Postoloprty
Postoloprty (deutsch Postelberg) ist eine Stadt im Okres Louny (Bezirk Laun) im Nordwesten von Tschechien.
Postoloprty | |||||
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Basisdaten | |||||
Staat: | Tschechien | ||||
Region: | Ústecký kraj | ||||
Bezirk: | Louny | ||||
Fläche: | 4651,6716[1] ha | ||||
Geographische Lage: | 50° 22′ N, 13° 42′ O | ||||
Höhe: | 193 m n.m. | ||||
Einwohner: | 4.705 (1. Jan. 2021)[2] | ||||
Postleitzahl: | 439 42 – 440 01 | ||||
Kfz-Kennzeichen: | U | ||||
Verkehr | |||||
Bahnanschluss: | Postoloprty–Louny | ||||
Struktur | |||||
Status: | Stadt | ||||
Ortsteile: | 13 | ||||
Verwaltung | |||||
Bürgermeister: | Zdeněk Pištora (Stand: 2014) | ||||
Adresse: | Mírové náměstí 318 439 42 Postoloprty | ||||
Gemeindenummer: | 566624 | ||||
Website: | www.postoloprty.cz | ||||
Lage von Postoloprty im Bezirk Louny | |||||
Geographische Lage
Die Stadt liegt im Nordwesten Böhmens, sieben Kilometer westlich der Stadt Louny (Laun).
Geschichte
Der Ort wurde erstmals in der Chronica Boemorum des Cosmas von Prag als Dorf neben dem Benediktinerkloster der Jungfrau Maria erwähnt.
Auch die etwa 600 m südwestlich vom Ort an der Eger liegende slawische Burgstätte Draguš, die von den Přemysliden auf einem von ihnen eroberten Gebiet des Stammes der Lutschanen errichtet wurde, wird bei Cosmas erwähnt.
Das Kloster, dessen Stifter und Gründungsdatum (vor 1119) nicht genau bekannt sind, erhielt später die Bezeichnung Porta Apostolorum. Von diesem Klosternamen soll die Ortsbezeichnung durch Verballhornung entstanden sein. Das Kloster wurde im Mai 1420 zusammen mit einer reichen Bibliothek, die wertvolle Handschriften enthielt, von den Hussiten niedergebrannt und nicht wieder aufgebaut. Der Klosterbesitz und die Herrschaft wurden durch König Georg von Podiebrad 1454 seinen Söhnen übertragen, von denen es 1480 durch die Freiherrn von Weitmühl erworben wurde. Sebastian von Weitmühl setzte sich dafür ein, dass Postelberg vom König Ladislaus II. den Status einer Untertanenstadt verliehen bekam.
Unter Ferdinand von Schwarzenberg, dem die Herrschaft seit 1692 gehörte, entwickelte sich Postelberg zu einem Mittelpunkt der umfangreichen Besitzungen, die 1846 11.500 ha umfassten. Sie verblieben bis zur Enteignung 1945 im Besitz der Familie Schwarzenberg.
Nach dem Ersten Weltkrieg wurde Postelberg der neu gegründeten Tschechoslowakei zugeschlagen. 1930 hatte Postelberg 3300 Einwohner, die meist deutschstämmig waren.[3] Nach dem Münchner Abkommen kam Postelberg 1938 zum Deutschen Reich und gehörte bis 1945 zum Landkreis Saaz, Regierungsbezirk Eger, im Reichsgau Sudetenland.[4] Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Postelberg von der Tschechoslowakei übernommen. Die deutschen Einwohner wurden bis 1946 größtenteils enteignet und vertrieben.
Postelberg hat zusammen mit der Stadt Brünn den höchsten Verlust an deutschen Menschenleben bei der Vertreibung zu beklagen.[5] Gemäß dem Beneš-Dekret 108 vom 25. Oktober 1945 wurde das Vermögen der deutschen Einwohner konfisziert und unter staatliche Verwaltung gestellt.
- Teile der früheren Klosteranlage
- Schloss
- Ehemalige Kasernengebäude am südlichen Stadtrand
Massaker von Postelberg
Nachdem die seit 8. Mai anwesenden sowjetischen Truppen abgezogen waren, wurden bei einem Pogrom zwischen dem 3. und 7. Juni 1945 auf dem Kasernengelände mindestens 763 deutsche Männer und Jungen im Alter von 12 bis über 60 Jahre gefoltert und erschossen. Sie stammten – jedenfalls überwiegend – aus der Nachbarstadt Saaz (Žatec) und waren am 3. Juni auf einem Todesmarsch hierher getrieben worden.[6][7] Das von der Ersten Tschechoslowakischen Division unter General Oldřich Španiel verübte Massaker wurde 1947 von einer Untersuchungskommission des Parlaments behandelt, die die Exhumierung und Verbrennung der Ermordeten empfahl.[8] Das Beneš-Dekret 115/46 erklärte Handlungen wie dieses Massaker bis 28. Oktober 1945 im Kampfe zur Wiedergewinnung der Freiheit, … oder die eine gerechte Vergeltung für Taten der Okkupanten oder ihrer Helfershelfer zum Ziel hatte(n), … für nicht widerrechtlich.
