Polizeiregiment
Polizeiregimenter (auch als Polizei-Regiment geschrieben) waren paramilitärische Einheiten der Ordnungspolizei des nationalsozialistischen Deutschlands während des Zweiten Weltkriegs. Sie wurden 1942 durch Zusammenlegung von Polizeibataillonen gebildet, ab 24. Februar 1943 erhielten sie einen SS-Zusatz (SS-Polizeiregiment), blieben aber Teil der Ordnungspolizei. 1943 wurden zudem Polizei-Schützenregimenter mit nicht-reichsdeutschen Schutzmannschaften unter deutscher Führung aufgestellt.
Aufstellung
Die Ordnungspolizei unter Kurt Daluege stellte im Jahr 1939 zur Unterstützung der Wehrmacht 21 Polizeibataillone mit je rund 500 Mann auf, die ihre ausgebildeten Mannschaften zur Bildung weiterer Bataillone abgaben und durch eingezogene Reservisten der Jahrgänge 1901–1909 aufgefüllt wurden.
Besondere Polizei-Bataillone mit den Nummern 251–256 und 301–325 wurden 1940/1941 aus ungedienten Wehrpflichtigen gebildeten, die sich für die Schutzpolizei als Ersatz für den Kriegsdienst melden konnten (Verordnung über die Einstellung von Wehrpflichtigen in die Schutzpolizei des Reiches v. 31. Oktober 1939, veröffentlicht am 6. November 1939, RGBl. Nr. 219/2137). Aus ihnen sollten die neuen Eliteverbände der Ordnungspolizei hervorgehen.
Aus den selbstständigen Polizeibataillonen wurden dann durch Erlass des Reichsführer SS und Chef der deutschen Polizei (O.Kdo.I O (3) 1 Nr. 184/42 vom 9. Juli 1942)Heinrich Himmler motorisierte Polizei-Regimenter gebildet. Jedes Regiment umfasste 3 bis 4 Bataillone sowie je eine Nachrichten-, Panzerspäh- und Panzerjäger-Kompanie.
Die Polizei-Schützen-Regimenter wurden gemäß Erlass des Reichsführer SS und Chef der Deutschen Polizei vom 29. März 1943 formiert. Zwischen Oktober 1943 und Oktober 1944 wurden aus Südtirolern zudem die vier zusätzlichen Polizeiregimenter „Bozen“, „Alpenvorland“, „Schlanders“ und „Brixen“ aufgestellt. Beim Attentat in der Via Rasella in Rom kamen am 23. März 1944 33 Angehörige des Polizeiregiments „Bozen“ ums Leben.
Polizeiregimenter
- (SS-)Polizei-Regiment 1
- am 9. Juli 1942 aus den Polizeibataillonen 2, 3 und 10 gebildet
- (SS-)Polizei-Regiment 2
- am 9. Juli 1942 aus den Polizeibataillonen 11, 13 und 22 gebildet
- (SS-)Polizei-Regiment 3
- am 9. Juli 1942 aus den Polizeibataillonen 66, 68 und 105 gebildet, spätere Bezeichnung war SS-Polizei-Regiment „Nordost“ 1, in der „Festung Niederlande“ eingesetzt
- (SS-)Polizei-Regiment 4
- im Juli 1942 in Frankreich aus den Polizeibataillonen 316 und 323 gebildet
- (SS-)Polizei-Regiment 5
- am 9. Juli 1942 aus den Polizeibataillonen 64 und 322 gebildet
- (SS-)Polizei-Regiment 6
- am 9. Juli 1942 aus den Polizeibataillonen 82, 311 und 318 gebildet
- (SS-)Polizei-Regiment 7
- am 9. Juli 1942 aus den Polizeibataillonen 309, 317 und 123 gebildet
- (SS-)Polizei-Regiment 8
- am 9. Juli 1942 aus den Polizeibataillonen 91, 111 und 134 gebildet, bei der Schlacht um Budapest im Februar 1945 fast vollständig vernichtet
- (SS-)Polizei-Regiment 9
- am 9. Juli 1942 aus den Polizeibataillonen 61, 112 und 132 gebildet
- (SS-)Polizei-Regiment 10
