Michail Maratowitsch Fridman
Michail Maratowitsch Fridman (* 21. April 1964 in Lwiw, Ukrainische SSR, Sowjetunion, heute Ukraine) ist ein russisch-israelischer[1] Oligarch und einer der einflussreichsten Wirtschaftsführer Russlands.
Michail Fridman ist zusammen mit Pjotr Awen der Hauptgründer der Alfa Group, einem der größten privaten Industrie- und Finanzkonzerne in Russland. Er ist Aufsichtsratsvorsitzender der Alfa Group sowie in leitenden Positionen verschiedener Tochterunternehmen der Alfa Group, zum Beispiel als Vorsitzender des Direktorenrates der „Alfa-Bank“ – und mit 36 Prozent der Anteile deren größter Aktionär –, Vorsitzender des Direktorenrates der Öltochter „TNK-BP“, Mitglied des Direktorenrates von VimpelCom und des Aufsichtsrates der X5 Retail Group N.V.
Am 28. Februar 2022 setzte die Europäische Union ihn im Zusammenhang mit dem russischen Überfall auf die Ukraine 2022 auf die schwarze Liste und ließ sein gesamtes Vermögen im Zugriffsbereich der EU einfrieren.[2]
Leben
Herkunft
Fridman stammt aus einer in Lwiw ansässigen jüdischen Familie. Sein Vater hieß Marat Friedman und war in der Rüstungsindustrie tätig. Seine Eltern waren Ingenieure und Mitglieder der Kommunistischen Partei. Später wanderten sie nach Deutschland aus.[3]
Ausbildung
Fridman ging in Lwiw zur Schule. Danach studierte er bis 1986 in Moskau.[3]
Beruflicher Beginn
Seine Wirtschaftskarriere begann Fridman bereits als Student am Moskauer Institut für Stahl und Metalllegierungen mit verschiedenen in der damaligen Sowjetunion zum Teil noch illegalen Jobs, wie Fensterputzen, dem Betreiben einer Diskothek und im Theaterkarten-Geschäft. In der liberaleren Ära unter Gorbatschow gründete der zu dieser Zeit in einer Maschinenbaufirma angestellte Fridman Kooperativen in verschiedenen Sparten, beispielsweise ein Immobilienmakler-Büro für Ausländer, einen Zigaretten- und Parfümimport, einen Computerhandel, ein Labor zur Züchtung weißer Mäuse, einen Kurierdienst und die Firma „Alfa Foto“.
Alfa Group
Zwei Jahre nach seinem Studienabschluss gründete er 1988 gemeinsam mit weiteren Investoren die „Alfa Group“, die aufgrund ihrer lukrativen Geschäftsfelder rasant wuchs. Die „Alfa Group“ war verbunden mit dem Schweizer Unternehmen „ADP Trading“ und importierte Zucker, Tee, Zigaretten und andere Waren nach Russland. 1992 erhielt Alfa zudem die Lizenz für den Export russischen Öls. Aus diesem Anfang entwickelte sich die „Alfa Group“.
Sein Partner Pjotr Awen, ein Studienkollege des späteren Ministerpräsidenten Jegor Gaidar, war zu Beginn der 1990er Jahre russischer Minister für Außenhandel und wurde danach Direktor einer der größten privaten Geldinstitute Russlands, der „Alfa-Bank“.[4] Aufgrund dieser engen Beziehungen zu höchsten Stellen erhielt das Alfa-Konsortium zahlreiche lukrative Aufträge. In der Ära Jelzin waren diese Beziehungen noch relativ „zweitklassig“, seit Amtsantritt von Wladimir Putin sind sie „erstklassig“. Zu den Tochterfirmen gehört das Telekommunikationsunternehmen Altimo, das 2004 als Alfa Telecom gegründet worden war. Fridman war zeitweise Großaktionär beim drittgrößten russischen Ölkonzern TNK-BP. Am 16. März 2014 gab der deutsche Energiekonzern RWE die Einigung mit der von einem Investorenkonsortium um Fridman kontrollierten LetterOne Group mit Sitz in Luxemburg über den Verkauf ihres Öl- und Gas-Tochterunternehmens RWE Dea für 5,1 Milliarden Euro bekannt,[5] das dann mit der BASF-Tochter Wintershall fusionierte.[6]
Vermögen
Fridmans Privatvermögen wurde vom manager magazin (Stand 2006) auf umgerechnet etwa 9,7 Milliarden US-Dollar geschätzt (Platz 5 der 100 reichsten Russen), nach einem im September 2006 veröffentlichten Rating der polnischen Zeitschrift „Wprost“ sind es sogar geschätzte 12,4 Milliarden US-Dollar. Er ist der Sponsor des Alfa Jazz Fest.
