Manueller Antrieb
Unter einem manuellen Antrieb versteht man den Antrieb eines Werkzeugs, einer Maschine, eines Fahrzeugs oder einer sonstigen technischen Einrichtung mittels Muskelkraft. Teilweise spricht man auch von Muskelkraftantrieb, so zum Beispiel bei muskelkraftbetriebenen Fahrzeugen.
Die Bezeichnungen manueller Betrieb und Muskelkraftbetrieb beziehen sich meist auf einen Betriebsmodus, der als Alternative zum motorisierten oder automatischen Betrieb möglich ist, zum Beispiel bei einem Gerät mit Elektromotor, das notfalls auch mit Muskelkraft betrieben werden kann.
Unterscheidung von Muskelkraftantrieben
Antrieb durch Menschen per Hand (und Arm)
- direktes Verschieben, Ziehen oder Drehen eines Objekts
- indirekt mittels eines Bedienelements wie beispielsweise
- Handkurbel ohne Übersetzung (z. B. Haspel für eine Drachenschnur)
- Handkurbel mit Übersetzung (z. B. Angelrolle)
- Handrad
- Ruder zum Antrieb eines Ruderboots
- Paddel zum Antrieb eines Kanus
Antrieb durch Menschen per Fuß (und Bein)
- direktes Verschieben oder Drehen (z. B. Töpferscheibe)
- Treten von rotierenden Pedalen ohne Übersetzung (z. B. Kinderdreirad)
- Treten von rotierenden Pedalen mit Übersetzung (Tretkurbel, z. B. am Fahrrad)
- Treten einer Fußwippe (z. B. Nähmaschine, siehe Bild oben)
- Gehen und Schieben (z. B. Schubkarre)
- Gehen und Ziehen (z. B. handgezogener Wagen)
- Gehen in einer Tretmühle (auch Tretrad genannt) zum Antrieb einer technischen Einrichtung
- Abstoßen (z. B. Tretroller)
Antrieb durch Tiere
Meist handelt es sich um Antrieb durch ein Zugtier mit Hilfe eines Jochgeschirrs:
- zur Fortbewegung einer Kutsche, eines Wagens, einer Schleife
- unter Einsatz eines Göpelwerks
Optimierung manueller Antriebe
Die Optimierung manueller Antriebe erfolgte im Laufe vieler Jahrtausende mit der Entdeckung und schrittweisen Vervollkommnung von Rad, Rolle, Hebel etc. und den damit verbundenen physikalischen Eigenschaften (Rollen, Abrollen, …) und Gesetzen (Hebelgesetze, Schiefe Ebene, Newtonsche Axiome, …).
Aufgrund des enormen Kraftaufwandes, der zum manuellen Antrieb erforderlich ist, haben sich Techniken wie der Flaschenzug, spezielle Handpumpen oder auch verschiedene Maschinenelemente entwickelt, die die Reibung und damit die zu verwendende Energie beim manuellen Antrieb reduzieren. So hat nicht nur das Rad seinen Ursprung darin, dass der Mensch den Kraftaufwand zur Fortbewegung seiner selbst wie auch seines Hab und Guts optimieren wollte, sondern auch Maschinenelemente wie Getriebe, Lager und Führungen mit ihren verschiedenen Gleiteigenschaften bzw. Wälzkörpern wurden entwickelt, um den manuellen Antrieb zu erleichtern.
Manueller Antrieb von Geräten und Maschinen
Insbesondere in der Agrarwirtschaft waren durch Zugtiere angetriebene Gerätschaften wie Egge oder Pflug bereits vor dem Mittelalter und bis hinein in die Neuzeit das, was wir heute als Stand der Technik bezeichnen, und so manche Dreschmaschine oder Sämaschine mit manuellem Antrieb war zu ihrer Zeit eine Innovation.
Während in der Agrarwirtschaft frühzeitig eine Automatisierung der relativ schweren Arbeit einsetzte und manuelle Antriebe heute meist nur noch in sogenannten Entwicklungsländern vorzufinden sind, werden im Haushalt bis dato mechanische Handrührgeräte wie der Radschneeschläger, Salatschleudern und andere Küchengeräte mit manuellem Antrieb verwendet. Bis heute funktioniert kein Bügeleisen ohne den manuellen Handantrieb, historische Kaffeemühlen mit Handkurbel schmücken heute so manches Küchenregal und pedalgetriebene Nähmaschinen sind nicht nur in Museen, sondern auch in Privathaushalten keine Seltenheit.
