Richard Tauber
Richard Tauber, geboren als Richard Denemy (* 16. Mai 1891 in Linz; † 8. Januar 1948 in London), war ein österreichischer Opernsänger (Tenor). Von der Presse und der Werbung wurde ihm der Name „König des Belcanto“ verliehen.
Leben
Richard Tauber war das uneheliche Kind der Soubrette Elisabeth Denemy (verwitwet nach Karl Seyfferth) und des konvertierten jüdischen Schauspielers und Chemnitzer Opern-Intendanten[1] Richard Tauber. Das Geburtshaus war das Hotel Zum schwarzen Bären in Linz. Der Eintrag im Taufregister lautete auf Richard Denemy. Der rechtliche Status und der Name wurden 1913 infolge der Adoption durch den Vater geändert. Bedingt durch den Beruf der Mutter wuchs Tauber in Linz bei Pflegeeltern auf und besuchte dort auch die Volksschule. Richard Tauber war von Geburt an römisch-katholisch (in Linz getauft), seine Mutter war römisch-katholisch und sein Vater war als Jugendlicher zum römisch-katholischen Glauben konvertiert. Tauber selbst hat sich als Katholik gesehen und zeitlebens nicht verstanden, dass er von den Nationalsozialisten verfolgt wurde, nur weil seine Großeltern väterlicherseits praktizierende Juden waren.[2][3]
Mit zwölf Jahren zog Tauber 1903 zu seinem Vater nach Wiesbaden und besuchte dort für die nächsten fünf Jahre das Gymnasium. Anschließend studierte er von 1908 bis 1910 am Hoch’schen Konservatorium in Frankfurt am Main Klavier und Komposition. Später kam noch das Fach Dirigieren dazu. Durch die Empfehlung seiner Dozenten wurde Tauber in der Zeit zwischen 1911 und 1912 in Freiburg im Breisgau Schüler von Carl Beines und ließ sich im Gesang ausbilden. Dort konnte er am 12. Mai 1912 als Solist des Gesangsvereins „Concordia“ öffentlich debütieren.
Fast ein Jahr darauf, am 2. März 1913, sang Tauber zum ersten Mal in einer Oper. Er debütierte am Theater Chemnitz als Tamino in Die Zauberflöte (Mozart). In diesem Jahr adoptierte ihn sein Vater; offiziell hieß er nun „Denemy-Tauber“, nannte sich aber nur „Tauber“. Ende 1913 bekam Tauber an der Oper in Dresden ein Engagement als Königlicher Hofopernsänger; er beendete diesen Vertrag erst 1918.
Während dieser Zeit sang Tauber den „Max“ in Der Freischütz (Carl Maria von Weber), den „Mathias“ in Der Evangelimann (Wilhelm Kienzl), den „Alfredo“ in La traviata (Giuseppe Verdi) und viele mehr. Zwischen 1919 und 1920 wechselte Tauber von der Berliner Staatsoper an die Volksoper Wien und wieder zurück. 1921 trat er zum ersten Mal in einer Operette von Franz Lehár auf; er sang in der Zigeunerliebe in Salzburg. Diese vielen Gastspiele im Ausland führten zum Zerwürfnis in Dresden, so dass Tauber dort kündigte und nach Wien ging.
Zwischen 1922 und 1925 machte sich Tauber einen Namen als genialer Interpret von Mozart-Opern und sein Freund Franz Lehár schrieb ihm in vielen seiner Operetten die Tenorpartien auf den Leib. In dieser Zeit begannen Taubers regelmäßige Engagements bei den Salzburger Festspielen. Bereits 1922 war er in der ersten Opernaufführung der Salzburger Festspiele als Don Ottavio zu sehen und hören. 1926 heiratete Tauber die Hamburger Soubrette Carlotta Vanconti, die er seit zwei Jahren kannte. Nach zweijähriger Ehe trennten sich die Eheleute und wurden 1928 geschieden. Diese Scheidung sorgte für Schlagzeilen, als bekannt wurde, dass Vanconti mit einer Million Mark abgefunden worden war; die Tagespresse nannte Vanconti „äußerlich eine Soubrette und innerlich ein Krokodil“.
