Robert Hue de Grais
Robert Achill Friedrich Hermann Graf Hue de Grais (* 25. August 1835 in Wolkramshausen; † 25. Februar 1922 ebenda) war ein deutscher Verwaltungsjurist und Mitglied des Preußischen Abgeordnetenhauses. Im 19. Jahrhundert war er der Protagonist des Verwaltungsrechts.
Herkunft
Seine Eltern waren der kaiserlich französische Hauptmann Graf Wilhelm Hue de Grais (* 5. März 1784; † 26. Juni 1856) und dessen Ehefrau Friederike von Byla (* 10. Mai 1805; † 2. Januar 1890) aus dem Haus Wolkramshausen.
Leben
Hue de Grais besuchte die Klosterschule Ilfeld und studierte an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Rechtswissenschaft. 1854 wurde er im Corps Borussia Bonn aktiv.[1] Als Inaktiver wechselte er an die Friedrichs-Universität Halle und die Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin. Nach dem Studium und dem Vorbereitungsdienst für Rechtspflege und innere Verwaltung wurde er Regierungsassessor in Minden (1860) und Koblenz (1861). Von 1864 bis 1866 nahm er als Offizier am Deutsch-Dänischen Krieg und am Deutschen Krieg teil. 1867 wurde er Amtmann des Amts Hildesheim und Kreishauptmann des aus den Ämtern Hildesheim und Peine sowie den selbstständigen Städten Hildesheim und Peine zusammengefassten („Steuer-“)Kreises. 1879 wechselte er als Polizeipräsident nach Stettin. 1887 wurde er Vortragender Rat im Ministerium des Innern. Von 1889 bis 1900 war er Regierungspräsident im Regierungsbezirk Potsdam.[2]
Hue de Grais war Mitglied der Freikonservativen Partei. 1885–1889 vertrat er den Wahlkreis Merseburg 6 (Sangerhausen / Eckartsberga) im Preußischen Abgeordnetenhaus.[3] Im Ruhestand war er ab 1901 Mitglied des Provinziallandtages der Provinz Sachsen.
Von 1865 bis zu seinem Tod war er alleiniger Besitzer von Schloss Hue de Grais in Wolkramshausen, welches sich jetzt im Besitz seines Urenkels Manfred Werthern befindet. Am 30. Dezember 1873 heiratete er die Generalstochter Wilhelmine Freiin von Hanstein. 1875, 1876 und 1882 kamen die Töchter Melanie, Elsa und Irmgard zur Welt. Elsa war die letzte Bewohnerin des Schlosses, auf dem sie am 5. November 1956 starb.[2] Irmgard heiratete Otto Freiherr Lucius von Ballhausen (1867–1932). Ein Urenkel von Robert Hue de Grais ist Robert von Lucius.
„Der Hue de Grais“ – das in 26 Auflagen erschienene Handbuch der Verfassung und Verwaltung in Preußen und dem Deutschen Reiche – war Generationen von Studenten der Rechts- und Staatswissenschaften ein Begriff und ungezähltenas preußischen Verwaltungsbeamten ein tägliches Arbeitsmittel.[2]
Ehrungen
- Greifenorden (1884)
- Landwehr-Dienstauszeichnung, 1. Klasse
- Roter Adlerorden 4. Klasse mit Schwertern
- Roter Adlerorden, 3. Klasse „mit Schleife und Schwertern“
- Orden von Oranien-Nassau, Großoffizier (1892)
- Roter Adlerorden, 2. Klasse „mit Eichenlaub und Schwertern am Ring“
- Herzoglich Sachsen-Ernestinischer Hausorden, Komthur 1. Klasse
- Orden der Aufgehenden Sonne, Kommandeur
- Rote Kreuz-Medaille (Preußen) 1. Klasse (1899)
- Ehrenbürger von Zehdenick (1. April 1900)
- Wirkl. Geh. Oberregierungsrat
Werke
- Reorganisation der innern Verwaltung Preußens auf Grundlage der Selbstverwaltung, Berlin 1871.
- Die Weiterführung der preuß. Verwaltungsorganisation, Berlin 1878.
- Handbuch der Verfassung und Verwaltung in Preußen und dem Deutschen Reiche, 7. Aufl. Berlin 1890.
- Grundriß der Verfassung und Verwaltung in Preußen und dem Deutschen Reiche, 2. Aufl. Berlin 1886.
Für Michael Stolleis sind Hue de Grais Arbeiten weniger wissenschaftliche als praktische „Handreichungen für den Alltag der Verwaltung“.
Literatur
- Biographisches Handbuch für das Preußische Abgeordnetenhaus: 1867–1918. Bearb. v. Bernhard Mann unter Mitarbeit v. Martin Doerry, Cornelia Rauh u. Thomas Kühne, Droste, Düsseldorf 1988, ISBN 3-7700-5146-7, S. 192.
- Gerhard Lingelbach: Robert Graf Hue de Grais (1835–1922). Leben und Werk. Jena o. J. (ca. 1994) (Privatdruck)
- Michael Stolleis: Verwaltungspraxis zwischen Kameralwissenschaft und Verwaltungsrecht: Robert Graf Hue de Grais (1835–1922). Verwaltungsrundschau 41 (1995), S. 472–475.
- Gothaisches genealogisches Taschenbuch der gräflichen Häuser auf das Jahr 1876, S.394
Weblinks
Einzelnachweise
- Kösener Corpslisten 1930, 11/440
- Lingelbach
- Mann, Bernhard (Bearb.): Biographisches Handbuch für das Preußische Abgeordnetenhaus. 1867–1918. Mitarbeit von Martin Doerry, Cornelia Rauh und Thomas Kühne. Düsseldorf : Droste Verlag, 1988, S. 192 (Handbücher zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien : Bd. 3); zu den Wahlergebnissen siehe Thomas Kühne: Handbuch der Wahlen zum Preußischen Abgeordnetenhaus 1867–1918. Wahlergebnisse, Wahlbündnisse und Wahlkandidaten (= Handbücher zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien. Band 6). Droste, Düsseldorf 1994, ISBN 3-7700-5182-3, S. 437–439.