Magstadt
Magstadt ist eine Gemeinde im Landkreis Böblingen, die zwischen Sindelfingen und Renningen liegt.[2]
Wappen | Deutschlandkarte | |
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Basisdaten | ||
Bundesland: | Baden-Württemberg | |
Regierungsbezirk: | Stuttgart | |
Landkreis: | Böblingen | |
Höhe: | 427 m ü. NHN | |
Fläche: | 19,12 km2 | |
Einwohner: | 9671 (31. Dez. 2020)[1] | |
Bevölkerungsdichte: | 506 Einwohner je km2 | |
Postleitzahl: | 71106 | |
Vorwahl: | 07159 | |
Kfz-Kennzeichen: | BB, LEO | |
Gemeindeschlüssel: | 08 1 15 029 | |
Adresse der Gemeindeverwaltung: |
Marktplatz 1 71106 Magstadt | |
Website: | ||
Bürgermeister: | Florian Glock (FDP) | |
Lage der Gemeinde Magstadt im Landkreis Böblingen | ||
Geografie
Lage
Magstadt liegt am Rande des Gäus und am westlichen Rand des Glemswalds. Durch den Ort fließt der Planbach, der ab der Gemarkungsgrenze Magstadt/Renningen Rankbach genannt wird.
Gemeindegliederung
Zu Magstadt gehören Dorf Magstadt, die Höfe Grundhof und Talmühle und das Haus Talziegelei.[3]
Schutzgebiete
Östlich von Magstadt liegt das Naturschutzgebiet Oberes Hölzertal. Der östliche Teil des Stadtgebiets gehört zum Landschaftsschutzgebiet Glemswald. Nördlich der Stadt liegt das Landschaftsschutzgebiet Ratberg mit Umgebung. Die Gemeinde hat überdies Anteile an den FFH-Gebieten Glemswald und Stuttgarter Bucht und Gäulandschaft an der Würm.[4]
Geschichte
Mittelalter
Magstadt wurde erstmals 1110 in einer Urkunde des Klosters Hirsau genannt. Der Ort unterstand damals den Markgrafen von Hildrizhausen, die ihn später an die Markgrafen von Tübingen abtraten. Über die Herren von Weißenstein, die Herren von Roßwag und die Herren von Börstingen kam Magstadt 1308 an die Grafschaft Württemberg.
Württembergische Zeit
Bis zur Reformation gehörte die Magstatter Pfarrei zum Landkapitel Weil der Stadt im Archidiakonat Trinitatis des Bistums Speyer. 1534 setzte Herzog Ulrich die Reformation in Württemberg durch. Im Dreißigjährigen Krieg "schrumpfte die Einwohnerzahl in Magstadt auf ein Minimum".[5] Lange Zeit gehörte Magstadt zum Amt Leonberg, ab 1767 jedoch zum Oberamt Böblingen, bei dem es auch nach Gründung des Königreichs Württemberg 1806 blieb. 1817 wurde Magstadt das Marktrecht gewährt.
1850 hatte Magstadt 2207 evangelische und zwei katholische Einwohner, die in 236 Haupt- und 185 Nebengebäuden lebten und arbeiteten.[6]
Im Weltkriegsjahr 1915 war die Eisenbahnstrecke zwischen Böblingen und Magstadt betriebsbereit und stellte somit den Anschluss an das Streckennetz der Württembergischen Staatsbahnen her.
Im Jahr 1927 ließen sich in Magstadt zwei Industriebetriebe nieder: die Malzfabrik Dr. Karl Flik und das Pflanzensaftwerk Schoenenberger.
NS-Zeit
Bei der Verwaltungsreform während der NS-Zeit in Württemberg gelangte Magstadt 1938 zum Landkreis Böblingen.
Am 15. März 1943 deportieren lokale Polizisten aufgrund der Organisation durch Kriminalpolizei wie andernorts auch[7] 26 Magstadter Sinti, teils vom Arbeitsplatz bei Daimler, nach Auschwitz-Birkenau. Von den 26 Sinti kehrten nur neun aus Konzentrationslagern nach Magstadt zurück.[8] Das jüngste Opfer war 18 Monate alt.[9] Am 24. September 2021 wurde für die ermordeten und verfolgten Magstadter Sinti ein vor allem aus zwei Stelen bestehendes Mahnmal enthüllt. Es wurde von der Steinbildhauerin Carla Mausch geschaffen, die in die Entwurfsstadien Magstadter Sinti einbezog. In den Jahrzehnten und Jahren zuvor "gedachte man in der Gemeinde nur der gefallenen Soldaten und der zivilen Opfer des Bombenangriffes vom 10. September 1944".[10]
Im Zweiten Weltkrieg wurden große Teile des Ortskerns von Magstadt durch alliierte Bomberangriffe zerstört. Am 20. April besetzten französische Truppen Magstadt. In der folgenden Nacht kam es zu einer Vergewaltigungsserie durch marokkanische Soldaten, die französischen Offiziere schritten nicht ein.[11]
Nachkriegszeit
Da Magstadt nach dem Zweiten Weltkrieg Teil der Amerikanischen Besatzungszone geworden war, gehörte die Gemeinde seit 1945 zum neu gegründeten Land Württemberg-Baden, das 1952 im jetzigen Bundesland Baden-Württemberg aufging.