- als Stab des Polizei-Regiments Süd in Vorbereitung auf den Russlandfeldzug im Mai 1941 in Krakau aufgestellt, gebildet aus den Polizeibataillonen 45, 303 und 314, am 9. Juli 1942 umbenannt in Polizei-Regiment 10, bei der Schlacht um Budapest im Februar 1945 fast vollständig vernichtet
- (SS-)Polizei-Regiment 11
- als Polizei-Regiment z.b.V. im Sommer 1941 für den für den Einsatz im Kaukasus vorgesehen, umfasste die Polizeibataillone 304, 315 und 320
- (SS-)Polizei-Regiment 12
- am 9. Juli 1942 in Hamburg aus den Polizeibataillonen 103, 104 und 105 gebildet, bei der Schlacht um Budapest im Februar 1945 fast vollständig vernichtet
- (SS-)Polizei-Regiment 13
- als Polizei-Regiment Mitte im Juni 1941 gebildet, am 9. Juli 1942 in Warschau aus den Polizeibataillonen 307, 316 und 322 neu formiert
- (SS-)Polizei-Regiment 14
- am 9. Juli 1942 in Süd-Russland aus den Polizeibataillonen 51, 122 und 313 gebildet
- (SS-)Polizei-Regiment 15
- als Stab des Polizei-Regiments Nord in Vorbereitung auf den Russlandfeldzug im Mai 1941 aufgestellt, gebildet aus den Polizeibataillonen 22, 53 und 319, am 9. Juli 1942 umbenannt in Polizei-Regiment 14
- (SS-)Polizei-Regiment 16
- am 9. Juli 1942 in Nord-Russland aus den Polizeibataillonen 56, 102, 121 und 305 gebildet
- (SS-)Polizei-Regiment 17
- am 9. Juli 1942 in Nord-Russland aus den Polizeibataillonen 42, 69 und 74 gebildet
- (SS-)Polizei-Gebirgsjäger-Regiment 18
- am 9. Juli 1942 für den Einsatz im nördlichen Kaukasus aufgestellt, nach dem Rückzug der Wehrmacht Ende 1942 zuerst an die Kiestinki-Front in Finnland und dann im Sommer 1943 nach Griechenland
- (SS-)Polizei-Regiment 19
- am 9. Juli 1942 in Nord-Russland aus den Polizeibataillonen 72, 171 und 181 gebildet
- (SS-)Polizei-Regiment 20
- als Polizei-Regiment Böhmen unterstanden ihm im Juni 1941 die Polizeibataillone 319, 32, 316, 317 und 320, am 9. Juli 1942 in Polizei-Regiment 20 umbenannt
- (SS-)Polizei-Regiment 21
- als Polizei-Regiment Mähren unterstanden ihm im Juni 1941 die Polizeibataillone 315, 318 und 84, am 9. Juli 1942 in Polizei-Regiment 21 umbenannt
- (SS-)Polizei-Regiment 22
- nach der Eroberung und Besetzung Polens und der damit verbundenen Bildung des Generalgouvernements am 4. November 1939 als Polizei-Regiment Warschau gebildet, ihm unterstanden im Juni 1941 die Polizeibataillone 301, 304 und 307, am 9. Juli 1942 wurde der Stab in Polizei-Regiment 23 umbenannt und das neue Regiment aus dem Polizeibataillonen 41 und 53 sowie weiteren einzelnen Kompanien gebildet
- (SS-)Polizei-Regiment 23
- nach der Eroberung und Besetzung Polens und der damit verbundenen Bildung des Generalgouvernements am 4. November 1939 als Polizei-Regiment Radom gebildet, ihm unterstanden im Juni 1941 die Polizeibataillone 309, 310 und 305, am 9. Juli 1942 wurde der Stab in Polizei-Regiment 23 umbenannt und das neue Regiment aus dem Polizeibataillon 307 und weiteren einzelnen Kompanien gebildet
- (SS-)Polizei-Regiment 24