Während der Antrieb von historischen Maschinen wie Pumpen, Mühlen, Spinnrädern, Hebelpressen oder Webstühlen häufig manuell erfolgte, übernehmen heute oftmals Motoren diese Aufgabe. Moderne Motoren verfügen meist über einen automatischen Starter, doch einige Verbrennungsmaschinen benötigten bis heute manuelle Starthilfe mittels eines muskelgetriebenen Antriebs in Form einer Handkurbel, eines Kickstarters oder eines Seilzugstarters. Letzterer ist beispielsweise bei Motorsägen, Motorsensen oder kleineren Stromgeneratoren (sogenannten Stromaggregaten) wie auch bei Rasenmähern üblich, die teilweise ebenfalls von Hand vorangetrieben werden.
Einfachere, manuelle Antriebseinheiten, die wir bis heute recht unbewusst täglich bedienen, sind beispielsweise Türfallen mit Riegeln, die Pedale des Fahrrads oder die zugehörigen Hand- oder Fußluftpumpe. Auch Handbohrmaschinen wie die Brustleier und viele andere Handwerkzeuge werden auf ähnliche Art und Weise manuell angetrieben.
Manuell angetriebene Fahrzeuge
Das moderne Verkehrswesen in seiner heutigen Art wäre ohne die Erfindung des Rades in Verbindung mit dem manuellen Antrieb undenkbar, wären da nicht zunächst die von Mensch oder Tier manuell angetriebenen Transporthilfsmittel oder Fahrzeuge wie Karren, Leiterwagen oder Kutschen entstanden; man denke dabei beispielhaft an die Entwicklung von der ersten Postkutsche zum modernen Postwesen.
Zu den manuellen, mit Muskelkraft angetriebenen Fahrzeugen zählen nicht nur das Fahrrad in seinen vielen Varianten wie beispielsweise der Fahrradrikscha, dem Liegerad oder Liegedreirad, sondern auch verschiedene Wasserfahrzeuge, so unter anderem das Ruderboot und das Tretboot. Mit Hilfe alternativer Antriebstechnik ist heute auch eine Kombination des manuellen Antriebs mit anderen Antriebstechniken üblich, so beispielsweise beim Velomobil. Derartige, alternative Antriebskonzepte setzen auf die gegenseitige Unterstützung von maschinellem und manuellem Antrieb.
Ein weiteres, typischerweise handgetriebenes Fahrzeug ist der Rollstuhl, der einfach mit den Händen direkt an den großen Rädern angetrieben wird. Moderne Sportrollstühle für den Renneinsatz verfügen über einen speziellen, doppelten Handkurbelantrieb, der einem Pedalantrieb stark ähnelt. Eine Weiterentwicklung dieser Rennrollstühle sind die sogenannten Handbikes. Während der gewöhnliche Rollstuhl meist mit Hilfe zweier Handgriffe an seiner Rückseite rechts und links geschoben werden kann, verfügen heutige Kinderwagen über einen bügelförmigen Handgriff zum manuellen Anschieben.
Auch auf der Schiene war einstmals Handarbeit gefragt, denn eine Fortbewegung auf einer Handhebeldraisine wäre ohne den manuellen, schweißtreibenden Antrieb schlichtweg unvorstellbar. Erst viel später hat sich der moderne Freizeit-Tourismus auf dem Gleis entwickelt, bei dem heute meist Pedaldraisinen zum Einsatz kommen.
Manueller Antrieb von Flugmodellen
Etwas Fingerspitzengefühl benötigt man zum manuellen Starten eines Papierfliegers, einer Planophore oder eines anderen Segelflugmodells, wobei deren manueller Propellerantrieb (soweit vorhanden) oft mittels eines händisch vor dem Start zu verdrillenden Gummibandes, das mit dem Rumpf des Modells sowie dessen Propeller verbunden ist, erfolgt. Durch das manuelle Verdrillen des Bandes wird Energie im Gummiband gespeichert, die nach dem Start an den Propeller abgegeben wird.
Der Rotor eines Helikopterspielzeugs kann über eine Art Zahnstangenantrieb aus Kunststoff so beschleunigt werden, dass sich dieser aufgrund seiner Rotationsgeschwindigkeit von der Antriebseinheit trennt und alleine durch die Luft fliegt.
Andere, manuell angetriebene Objekte
Auch die Möbelindustrie rüstet viele ihrer Produkte zum manuellen Antrieb mit kleinen Rädern oder Rollen aus, so findet man z. B. Sessel, Bürostühle, kleinere Werkzeugschränke, Kommoden für Audio- und Fernsehgeräte oder auch Gartenmöbel, deren Transport auf diese Art und Weise erleichtert wird. Ähnlich ist auch so manche Grillgerät fahrbar, und der Handantrieb seines Putzwagens erspart so manchem Gebäudereiniger den einen oder anderen Weg.
Handgetriebenen Garagentore und Rollladen sind zwei weitere Beispiele menschlichen Erfindungsreichtums, die der guten Umsetzung von Muskelkraft dienen.