Niagara (Film)
Niagara ist ein US-amerikanischer melodramatischer Thriller im Stil des Film noir aus dem Jahre 1953. Regie führte Henry Hathaway, in den Hauptrollen sind Marilyn Monroe, Joseph Cotten und Jean Peters zu sehen. Die Filmpremiere fand in den Vereinigten Staaten am 22. Januar 1953 statt. Der Film zeigt Monroe in der Rolle einer ruchlosen Ehefrau als Femme fatale. Vor der grandiosen Kulisse der Niagarafälle wird ihre erotische Ausstrahlung eindrucksvoll in Szene gesetzt. Die Charakterrolle war Monroes Durchbruch zum Filmstar.
Film | |
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Titel | Niagara |
Originaltitel | Niagara |
Produktionsland | Vereinigte Staaten |
Originalsprache | Englisch |
Erscheinungsjahr | 1953 |
Länge | 92 Minuten |
Altersfreigabe | FSK 16[1] |
Stab | |
Regie | Henry Hathaway |
Drehbuch | Charles Brackett Walter Reisch Richard L. Breen |
Produktion | Charles Brackett für 20th Century Fox |
Musik | Sol Kaplan |
Kamera | Joseph MacDonald |
Schnitt | Barbara McLean |
Besetzung | |
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→ Synchronisation |
Handlung
Polly und Ray Cutler holen ihre Flitterwochen auf der kanadischen Seite der Niagarafälle nach, wo sie im (fiktiven) Motel „Rainbow Cabins“ logieren. Hier lernen sie die attraktive Rose Loomis und ihren Mann George kennen. George war nach dem Koreakrieg in einer Nervenheilanstalt des Militärs und leidet noch immer unter den Kriegserlebnissen. Rose gibt vor, sich große Sorgen um ihren Mann zu machen. Bei einer Besichtigung der Niagarafälle sieht Polly sie jedoch in inniger Umarmung mit einem Mann namens Ted Patrick.
Rose und Ted haben einen perfiden Plan geschmiedet. Um ihren Ehemann loszuwerden, soll Ted ihm auf einem seiner einsamen Spaziergänge zu den Niagarafällen auflauern und ihn in einem unbeobachteten Moment erschlagen. Dann soll er ihn in die Fälle stürzen, sodass es wie ein Unfall aussieht. Tatsächlich wird George kurz darauf vermisst. Wenig später wird eine männliche Leiche aus dem Wasser gefischt. Als Rose zur Identifizierung ihres Ehemannes ins Leichenschauhaus gerufen wird, bricht sie zusammen. Nicht ihr Gatte liegt tot vor ihr, sondern ihr Geliebter Ted.
Polly entdeckt George kurze Zeit später an den Niagarafällen. Sie will weglaufen, doch George hält sie fest und gesteht ihr, Ted in Notwehr getötet zu haben. Er bittet Polly, niemandem von seinem Überleben zu erzählen, und dass er woanders ein neues Leben ohne Rose beginnen will. Als die Polizei bei den Cutlers erscheint und Fragen stellt, gesteht Polly jedoch, George Loomis lebend gesehen zu haben. Doch weder Ray noch die Polizei glauben ihr.
George hat von Polly erfahren, dass Rose nach einem Nervenzusammenbruch im Krankenhaus liegt. Von dort flieht Rose aus Angst vor der Rache ihres Mannes. Doch George entdeckt sie, als sie mit dem Bus von Kanada nach Chicago fahren will. Rose flüchtet in den Rainbow Tower, den Glockenturm in der Nähe der Fälle. George folgt ihr bis in die oberste Etage und erwürgt sie. Seiner toten Frau gesteht er, dass er sie über alles geliebt hat.
George stiehlt eines der Ausflugsboote, um in die Vereinigten Staaten zu flüchten. Mit ebendiesem Boot wollten die Cutlers mit Mr und Mrs Kettering zum Angeln fahren. Als er versucht, das Boot zu starten, kommt Polly an Bord. Sie will ihn von seinem Vorhaben abbringen und fordert ihn auf, sich der Polizei zu stellen. Doch George stößt sie weg. Sie stürzt und wird bewusstlos. Als sich die Polizei nähert, legt er ab. Nach kurzer Zeit geht das Benzin aus, das Boot wird von den Stromschnellen des Niagara erfasst und nähert sich den Wasserfällen. Die verzweifelten Versuche, das Boot auf Grund zu setzen, scheitern. In letzter Sekunde kann George Polly dabei helfen, sich auf einen Felsen zu retten. Das Boot stürzt mit George in die Tiefe. Polly wird von einem Hubschrauber gerettet.
