Lord-Nelson-Klasse
Die Lord-Nelson-Klasse war eine Klasse von zwei Schlachtschiffen der Royal Navy. Die Schiffe, zwischen 1905 und 1908 gebaut, waren die letzten britischen Vor-Dreadnought-Schlachtschiffe.
Bauwerft: | Palmers Shipbuilding and Iron Company, Jarrow William Beardmore and Company, Dalmuir |
Schiffe geplant: | 2 |
Schiffe gebaut: | 2 |
Baukosten: | Lord Nelson: 1.651.339 £[1] Agamemnon:1.652.347 £[1] |
Dienstzeit: | 1908–1919 |
Verdrängung: | Entwurf: 15.358 ts Lord Nelson: Konstruktion: 16.090 ts Einsatz: 17.820 ts Agamemnon: Konstruktion: 15.925 ts Einsatz: 17.683 ts |
Länge zwischen den Loten:[A 1] Länge über alles: |
Lpp: 124,97 m Lü.a.: 135,18 m |
Breite: | 24,2 m |
Tiefgang: | 8,0 m |
Antrieb: | 2 Vierzylinder-Dreifachverbunddampfmaschinen 15 kohlegefeuerte Wasserrohrkessel mit Ölzusatzfeuerung 2 Schrauben |
Geschwindigkeit: | 18 kn Konstruktion |
Reichweite: | 5.390 sm (9.980 km) bei 10 kn (19 km/h) bei ausschließlicher Kohlefeuerung; 9.180 sm (17.000 km) bei 10 kn (19 km/h) mit Ölzusatzfeuerung; |
Bunkermenge: | Lord Nelson: 900 Tonnen Kohle normal, 2.170 Tonnen Kohle maximal; 1.090 Tonnen Öl maximal; Agamemnon: 900 Tonnen Kohle normal, 2.193 Tonnen Kohle maximal; 1.048 Tonnen Öl maximal |
Besatzung: | Frieden: 750 Einsatz: 800[1] |
Bewaffnung: | Geschütze:
Torpedorohre:
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Panzerung: |
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Geschichte
Die Schlachtschiffe der Lord-Nelson-Klasse wurden in einer Zeit entwickelt und gebaut, in der die Richtung der künftigen Schlachtschiffbaus umstritten war. Einerseits ließen die Erfahrungen des Russisch-Japanischen Krieges vermuten, dass die Kampfentfernungen zukünftig soweit anwuchsen, dass die Zwischen- und Sekundärbewaffnung weniger wichtig und schließlich ineffektiv werden würde. Die kleineren Kaliber wären in einem Gefecht zwischen größeren Schiffen dann nutzlos. Andererseits warf die geringe Feuergeschwindigkeit der Hauptkaliber die Frage nach der Zweckmäßigkeit des Baus von Einheitskaliberschiffen auf. Es wurde befürchtet, dass sie im Kampf auf mittlere Entfernungen, beispielsweise bei Nebel, schlechtem Wetter oder bei Nacht, der höheren Feuergeschwindigkeit der Zwischenkaliber nichts entgegenzusetzen hätten. Schlussendlich wurde die Überlegenheit des Einheitskaliberschiffes durch das erste Schiff dieser Bauart, die HMS Dreadnought, bestätigt. Zum Zeitpunkt des Konstruktionsbeginns der Lord-Nelson-Klasse im Jahr 1904 oder zum Zeitpunkt ihrer Kiellegung 1905 war dies jedoch noch nicht klar zu erkennen.[3]
Konstruktion
Die Schiffe der Lord-Nelson-Klasse waren die ersten Schlachtschiffe, für die Sir Philip Watts verantwortlich war. Obwohl sie dem Muster der Pre-Dreadnought-Schlachtschiffe, das sich mit der Royal-Sovereign-Klasse etabliert hatte, folgten, stellten sie einen großen Entwicklungssprung dar. Sie hätten eine neue Epoche in der Konstruktion der Pre-Dreadoughts eingeleitet, wenn die HMS Dreadnought diese Entwicklungslinie nicht obsolet gemacht hätte. Wie alle Vor-Dreadnought-Schlachtschiffe seit der Majestic-Klasse führten sie die Hauptbewaffnung vom Kaliber 12 inch (305 mm) in zwei Zwillingstürmen. Zur Erhöhung der Feuerkraft, wie sie bei ausländischen Schlachtschiffen ähnlicher Verdrängung bereits zu erkennen war, wurde bei der vorhergehenden King-Edward-VII-Klasse eine zusätzliche Batterie vom Kaliber 9,2 inch (234 mm) als Zwischenkaliber eingeführt. Bei der King-Edward-VII-Klasse wurde dieses Zwischenkaliber noch zusätzlich zur bereits seit langer Zeit üblichen Sekundärbewaffnung vom Kaliber 6 inch (152 mm) geführt, bei der Lord Nelson-Klasse entfiel diese ursprüngliche Sekundärbewaffnung zugunsten einer größeren Anzahl von Kanonen des Zwischenkalibers. Seit