- nach der Eroberung und Besetzung Polens und der damit verbundenen Bildung des Generalgouvernements am 4. November 1939 als Polizei-Regiment Krakau gebildet, ihm unterstanden im Juni 1941 die Polizeibataillone 311, 321, 303 und 314, am 9. Juli 1942 wurde der Stab in Polizei-Regiment 24 umbenannt und das neue Regiment aus den Polizeibataillonen 83, 153 und 93 gebildet
- (SS-)Polizei-Regiment 25
- nach der Eroberung und Besetzung Polens und der damit verbundenen Bildung des Generalgouvernements am 4. November 1939 als Polizei-Regiment Lublin gebildet, ihm unterstanden im Juni 1941 die Polizeibataillone 306, 308 und 313, am 9. Juli 1942 wurde der Stab in Polizei-Regiment 25 umbenannt und das neue Regiment aus den Polizeibataillonen 65, 67 und 101 gebildet
- (SS-)Polizei-Regiment 26
- Anfang 1942 in Norwegen der Stab des Polizei-Regiments Nordnorwegen aufgestellt, am 9. Juli 1942 wurde der Stab in Polizei-Regiment 26 umbenannt und das neue Regiment aus den Polizeibataillonen 251, 255 und 256 gebildet
- (SS-)Polizei-Regiment 27
- Anfang 1942 in Norwegen der Stab des Polizei-Regiments Südnorwegen aufgestellt, am 9. Juli 1942 wurde der Stab in Polizei-Regiment 27 umbenannt und das neue Regiment aus den Polizeibataillonen 319, 321, 9 und 44 gebildet
- (SS-)Polizei-Regiment Todt (Nr. 28)
- im November 1942 zur Sicherung der in den besetzten Gebieten eingesetzten Einheiten der Organisation Todt aufgestellt, aus den Polizei-Bataillonen 33, 62 und 69 gebildet
- SS-Polizei-Regiment 29
- am 16. April 1945 aus den Resten des SS-Polizei-Regiments 1 aufgestellt und der Polizei-Brigade Wirth (später 35. SS- und Polizei-Grenadier-Division) unterstellt.
- SS-Polizei-Regiment 30
- am 16. April 1945 aus den Resten des SS-Polizei-Regiments 2 aufgestellt und der Polizei-Brigade Wirth (spätere 35. SS-Polizei-Grenadier-Division) unterstellt.
- (SS-)Polizei-Regiment 50
- im Februar 1945 bei der Heeresgruppe Weichsel aus den Resten zerschlagener SS-Polizei-Regimenter gebildet
- (SS-)Polizei-Regiment Bozen
- zum 1. Oktober 1943 aufgestellt in Südtirol, am 16. April 1944 folgte die Umbenennung in SS-Polizei-Regiment Bozen. Siehe dazu Attentat in der Via Rasella und Massaker in den Ardeatinischen Höhlen.
- (SS-)Polizei-Regiment Brixen
- im Oktober 1944 aus Angehörigen des SS-Polizei-Regiments 26 sowie aus Südtiroler Rekruten aufgestellt, am 29. Januar 1945 Umbenennung in SS-Polizei-Regiment Brixen
- (SS-)Polizei-Regiment Schlanders
- im Oktober 1944 aus Angehörigen des Südtiroler Ordnungsdienstes aufgestellt, am 29. Januar 1945 Umbenennung in SS-Polizei-Regiment Schlanders
- (SS-)Polizei-Regiment Alpenvorland
- im Oktober 1944 aus Südtiroler Rekruten aufgestellt, am 29. Januar 1945 Umbenennung in SS-Polizei-Regiment Alpenvorland
Polizei-Schützenregimenter
Am 18. September 1939 erfolgte die Aufstellung einer Polizei-Division aus Angehörigen der Ordnungspolizei. Sie bestand u. a. aus den Polizei-Schützenregimentern 1 bis 3. Diese wurden am 24. Februar 1942 in SS-Panzergrenadier-Regimenter überführt. Neue Polizei-Schützen-Regimenter entstanden auf Grund des Erlasses des Reichsführers SS und Chef der Deutschen Polizei Heinrich Himmler vom 29. März 1943.