Im November 2009 beschloss der Stadtrat von Postoloprty, für die Opfer des Massakers und ähnlicher Vorgänge ein Denkmal zu errichten, das die Inschrift „Allen unschuldigen Opfern der Ereignisse in Postelberg von Mai und Juni 1945“ tragen soll.[9][10] Eine Gedenktafel mit diesem Text wurde am 3. Juni 2010 auf dem Friedhof von Postoloprty enthüllt.
Demographie
Jahr | Einwohner | Anmerkungen |
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1785 | k. A. | 142 Häuser einschließlich einer Judengasse[11] |
1828 | 1.125 | |
1830 | 1.190 | in 153 Häusern[12] |
1843 | 988 | in 114 Häusern, darunter die von 39 jüdischen Familien bewohnten 14 Häuser in der Judengasse[13] |
1900 | 3.556 | vorwiegend deutsche Einwohner[14] |
1921 | 3.379 | davon 3.157 deutsche Einwohner[15] |
1930 | 3.311 | [16] |
1939 | 2.563 | [16] |
Jahr | 1950 | 1961 | 1970 | 1980 | 1991 | 2001 | 2011 |
Einwohner | 2.366 | 2.268 | 3.254 | 3.572 | 3.575 | 3.835 | 3.697 |
Ortsgliederung
Die Stadt Postoloprty besteht aus den Ortsteilen Březno (Priesen), Dolejší Hůrky (Horka), Hradiště nad Ohří (Hraidisch), Levonice (Lewanitz), Malnice (Malnitz), Mradice (Mraditz), Postoloprty (Postelberg), Rvenice (Ferbenz), Seletice (Selletitz), Seménkovice (Semenkowitz), Skupice (Skupitz), Strkovice (Sterkowitz) und Vrbka (Ferbka).[18] Das Stadtgebiet gliedert sich in die Katastralbezirke Březno u Loun, Dolejší Hůrky, Hradiště nad Ohří, Levonice, Malnice, Mradice, Postoloprty, Rvenice, Seménkovice, Skupice u Postoloprt, Strkovice und Vrbka u Postoloprt.[19]
Grundsiedlungseinheiten sind Březno, Březno-u cukrovaru, Dolejší Hůrky, Draguš, Hradiště, Levonice, Malnice, Mradice, Nové Postoloprty, Pod Draguší, Postoloprty-střed, Průmyslový obvod-sever, Průmyslový obvod-západ, Rvenice, Seletice, Seménkovice, Skupice, Strkovice, Stříbrník, Šafranice, U hřbitova, U Ohře, U statku und Vrbka.[20]
Sehenswürdigkeiten
- Auf dem Gelände des Klosters wurde ab 1611 ein Schloss errichtet, das 1706–1718 nach Plänen von Paul Ignaz Bayer im Barockstil umgebaut wurde.[21]
- Die Kirche Mariä Himmelfahrt wurde 1753 nach Plänen von Andrea Altomontes erbaut.
- Ein archäologisches Freilandmuseum befindet sich südwestlich des Ortes im Bereich des Dorfes Březno/Priesen am Egerufer. Es zeigt eine Siedlung, die von der Jungsteinzeit bis zur germanischen und frühslawischen Epoche genutzt wurde. Nicht weit davon entfernt befindet sich eine weitere spätjungsteinzeitliche bis bronzezeitliche Siedlung Na Šachtach, die zum Nationalen Kulturerbe der Tschechischen Republik gehört.
- Unweit des Museums ein als Naturdenkmal geschützter geologischer Aufschluss im Zusammenhang mit dem Auftreten der Böhmischen Kreide (Priesener Schichten).
Geologie
Nach dem heutigen Ortsteil Březno (Priesen) wurden die Priesener Schichten (tschechisch: Březenské souvrství) benannt. Es handelt sich dabei um einen lithostratigraphischen Fachbegriff für Ablagerungen im Bereich vom mittleren Coniacium bis zum unteren Santonium innerhalb der Kreidezeit. Sie bestehen aus den für sie typischen mergeligen Tonen, ferner aus kalkigen Mergeln und Plänern. In den oberen Schichten finden sich mitunter Konkretionen von Siderit und Pyrit. Zu den markanten fossilen Einlagerungen zählen die Ammonitengattung Baculites, weshalb man früher auch von Baculitenmergel oder Baculitentonen sprach.
