Wallerstädten
Wallerstädten ist ein Stadtteil der südhessischen Kreisstadt Groß-Gerau im gleichnamigen Landkreis Groß-Gerau.
Wallerstädten Stadt Groß-Gerau | |
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Höhe: | 86 m ü. NHN |
Fläche: | 9,95 km²[1] |
Einwohner: | 2725 (10. Nov. 2021)[2] |
Bevölkerungsdichte: | 274 Einwohner/km² |
Eingemeindung: | 1. Januar 1977 |
Postleitzahl: | 64521 |
Vorwahl: | 06152 |
Das alte Rathaus |
Geographische Lage
Wallerstädten liegt etwa einen Kilometer südwestlich der Kernstadt Groß-Gerau. Es gehört zum Rhein-Main-Gebiet und liegt zwischen Darmstadt und Mainz am Nordrand des Hessischen Rieds und auf der südlichen Seite des Landgrabens, der das Innenstadtgebiet von Darmstadt bei Trebur in den Schwarzbach entwässert, der seinerseits bei Ginsheim-Gustavsburg in den Rhein mündet.
Um den alten Ortskern entstanden drei größere Neubausiedlungen. Es begann in den 1960er Jahren mit der sogenannten "Siedlung" im Südwesten. Um 1980 kam im Südosten das Neubaugebiet "Lange Hecke" hinzu und schließlich in den frühen 1990er Jahren das sogenannte "Häuserfeld" nordwestlich des Ortskerns. Das älteste Gebäude Wallerstädtens, die Alte Mühle von 1619, steht als einziges Anwesen des Dorfes auf der Nordseite des Landgrabens.
Die nächstgelegenen Ortschaften sind die Kernstadt Groß-Gerau im Nordosten, Berkach im Osten, Dornheim im Südosten, Leeheim im Süden, Geinsheim im Südwesten, Trebur im Nordwesten und Nauheim im Norden.
Geschichte
Wallerstädten wurde im Jahre 1281 erstmals urkundlich als Waldirsteden erwähnt. Der Ortsname bedeutete ursprünglich Stätten im Wald. Gräber weisen auf eine Besiedelung schon um 600 n. Chr. hin. In den historischen Unterlagen findet Wallerstädten in den folgenden Jahrhunderten unter anderem mit diesen Ortsnamen Erwähnung: Walderadesteden im Jahr 1326, Stederweg in der Gemeinde Dornheim 1326, Walder Steden 1403, Steden gen. Waldsteden 1414, Waldersteten 1450, Walersteden 1613 und Wallerstätten im Jahr 1733.[1]
Wallerstädten gehörte zu den Königsgütern und wurde 1013 durch König Heinrich II. an das Bistum Würzburg vergeben. Später war es Teil der Obergrafschaft Katzenelnbogen und danach der Landgrafschaft Hessen. 1518 fiel der Ort einer Brandschatzung durch Franz von Sickingen zum Opfer. Im Dreißigjährigen Krieg wurde Wallerstädten im Jahr 1622 von mansfeldischen Truppen noch einmal zerstört.[3]
Verwaltungsmäßig gehört Wallerstädten bis 1820 zum Amt Rüsselsheim, das ab 1806 zur Provinz Starkenburg des Großherzogtums Hessen gehörte. 1821 werden im Großherzogtum Landratsbezirke eingeführt und Wallerstädten dem Landratsbezirk Dornberg zugeteilt.
