Max Egon II. zu Fürstenberg
Maximilian Egon II. zu Fürstenberg (vollständiger Name: Maximilian Egon II. Christian Karl Aloys Emil Leo Richard Anton Fürst zu Fürstenberg, Landgraf in der Baar und zu Stühlingen, Graf zu Heiligenberg und Werdenberg, * 13. Oktober 1863 in Lana, Böhmen; † 11. August 1941 auf Schloss Heiligenberg am Bodensee) war ein österreichischer bzw. deutscher hochadeliger Großgrundbesitzer und Politiker sowie enger Vertrauter Kaiser Wilhelms II.
Leben
Maximilian Egon II. war der Sohn von Fürst Maximilian Egon I. zu Fürstenberg (1822–1873) und Fürstin Leontina, geb. Gräfin von Khevenhüller-Metsch (1843–1914). Als Kind besuchte er ein Gymnasium in Prag. Anschließend studierte er Rechtswissenschaften an den Universitäten Bonn und Wien. 1884 wurde er, wie sein Freund Kronprinz Wilhelm, Mitglied des Corps Borussia Bonn.[1] Sein Vater starb früh, so dass er bereits in jungen Jahren 1886 die grundherrlichen Rechte und Besitzungen, die Sekundogeniturfideikommiss in Pürglitz übernahm.[2] Gleichzeitig wurde er dadurch Mitglied des Österreichischen Herrenhauses. Anfang der 1890er Jahre schloss er sich dem liberal-zentralistischen Verfassungstreuen Großgrundbesitz an und wurde einer der wichtigsten Vertreter dieser Partei.[2]
Im Jahr 1896 starb die schwäbische Stammlinie der Fürstenhauses Fürstenberg mit Carl Egon zu Fürstenberg aus, wodurch Max Egon II. Chef des nunmehr vereinigten fürstlichen Hauses Fürstenberg wurde. Er lebte abwechselnd auf Schloss Lány (heute Sommersitz der Präsidenten der Tschechischen Republik) in seinen böhmischen Besitzungen, auf Schloss Heiligenberg, in Wien oder in Berlin. Für die zahlreichen Reisen benutzte er einen luxuriösen Salonwagen, der an die Schnellzüge angehängt wurde.[2] In Österreich hatte er nach wie vor großen Einfluss in der Partei der Verfassungstreuen Großgrundbesitzer. 1906 übernahm er die Obmannschaft, war aber nur noch selten in Wien und versuchte Politik mittels umfangreicher Korrespondenz zu betreiben.[2] Politisch gehörte er damit zum Lager der deutschen Whigs, das heißt zur Gruppe von Hochadeligen, die gemäßigt liberale Ansichten vertraten. Im Jahr 1908 wurde er Vizepräsident des Österreichischen Herrenhauses.
Max Egon war nicht erst seit der Eulenburg-Krise von 1907 einer der engsten Freunde des deutschen Kaisers Wilhelm II., der 14-mal auf dessen Schloss in Donaueschingen als Jagdgast weilte. Über die Reichweite und Wirkung seines politischen Einflusses ist sich die Geschichtswissenschaft jedoch uneins. Durch sein gutes Verhältnis zu Erzherzog Franz Ferdinand nannte man ihn das lebendige Bindeglied zwischen den Verbündeten Mächten Österreich-Ungarn und Deutschland.[2]
Fürstenberg war Ehrenritter des Malteserordens, Ritter des österreichischen Ordens vom Goldenen Vlies und des preußischen Schwarzen Adlerordens. Am preußischen Hof bekleidete er den Ehrenrang des Oberstmarschalls, wodurch er im Hofrangreglement an vierter Stelle (von 62) rangierte – noch vor seinen sämtlichen Standesgenossen. Er wurde auch Mitglied im preußischen Herrenhaus und in der ersten Kammer sowohl Württembergs als auch Badens.[2] Aufgrund seiner, vor allem seit dem Erbfall, umfangreichen Besitzungen war er eine der reichsten Privatpersonen im Deutschen Kaiserreich.
