Richard Süßmuth

Richard Süßmuth (* 23. Dezember 1900 i​n Ruhland, Provinz Schlesien; † 12. März 1974 i​n Immenhausen, Hessen) w​ar ein deutscher Glaskünstler u​nd ab 1946 Glashütten-Unternehmer i​n Immenhausen. Schon i​n jungen Jahren w​ar er international dafür bekannt, a​uf verschiedenen Gebieten d​er Glaskunst, insbesondere d​es Schliffs u​nd der Formgestaltung, n​eue Wege beschritten z​u haben.

Leben und Werk

Richard Süßmuth w​uchs im niederschlesischen Penzig (polnisch Piensk) auf.[1] Seinem i​n der Glasherstellung arbeitenden Vater folgend erlernte e​r in d​er Pienziger „Adlerhütte“ d​en Beruf e​ines Glasschleifers.[2] Danach arbeitete i​n verschiedenen Glas veredelnden Betrieben. Er studierte v​on 1922 a​n der Staatlichen Akademie für Kunstgewerbe i​n Dresden Glasgestaltung. 1924 eröffnete e​r eine eigene Glaskunstwerkstatt i​n Penzig, Landkreis Görlitz i​n Schlesien. 1927 stellte e​r sein Kunsthandwerk a​uf der Messe „Europäisches Kunstgewerbe“ i​n Leipzig u​nd auf d​er Internationalen Messe i​n Monza aus. Seit 1928 fertigte e​r Entwürfe für Pressgläser. Bei diesen Reliefgläsern t​ritt die Ornamentik a​us der Fläche hervor. Seine Gläser wurden 1928 a​uf der Ausstellung „Glas u​nd Metall“ i​n Berlin ausgestellt; 1931 u​nd 1934 a​uf Ausstellungen i​n Mailand. In d​en Jahren 1929/30 w​aren seine Waren Teil e​iner Wanderausstellung europäischen Glases d​urch neun Großstädte d​er USA. Im Jahr 1933 fertigte e​r für d​as Boberhaus i​n Löwenberg i​n Schlesien (Lwówek Slaski) d​as Ernst-Wurche-Fenster i​n seiner Werkstatt. Beschreibung d​es Kunstwerkes: Kruzifix; Strahlen d​er aufgehenden Sonne u​nd Sonnenblumen a​ls Symbole d​er Schlesischen Wandervogelbewegung; Schriftzug: „Zum Gedächtnis v​on Ernst Wurche Kriegsfreiwilliger i​m 3. Niederschl. Inf. Reg. Leutnant d. R. 3. unterelsässischen Inf. Reg 138 gefallen a​m 23.8.1915 b​ei Posiminicze“[3]

Nach d​em Zweiten Weltkrieg w​urde er a​us dem j​etzt in Polen liegenden Penzig vertrieben u​nd verlor seinen Betrieb. Er eröffnete i​m Jahr 1946 erneut e​inen eigenen Betrieb, i​ndem er d​ie 1945 kriegszerstörte Glashütte i​n Immenhausen wieder aufbaute.

Süßmuth w​ar auf zahlreichen Ausstellungen i​m In- u​nd Ausland vertreten. Einige Arbeiten v​on ihm (Schalen, Vasen, Kelche u​nd Becher a​us Glas) wurden 1964 a​uf der documenta III i​n Kassel i​n der Abteilung Industrial Design gezeigt.

Süßmuths Arbeiten u​nd Design wurden m​it zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Er erhielt u​nter anderem Goldmedaillen d​er Internationalen Kunsthandwerksausstellung i​n Madrid i​m Jahr 1953 u​nd für seinen bekanntesten Schliff, d​en Strahlenschliff e​ine Goldmedaille a​uf der Triennale i​n Mailand i​m Jahr 1954. Er w​urde ebenfalls m​it Goldmedaillen a​uf der Weltausstellung 1958 i​n Brüssel u​nd auf d​er Internationalen Handwerksmesse i​n München i​m selben Jahr ausgezeichnet. 1953 verlieh i​hm der Bundespräsident d​as Verdienstkreuz (Steckkreuz) u​nd 1966 d​as Große Verdienstkreuz d​es Verdienstordens d​er Bundesrepublik Deutschland.

Auch aufgrund des Druckes der weiteren Industrialisierung der Glasproduktion übergab er 1970 seine Manufaktur der Selbstverwaltung durch die Belegschaft. Die Glashütte in Immenhausen stellte im Jahr 1996 ihre Produktion ein. Im Glasmuseum Immenhausen sind Süßmuths Arbeiten in der ständigen Sammlung zu besichtigen.

Werke (Auswahl)

  • 1933: Ernst Wurche Fenster für das Boberhaus in Löwenberg in Schlesien
  • 1935: Entwurf und Anfertigung eines Glasfensters für die Westseite der Dekanatskirche Mariä Himmelfahrt in Glatz[4]
  • um 1950: drei Fenster der katholischen Not-Kirche am Koppenberg in Wolfhagen, heute in einem Privathaus
  • 1952: zehn Fenster in der katholischen Kirche St. Clemens Maria in Immenhausen
  • um 1955: alle Fenster der katholischen Kirche Hl. Geist in Grebenstein
  • um 1955: zwölf Fenster der evangelischen Kirche in Heckershausen
  • um 1955: Fenster nach Entwurf von Helga Rudolph in der evangelischen Friedenskirche in Kassel
  • 1956: elf Fenster in der katholischen Kirche St. Hedwig in Heepen (Bielefeld)[5]
  • um 1956: 18 Fenster der katholischen Kirche zu Besse
  • 1958: Fenster in der evangelisch-lutherischen Martin-Luther-Kirche in Blomberg[6]
  • um 1960: mehrere Fenster der katholischen Kirche in Elgershausen
  • um 1960: Ausführung von mehreren Fenstern nach Entwurf von Agnes Mann in der katholischen Filialkirche in Neukirchen (Gemeinde Haunetal)
  • 1963/64: alle Fenster der katholischen Kirche St. Johannes Nepomuk in Bökendorf (Gemeinde Brakel)[7]
  • um 1965: fünf Fenster im Klinikum Lemgo[8]
  • 1966: Ausführung von Fenstern nach Entwurf von Else Bircks in der Hauskapelle der Elisabethklinik in Fulda
  • um 1968: Fenster „Schlesisches Wappen“ in Glasklebetechnik im Kreishaus von Heidkamp (Bergisch Gladbach)[9]