Hintergrund
Niagara wurde in Technicolor gedreht. Die treibende Kraft bei dem Projekt war der Produzent und Drehbuchautor Charles Brackett, der heute vor allem noch für seine langjährige Zusammenarbeit mit Billy Wilder bekannt ist. Brackett lebte viele Jahre in der Umgebung von Niagara Falls und wollte dort einen optisch möglichst beeindruckenden Film spielen lassen. Walter Reisch, sein Ko-Drehbuchautor, gab ihm die Idee, einen Thriller daraus zu machen: „Jeder, der den Namen Niagara hört, denkt an Frischvermählte und an irgendeine sentimentale Geschichte einer jungen Frau, die sich in der Hochzeitsnacht mit ihrem Ehemann streitet, nur um sich kurz darauf wieder mit ihm zu versöhnen. Es wäre dumm, den Film mit Sonja-Henie-Tricks oder Esther-Williams-mäßigen Schwimmextravaganzen zu machen. Ich würde daraus eine Krimigeschichte machen, mit einem richtigen Mord darin...“, erinnerte sich Reisch später an sein Argument.[2]
Während der Dreharbeiten wohnten Marilyn Monroe, Joseph Cotten und Jean Peters im Hotel Crowne Plaza Niagara Falls in Niagara Falls in der Provinz Ontario. Das Motel mit den Bungalows wurde als Filmset extra für den Film für über 25.000 US-Dollar direkt gegenüber den berühmten Wasserfällen im Queen Victoria Park gebaut.[3] Monroe spielt nicht – wie in ihren meisten Rollen – eine naive Blondine, sondern eine Femme fatale. Die Idee, Monroe die ungewöhnliche Rolle zu geben, kam vom Darryl F. Zanuck, dem Studioboss von 20th Century Fox, und stieß zunächst bei den Drehbuchautoren auf Unverständnis – Monroe war über diese Abwechslung von ihrem üblichen Rollenschema glücklich. Reisch erinnerte sich an einen weiteren Konflikt mit Zanuck und Regisseur Hathaway, die gegen ihren Willen einige Szenen mit der Polizei kürzten.[2] Eine Szene, in der Monroe kurz vor dem Mord an ihrer Figur in Angst die Straße entlanggeht, wurde extra in Überlänge gedreht, um ihren berühmten Gang zu zeigen. Daraufhin wurde spekuliert, dass absichtlich ein Schuhabsatz gekürzt war, damit dieser Gang entsteht. Die Szene soll außerdem den Rekord halten, der längste in einem Schnitt gefilmte Gang in einem Spielfilm in der gesamten Filmgeschichte zu sein.[3] Ein Pressefoto von Marilyn Monroe, das für Niagara angefertigt wurde, war das Ausgangsbild für Andy Warhols Marilyn Diptych.
Das für den Film wichtige, mehrmals erklingende Lied Kiss wurde von Lionel Newman und Haven Gillespie komponiert.
An den Kinokassen wurde Niagara ein Erfolg: Bei einem Budget von rund 1,25 Millionen US-Dollar nahm er alleine in den USA über 2,3 Millionen US-Dollar ein und zählte dort zu den Hits des Kinojahres 1953.[4] Niagara war der erste Film, bei dem Monroe im Vorspann an erster Stelle genannt wurde, und befeuerte ihren Aufstieg vom Starlet zu einer der größten Hollywood-Legenden.
Drehorte und Drehdauer[5]
- Rainbow Tower, Ontario, Canada (Mordszene)
- Niagara Falls, Ontario, Canada
- 3620 Bridgewater Street, Niagara Falls, Ontario, Canada (Pier, wo das Boot gestohlen wird)
- Rainbow Bridge Complex, Niagara Falls, Ontario, Canada (Bushaltestelle)
- Cave of the Winds, Niagara Falls State Park, Niagara Falls, New York, USA (Polly begegnet George auf dem Ausflug mit den Ketterings)
- Queen Street and Erie Avenue, Niagara Falls, Ontario, Canada (Queen Street Polizeistation und Stadthalle)
- 6650 Niagara Parkway, Niagara Falls, Ontario, Canada (Reise hinter den Wasserfällen)
- Inspiration Point at Queen Victoria Park, Niagara Falls, Ontario, Canada (Rainbow Cabins-Motel)
- Zimmermann Avenue und Park Street, Niagara Falls, Ontario, Canada (Leichenschauhaus)
- 1 Prospect Street, Niagara Falls, New York, USA (Maid of the Mist - Bootstour an den Niagarafällen)
- Stage 5, 20th Century Fox Studios – 10201 Pico Boulevard, Century City, Los Angeles, California, USA
Gedreht wurde von Juni bis Juli 1952.
