Paneuropäischer Verkehrskorridor VIII
Der Paneuropäische Verkehrskorridor VIII ist eine Verkehrsachse von Albanien über Nordmazedonien nach Bulgarien. Paneuropäische Verkehrskorridore sind wichtige internationale Verkehrsachsen, die jeweils auf Schiene und Straße, teilweise auch kombiniert, zum wirtschaftlichen Warenaustausch und Aufschwung in Osteuropa beitragen sollen. Der Korridor ist in Albanien und Bulgarien eine wichtige wirtschaftliche Verkehrsader.
Der Paneuropäische Verkehrskorridor VIII – in Albanien meist nur als Korridor VIII bezeichnet – verbindet als West-Ost-Achse im südlichen Balkan die albanischen Adria-Häfen mit dem Schwarzen Meer und gilt als kombinierte Verkehrsachse. Bulgarien und Nordmazedonien sollen dadurch einen verbesserten Zugang nach Westen erhalten. Albanien wie auch die anderen Länder erhoffen sich dadurch einen wirtschaftlichen Aufschwung.
Eine durchgehende Eisenbahnverbindung ist in naher Zukunft nicht realistisch. In Albanien besteht zwar eine Eisenbahnlinie bis zum Ohridsee. Diese ist jedoch in einem schlechten Zustand, die Züge verkehren nur einmal täglich, und die Fahrt dauert wegen der niedrigen Geschwindigkeit mehrere Stunden. In Nordmazedonien gibt es keine Ost-West-Verbindung. In Richtung Albanien verkehren die Eisenbahnen bis Kičevo, nach Bulgarien besteht keine Verbindung. Bereits 1910 wurde der heutige bulgarisch-nordmazedonischer Grenzort Gjueschewo an das bulgarische Eisenbahnsystem angeschlossen.[1]
Verlauf und Stand des Ausbaus
Nr. | Streckenverlauf | Länge (km) | ||||
---|---|---|---|---|---|---|
VIII | Albanien | Nordmazedonien | Bulgarien | 1.300 | ||
Durrës und Vlora – Elbasan | – | Struga – Tetovo – Skopje – Kriva Palanka | – | Kjustendil (Bulgarien) – Pernik – Sofia – Plowdiw – Burgas und Warna |
Albanien
Die gesamte Strecke des Korridors in Albanien befindet sich in einem neuwertigen Zustand. Die Nationalstraßen folgen mehrheitlich der antiken Römerstraße Via Egnatia und wurden im 21. Jahrhundert ausgebaut beziehungsweise erneuert. Dahingegen befinden sich die Eisenbahnstrecken der Hekurudha Shqiptare im schlechten Zustand. Die Waggons sind alt und fahren nur einmal täglich; auf der Strecke zwischen Elbasan und Pogradec wurde der Verkehr gänzlich eingestellt.
Vom Hafen Durrës, wo der Verkehrskorridor VIII beginnt, führt die SH 4 entlang der Bucht von Durrës als ausgebaute Autobahn über den Touristenort Golem nach Kavaja, umfährt diese Stadt und nimmt bei Rrogozhina das Teilstück von Vlora auf, das durchwegs als Autobahn oder Schnellstraße ausgebaut ist. Dieses Teilstück ist zwischen Rrogozhina und Fier ebenfalls als SH 4 markiert, von Fier nach Vlora ist sie als SH 8 gekennzeichnet. Bei Rrogozhina führt der Korridor VIII weiter als SH 7 über Peqin in die Industriestadt Elbasan und folgt dem Fluss Shkumbin bis zum Pass Qafë Thana, wo der Korridor als SH 9 zur nordmazedonischen Grenze unweit des Ohridsees führt. Die gesamte Strecke von Rrogozhina nach Nordmazedonien ist zu einer neuwertigen, aber teilweise kurvenreichen Straße ausgebaut.
Auch die Häfen von Durrës und Vlora wurden modernisiert und erweitert. Pläne zur Erweiterung der Strecke Rrogozhina–Nordmazedonien zu einer Autobahn bestehen momentan nicht.