der HMS Inflexible, die 1881 in Dienst gestellt wurde, waren sie die ersten britischen Schlachtschiffe, bei denen auf das Kaliber 6 inch verzichtet wurde. (Die Trafalgar-Klasse und die Centurion-Klasse besaßen bei Indienststellung eine Sekundärbewaffnung des Kalibers 4,7 inch (120 mm), wurden aber später auf 6 inch umgerüstet.) Die 9,2-inch-Kanonen in einer gegenüber der King-Edward-VII-Klasse verbesserten Version wurden in vier Zwillings- und zwei Einzeltürmen auf dem Oberdeck aufgestellt. Die Verlagerung der Sekundärbewaffnung vom Zwischendeck bzw. den Kasematten auf das Oberdeck beseitigte das Problem des Einsatzes der Sekundärbewaffnung bei Seegang, bei vielen britische Schlachtschiffe wurde die Sekundärbewaffnung selbst bei relativ ruhiger See überspült und konnte nicht eingesetzt werden.[4]
Die 12-inch-(305-mm-)Kanonen waren ein neuer, leistungsgesteigerter Typ mit einer Länge von ca. 13 m. Sie und die Panzertürme waren baugleich zu den auf der HMS Dreadnought verwendeten. Die Fertigstellung der Lord Nelson und Agamemnon verzögerte sich, weil Hauptwaffen und Lafetten zur Fertigstellung der Dreadnought abgezweigt wurden.[2]
Letztendlich erwies sich die Ausrüstung mit Haupt- und Zwischenkalibern in der Praxis als wenig erfolgreich. Die Feuerleitoffiziere konnten nicht zwischen den Einschlägen der 12-inch- und 9,2-inch-Kanonen unterscheiden, was die Feuerleitung praktisch unmöglich machte.[2] Dieses Problem bewog schließlich alle Flotten dazu, zu Schiffen mit einheitlicher Bewaffnung überzugehen. In der Tat wurde für die Lord-Nelson-Klasse 1905 eine Änderung auf das Einheitskaliber erwogen, allerdings war die Konstruktion bereits zu weit fortgeschritten.[5]
Zur Abwehr von Torpedobooten erhielten die Schiffe eine Batterie von zwei dutzend Kaliber 50 Schnellfeuer Kanonen. Diese wurden mittschiffs auf einem Deck oberhalb der Sekundärbewaffnung aufgestellt. Diese innovative Aufstellung ermöglichte eine gute Feuerleitung. Allerdings wurde auch diese Aufstellung kritisiert. Die Geschütze stellten ein gutes Ziel dar und konnten im Gefecht durch herabfallende Trümmer die unter ihnen stehenden 9,2-inch-Türme beschädigen. Zusätzlich waren einige Offiziere der Meinung, dass das Kaliber der 12-Pfünder für den Kampf gegen modernere, größere Torpedoboote nicht ausreichte.[5]
Die größeren Kaliber, die immer häufiger bei ausländischen Kriegsschiffen zum Einsatz kamen, führten bei den Schiffen der Klasse zu einem besseren Schutz. Sie waren schwerer gepanzert als alle anderen britischen Pre-Dreadnoughts und in Bezug auf Größe und Dicke der Panzerung stärker gepanzerte als die Dreadnoughts bis zur Orion-Klasse 1909. Sie waren die ersten britischen Schlachtschiffe mit wasserdichten Schotts, in denen sich keine Türen oder Rohrleitungen befanden. Dadurch sollte die Überflutung angrenzender Abteilungen verhindert werden. Der Zugang zu den Abteilungen erfolgte über Aufzüge. Diese Konstruktion war im Einsatz unbeliebt, da sie den Zugang zu den einzelnen Abteilungen für die Besatzung erschwerte und wurde bei den frühen britischen Schlachtschiffen nicht mehr verwendet, obwohl Erfahrungen im Russisch-Japanischen Krieg gezeigt hatten, dass sie zur Verhinderung des Sinkens durchaus nützlich wären.
Als weiteren Schutz hatte jede Abteilung eine eigene Lüftung und ein eigenes Pumpensystem, wodurch die Notwendigkeit für ein gemeinsames Lenzsystem wie in früheren britischen Schlachtschiffe entfiel. Ein derartiges System wurde als mögliche Schwäche bei Wassereinbruch gesehen.[6] Der Unterwasserschutz der Schiffe wurde nie ernsthaft im Gefecht auf die Probe gestellt, doch ist davon auszugehen, dass sie besser als andere britische Pre-Dreadoughts abgeschnitten hätte, die nach nur einem Torpedo- oder Minentreffer sanken.
