Spiczak Brzeziński
Spiczak Brzeziński (gelegentlich auch Spitczok von Brisinski, Spizak Brsesinski, Spizack Brzesinski, Spiczek usw.) ist der Name eines alten kaschubischen, später preußischen Adelsgeschlechts aus Westpreußen. Zweige der Familie bestehen bis heute fort.
Geschichte
Das Geschlecht tritt im Jahre 1570 mit dem Edlen Bartholomäus Brzeziński (Nobilis Bartholomaeus Brzieszinski) und den zwei Edlen Johannes Brzeziński (Nobilis Joannes Brzieszinski) aus Adlig Briesen (Brzeźno Szlacheckie) erstmals urkundlich in Erscheinung.[1] Sie besaßen zu dieser Zeit etwa sechs Höfe am Gut und nannten sich zunächst nur Brzeziński, d. h. von Briesen. Laut Aufzeichnungen des Grafen Uruski hätten ihre Vorfahren für ritterliche Verdienste bereits im 15. Jahrhundert beträchtliche Ländereien auf dem Gebiet der Kaschubei vom polnischen König Kasimir IV. (1427–1492) erhalten.[2] Wann genau die Nobilitierung stattgefunden hat, ist allerdings unklar.
Erst 1609 wird der Edle Thomas Brzeziński alias Spiczak (Nobilis Thoma Brzezinsky alias Spiczak), der im Konitzer Grodbuch neben weiteren Vertretern des örtlichen Kleinadels („Panenadel“) genannt wird, mit einem Spitznamen versehen, der daraufhin zum eigentlichen Familiennamen wird (Spiczak bezeichnet einen jungen Menschen, der erst anfängt einen Bart zu bekommen).[3][4]
Nach der Herrschaft des Deutschen Ordens standen die westlichen Gebiete Preußens ab 1454/1466 bis zur Zugehörigkeit zum Königreich Preußen unter der Oberhoheit der polnischen Krone. Während dieser Zeit werden die Spiczak Brzeziński in Urkunden und Kirchenbüchern in der Regel als „nobilis“ (adlig), „generosus“ (von edler Herkunft) oder „szlachcic“ (Adliger) bezeichnet.
1683 soll ein Familienmitglied eine Kavallerieeinheit berittener Flügelhusaren von König Jan Sobieski III. im Zuge der Zweiten Wiener Türkenbelagerung in der Schlacht am Kahlenberg unterstützt haben.[5]
Im Jahre 1804 wurde der Adelsstand der Gutspächter Martin und Jacob von Spiczak Brzeziński durch die Westpreußische Regierung in Marienwerder (Kwidzyn) bestätigt. Ihr Großcousin Johann von Spiczak Brzeziński (1737–1809) war zu dieser Zeit Schulze von Adlig Stüdnitz (Studzienice). Das Adelsprädikat „von“ und die Anrede Hochwohlgeboren haben sich erst aufgrund des brandenburgisch-preußischen Einflusses seit Ende des 18. Jahrhunderts etabliert. Die Kirchenbuchschreiber verwenden statt des „von“ teilweise auch das lateinische „de“, wie z. B. bei der Vermählung des Albertus de Spiczak Brzeziński und der Marianna de Wnuck Lipińska im Jahre 1892.
Die im September 2015 in ihrem 102. Lebensjahr verstorbene Paula von Spiczak Brzeziński (1914–2015, geb. Breier) gilt bisher als Familienmitglied mit dem höchsten erreichten Lebensalter.[6]
Bis heute bestehen evangelische und katholische Zweige vor allem in Deutschland und Polen.
Besitz
Stammsitz des Geschlechtes war spätestens seit dem 16. Jahrhundert das Gut Adlig Briesen in Königlich Preußen, das ab 1569 in einer Realunion mit der polnischen Krone verbunden war. Durch die Teilungen Polens in den Jahren 1772 und 1793 kam das westliche Preußen als Provinz Westpreußen durch Annexion zum hohenzollernschen Königreich Preußen. In den Vasallenlisten des nun seit 1772 bestehenden preußischen Kreises Konitz von 1774, angefertigt vom Landrat Carl Christoph Ludwig von Weiher, werden die Gutsanteilsbesitzer Franz von Spiczak Brzeziński (1727–1806) auf Briesen und Lorenz von Spiczak Brzeziński (1729–1799) auf Glisno (Gliśno Wielkie) genannt.[7] Sie waren Erben ihrer Väter Mathias (* c. 1700–1791) und Adalbert (* c. 1710–1801), die ihren Besitz wiederum von ihrem Vater Adam Spiczak Brzeziński geerbt hatten.