Mit dem Lied „Dein ist mein ganzes Herz“ aus der Operette Das Land des Lächelns (Franz Lehár) wurde Tauber quasi über Nacht zum Weltstar. Das Erstaunliche dabei ist, dass er dafür kaum proben konnte, da er auf Grund eines Rheumaanfalls wochenlang auf Kur im Bad Piešťany weilte.
Obwohl durch die Scheidung finanziell angeschlagen, gründete Tauber die Richard-Tauber-Tonfilm-Gesellschaft und ging damit 1931 in Konkurs. 1930/31 bekam Tauber erste Engagements in London und New York.
1933 wurde Richard Tauber in Berlin vor dem Hotel Adlon von einem SA-Trupp mit den Worten „Judenlümmel, raus aus Deutschland“ angegriffen und niedergeschlagen. Eigentlich wollte Tauber sofort emigrieren, blieb aber doch, um an seiner Operette Der singende Traum zu arbeiten. Das aus diesem Stück stammende Lied „Du bist die Welt für mich“ widmete er seinem Tenorkollegen und Freund Joseph Schmidt. Im darauffolgenden Jahr erlebte er in Wien die Uraufführung.
Zu dieser Zeit lebte er mit der Sängerin Mary Losseff zusammen. Seine Beziehung mit ihr begann bereits, während er noch mit Carlotta Vanconti verheiratet war, und endete tragisch durch die Alkoholkrankheit der Geliebten.
1935 machte Tauber bei Dreharbeiten zu Heart’s Desire die Bekanntschaft mit der britischen Schauspielerin Diana Napier und heiratete sie im darauf folgenden Jahr. Aber auch diese Beziehung war nicht von Dauer; bereits während des Krieges ging das Ehepaar getrennte Wege. 1938, nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich, unternahm Tauber eine Welttournee und emigrierte nach Großbritannien.
Während des gesamten Zweiten Weltkriegs blieb Tauber in Großbritannien und trat unter anderem in vielen Städten zur Truppenbetreuung auf. 1940 wurde ihm die britische Staatsbürgerschaft verliehen. Verschiedentlich wirkte er als Dirigent beim London Philharmonic Orchestra. 1941 konnte Tauber mit seiner Operette Old Chelsea in London eine weitere Premiere feiern. Die offizielle Kritik verlieh ihm wegen seines Äußeren den Namen „Der Mann mit dem Monokel“.
1946 gab Tauber in Zürich ein Abschiedskonzert (ein Mitschnitt der Radiosendung ist erhalten) und widmete sich die nächsten zwei Jahre fast ausschließlich dem Komponieren und Dirigieren. In dieser Zeit lebte er schon mit Esther Moncrieff zusammen. Am 27. September 1947 gab Tauber seine Abschiedsvorstellung auf der Bühne. Er sang in London den „Ottavio“ in Don Giovanni (Mozart) mit dem Ensemble der Wiener Staatsoper unter Leitung von Josef Krips. Eine bereits geplante große Australientournee Taubers wurde 1949 an seiner statt von Rudolf Schock bestritten.
Ende 1947 wurde Tauber im Guy’s Hospital in London operiert und starb dort wenige Wochen später im Alter von 56 Jahren an den Folgen seines Lungenkrebsleidens. Seine letzte Ruhe fand Richard Tauber in einem Ehrengrab der Stadt London auf dem Friedhof Brompton (Kensington West).[4] Auf dem Friedhof von Bad Ischl wurde ein Gedenkstein aufgestellt.
