Rudolf von Wistinghausen
Rudolf Eduard Michael von Wistinghausen (* 11. Januar 1905 in Riga; † 29. Mai 1981 in Bad Honnef[1]) war ein deutscher Diplomat, der zuletzt von 1966 bis 1970 Botschafter in Togo war. Später fungierte er zwischen 1973 und 1980 als Vorsitzender der Deutsch-Baltischen Landsmannschaft im Bundesgebiet.
Leben
Herkunft
Rudolf von Wistinghausens väterliche Vorfahren waren Revaler Ratsherren, ehe sie dem russischen Dienstadel angehörten.[2] Er war ein Sohn aus der 1903 bis 1910 bestehenden Ehe[3] von Walter von Wistinghausen (Bühnenname Willibald Wickel (Dollarid))[4] und der Isolde von Ungern-Sternberg,[3][5] sowie ein Neffe der Theophile von Bodisco.[4] Die Mutter lebte nach der Scheidung mit dem kaiserlich russisch genehmigten Titel einer Freifrau und ihrem Geburtsnamen Ungern-Sternberg ab 1912 mit ihren Kindern in Helsingfors, ab 1919 in Heidelberg. Ein Bruder ihres Vaters Rudolf war Eduard von Ungern-Sternberg.[3]
Karriere
Rudolf begann nach dem Schulbesuch ein Studium der Agrarwissenschaften, das er 1928 abschloss. Nach einer einjährigen Tätigkeit bei einer Versicherung war er zwischen 1929 und 1931 Geschäftsführer der Gesellschaft zur Förderung des Herder-Institut Riga und absolvierte anschließend von 1931 bis 1933 ein Studium der Agrarwissenschaften und Volkswirtschaftslehre in den USA. Nach seiner Rückkehr war er zwischen 1933 und 1939 beim Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) in Berlin beschäftigt. Am 1. Februar 1934 war er der NSDAP[6] und der SA beigetreten, in der er 1942 den Rang eines SA-Sturmführers erreichte.[1] Die BdV-Präsidentin Erika Steinbach ließ 2006 in diesem Zusammenhang durch eine Pressemitteilung verlautbaren, dass Rudolf von Wistinghausen zum Widerstand gegen Adolf Hitler gehörte.[7]
1939 trat von Wistinghausen in den diplomatischen Dienst ein und war anfangs Mitarbeiter an der Gesandtschaft in den Niederlanden sowie kurzzeitig Vizekonsul am Generalkonsulat in Amsterdam, ehe er zwischen 1940 und 1945 Referatsleiter in der Kulturpolitischen Abteilung des Auswärtigen Amtes in Berlin war und Ostarbeiter politisch betreute.
Nach Kriegsende war er zunächst Dolmetscher bei der US Army in Ludwigsburg und danach zwischen 1946 und 1948 in der Privatwirtschaft tätig, woraufhin sich von 1948 bis 1949 eine Tätigkeit als Referent beim Deutschen Bauernverband (DBV) in Bonn anschloss.
Nach der Gründung der Bundesrepublik Deutschland wurde von Wistinghausen 1949 Mitarbeiter im Bundesministerium für Angelegenheiten des Marshallplanes, aus dem im Oktober 1953 Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit wurde, und war für diese an der Deutschen Vertretung bei der Organisation für europäische wirtschaftliche Zusammenarbeit (OEEC) in Paris tätig. 1956 wechselte er in das Bundesministerium für Arbeit, in dem er in der Unterabteilung II b (Arbeitsvermittlung, Berufsberatung, -ausbildung und -förderung) der Abteilung II (Arbeitskräfte) bis 1960 Leiter des Referats II b 4 bzw. ab 1959 des aufgeteilten Referats II b 4 b (Deutsche Arbeitskräfte im Ausland und ausländische Arbeitskräfte im Inland) war.
1960 wechselte von Wistinghausen ins Auswärtige Amt und fand zunächst Verwendung in der Zentrale in Bonn, ehe er im Anschluss von 1961 bis Oktober 1966 Mitarbeiter an der Botschaft in der Sowjetunion war. Zuletzt wurde er als Legationsrat Erster Klasse im November 1966 als Nachfolger von Karl Gerhard Seeliger Botschafter in Togo.[8] Diesen Posten bekleidete er bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand 1970, woraufhin er durch Gerhard Söhnke abgelöst wurde. Er trat 1970 der CDU bei.[1]
Als Nachfolger von Erik von Sivers übernahm er 1973 die Funktion als Vorsitzender der Deutsch-Baltischen Landsmannschaft im Bundesgebiet in Darmstadt und übte diese bis 1980 aus. Sein Nachfolger wurde im Anschluss Klas Lackschewitz. 1978 verlieh ihm die Stadt Darmstadt die undotierte Johann-Heinrich-Merck-Ehrung.
1979 hatte Helmut Kohl die Präsidien der CDU und des Bunds der Vertriebenen (BdV) zu einer eingehenden Aussprache über gemeinsame Fragen nach Bonn eingeladen. Als Präsidiumsmitglied des BdV nahm Wistinghausen daran teil.[9]
Gemeinsam mit seiner Frau ist von Wistinghausen in Holzschwang begraben.
Familie
Gemeinsam mit Ursula, geb. Breyer, hatte er den Sohn Henning von Wistinghausen (* 26. November 1936 in Kopenhagen), Botschafter a. D. und Autor.[5]
Literatur
- Johannes Hürter (Red.): Biographisches Handbuch des deutschen Auswärtigen Dienstes 1871–1945. 5. T–Z, Nachträge. Herausgegeben vom Auswärtigen Amt, Historischer Dienst. Band 5: Bernd Isphording, Gerhard Keiper, Martin Kröger: Schöningh, Paderborn u. a. 2014, ISBN 978-3-506-71844-0, S. 308f.
Weblinks
- Baltische Historische Kommission (Hrsg.): Eintrag zu Rudolf Eduard Michael von Wistinghausen. In: BBLD – Baltisches biografisches Lexikon digital
- Kurzbiografie im Bundesarchiv (Seitenaufruf am 14. September 2016)
Einzelnachweise
- Johannes Hürter: Biographisches Handbuch des deutschen Auswärtigen Dienstes 1871 - 1945. Band 5, 2014, S. 308f.
- Genealogisches Handbuch der baltischen Ritterschaften (1930), S. 277 (Memento des Originals vom 22. September 2016 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Lexikon der deutschsprachigen Literatur des Baltikums (2007), S. 1350
- Lexikon der deutschsprachigen Literatur des Baltikums (2007), S. 1418
- GHdA, Adelige Häuser B, Band IX, 1970
- Der Spiegel 33/2006, Zeitgeschichte: Unbequeme Wahrheiten
- Pressemitteilung Erika Steinbach vom 12. September 2006, Bund der Vertriebenen: Wir wollen Halbwahrheiten und Mutmaßungen den Boden durch wissenschaftliche Untersuchungen entziehen
- Besetzung einer deutschen Auslandsvertretung, AA. 42. Kabinettssitzung am 7. September 1966 (Bundesarchiv)
- Das Ostpreußenblatt, Jg. 30, Fg. 19, am 12. Mai 1979, Bekenntnis zu Deutschland
Vorgänger | Amt | Nachfolger |
---|---|---|
Karl Gerhard Seeliger | Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in Lomé 1966–1970 | Gerhard Söhnke |