Neben weiterem Besitz an Adlig Briesen und Glisno besaß ein Zweig der Spiczak Brzeziński im 18. Jahrhundert einen großen Anteil an dem nahegelegenen Gut Trzebiatkowa.[8] Auch auf den benachbarten Gütern Adlig Lonken (Łąkie) und Zemmen (Ciemno) saßen bis zum Ende des 19. Jahrhunderts noch Nachkommen auf adligen Gutsanteilen bzw. Allodial-Rittergütern, während sich die Güter Wustrow bei Bütow (Bytów) und Grünhoff bei Treten (Dretyń) zeitweise in Pacht der Familie befanden. Ein weiterer Ast der Familie nennt sich nach dem Gut Prondzonna (Prądzona) bis heute Spiczok von Prondczynsky.
Wappen
Stammwappen
Die Spiczak Brzeziński sind u. a. wappenverwandt mit den erloschenen Herren von Bubelwitz (Bubelwic) und führen eine Variation des polnischen Stammwappens Zabawa (Spaß, Unterhaltung). Dieses Wappen ist sehr alt und wurde u. a. bereits vom 1092 bis nach 1112 amtierenden Erzbischof Martinus von Gnesen sowie vom 1229 bis 1242 amtierenden Krakauer Bischof Wisław von Kościelec (Wisław Zabawa) geführt.[9][10] Die Blasonierung dieses Wappens lautet wie folgt:
Wappensage
„Das Wappen Zabawa stammt aus Böhmen und kam wohl zur Zeit der Vermählung der böhmischen Prinzessin Dabrowka mit dem Polenherzog Mieczyslaw 963 nach Polen. Ein Ritter dieses Wappens, namens Wislimierz, war im Jahre 1000 mit der Vorhut der polnischen Streitkräfte betraut, wohl gegen die Mähren, stieß auf den im Hinterhalt versteckt gewesenen Feind und beschäftigte und verweilte denselben durch verschiedene kleine Scharmützel und Neckereien so lange, bis der Hetmann mit der Hauptmacht herankommen konnte, dessen Reiterei den Feind dann siegreich schlug. Zum Andenken an diese Verweilung (Zabawa) des Feindes wurde dem Wappen des Wislimierz der Name Zabawa gegeben.“
Eigenes Wappen
Denen von Spiczak Brzeziński wird neben dem modifizierten Stammwappen noch ein weiteres Wappen zugeschrieben, das ausschließlich ihnen verliehen wurde und das wie folgt beschrieben wird: Ein Halbmond, besetzt mit einem gestürzten Pfeil, auf diesem oben eine Kugel, begleitet rechts und links von je zwei Sternen.[13] Die Farbgebung ist unbekannt. Ebenso unklar ist, welcher Zweig dieses Wappen ab wann geführt hat. Eine Legende besagt zwar, dass mehr als zwanzig kaschubische Adelsgeschlechter den Halbmond und die Sterne im Andenken an den Sieg über die Türken bei Wien (1683) in ihre Wappen aufgenommen haben sollen[14], jedoch verweisen andere Autoren darauf, dass diese Symbole schon lange vor dieser Zeit in den lokalen Adelswappen auftauchen.