Die Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen berichtet 1829 über Wallerstädten:
»Wallerstädten (L. Bez. Dornberg) luth. Pfarrdorf; liegt am Landbach, so wie an der von Darmstadt nach dem Rhein ziehenden Chaussee und 3⁄4 St. von Dornberg. Der Ort hat 94 Häuser und 651 Einw., die außer 10 Kath. und 33 Juden luth. sind. Die Kapelle zu St. Valentin und Ottilie wurde von dem Caplan in Großgerau besorgt; später bekam zwar der Ort einen eignen Prediger, blieb aber immer noch mit Großgerau in kirchlicher Hinsicht verbunden, bis er endlich 1822 zur eignen Pfarrei erhoben wurde. Unterm Jahr 1238 kommt in der Gemarkung der Hof Altloch vor, der aber ausgegangen ist.«[4]
1832 wurden die Einheiten ein weiteres Mal vergrößert und es wurden Kreise geschaffen. Dadurch gelangt Wallerstädten in den Kreis Groß-Gerau. Die Provinzen, die Kreise und die Landratsbezirke des Großherzogtums wurden am 31. Juli 1848 abgeschafft und durch Regierungsbezirke ersetzt, was jedoch bereits am 12. Mai 1852 wieder rückgängig gemacht wurde. Dadurch gehört Wallerstädten zwischen 1848 und 1852 zum Regierungsbezirk Darmstadt, bevor wieder der Kreis Groß-Gerau für die übergeordnete Verwaltung zuständig ist. Dort verbleibt der Ort durch alle weiteren Verwaltungsreformen bis heute.[1]
Die zuständige Gerichtsbarkeit war während der Zugehörigkeit zu Hessen, von 1821 bis 1879 das Landgericht Großgerau und ab 1879 das daraus hervorgegangene Amtsgericht Groß-Gerau.
Zu Beginn des 18. Jahrhunderts entstanden zahlreiche stattliche Bauten, darunter das Fachwerkrathaus mit massivem Untergeschoss. Wallerstädten erhielt 1963 den Titel Schönstes Dorf des Kreises Groß-Gerau.[3]
In der Gemarkung Wallerstädten gab es große Apfelbaumkulturen. Die hier geernteten Äpfel hatten weit über die Ortsgrenzen einen guten Ruf. Daher trugen die Einwohner des Ortes den Spitznamen Wallersteerer Äppelköpp („Wallerstädter Apfelköpfe“).[5]
Gebietsreform
Im Zuge der Gebietsreform in Hessen wurden die Gemeinde Dornheim, Wallerstädten und Groß-Gerau am 1. Januar 1977 kraft Landesgesetz zur neuen Stadt Groß-Gerau zusammengeschlossen.[6] Ortsbezirke wurden nicht gebildet.
Territorialgeschichte und Verwaltung
Die folgende Liste zeigt im Überblick die Territorien, in denen Wallerstädten lag, bzw. die Verwaltungseinheiten, denen es unterstand:[1][7][8]
- vor 1479: Heiliges Römisches Reich, Grafschaft Katzenelnbogen, Obergrafschaft Katzenelnbogen, Amt Dornberg
- ab 1479: Heiliges Römisches Reich, Landgrafschaft Hessen, Obergrafschaft Katzenelnbogen, Amt Rüsselsheim
- ab 1567: Heiliges Römisches Reich, Landgrafschaft Hessen-Darmstadt, Obergrafschaft Katzenelnbogen, Amt Rüsselsheim
- ab 1803: Heiliges Römisches Reich, Landgrafschaft Hessen-Darmstadt, Fürstentum Starkenburg, Amt Rüsselsheim
- ab 1806: Rheinbund, Großherzogtum Hessen, Fürstentum Starkenburg, Amt Rüsselsheim[9]
- ab 1815: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Starkenburg, Amt Rüsselsheim
- ab 1821: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Starkenburg, Landratsbezirk Dornberg (Trennung zwischen Justiz (Landgericht Großgerau) und Verwaltung)
- ab 1832: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Starkenburg, Kreis Groß-Gerau
- ab 1848: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt
- ab 1852: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Starkenburg, Kreis Groß-Gerau
- ab 1866: Großherzogtum Hessen, Provinz Starkenburg, Kreis Groß-Gerau
- ab 1871: Deutsches Reich, Großherzogtum Hessen, Provinz Starkenburg, Kreis Groß-Gerau
- ab 1918: Deutsches Reich, Volksstaat Hessen, Provinz Starkenburg, Kreis Groß-Gerau
- ab 1938: Deutsches Reich, Volksstaat Hessen, Landkreis Groß-Gerau (Im Zuge der Gebietsreform 1938 werden die drei hessischen Provinzen Starkenburg, Rheinhessen und Oberhessen aufgelöst.)