Bei Březno erreicht diese Schichtenfolge eine Mächtigkeit von über 500 Metern. Hier bilden sie den Hauptteil vom Kreuzberg (Březenský vrch) am rechten Egerufer.[22][23]
Das Vorkommen ist seit 1998 wegen seiner paläontologischen und stratigraphischen Besonderheiten ein geschütztes staatliches Naturdenkmal.
Söhne der Stadt
- Johann I. (Schwarzenberg) (1742–1789), deutschböhmischer Fürst
- Anton Langweil (1791–1837), böhmischer Maler und Modellbauer
- Julius Anton Glaser (1831–1885), österreichischer Rechtswissenschaftler und liberaler Politiker, Justizminister
- Friedrich Balling (1834–1896), Bergdirektor in Schwarzbach
- Eduard Bacher (1846–1908), österreichischer Journalist
- Ernst Viktor Zenker (1865–1946), österreichischer Journalist und Parlamentarier
- Ludwig Freund (1878–1953), Mediziner und Zoologe in Prag, KZ-Überlebender
- Norbert Josef Pitrof (1907–1995), Kunstmaler und Modellbahner
Literatur
- Joachim Bahlcke, Winfried Eberhard, Miloslav Polívka (Hrsg.): Handbuch der historischen Stätten. Band: Böhmen und Mähren (= Kröners Taschenausgabe. Band 329). Kröner, Stuttgart 1998, ISBN 3-520-32901-8, S. 467.
Weblinks
- Geschichte Postoloprty (Memento vom 21. November 2007 im Internet Archive)
- Was in Postelberg geschah – Artikel zum Massaker aus der Neuen Zürcher Zeitung
- Augenzeugenbericht (PDF; 50 kB)
- Video. Das Postelberg-Massaker
- Radio Prag Gedenktafel für die Massaker an Deutschen vom 4. Juni 2010
Einzelnachweise
- Obec Postoloprty: podrobné informace, auf .uir.cz
- Český statistický úřad – Die Einwohnerzahlen der tschechischen Gemeinden vom 1. Januar 2021 (PDF; 349 kB)
- Brockhaus Enzyklopädie Bd. 9 (1956)
- siehe Liste der Städte im Sudetenland
- Bundesministerium für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte (Hrsg.): Die Vertreibung der deutschen Bevölkerung aus der Tschechoslowakei. Bd. 1, 2. Weltbild Verlag, 1994, ISBN 3-89350-560-1. Bd. 1: 10, 109. Bd. 2: 67, 298, 397f., 314, 347, 415.
- Wilhelm Turnwald: Dokumente zur Austreibung der Sudetendeutschen. Selbstverlag der Arbeitsgemeinschaft zur Wahrung Sudetendeutscher Interessen, 1951, S. 105–110.
- Kurt Hantl: Ich entkam dem Todesblock im Ochsenstall. Junge Freiheit Nr. 31–32, 2010
- Hans-Ulrich Stoldt: Mord im Fasanengarten. In: Der Spiegel, Hamburg, Nr. 36, 31. August 2009, S. 66 f. Siehe auch : Adalbert Wollrab : Gedanken an die Mordopfer von Postelberg. In: Sudetenpost, Folge 5 /2015,Seite 11
- Mahnmal für ermordete Sudetendeutsche Sächsische Zeitung vom 6. November 2009 (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven) Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Erfolg für Sudetendeutsche, Süddeutsche Zeitung vom 7./8. November 2009
- Jaroslaus Schaller: Topographie des Königreichs Böhmen. Band 7: Saatzer Kreis, Prag und Wien 1787, S. 31–34, Ziffer 1).
- Jahrbücher des böhmischen Museums für Natur- und Länderkunde, Geschichte, Kunst und Literatur. Band 2, Prag 1831, S. 198, Ziffer 11 unten.
- Johann Gottfried Sommer: Das Königreich Böhmen. Band 14: Saazer Kreis, Prag 1846, S. 69, Ziffer 1.
- Meyers Großes Konversations-Lexikon. 6. Auflage, Band 16, Leipzig und Wien 1908, S. 218.
- http://www.genealogienetz.de/reg/SUD/orte/P.html#pos Genealogie-Netz Sudetenland
- Michael Rademacher: Landkreis Saaz (tschech. Zatec). Online-Material zur Dissertation. In: treemagic.org. 2006 .
- Historický lexikon obcí České republiky – 1869–2015. (PDF) Český statistický úřad, 18. Dezember 2015, abgerufen am 24. Januar 2016 (tschechisch).
- Části obcí, auf uir.cz
- Katastrální území, auf uir.cz/
- Základní sídelní jednotky, auf uir.cz
- Schloss Postelberg (Herder-Institut)
- Friedrich Katzer: Geologie von Böhmen. Prag (I. Taussig) 1902, S. 1330
- Ivo Chlupáč, et al.: Geologická minulost České Republiky. Praha (Academia) 2002, S. 267, 278 ISBN 80-200-0914-0