Trotz seiner Berühmtheit und beträchtlicher Einnahmen hinterließ Tauber Steuerschulden in Höhe von rund 750.000 Mark. Seine Witwe Diana Napier konnte deshalb nicht für die Beerdigung aufkommen; sie erhielt Unterstützung neben anderen von Vera Schwarz und Marlene Dietrich.[5] Am 20. Januar 1948 fand in der Royal Albert Hall eine Gedenkfeier für Tauber mit über 7.000 Teilnehmern statt: Bei diesem Benefizkonzert zugunsten von Taubers Witwe trat u. a. Elisabeth Schwarzkopf auf.
Filme
- 1925: Reise-Abenteuer [kurzer Stummfilm]
- 1928: Achtung! Aufnahme! [kurzer Stummfilm]
- 1929: Ich küsse Ihre Hand, Madame
- 1930: Ich glaub nie mehr an eine Frau
- 1930: Das lockende Ziel
- 1930: Das Land des Lächelns
- 1931: Die große Attraktion
- 1931: Wie werde ich reich und glücklich
- 1932: Melodie der Liebe
- 1934: Dein ist mein Herz (Blossom Time)
- 1935: Letzte Liebe (nur Gesang)
- 1935: Wien, Wien, nur du allein (Heart's Desire)
- 1936: Das singende Land (Land Without Music)
- 1936: Der Bajazzo (Pagliacci)
- 1945: Hochzeitswalzer (Waltz Time)
- 1946: The Lisbon Story
Siehe auch
- Du bist die Welt für mich, ein österreichischer Spielfilm aus dem Jahr 1953, der sehr frei Taubers künstlerische Entwicklung und seine Liebschaft mit einer Tänzerin behandelt
Literatur
- Heinz Ludwigg (Herausgeber): Richard Tauber. Otto Elsner, Berlin 1928. <Mit 22 Beiträgen von Leo Blech, Franz Léhar, Leo Slezak, Franz Schreker, Lotte Lehmann und anderen>
- Diana Napier-Tauber: Richard Tauber. Art & Educational Publishers, Glasgow 1949.
- Diana Napier-Tauber: My heart and I. Evans Brothers, London 1959.
- Willi Korb: Richard Tauber: Biographie eines unvergessenen Sängers. Europäischer Verlag, Wien 1966.
- James Dennis: Richard Tauber discography / biography. In: The record collector. Volume XVIII, Nos. 8–10 / 11–12. Ipswich 1969.
- Charles Castle mit Diana Napier Tauber: This was Richard Tauber. Allen, London 1971.
- Otto Schneidereit: Richard Tauber: ein Leben – eine Stimme. Lied der Zeit, Berlin 1974 <1.–3. Auflage>, 4. überarbeitete und ergänzte Auflage, Berlin 1988. ISBN 3-7332-0044-6
- Neuausgabe, bearbeitet und herausgegeben von Volker Kühn. Verlag Parthas, Berlin 2000. ISBN 3-932529-25-1.
- Hansfried Sieben (Herausgeber): Gesammelte Erinnerungen von und an Richard Tauber, den weltberühmten Tenor, Dirigenten und Komponisten und prächtigen Menschen. Sieben, Düsseldorf 1987
- Cor Pot: Richard Tauber (1891–1948): zanger zonder grenzen. Deboektant, Oud-Beijerland 1988. ISBN 90-7180207-8.
- Alfred A. Fassbind: Joseph Schmidt. Ein Lied geht um die Welt: Spuren einer Legende. Schweizer Verlagshaus, Zürich 1992, ISBN 3-7263-6664-4, Seite 110 ff.
- Michael Jürgs: Gern hab' ich die Frau'n geküßt: die Richard-Tauber-Biographie. List, München 2000. ISBN 3-471-79429-8.
- Christina Höfferer, Andreas Kloner: Dein ist mein ganzes Herz. Der Sänger Richard Tauber. ORF-Radiofeature 2011, 55 Min.
- Evelyn Steinthaler: Morgen muß ich fort von hier: Richard Tauber. Die Emigration eines Weltstars. Milena Verlag, Wien 2011. ISBN 978-3-85286-208-8.