- ab 1945: Amerikanische Besatzungszone, Groß-Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Kreis Groß-Gerau
- ab 1949: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen (seit 1946), Regierungsbezirk Darmstadt, Kreis Groß-Gerau
- am 1. Januar 1977: wird Wallerstädten ein Stadtteil zur nach Groß-Gerau
Einwohnerentwicklung
• 1629: | 43 Hausgesesse[1] |
• 1791: | 506 Einwohner[10] |
• 1800: | 461 Einwohner[11] |
• 1806: | 513 Einwohner, 91 Häuser[9] |
• 1829: | 651 Einwohner, 94 Häuser[4] |
• 1867: | 767 Einwohner, 116 Häuser[12] |
Wallerstädten: Einwohnerzahlen von 1791 bis 2020 | ||||
---|---|---|---|---|
Jahr | Einwohner | |||
1791 | 506 | |||
1800 | 461 | |||
1806 | 513 | |||
1829 | 651 | |||
1834 | 669 | |||
1840 | 711 | |||
1846 | 740 | |||
1852 | 761 | |||
1858 | 715 | |||
1864 | 766 | |||
1871 | 786 | |||
1875 | 750 | |||
1885 | 868 | |||
1895 | 918 | |||
1905 | 991 | |||
1910 | 1.027 | |||
1925 | 1.114 | |||
1939 | 1.145 | |||
1946 | 1.515 | |||
1950 | 1.697 | |||
1956 | 1.770 | |||
1961 | 1.765 | |||
1967 | 1.885 | |||
1970 | 1.963 | |||
1980 | ? | |||
1990 | ? | |||
2000 | ? | |||
2011 | 2.655 | |||
2015 | 2.721 | |||
2020 | 2.750 | |||
Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: Die Bevölkerung der Gemeinden 1834 bis 1967. Wiesbaden: Hessisches Statistisches Landesamt, 1968. Weitere Quellen: [1]; Zensus 2011[13]; nach 2011 Website Groß-Gerau (Webarchiv)[14] |
Religionszugehörigkeit
• 1829: | lutheranische (= 93,39 %), 33 jüdische (= 5,07 %) und 10 katholische (= 1,54 %) Einwohner[4] | 608
• 1961: | 1392 evangelische (= 78,87 %), 352 römisch-katholische (= 19,94 %) Einwohner[1] |
Safariland
Von 1970 bis 1985 gab es in Wallerstädten das Safariland ⊙ , seinerzeit der größte Safari- und Freizeitpark Deutschlands, der laufend erweitert wurde. Man konnte mit dem Auto oder dem Safari-Bus durch Freigehege fahren, in denen Tiger und Löwen gehalten wurden. 1971 wurde eine Einschienenbahn, mit der man über das Serengetigelände fahren konnte, eingeweiht.[15] Das Safariland war damals sehr gut besucht. Die Gemeinde Wallerstädten plante sogar den Bau einer Umgehungsstraße, da sich die Autos der Safariland-Besucher an guten Tagen bis in den Ort stauten.
Ab 1974 wurde das Gelände für Besucherfahrzeuge gesperrt. Stattdessen fuhr die Safaribahn im Western-Look durch das Gelände, wo über 250 Tiere, unter anderem Elefanten, Giraffen, Zebras, Emus, Kamele, Straußen, gehalten wurden. Es gab von 1973 bis 1983 unter einer Traglufthalle ein Delphinarium mit Delfin-Schau.[16] Ein 180-Grad-Kino wurde eingerichtet[17] und im Jahr 1979 ein Mad House, das Alte Haus von Rocki-Tocki, eröffnet.[18] Weitere Attraktionen waren Affeninsel[19], Schauspielbühne, Ponyreiten, Pferdereitbahn, Bogenschießen, Kinder- und Erwachsenen-Spielplatz, Mondbasis, Rutschberg, Vogelfreiflughalle, Pfahldorf und Spielcasino.
Die Schließung erfolgte wegen finanzieller Schwierigkeiten, die sich schon abzeichneten, als 1983 die durch einen Orkan zerstörte Traglufthalle des Delphinarium nicht wieder aufgebaut werden konnte. Nach der Schließung wurden die Anlagen nach und nach abgebaut.[20] Nur das Safariland-Restaurant ist noch vorhanden. Das Safariland ist einer der Spielorte des Romans Der stillste Tag im Jahr des Schriftstellers Ralf Schwob.[21]
Kultur und Sehenswürdigkeiten
Der 1806 von dem Lehrer Johann Petersen gegründete Männergesangverein Teutonia zählt zu den ältesten deutschen Gesangvereinen im Deutschen Chorverband (früher Deutscher Sängerbund) und ist der älteste Gesangverein im Hessischen Sängerbund.[22]
Verkehr
Durch Wallerstädten führt die Landesstraße L 3094, die von Groß-Gerau kommt und nach Geinsheim und Kornsand weiterführt, wo über eine Rheinfähre eine Verbindung mit Oppenheim besteht.
