Nehrung
Eine Nehrung (von mittelhochdeutsch nare „Landenge“ bzw. litauisch Neringa „hineinstecken“) ist ein schmaler Sandstreifen, der ein Haff vom offenen Meer abtrennt. Nehrungen sind typisch für gezeitenlose Meere wie die Ostsee. Schließt sich eine Nehrung, wird das abgetrennte Haff zur Lagune.
Entstehung
Die Entstehung einer Nehrung erfordert ein flaches Küstenvorfeld, einen ausreichend großen Sedimentvorrat und einen geringen oder fehlenden Tidenhub. Bei stärkerem Tidenhub entstehen Barriereinseln, ist der Tidenhub höher als 4 m, entstehen Sandbänke. Eine Nehrung entsteht bei der Bildung einer Ausgleichsküste aufgrund von Sedimentverdriftung durch küstenparallele Strömungen an Stellen, wo sich die Küstenlinie gegenüber der Strömungslinie landeinwärts wendet. Dort wird das von der Strömung mitgeführte Sediment zunächst als Strandhaken abgelagert, der zu einer Nehrung weiterwachsen kann.[1] Der durch die Nehrung vom Meer weitgehend abgetrennte Teil wird Haff oder Bodden genannt und enthält Brackwasser, da er einerseits durch Süßwasserzufluss zunehmend ausgesüßt wird und andererseits nur ein geringfügiger Wasseraustausch mit dem offenen Meer besteht. Die Stelle, an der Zuflüsse die Nehrung durchbrechen und ins offene Meer münden, wird Tief genannt. Bei einer geschlossenen Nehrung bezeichnet man das abgetrennte Gewässer als Lagune.
Häufig bilden sich auf Nehrungen sekundär Dünen.
Beispiele
Große Nehrungen
Kurische Nehrung, Ostsee |
zwischen Ostsee und Kurischem Haff, nördlich der Halbinsel Samland, Litauen und Russland | |
Frische Nehrung, Ostsee |
zwischen Ostsee und Frischem Haff, südlich der Halbinsel Samland, Polen und Russland | |
Halbinsel Hel, Ostsee |
in der Danziger Bucht; früher Putziger Nehrung genannt, Polen | |
Inseln Lido, Pellestrina und Sottomarina, im Mittelmeer |
zwischen Adria und der Lagune von Venedig, Italien | |
Fire Island, Atlantik |
südlich von Long Island in den Vereinigten Staaten |
Ostseeraum
- Der Priwall vor Travemünde
- Die Schaabe als Teil von Rügen
- Die Schmale Heide als Teil von Rügen
- Der Bug als Teil von Rügen
- Die dän. retodde genannte Landzunge auf Livø
Nehrungen finden sich in der Ostsee in der Schleimündung, in der Flensburger Förde auf der Halbinsel Holnis, an der Kieler Außenförde bei Wendtorf, in der Hohwachter Bucht, auf Fehmarn (Grüner Brink, Krummsteert), zwischen Fischland und Darß, Darß und Zingst, Zingst und Großer Werder, Kleine Werder und Bock, auf Vilm (Großer Haken) sowie Altbessin und Neubessin auf Hiddensee. Ferner finden sich auch im Bereich der Nordsee kleinere Nehrungshaken am Sylter Ellenbogen und der Amrumer Odde.
Nordseeküste
- Agger Tange und Harboøre Tange, die den Limfjord von der Nordsee trennen; in Dänemark
- Bøvling Klit am Nissum Fjord
- Holmsland Klit am Ringkøbing Fjord
- Orford Ness an der Südostküste von Großbritannien, größte bewachsene Nehrung mit Kiesboden
Frankreich
An der Mittelmeerküste Frankreichs gibt es zahlreiche Nehrungen; die dort zahlreichen flachen Küstenseen (étangs) werden durch sie vom offenen Meer abgetrennt (z. B. Étang de Canet-Saint-Nazaire, Étang de Leucate, Étang de Thau, Étang de l’Or, Étang de Vaccarès, Étang de Berre).
Marokko
Das sogenannte Mar Chica („kleines Meer“) bei der marokkanischen Stadt Nador ist einer der größten Lagunenseen Afrikas; es ist durch eine knapp 20 km lange Nehrung mit nur einer Öffnung vom Mittelmeer abgetrennt.
Ukraine
Eine Reihe von Nehrungen prägen die Nordküste des Asowschen Meeres. Mit 115 km die längste ist die Arabat-Nehrung zwischen der Halbinsel Krim und dem Gebiet Cherson auf dem ukrainischen Festland. Östlich liegen etwa die Fedotowa-Nehrung, die Berdjanska-Nehrung und die Ejskaja-Nehrung.
Mexiko
Die Südküste des Golfs von Mexiko ist von zahlreichen Lagunenseen mit zumeist palmenbewachsenen Nehrungen gesäumt; die größte ist die Laguna de Términos.
Japan
Die Sandbank Amanohashidate in der Miyazu-Bucht in der japanischen Präfektur Kyoto.