- Martin Sollfrank: Richard Tauber: Weltstar des 20. Jahrhunderts ; Musik war sein Leben. Weltbuch Verlag, Dresden 2014. ISBN 978-3-906212-05-0.
- Heide Stockinger, Kai-Uwe Garrels: Tauber, mein Tauber: 24 Annäherungen an den weltberühmten Linzer Tenor Richard Tauber. Verlag Bibliothek der Provinz, Weitra 2017. ISBN 978-3-99028-650-0.
- Lexikalische Einträge
- MGG. (1. Auflage, Band 13). S. 147.
- Brockhaus-Riemann Musiklexikon. (Band 4). Hrsg. von Carl Dahlhaus, Hans Heinrich Eggebrecht. Atlantis-Schott, Zürich/Mainz 1995, ISBN 3-254-08397-0, S. 230 f.
- Felix Czeike (Hrsg.): Historisches Lexikon Wien. Band 5, Kremayr & Scheriau, Wien 1997, ISBN 3-218-00547-7, S. 418.
- Paul Suter: Richard Tauber. In: Andreas Kotte (Hrsg.): Theaterlexikon der Schweiz. Band 3, Chronos, Zürich 2005, ISBN 3-0340-0715-9, S. 1798 f.
- Oesterreichisches Musiklexikon. (Band 5.) Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 2006, ISBN 3-7001-3067-8. (Online-Fassung).
- Richard Tauber im Bayerischen Musiker-Lexikon Online (BMLO).
- Richard Tauber im Lexikon verfolgter Musiker und Musikerinnen der NS-Zeit (LexM).
- Ralph-Günther Patocka: Tauber, Richard. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 25, Duncker & Humblot, Berlin 2013, ISBN 978-3-428-11206-7, S. 801 f. (Digitalisat).
- Kay Weniger: Das große Personenlexikon des Films. Die Schauspieler, Regisseure, Kameraleute, Produzenten, Komponisten, Drehbuchautoren, Filmarchitekten, Ausstatter, Kostümbildner, Cutter, Tontechniker, Maskenbildner und Special Effects Designer des 20. Jahrhunderts. Band 7: R – T. Robert Ryan – Lily Tomlin. Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 2001, ISBN 3-89602-340-3, S. 611.
- Kay Weniger: ‘Es wird im Leben dir mehr genommen als gegeben …‘. Lexikon der aus Deutschland und Österreich emigrierten Filmschaffenden 1933 bis 1945. Eine Gesamtübersicht. S. 498 f., ACABUS-Verlag, Hamburg 2011, ISBN 978-3-86282-049-8.
Weblinks
- Literatur von und über Richard Tauber im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Richard Tauber. In: Virtual History (englisch)
- richard-tauber.de
- Verzeichnis sämtlicher Aufnahmen Richard Taubers (Memento vom 29. März 2012 im Internet Archive) im Deutschen Rundfunkarchiv (PDF; 171 kB)
- Archivierte russische Radiosendung über Richard Tauber mit zahlreichen historischen Aufnahmen, 1. Teil (27,3 MB)
- Archivierte russische Radiosendung über Richard Tauber mit zahlreichen historischen Aufnahmen, 2. Teil (26,8 MB)
- Audioaufnahmen mit Richard Tauber in den Onlinebeständen der Österreichischen Mediathek (Schellackaufnahmen, Radiobeiträge)
Einzelnachweise
- Katharina Leuoth: Porträt eines Wagner-Verehrers (Memento vom 15. August 2012 im Internet Archive). Auf: freiepresse.de am 29. Oktober 2010.
- Rede von Bürgermeister Koref, Linz. Abgerufen am 8. September 2016.
- „Das Orchester“ (Memento vom 15. September 2016 im Internet Archive).
- knerger.de: Das Grab von Richard Tauber
- Evelyn Steinthaler, S. 204 f.