Deutsche Fassung
Die deutsche Synchronbearbeitung entstand 1953 in den Ateliers der Ultra Film Synchron GmbH in Berlin.[6]
Rolle | Darsteller | Synchronsprecher |
---|---|---|
Rose Loomis | Marilyn Monroe | Margot Leonard |
George Loomis | Joseph Cotten | Wolfgang Lukschy |
Polly Cutler | Jean Peters | Edith Schneider |
Ray Cutler | Casey Adams | Harald Juhnke |
Inspektor Starkey | Denis O’Dea | Siegfried Schürenberg |
Mr. Kettering, Rays Firmenchef | Don Wilson | Erich Fiedler |
Mrs. Kettering | Lurene Tuttle | Alice Treff |
Morris | Norman McKay | Kurt Waitzmann |
Mr. Qua | Russell Collins | Clemens Hasse |
Der Kino-Start des Films in der Bundesrepublik Deutschland war am 9. Oktober 1953, die deutsche Fernseh-Erstausstrahlung am 18. Mai 1970 um 20.15 Uhr in der ARD.[1][7]
Kritiken
A. H. Weiler war in der The New York Times voll des Lobes für Marilyn Monroe: „20th Century Fox schert sich offenbar nicht darum, dass es nur sieben Weltwunder gibt, denn sie hat zwei weitere entdeckt und stellt diese in Technicolor in dem Film Niagara vor. Die Produzenten machen nämlich von der Pracht der Wasserfälle und der umliegenden Landschaft als auch von der Pracht des Namens Marilyn Monroe optimalen Gebrauch. Die Aussicht ist in beiden Fällen atemberaubend. Und wenn einer bemängeln wollte, dass das Melodram, in das die Wasserfälle und Miss Monroe verstrickt werden, doch wohl nicht gerade von der spektakulärsten Sorte ist, so hätte er da völlig recht. Aus welchem Blickwinkel man sie auch betrachtet – die Wasserfälle und Miss Monroe lassen einem einigermaßen aufmerksamen Zuschauer sicher nichts zu wünschen übrig... Vielleicht ist Miss Monroe für diesen Punkt als Schauspielerin nicht perfekt genug. Doch weder den Regisseur noch die Kameramänner scheint das gestört zu haben. Ob Nachthemd oder nicht minder gewagtes enges Kleid – ihnen ist keine Kurve entgangen. Und sie haben recht anschaulich verdeutlicht, wie verführerisch sie sein kann – selbst beim Gehen.“[8]
In deutschen Kritiken wurde Niagara überwiegend positiv bewertet. Die Katholische Filmkritik (6000 Filme) schrieb 1963: „‚Amerikanisches Ehedrama mit geschickter Verwendung von Naturschönheiten.‘ Einstufung: Für Erwachsene, mit Vorbehalten.“[9] Der ebenfalls katholische Filmdienst urteilte später: „Ehedrama mit Thrillerelementen und einer geschickten Einbeziehung der spektakulären Schauplätze. Streckenweise spannend, aber psychologisch völlig unglaubwürdig und dank der dick aufgetragenen Klischees manchmal hart an der Grenze zur unfreiwilligen Komik.“[1]
Prisma Online ist positiv gestimmt: Henry Hathaway inszenierte seinen berühmten Film noir vor der beeindruckenden Kulisse der tosenden Niagarafälle. Ganz im Stil von Hitchcock steigert Hathaway immer weiter die Spannung, man denke nur an die atemberaubende Szene im Glockenturm. Teuflisch gut: die Monroe in der Rolle des männermordenden Vamps, die im Jahr zuvor bereits in dem Episodenfilm ‚Fünf Perlen‘ mit Hathaway zusammengearbeitet hatte.[10] Adolf Heinzlmeier und Berndt Schulz gaben dem Film in ihrem Lexikon „Filme im Fernsehen“ eine Wertung mit 3 Sternen (= sehr gut): Es sei ein „(…) böser Film um Abgründiges mit einer nervtötend präsenten Marilyn Monroe; ein überragender Kameramann (Joe MacDonald) setzt die erotische Ausstrahlung des Stars ebenso eindrucksvoll ins Bild wie die Szenerie des US-Flitterwochenziels Niagara Falls.“[11]
DVD-Veröffentlichung
- Niagara. Reihe „Große Film-Klassiker“. Twentieth Century Fox Home Entertainment 2003
Weblinks
- Niagara in der Internet Movie Database (englisch)
- Niagara bei cinema (mit Filmbildern)
Einzelnachweise
- Niagara. In: Lexikon des internationalen Films. Filmdienst, abgerufen am 16. September 2017.
- Backstory 2. Abgerufen am 16. April 2019.
- Niagara (1953) – Trivia. In: Internet Movie Database. Abgerufen am 16. April 2019.
- The Top Box Office Hits of 1953, Variety, 13. Januar 1954
- Niagara (1953) - IMDb. Abgerufen am 8. April 2021.
- Thomas Bräutigam: Lexikon der Film- und Fernsehsynchronisation. Mehr als 2000 Filme und Serien mit ihren deutschen Synchronsprechern etc. Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 2001, ISBN 3-89602-289-X, S. 275
- Diese Woche im Fernsehen Spiegel Online, 10. Mai 1970, abgerufen am 7. April 2021
- Niagara Falls Vies With Marilyn Monroe. In: The New York Times. 22. Januar 1953, ISSN 0362-4331 (nytimes.com [abgerufen am 16. April 2019]).
- 6000 Filme. Kritische Notizen aus den Kinojahren 1945 bis 1958. Handbuch V der katholischen Filmkritik, 3. Auflage, Verlag Haus Altenberg, Düsseldorf 1963, S. 322.
- Niagara. In: prisma. Abgerufen am 7. April 2021.
- Adolf Heinzlmeier, Berndt Schulz in Lexikon „Filme im Fernsehen“ (Erweiterte Neuausgabe). Rasch und Röhring, Hamburg 1990, ISBN 3-89136-392-3, S. 607–608.