Historische Wappenbilder
- Früheste Darstellung des Stammwappens (1575)
- Stammwappen als Teil der Kassettendecke im Schloss Kórnik
- Modifiziertes Stammwappen (Ostrowski, 1897)
- Stammwappen an einem Hausgiebel in Niedersachsen
Namensträger
- Adalbert Spiczak Brzeziński (* c. 1710–1801), polnischer Gutsanteilsbesitzer auf Glisno und Offizier, ⚭ Marianna Myszka (* c. 1711)
- Jakob von Spiczak Brzeziński (1747–1801), preußischer Gutsanteilsbesitzer auf Glisno und Mitglied der Landtage (Sejmik) zu Konitz, ⚭ Apollonia von Schmude Ciemińska
- Franz von Spiczak Brzeziński (1769–1848), preußischer Gutsanteilsbesitzer auf Adl. Briesen und westpreußischer Vasall, ⚭ Anna von Bastian Brzezińska (* 1774)
- Martin von Spiczak Brzeziński (1777–1827), preußischer Gutsanteilsbesitzer auf Glisno, ⚭ Catharina von Löwe Kiedrowska (1788–1848; geb. von Zmuda Trzebiatowska)
- Johannes von Spiczak Brzeziński (1822–1855), preußischer Gutsanteilsbesitzer auf Adl. Briesen, ⚭ Catharina von Korzbok Łącka (1822–1853; geb. von Świątek Brzezińska)
- Ferdinand von Spiczak Brzeziński (1824–1880), preußischer Rittergutsbesitzer auf Zemmen, Mitglied der Pommerschen Ritterschaft, ⚭ Alwine Burtzlaff (1828–1912)
- Joseph von Spiczak Brzeziński (1849–1903), preußischer Rittergutsbesitzer auf Adl. Lonken, ⚭ Anna Catharina von Chamier Gliszczyńska (* 1857)
- Andreas Spiczok von Prondczynsky (1950–2020), deutscher Professor für Allgemeine Pädagogik an der TU Braunschweig
- Ingo Spitczok von Brisinski (* 1960), deutscher Autor und Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie an der LVR-Klinik Viersen
Literatur
- Ernst Heinrich Kneschke (Hrsg.): Neues allgemeines deutsches Adels-Lexicon. Band 2, Friedrich Voigt, Leipzig 1860, S. 113.
- Robert Klempin, Gustav Kratz (Hrsg.): Matrikeln und Verzeichnisse der Pommerschen Ritterschaft vom XIV bis XIX Jahrhundert, Berlin 1863, S. 571.
- Bartosz Paprocki: Herby Rycerstwa Polskiego (dt. = Die heraldischen Wappen der polnischen Ritter), Kraków 1584.
- Valton Sergio von Tempski-Silka: História e ancestralidade, Juruá 2008, S. 217, 222.
Einzelnachweise
- Ignacy Tadeusz Baranowski: Prusy Królewskie. Cz. 1. Warszawa 1911, S. 11.
- Leopold von Ledebur: Adelslexikon der preußischen Monarchie Band 1, Berlin 1855, S. 113.
- Herbert von Schmude (1939): Beiträge zur Geschichte des Geschlechts von Schmude, 1. Teil, Berlin-Pankow, S. 94 ff.
- Christoph Cölestin Mrongovius: Ausführliches polnisch-deutsches Wörterbuch. Gebrüder Bornträger 1835.
- Ryszard Ciemiński: Saga Hinzow. 1975, S. 11.
- Traueranzeige Paula v. Spiczak Abgerufen am 28. November 2021
- Max Bär: Der Adel und der adlige Grundbesitz in Polnisch-Preußen zur Zeit der preußischen Besitzergreifung. Nach Auszügen aus den Vasallenlisten und Grundbüchern. Leipzig 1911 (Digitalisat).
- Seweryn Uruski: Rodzina. Herbarz szlachty polskiej. 15. Bde., Warszawa, 1904–1931
- Johannes Baptista Rietstap (1921): Planches l'Armorial Général.
- Szymon Okolski (1645): Orbis Poloni. T. 3, In Qvo Antiqva Sarmatarum Gentilitia & Arma Quaecunque a litera S, vsque ad finem Alphabeti suam incipiunt & recensent denominationem, continentur & dilucidantur, S. 313.
- Julius Graf von Ostrowski (1897–1906): Polnisches Wappenbuch Warschau, Seite 363.
- Emilian von Źernicki-Szeliga: Die polnischen Stammwappen, ihre Geschichte und ihre Sagen. Verlag H. Grand, Hamburg, S. 97.
- Marian Fryda (1990): Szkice z dziejow rodu Spiczak Brzezinskich, S. 4.
- Benno von Winckler (1869): Die Nationalitäten Pommerellens, Verlag Wendt, Hirschberg.