: Sehnsucht nach Illusion? Klassische japanische Traumlyrik aus literaturhistorischer und geschlechtsspezifischer Perspektive. Peter Lang, Bern 2005, ISBN 3-03910-478-0, S. 39 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
Oliver Armknecht: Zeitalter der Samurai: Kampf um Japan auf film-rezensionen.de vom 28. Februar 2021, abgerufen am 9. März 2021.