Gemeinsam mit Fürst Christian Kraft zu Hohenlohe-Öhringen gründete er eine Handelsgesellschaft (auch „Fürstentrust“ genannt). Diese brach 1913 in spektakulärer Weise zusammen.[3] Der Zusammenbruch führte zu einer allgemeinen Bankenkrise. Die Liquidierung des Trusts erfolgte durch die Deutsche Bank unter Arthur von Gwinner infolge der persönlichen Intervention Wilhelms II.[4]
Im Ersten Weltkrieg diente Fürstenberg sowohl in der deutschen Armee als auch in der k.u.k. Armee als Generalmajor (seit 4. April 1918), meist als reitender bzw. fahrender Ordonnanzoffizier.[2]
Nach dem Ende des Weltkriegs verkaufte er seine Besitzungen in der neu entstandenen Tschechoslowakei und beschränkte sich auf seine deutschen Güter.[2] In Donaueschingen begründete er 1921 die „Kammermusikaufführungen zur Förderung der zeitgenössischen Tonkunst“, heute Donaueschinger Musiktage, wo Komponisten wie Bartók, Hindemith, Schönberg, Webern oder Alban Berg Uraufführungen absolvierten.[5] Er förderte den Verein für Geschichte des Bodensees und seiner Umgebung, wofür dieser ihn 1934 zum Ehrenmitglied ernannte.[6] Politisch schloss sich Fürstenberg dem Stahlhelm, Bund der Frontsoldaten an. Nach der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten war er es, der im Zuge der „Gleichschaltung“ den Stahlhelm in die SA und die NSDAP überführte.[7] Nach einer Besprechung mit Hitler im November 1933 äußerte er sich begeistert: „Es war herrlich, diesem einzig großen Mann gegenüberstehen zu dürfen“.[7] Fürstenberg trat Mitte 1933 der NSDAP und der SA bei und wurde 1938 zum SA-Standartenführer ernannt.[7] „Neben opportunistischer Anpassung aus rationalen Kosten-Nutzen-Kalkulationen hatte den alternden Fürsten offenbar auch die emotionale Seite des allgemeinen Aufbruchs erfasst.“[8]
Familie
Fürst Max Egon II. zu Fürstenberg war mit Irma Gräfin von Schönborn-Buchheim (1867–1948) verheiratet. Aus ihrer Ehe gingen fünf Kinder hervor:
- Karl Egon V. zu Fürstenberg (1891–1973)
- Léontine Prinzessin zu Fürstenberg (1892–1979)
- Anna Prinzessin zu Fürstenberg (1894–1928) ∞ Franz Eduard Fürst zu Khevenhüller-Metsch (1889–1977)
- Maximilian Egon zu Fürstenberg (1896–1959)
- Friedrich Eduard zu Fürstenberg (1898–1916)
Literatur
- Karl Siegfried Bader: Fürstenberg. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 5, Duncker & Humblot, Berlin 1961, ISBN 3-428-00186-9, S. 695 f. (Digitalisat). (Familienartikel)
- Festschrift zum 70. Geburtstage Seiner Durchlaucht des Fürsten Max Egon zu Fürstenberg. In: Schriften des Vereins für Geschichte und Naturgeschichte des Baar und der angrenzenden Landesteile in Donaueschingen (Band 19), Verlag Meder, Donaueschingen 1933.
- Isabel Hull: The Entourage of Kaiser Wilhelm II. 1888–1918. Cambridge University Press, Cambridge 1982, ISBN 0-521-53321-X.
- Frank Raberg: Biographisches Handbuch der württembergischen Landtagsabgeordneten 1815–1933. Im Auftrag der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg. Kohlhammer, Stuttgart 2001, ISBN 3-17-016604-2, S. 231–232.
- Stephan Malinowski: Vom König zum Führer. Deutscher Adel und Nationalsozialismus, Fischer Taschenbuch Verlag, 3. Auflage, Berlin 2010, ISBN 978-3-596-16365-6, S. 581–583.
- Christian Bommarius: Der Fürstentrust. Kaiser, Adel, Spekulanten. Berenberg Verlag, Berlin 2017, ISBN 978-3-946334-14-9.
- Heinrich Fürst zu Fürstenberg/Andreas Wilts (Hrsg.): Max Egon II. zu Fürstenberg – Fürst, Soldat, Mäzen. Jan Thorbecke Verlag, Ostfildern 2019, ISBN 978-3-7995-1369-2.
Weblinks
- Porträtfoto als k.u.k. Oberst im Bildarchiv Austria
- Max Egon Fürst zu Fürstenberg im Munzinger-Archiv (Artikelanfang frei abrufbar)
Einzelnachweise
- Casimir Bumiller (Hrsg.): Adel im Wandel. 200 Jahre Mediatisierung in Oberschwaben. Katalog zur Ausstellung in Sigmaringen vom 13. Mai bis 29. Oktober 2006. Thorbecke, Ostfildern 2006, ISBN 978-3-7995-0216-0, S. 250; Kösener Korpslisten 1910, 19, 585.
- Ernst Rutkowski: Briefe und Dokumente zur Geschichte der österreichisch-ungarischen Monarchie. Band 1: Der verfassungstreue Großgrundbesitz 1880–1899. Verlag Oldenbourg, München 1983, ISBN 3-486-51831-3, S. 27 ff.
- Elisabeth Fehrenbach (Hrsg.): Adel und Bürgertum in Deutschland 1770–1848. Verlag Oldenbourg, München 1994, ISBN 3486560271, S. 149.
- Stephan Malinowski: Vom König zum Führer. Akademie-Verlag Berlin 2001, ISBN 305004070X, S. 142.
- „...die Praecision und der grosse Effect dieses kleinen Orchesters“. Musik bei den Fürsten zu Fürstenberg in Donaueschingen. (Memento des Originals vom 4. März 2016 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. Badische Landesbibliothek
- Harald Derschka: Der Verein für Geschichte des Bodensees und seiner Umgebung. Ein Rückblick auf einhundertfünfzig Jahre Vereinsgeschichte 1868–2018. In: Schriften des Vereins für Geschichte des Bodensees und seiner Umgebung, 136, 2018, S. 1–303, hier: S. 112.
- Ernst Klee: Das Kulturlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. S. Fischer, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-10-039326-5, S. 170.
- Stephan Malinowski, Sven Reichardt: Die Reihen fest geschlossen? Adelige im Führerkorps der SA bis 1934. In: Eckart Conze, Monika Wienfort: Adel und Moderne. Böhlau, Wien/Köln/Weimar 2004, ISBN 3-41218-603-1, S. 119–150, hier: S. 136 f.