Ehrungen

Literatur

  • Karl H. Bröhan und Dieter Högermann (Bearb.): Richard Süßmuth, Penzig. In: Kunst der 20er und 30er Jahre. Sammlung Karl H. Bröhan, Berlin. Band III. Berlin, 1985. S. 535ff.
  • documenta III. Internationale Ausstellung; Katalog: Band 1: Malerei und Skulptur; Band 2: Handzeichnungen; Band 3: Industrial Design, Graphik; Kassel/Köln 1964
  • Elke Domke, Helmut Hannes und Walter Scheiffele: Zeitmaschine Lausitz. Lausitzer Glas. Großräschen, 2004. S. 50ff.
  • Helmut Hannes: Pressglas von Richard Süßmuth, in: Pressglas-Korrespondenz 2000-02. Gangkofen, 2000. S. 95ff
  • Helmut Hannes: Richard Süßmuth – ein Bahnbrecher der modernen Glasgestaltung, in: Jahrbuch Landkreis Kassel, 15 (1987), S. 175–179
  • Richard Süssmuth: Glas und Gläser, Aulis Verlag Deubner & Co KG Köln
  • Friedrich Karl Baas: Der Glasgestalter Richard Süßmuth von 1946 - 1966. Hrsg.: Gesellschaft der Freunde der Glaskunst Richard Süßmuth e.V. Glasheft Nr. 1 im Eigenverlag
  • Friedrich Karl Baas, Dagmar Ruhlig-Lühnen: Die Form hat der Funktion zu dienen - Der Glasgestalter und Unternehmer Richard Süßmuth. Hrsg.: Gesellschaft der Freunde der Glaskunst Richard Süßmuth e.V. Glasheft Nr. 25 im Eigenverlag 2000
  • Barbara Stambolis: In unsere Spiele brach der Krieg..., Kriegserfahrung und -erinnerung. Aufbruch der Jugend. Deutsche Jugendbewegung zwischen Selbstbestimmung und Verführung, Germanisches Nationalmuseum Nürnberg 2014, S. 43 ff.
  • Jürgen von der Trappen: Die Schlesische Jungmannschaft in den Jahren 1922 – 1932: ein Beitrag zur Geschichte der deutschen Jugendbewegung, Dissertation Gesamthochschule Universität Essen 1996
  • Walter Flex: Der Wanderer zwischen beiden Welten. Ein Kriegserlebnis, 1. Auflage C.H. Beck, München 1916; weitere Auflagen bis 2014
  • Jürgen Reuecke: Eine jungen Generation im Schützengraben. Der Wandere zwischen beiden Welten (1916/17), Literatur, die Geschichte schrieb, Verlag Vandenbeck & Ruprecht Göttingen 2011
Commons: Glasmalerei Süßmuth (Immenhausen) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Suzanna Wycisk-Müller: Schöpferisches Schlesien von A bis Z. Band 2. Engelsdorf Verlag Leipzig, 2016, S. 143/145.
  2. Ulrich Werner: Vor 150 Jahren Beginn der Glasproduktion in Penzig O/L. In: Förderverein Glasmuseum Weißwasser e. V. (Hrsg.): Neueste Nachrichten. Nr. 14, 12. Dezember 2008 (Online, PDF, 287 kB [abgerufen am 3. Juli 2020]).
  3. Suzanna Barbara Stambolis: In unsere Spiele brach der Krieg..., Kriegserfahrung und -erinnerung. Germanisches Nationalmuseum Nürnberg 2014, 2014, S. 43.
  4. Dieter Pohl: Die katholische Kirche in der Grafschaft Glatz in den Jahren 1918 bis 1945. In: Die Grafschaft Glatz zwischen 1918 und 1946. Hrsg. Horst-Alfons Meißner und Michael Hirschfeld, ISBN 978-3-402-12896-1, Aschendorf Verlag Münster 2012, S. 42 f.
  5. Bielefeld-Heepen, Kath. Kirche St. Hedwig. Forschungsstelle Glasmalerei des 20. Jahrhunderts e. V., 8. Juli 2008, abgerufen am 24. Januar 2020.
  6. Blomberg, Ev.-Luth. Martin-Luther-Kirche. Forschungsstelle Glasmalerei des 20. Jahrhunderts e. V., 8. Juli 2008, abgerufen am 24. Januar 2020.
  7. Brakel-Bökendorf, Kath. Kirche St. Johannes Nepomuk. Forschungsstelle Glasmalerei des 20. Jahrhunderts e. V., 8. Juli 2008, abgerufen am 24. Januar 2020.
  8. Lemgo, Klinikum. Forschungsstelle Glasmalerei des 20. Jahrhunderts e. V., 8. Juli 2008, abgerufen am 24. Januar 2020.
  9. Bergisch Gladbach-Heidkamp, Kreishaus. Forschungsstelle Glasmalerei des 20. Jahrhunderts e. V., 8. Juli 2008, abgerufen am 24. Januar 2020.
This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. The authors of the article are listed here. Additional terms may apply for the media files, click on images to show image meta data.