Beim Wiederaufbau des zerstörten Ortskerns entstand östlich der Kirche ein neuer Marktplatz.
Einwohnerentwicklung
Die Einwohnerzahlen sind Schätzungen, Volkszählungsergebnisse (*) oder amtliche Fortschreibungen der jeweiligen Statistischen Ämter (nur Hauptwohnsitze). Zahlen seit 1871 vom Statistischen Landesamt Baden-Württemberg.[12]
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Politik
Bürgermeister
Gemeinderat
Der Gemeinderat in Magstadt hat 18 Mitglieder. Die Kommunalwahl am 25. Mai 2014 führte zu folgendem amtlichen Endergebnis. Der Gemeinderat besteht aus den gewählten ehrenamtlichen Gemeinderäten und dem Bürgermeister als Vorsitzendem. Der Bürgermeister ist im Gemeinderat stimmberechtigt.
Parteien und Wählergemeinschaften | % 2014 |
Sitze 2014 |
% 2009 |
Sitze 2009 |
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FLM | Freie Liste Magstadt | 28,72 | 5 | — | — | |
FW | Freie Wähler Magstadt | 26,64 | 5 | 35,25 | 7 | |
CDU | Christlich Demokratische Union Deutschlands | 23,04 | 4 | 34,99 | 6 | |
SPD | Sozialdemokratische Partei Deutschlands | 21,61 | 4 | 29,76 | 5 | |
gesamt | 100,0 | 18 | 100,0 | 18 | ||
Wahlbeteiligung | 49,61 % | 51,48 % |
Wappen und Flagge
Das Wappen Magstadts zeigt in Silber über grünem Dreiberg den grünen Großbuchstaben M, darüber das grüne Fleckenzeichen in Form des umgekehrten Buchstabens S. Das M stellt den Anfangsbuchstaben des Ortsnamens dar, das spiegelverkehrte S ist das 1681 erstmals belegte Fleckenzeichen, während der Dreiberg den Ratberg symbolisiert. In dieser Form wurde das Wappen 1929 vom Gemeinderat angenommen. Am 2. Juli 1986 wurde der Gemeinde außerdem eine Flagge in den Farben Grün-Weiß verliehen.
Gemeindepartnerschaften
- Celenza sul Trigno, Italien, seit 1997
- Bernsdorf, Sachsen
Wirtschaft und Infrastruktur
Bis ins 19. Jahrhundert lebten die Einwohner überwiegend von der Landwirtschaft. Nach und nach entwickelten sich Handwerk und Gewerbe im Ort, der große Gemeindewald wirkte hierbei förderlich. In den Jahren 1823/24 gab es innerhalb der knapp 2000 Einwohner 116 Handwerker.[15]
Eine erste Industrialisierungswelle nutzte die großen Steinbrüche und die Korsettweberei. Sie endete in den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts krisenhaft. Eine zweite Welle setzte dann um die Wende zum 20. Jahrhundert ein und hält – unterstützt durch die Großindustrie in Sindelfingen – an.[16]
Verkehr
Ende März 2014 wurde der letzte Bauabschnitt der B 464 eingeweiht. Die Ortsdurchfahrt von Magstadt, die vorher zu einer der meist belasteten mit 20.000 PKW pro Tag in Baden-Württembergs gehörte ist damit wirkungsvoll vom Durchgangsverkehr entlastet. Die zusätzlich im Rahmen des Magstadter Verkehrskonzept erstellte Südumfahrung hat auch alle höhengleiche Bahnübergänge beseitigt. Zugleich wurde ein LKW-Durchfahrtsverbot mit Ausnahme des Lieferverkehrs für Magstadt erlassen.[17] Lediglich die geplante Osttangente soll ab 2014 gebaut werden um das Gewerbegebiet Ost an die überörtlichen Straßen anzubinden. Ursprünglich war geplant, Magstadt an die Bundesautobahn 81 anzuschließen. Dieses wurde durch den Bau der B 464 und B 295 ersetzt. Die im Jahr 2003 begonnene Westumgehung wird als Ausweichstrecke für den Ausbau der A 81 bei Böblingen und Sindelfingen benötigt.