Söhne und Töchter des Ortes
Franz Staudinger (* 15. Februar 1849; † 18. November 1921), Philosoph und Gymnasiallehrer
Weblinks
- Geschichte und Stadtteile. In: Internetauftritt der Stadt Groß-Gerau.
- Wallerstädten, Landkreis Groß-Gerau. Historisches Ortslexikon für Hessen. In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
- Literatur über Wallerstädten In: Hessische Bibliographie[23]
Einzelnachweise
- Wallerstädten, Landkreis Groß-Gerau. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 23. März 2018). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
- Groß-Gerau in Zahlen. In: Webauftritt. Stadt Groß-Gerau, abgerufen im Dezember 2021.
- Geschichte der Stadtteile In: Webauftritt der Stadt Groß-Gerau. Abgerufen im Nov. 2012.
- Georg W. Wagner: Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen: Provinz Starkenburg, Band 1 Oktober 1829, S. 254 (Online bei Google Books)
- Fanclub Äppelköpp Wallersteere (Memento vom 23. Januar 2011 im Internet Archive) (Abgerufen im Nov. 2012)
- Gesetz zur Neugliederung des Landkreises Groß-Gerau (GVBl. II 314–32 §3) vom 26. Juli 1974. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen. 1974 Nr. 22, S. 314 ff. (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 1,5 MB]).
- Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation. In: treemagic.org. 2006 .
- Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Grossherzogthums Hessen. Band 1. Darmstadt 1866, S. 43 ff. (online bei Google Books).
- Verzeichnis der Ämter, Orte, Häuser, Einwohnerzahl. (1806)HStAD Bestand E 8 A Nr. 352/4. In: Archivinformationssystem Hessen (Arcinsys Hessen), Stand: 6. Februar 1806.
- Hessen-Darmstädter Staats- und Adresskalender 1791. Im Verlag der Invaliden-Anstalt, Darmstadt 1791, S. 127 (Online in der HathiTrust digital library).
- Hessen-Darmstädter Staats- und Adresskalender 1800. Im Verlag der Invaliden-Anstalt, Darmstadt 1800, S. 131 (Online in der HathiTrust digital library).
- Ph. A. F. Walther: Alphabetisches Verzeichniss der Wohnplätze im Grossherzogtum Hessen. G. Jonghaus, Darmstadt 1869, OCLC 162355422, S. 92 (Online bei google books).
- Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt
- "2015: Groß-Gerau in Zahlen. In: Webauftritt. Stadt Groß-Gerau, archiviert vom Original; abgerufen im Dezember 2016 (Werte aus Webarchiv). S020:Groß-Gerau in Zahlen. In: Webauftritt. Stadt Groß-Gerau, archiviert vom Original; abgerufen im Dezember 2021 (Werte aus Webarchiv).
- Winfried Barth; Andreas Christopher: Feldbahnen in Hessen : Industriebetriebe, Sammlungen, Denkmäler. Arbeitsgemeinschaft Drehscheibe 2002, Köln. ISBN 3-929082-22-5.
- Delphinarium, safarilandgg.com. Abgerufen am 9. Mai 2014.
- Cinema 180°, safarilandgg.com. Abgerufen am 9. Mai 2014.
- Haus Rocki Tocki, safarilandgg.com. Abgerufen am 28. Oktober 2018.
- Affeninsel, safarilandgg.com. Abgerufen am 9. Mai 2014.
- Das Ende, safarilandgg.com. Abgerufen am 9. Mai 2014.
- Der stillste Tag im Jahr. (Memento vom 13. März 2015 im Internet Archive) In: ralfschwob.de. Abgerufen am 9. Mai 2014.
- Männerchor Teutonia 1806 (Memento vom 4. März 2016 im Internet Archive), Abgerufen im Nov. 2012.
- Info: Bitte auf Vorlage:HessBib umstellen, um auch nach 2015 erfasste Literatur zu selektieren!