- Polizei-Schützen-Regiment 31
- am 21. April 1943 aufgestellt aus dem I. Bataillon des (SS-)Polizei-Regiments 12 und aus ukrainischen Schutzmannschaften
- Polizei-Schützen-Regiment 32
- am 21. April 1943 in Bialystok aufgestellt aus dem I. Bataillon des (SS-)Polizei-Regiments 17 und aus ukrainischen Schutzmannschaften
- Polizei-Schützen-Regiment 33
- am 21. April 1943 in der Ukraine aufgestellt aus dem I. Bataillon des (SS-)Polizei-Regiments 20 und aus ukrainischen Schutzmannschaften
- Polizei-Schützen-Regiment 34
- am 21. April 1943 in Bialystok aufgestellt aus dem I. Bataillon des (SS-)Polizei-Regiments 21 und aus ukrainischen Schutzmannschaften
- Polizei-Schützen-Regiment 35
- am 21. April 1943 in Litzmannstadt aufgestellt aus dem I. Bataillon des (SS-)Polizei-Regiments 21 und aus ukrainischen Schutzmannschaften; Polizei-Schützen-Regiment 36
- Polizei-Schützen-Regiment 37
- Ende November 1943 in Süd-Russland durch den Befehlshaber der Ordnungspolizei Rowno aus ukrainischen Schutzmannschaften aufgestellt, bestand bis April 1944
- Polizei-Schützen-Regiment 38
- im August 1944 beim Höheren SS- und Polizeiführer „Schwarzes Meer“ in Galatz in Rumänien gebildet
Kriegsverbrechen
Beim Überfall auf Polen waren die Polizeibataillone bereits ab September 1939 im Einsatz und wurden anfangs für die Gefangennahme versprengter Soldaten, das Bergen des vom Gegner zurückgelassenen Kriegsgerätes und zur Bewachung von Kriegsgefangenenlagern eingesetzt.
Im weiteren Verlauf des Krieges begingen die Polizeieinheiten auch zahlreiche Kriegsverbrechen wie Verschleppungen und Massenmorde und waren mit den Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei und des SD verstrickt, die beim Überfall auf Polen 1939, im Balkanfeldzug 1941 und vor allem im Krieg gegen die Sowjetunion 1941–1945 der Umsetzung der nationalsozialistischen Rassenideologie und Völkermordpolitik dienten.
Klemp kommt in seiner Studie zu dem Schluss, dass direkten Aktionen der ca. 50.000 Polizei-Bataillonsangehörigen "mindestens eine halbe Million Menschen" zum Opfer fielen. Er hatte dafür Daten zu 125 Bataillonen ermittelt. Mindestens 75 davon standen im Verdacht, direkt oder indirekt an Massenverbrechen beteiligt gewesen zu sein. In der Bundesrepublik wurde ab 1954 gegen Angehörige verschiedener Bataillons ermittelt, es kam zu zahlreichen Verurteilungen, auch wenn die Ermittlungen teilweise sehr zögerlich geführt wurden.
Literatur
- Georg Tessin: Zur Geschichte der Ordnungspolizei 1936–1945 Teil II: Die Stäbe und Truppeneinheiten der Ordnungspolizei, Bundesarchiv Koblenz, 1957.
- Christoph Hartung von Hartungen, Reinhold Staffler, Werner Hanni, Klaus Menapace: Die Südtiroler Polizeiregimenter 1943–1945. In Der Schlern. Monatszeitschrift für Südtiroler Landeskunde 55. Jahrgang, Heft 10 1981, S. 494–516.
- Stefan Kühl: Ganz normale Organisationen: Zur Soziologie des Holocaust. Suhrkamp, Berlin 2014, ISBN 978-3-518-29730-8.
- Wolfgang Benz, Konrad Kwiet (Zentrum für Antisemitismusforschung, Technische Universität Berlin): Jahrbuch für Antisemitismusforschung, Bände 7–8, Campus, 1998.
- Stefan Klemp: „Nicht ermittelt“. Polizeibataillone und die Nachkriegsjustiz. Ein Handbuch. Essen, 2. Auflage 2011. ISBN 978-3-89861-381-1.