Magstadt liegt an der Rankbachbahn (Renningen–Böblingen). Nachdem die 1915 eröffnete Strecke 42 Jahre lang nur für den Güterverkehr und Personalfahrten der Daimler AG genutzt worden war, wurde sie im Dezember 2012 auf ihrer vollen Länge als S60 in die S-Bahn Stuttgart integriert und ersetzt zusammen mit der Buslinie 745 die bis dahin zwischen Renningen und Böblingen verkehrende Buslinie 757. Die Buslinie 745 führt auch über das Gebiet der Nachbarortschaft Maichingen.[18] Zudem wird Magstadt noch durch die Schnellbuslinie X74 (Weil der Stadt-Ihinger Hof-Magstadt–Büsnau–Stuttgart Universität) des Magstadter Unternehmens Stäbler bedient.[19] S-Bahn und Buslinien sind in den Verkehrs- und Tarifverbund Stuttgart (VVS) integriert.
Bildungseinrichtungen
Magstadt verfügt mit der Johannes-Kepler-Schule über eine Gemeinschaftsschule mit Ganztagesbetreuung. Zusätzlich befindet sich in Magstadt eine Zweigstelle der Volkshochschule Sindelfingen/Böblingen.
Kultur und Sehenswürdigkeiten
Bauwerke
Evangelische Kirche
Der Ort Magstadt hatte schon früh eine Holzkapelle und später eine im 10. Jahrhundert entstandene Sandsteinkirche im romanischen Stil. An ihrer Stelle wurde ab ca. 1490 mit dem Bau einer neuen Kirche unter dem aus Magstadt stammenden Bebenhausener Abt Bernhard Rockenbauch begonnen. Der Stil der Chorseitenturmanlage ist spätgotisch, besonders schön sind die Sandsteinspitzbögen der Fenster gelungen. Die Kirche wurde 1511 geweiht. Es bestehen Differenzen über die Widmung. Von Gelehrten wird vermutet, dass sie dem Heiligen Georg gewidmet wurde, die Magstadter kennen ihre Kirche als Johannes-Täufer-Kirche. Für etwa 25 Jahre war die Kirche katholisch, dann wurde sie im Zuge der Reformation als württembergische Kirche evangelisch.
Die bestehende Kirche war einst Mittelpunkt einer mit dreifachem Mauerwall und Grabenanlage gesicherten Wehranlage. Noch heute sind die innere Wehr- und Zwingmauer, besonders im südöstlichen Teil gut erhalten. Die Kirche war früher umgeben vom Friedhof, auf dem bis zum ausgehenden 17. Jahrhundert Beerdigungen vorgenommen wurden. Einige Grabsteine aus dem 15.–18. Jahrhundert sind rund um die Kirche zu sehen.
Heute prägt die Kirche mit ihrem mächtigen Turm und den vier großen Zifferblättern das Bild des Magstadter Ortskerns.
Naturdenkmäler
Der Ratberg befindet sich im Nordwesten Magstadts in Richtung Warmbronn. Beim Ratberg handelt es sich um einen flachen Hügel mit einem Durchmesser von 120 m und einer Höhe von 10 m, der aus Stubensandstein besteht. Der Ratberg entstand durch Reliefumkehr, er ist "nicht nur ein sagenumwobenes Stück geschützte Natur sondern auch das im Wappen verewigte Wahrzeichen von Magstadt".[20] Die Deutung des Namens Ratberg kann nicht eindeutig abgeleitet werden: Er könnte "nach der radförmigen Bergform benannt" sein, andererseits war das Rad auch ein Hinrichtungswerkzeug. Jedoch weist die älteste Schreibweise Radeburg (laut der Urbare, 1350 u. 1381) auf eine Burg.[21]
Sport
Die Gemeinde zeichnet sich besonders durch die vielen Vereine aus, zu denen unter anderem der RV Pfeil gehört. Die Magstadter Simon Altvater und Nico Kunert halten seit dem 3. Juni 2000 den deutschen Rekord im Zweier-Kunstradfahren der Junioren und seit 9. März 2006 der Klasse Männer. In Radfahrerkreisen und der breiteren Öffentlichkeit wurden sie jedoch bekannt, nachdem sie die Kunstfahr-WM von 2001 bis 2006 sechs Mal in Folge gewannen.
Zu den bekannten Vereinen gehört auch der Bogenclub Magstadt. In Württemberg gehört dieser Verein zu den größten und erfolgreichsten Bogensport-Vereinen. Durch das einzigartige Vereinsheim, einer ehemaligen Wasserpumpstation, ist dieser Verein oft in den Medien erwähnt worden. Die Bogenschützen des Bogenclub Magstadt halten mehrere württembergische Rekorde und sind auch der Heimatverein von mehreren Deutschen Meistern sowie Vize-Weltmeistern.