Nordmazedonien
In der Achse des Korridors sind die teilweise schon existenten, teilweise aber auch erst geplanten Autobahnen M2 und M3 inbegriffen. Die Nordumfahrung der Hauptstadt Skopje wurde am 22. Juni 2009 für den Verkehr freigegeben.[2] Eine Autobahn zwischen Gostivar und der albanischen Grenze in der Nähe von Struga (M4) ist seit Jahren in Bau. Tetovo ist mit Skopje per Autobahn verbunden. Zwischen Kumanovo und der bulgarischen Grenze wird eine Schnellstraße geplant.
Für den gesamten Korridor wird zudem eine durchgehende Eisenbahnverbindung geplant, wobei für die Strecke Skopje–Sofia bereits im Jahr 1897 Pläne erstellt wurden.[1] Ende Dezember 2021 wurde erklärt, dass der Bau und Ausbau der Strecke von Kumanovo bis Gjuschewo in Bulgarien bis 2035 fertig gestellt werden soll, nachdem die Arbeiten mehrfach von nordmazedonische Seite verschoben worden waren.[3] Die ausführliche Planung der 63 Kilometer langen Eisenbahn-Neubaustrecke von Kičevo bis zur albanischen Grenze am Ohridsee wurde im Dezember 2012 ausgeschrieben. Der Planungsauftrag sollte nach 24 Monaten ausgeführt sein.[4]
Im September 2012 erklärte Ministerpräsident Nikola Gruevski, dass die Regierung unter der Führung der VMRO-DPMNE im Jahr 2013 voraussichtlich mit den Ausbauarbeiten zu einer Autobahn auf der Strecke Gostivar-Kičevo beginnen wird.[5] Am 12. November 2013 unterschrieb die nordmazedonische Regierung zusammen mit der chinesischen Sinohydro Corporation Limited ein Abkommen zum Bau der Autobahnen Skopje–Štip und Kičevo–Ohrid. Letztere ist Teil des Paneuropäischen Verkehrskorridors VIII. Die Bauarbeiten zu den beiden Strecken haben 2016 begonnen und mehr als 600 Millionen Euro gekostet.[6][7] Die Autobahnen werden pro Fahrtrichtung zwei Fahrstreifen und einen Seitenstreifen beinhalten, in der Mitte getrennt durch einen Grünstreifen. Die Autobahn Kičevo–Ohrid wird eine Länge von 56,7 Kilometern und eine Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h haben – Ende 2021 wurde die Fertigstellung innerhalb von zwei Jahren angekündigt.[8][9][10] Eine Machbarkeitsstudie für den Ausbau der Strecke Tetovo–Kičevo wurde Anfang 2021 angekündigt.[11]
Bulgarien
In Bulgarien ist die 360 Kilometer lange Autobahn Thrakien, die Burgas mit Sofia verbindet, seit August 2013 fertiggestellt. Ihr Weiterverlauf nach Westen, die Awtomagistrala Ljulin von Sofia bis Pernik, wurde bereits im Frühjahr 2011 eröffnet. In Projektarbeit befindet sich auch der Ausbau der zweispurigen Straße von Pernik über Kjustendil zur nordmazedonischen Grenze beim Grenzübergang Gjueschewo. 2022 verlegte die bulgarische Regierung den Verlauf des Korridors ab Kjustendil. So soll dieser in Absprache mit der Europäische Kommission und dem TEN-T Kernnetzkorridor Orient / Östliches Mittelmeer von Kjustendil in östlicher Richtung nach Dupniza zur Autobahn Struma folgen. Von dort aus soll eine zukünftige Autobahn Rila die Verbindung über Saparewa Banja und Samokow zur Autobahn Thrakien und Autobahn Hemus herstellen. Damit wird die bulgarische Hauptstadt südlich vom Witoscha-Gebirge umfahren. Bis zur Bau der Autobank Rila wird die Verbindung in nördlicher Richtung via der Sofioter Ringstraße erfolgen.[12]
Die Eisenbahnlinie von der nordmazedonischen Grenze über Kjustendil bis Radomir befindet sich in einem schlechten Zustand und ist nicht elektrifiziert, die Höchstgeschwindigkeit beträgt in vielen Teilen nur 25 km/h. Von dort über Sofia und Plowdiw bis nach Warna ist die Strecke elektrifiziert und wird bereits für eine Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h fertiggestellt.