Kritik
Fridman wird vorgeworfen, mitverantwortlich zu sein an der im November 2002 eingetretenen Umweltkatastrophe durch die Havarie des Öltankers „Prestige“ an der Küste Spaniens, der ihm über eine Offshorefirma indirekt gehörte. Obwohl mehrfach schwere technische Mängel an dem Schiff festgestellt worden waren, wie das nach der Katastrophe eingeleitete Untersuchungsverfahrens feststellen konnte, ließ er es weiterlaufen. Zudem entzog er mit dieser Offshorefirma angeblich enorme Gewinne der Versteuerung.[7]
Am 31. Januar 2005 erschien die Ausgabe der regierungskritischen Zeitung Kommersant mit nur vier Seiten und zahlreichen weißen Stellen. Sie enthielt nur einen Widerruf sowie den Text eines Urteils, mit dem sie zur Zahlung eines Schadensersatzes in Höhe von umgerechnet etwa 8,5 Millionen Euro an die Alfa Bank verurteilt worden war. Die Redaktion erklärte in einer Blattecke, die Ausgabe sei exklusiv der Alfa Bank und deren Chef Michail Fridman gewidmet, „auf dass sie ihm gefalle“.
Politische Ämter
Fridman ist Vorstandsmitglied der Russischen Industriellen- und Arbeitgebervereinigung, Mitglied der Russischen Öffentlichen Kammer (Общественная палата) und des Council on Foreign Relations sowie Vizevorsitzender des Russischen Jüdischen Kongresses.
EU-Sanktionen wegen russischen Angriffs auf die Ukraine 2022
Am 28. Februar 2022 setzte die Europäische Union Awen im Zusammenhang mit dem russischen Überfall auf die Ukraine 2022 auf die schwarze Liste und ließ sein gesamtes Vermögen einfrieren. Wie Awen will er dagegen gerichtlich vorgehen.[8][9][10]
Weblinks
- Porträt des Aufstiegs von Michail Fridman
- Michail Maratowitsch Fridman im Munzinger-Archiv, abgerufen am 24. März 2021 (Artikelanfang frei abrufbar)
Quellen
- Fridmans israelische Staatsbürgerschaft
- DURCHFÜHRUNGSVERORDNUNG (EU) 2022/336 DES RATES vom 28. Februar 2022 zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 269/2014 über restriktive Maßnahmen angesichts von Handlungen, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben oder bedrohen (PDF; 707 KB), abgerufen am 28. Februar 2022.
- Michail Fridman - Munzinger Biographie. Abgerufen am 24. März 2021.
- Notker Blechner: Wer sind die sanktionierten Oligarchen?, Tagesschau.de, abgerufen am 4. März 2022.
- Energie RWE findet Käufer für Ertragsperle RWE Dea. Süddeutsche Zeitung, 16. März 2014, archiviert vom Original am 17. März 2014 .
- Notker Blechner: Wer sind die sanktionierten Oligarchen?, tagesschau.de, abgerufen am 4. März 2022.
- Russland-Aktuell, 20. Februar 2006,
- Russische Milliardäre wehren sich gegen EU-Sanktionen Tagesspiegel.de, abgerufen 3. März 2022.
- EU beschließt Maßnahmen gegen Russland, www.tagesschau.de, abgerufen am 3. März 2022
- DURCHFÜHRUNGSVERORDNUNG (EU) 2022/336 DES RATES vom 28. Februar 2022 zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 269/2014 über restriktive Maßnahmen angesichts von Handlungen, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben oder bedrohen (PDF; 707 KB), abgerufen am 28. Februar 2022.