Söhne und Töchter der Gemeinde
- Christian Friedrich Lautenschlager (* 13. April 1877 in Magstadt; † 3. Januar 1954 in Untertürkheim), Mechaniker und Rennfahrer
- Karl Stähle (* 15. Juli 1944 in Magstadt; † 4. Oktober 2019 in Magstadt), Glasermeister und Radrennfahrer
- Ingrid Riezler-Kainzner (* 20. Mai 1959 in Magstadt), österreichische Politikerin
- Helge Burggrabe (* 17. Juni 1973 in Magstadt), Musiker, Komponist
Persönlichkeiten, die in diesem Ort gewirkt haben
- Wolfgang Renner (* 1947), ehemaliger Radsportler und Unternehmer (Centurion).
Literatur
- Magstadt. In: Karl Eduard Paulus (Hrsg.): Beschreibung des Oberamts Böblingen (= Die Württembergischen Oberamtsbeschreibungen 1824–1886. Band 27). Cotta’sche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart / Tübingen 1850, S. 184–190 (Volltext [Wikisource]).
Einzelnachweise
- Statistisches Landesamt Baden-Württemberg – Bevölkerung nach Nationalität und Geschlecht am 31. Dezember 2020 (CSV-Datei) (Hilfe dazu).
- Heidrun Hofacker und Fritz Oechslen: Achthundert Jahre Magstadt. Hrsg.: Fritz Heimberger. WEGRA historik-Verlag, Stuttgart 1997, S. 245.
- Das Land Baden-Württemberg. Amtliche Beschreibung nach Kreisen und Gemeinden. Band III: Regierungsbezirk Stuttgart, Regionalverband Mittlerer Neckar. Kohlhammer, Stuttgart 1978, ISBN 3-17-004758-2, S. 114–116.
- Daten- und Kartendienst der LUBW
- https://www.magstadt.de/de/magstadt/kurzportrait-geschichte/vergangenheit
- Beschreibung des Oberamts Böblingen – Tabelle I.
- Magdalena Guttenberger, Manuel Werner: „Die Kinder von Auschwitz singen so laut“. Das erschütterte Leben der Sintiza Martha Guttenberger aus Ummenwinkel, Norderstedt 2020, S. 56ff.
- Karlheinz Reichert: Magstadt: Stelen zur Erinnerung an deportierte Sinti, in: Sindelfinger Zeitung/Böblinger Zeitung vom 24. September 2021
- Siehe Inschrift des Mahnmals
- Karlheinz Reichert: Mahnmal für die ermordeten Sinti, in: Sindelfinger Zeitung/Böblinger Zeitung vom 19. Mai 2012
- Volker Koop: Besetzt – Französische Besatzungspolitik in Deutschland. Berlin 2005, S. 40 f.
- Statistisches Landesamt B-W.
- Ergebnis der Bewerber. In: Magstadt – Endgültiges Wahlergebnis Bürgermeisterwahl 2018, Stand: 16.01.18 / 07:42. Kommunale Datenverarbeitung Region Stuttgart. Auf KDRS.de, abgerufen am 4. August 2021.
- wi/Arno: Magstadt: Langjähriger Schultes tritt nicht mehr an. In: Leonberger Kreiszeitung, 10. Januar 2017. Auf Leonberger-Kreiszeitung.de, abgerufen am 4. August 2021.
- https://www.magstadt.de/de/magstadt/kurzportrait-geschichte/vergangenheit
- https://www.magstadt.de/de/magstadt/kurzportrait-geschichte/vergangenheit
- Ulrich Hanselmann: Ortsmitte von Magstadt – Alles so schön ruhig hier, in Stuttgarter Nachrichten vom 4. Februar 2013
- (tim): Großes Interesse an Buslinie 745. In: Sindelfinger Zeitung/Böblinger Zeitung. 3. Dezember 2012, abgerufen am 20. Januar 2014.
- Neue Linie X74: Schnelle Verbindung von Vaihingen nach Weil der Stadt. Abgerufen am 19. Januar 2019.
- https://www.magstadt.de/de/magstadt/tour-de-magstadt/der-ratberg
- Erwin Schwarz: Die Flurnamen der Markung, Magstadt 1915, online: https://www.magstadt.de/fileadmin/Dateien/Dateien/Flurnamen/Textteil.pdf
- Funkenfeuer. Freiwillige Feuerwehr Magstadt, abgerufen am 28. Dezember 2018.
- 32. Adventsmarkt in Magstadt. BB Heute, 1. Dezember 2018, abgerufen am 28. Dezember 2018.