Im Rahmen der Strecke Kumanovo – Gjuschewo muss Bulgarien, da Gjuschewo ein Grenzort ist, nur ein paar Kilometer Gleis verlegen, welches größtenteils in einem bereits existierenden Tunnel liegen wird, der später in Nordmazedonien aufhört.
Film
2008 präsentierte der bulgarische Regisseur Boris Despodow auf der Berlinale den Dokumentarfilm Corridor #8. Hintergrund war eine Reise, die er von Sofia nach Tirana organisieren wollte, was jedoch als unmöglich erschien. Boris Despodow hat daraufhin die Strecke von Burgas nach Durrës abgefahren und filmte das Alltagsleben der Menschen entlang dieser Trasse.[13]
Einzelnachweise
- Еврокоридор 8 затъва в глуха линия (Der Korridor VIII auf dem Abstellgleis?). In: mediapool.bg. 12. Oktober 2011, abgerufen am 12. Oktober 2011 (bulgarisch).
- Pressemeldung vom 23. Juni 2009 bei novost
- MEMORANDUM of Understanding zwischen der Republik Bulgarien, der Republik Albanien und der Republik Nordmazedonien über die Zusammenarbeit beim Bau einer nachhaltigen Infrastruktur entlang des Korridors VIII als Verhandlungsgrundlage. In: Bulgarisches Verkehrsministerium. Abgerufen am 10. Januar 2022 (bulgarisch).
- Ausarbeitung eines ausführlichen Entwurfs und von Ausschreibungsunterlagen für den Bau eines neuen Eisenbahnabschnitts von Kicevo bis zur Grenze mit der Republik Albanien als Bestandteil des Korridors VIII sowie von Ausschreibungsunterlagen für die Bauaufsicht. Tenders Electronic Daily, abgerufen am 21. Dezember 2012.
- Gruevski: 'Në vitin 2013 fillon ndërtimi i autostradave'. (Nicht mehr online verfügbar.) In: Alsat-M. 23. September 2012, archiviert vom Original am 25. September 2012; abgerufen am 24. September 2012 (albanisch). Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Highway from Skopje to Ohrid and Miladinovci to Štip. In: InvestInSEE.com. Juni 2018, abgerufen am 22. September 2019 (englisch).
- Corridor VIII Highway - from Skopje to Ohrid. In: InvestInSEE.com. Mai 2019, abgerufen am 22. September 2019 (englisch).
- Për 580 milionë euro kinezët do t’i ndërtojnë dy autostradat drejt Ohrit e Shtipit (Für 580 Millionen Euro werden die Chinesen die Autobahnen nach Ohrid und Štip bauen). (Nicht mehr online verfügbar.) In: Struga Sot. Archiviert vom Original am 16. Dezember 2013; abgerufen am 16. Dezember 2013 (albanisch). Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Kičevo–Ohrid Highway. In: The People's Map of Global China. 20. Oktober 2021, abgerufen am 12. Januar 2022 (englisch).
- Skopje-Ohrid highway ready in 2024 | txtreport.com. In: txtreport.com. 22. Dezember 2021, abgerufen am 12. Januar 2022 (englisch).
- Dragana Petrushevska: N. Macedonia plans construction of Gostivar-Tetovo highway. In: SeeNews. 1. Februar 2021, abgerufen am 12. Januar 2022 (englisch).
- Lili Granitska: Vierter Grenübergang soll zwischen Bulgarien und Nordmazedonien bis 2023 im Betrieb genommen werden. In: mediapool.bg. 25. Januar 2022, abgerufen am 1. Februar 2022 (bulgarisch).
- Der Film:Corridor #8 auf der Berlinale 2008