Beide Schiffe wurden als sehr kurze Schiffe konzipiert. Die verantwortliche Konstruktionsabteilung wollte damit erreichen, dass sie die gleichen Trockendocks wie die früheren Schlachtschiffklassen benutzen konnten. Sie waren kürzer als die Schiffe der King-Edward-VII-Klasse, die Platzverhältnisse waren im Einsatz sehr beengt. Die Konstruktionsvorgaben führten auch zu flachen Seitenwänden und einen flachen Boden. Dies hatte zusammen mit der Aufstellung der schweren 9,2-inch-Kanonen und deren Türme den angenehmen Nebeneffekt, dass die Schiffe kaum rollten, eine gute Seefestigkeit aufwiesen und eine gute Waffenplattform abgaben. Allerdings erzwang das Design auch Kompromisse in der 9,2-inch-Batterie. Statt der Aufstellung in sechs Doppeltürmen mussten wegen der vorgegebenen Breite vier Zwillings- und zwei Einzeltürme aufgestellt werden. Die Beschränkungen der Größe dieser Türme führten zu sehr beengten Platzverhältnissen, die die Feuergeschwindigkeit der Geschütze beeinträchtigten.[5]
Die Schiffe waren die letzten mit Kolbendampfmaschinen und zwei Schrauben, alle zukünftigen Klassen besaßen Dampfturbinen mit vier Schrauben. Darüber hinaus waren sie die letzten mit nach innen drehenden Schrauben. Diese Konstruktion erlaubte höhere Antriebskraft und führte zu leicht höheren Geschwindigkeiten sowie einem geringeren Betriebsstoffverbrauch, war aber im Einsatz unbeliebt. Die Schiffe waren bei niedrigen Geschwindigkeiten oder bei Rückwärtsfahrt weniger wendig.
Auf die Verwendung gemischter Kessel in einem Schiff wurde verzichtet, beide Schiffe waren jeweils mit einheitlichen Wasserrohrkesseln ausgerüstet, 15 Stück der Firma Babcock & Wilcox auf der Lord Nelson und 15 der Firma Yarrow auf der Agamemnon. Obwohl in erster Linie kohlegefeuert, waren sie die ersten britischen Schlachtschiffe, die von Anfang an eine Ölzusatzfeuerung besaßen, ältere Schlachtschiffe wurden auf diese Zusatzfeuerung umgerüstet.
Die Lord Nelson hatte sechs Ölzerstäuber und die Agamemnon deren fünf. Die Verwendung der Ölzusatzfeuerung erhöhte die Reichweite beträchtlich. Die Konstruktion der Kessel bewährte sich im Einsatz. Beide Schiffe erreichten ihre Konstruktionsgeschwindigkeit von 18 Knoten, bei Erprobungen erreichte die Lord Nelson 18,7 Knoten (34,6 km/h) und die Agamemnon 18,5 Knoten (34,25 km/h).[2]
Die Schiffe waren die letzten britischen Schlachtschiffe mit einem gepanzerten Rammsporn.
Die Baukosten beliefen sich auf über 1.600.000 £ je Einheit. Die fertiggestellten Schiffe wirkten schlicht, aber einschüchternd. Sie erinnerten mehr an französische Schlachtschiffe als an die vorangegangene britische Schiffe.[7] Wie alle Pre-Dreadnoughts waren die beiden Schiffe mit Indienststellung der HMS Dreadnought überholt. Die Dreadnought wurde in Dienst gestellt, als die beiden Schiffe der Lord Nelson-Klasse noch im Bau waren, das erste Schiff dieser Klasse kam erst 1908 in Dienst.
Jedoch wird ihre Überalterung oft überbewertet. Während sie einem Schlachtschiff oder Schlachtkreuzer bei einer Kampfentfernung von über 9100 m eindeutig unterlegen waren, hatten sie bei geringeren Entfernungen, etwa bei Nacht, oder bei Nebel, Vorteile. Sie waren besser gepanzert als die frühen Dreadnoughts oder Schlachtkreuzer, und die 9,2-inch-Batterie der Sekundärbewaffnung ermöglichten mächtige Breitseiten mit einer höheren Feuergeschwindigkeit, als sie die Einheitskaliberschiffe besaßen. Trotz der Inbetriebnahme der Dreadnought im Jahr 1906 plante die Royal Navy im Jahr 1908 den Bau von weiteren zwei Schiffen der Klasse, um die dann insgesamt vier Schiffe in einem geschlossenen Verband einsetzen zu können. Der Plan wurde wegen des Erfolges der Dreadnought und der grundsätzlichen Forderung nach einer stärkeren Artilleriebewaffnung mit höherer Reichweite jedoch fallengelassen. Dank ihrer ausgezeichneten Panzerung und der mächtigen Sekundärbatterie blieben die Schiffe der Lord Nelson-Klasse bis zum Ende des Ersten Weltkrieges im aktiven Fronteinsatz, dies im Gegensatz zu den anderen britischen Pre-Dreadnoughts oder sogar der HMS Dreadnought selbst.
Einsatz
Beide Schiffe wurden 1908 in Dienst gestellt und dienten in der Home Fleet bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges im August 1914. Nachdem sie zu Kriegsbeginn bei der Channel Fleet eingesetzt worden waren, verbrachten sie den Rest des Krieges im Mittelmeer, wo sie an den Angriffen auf türkische Küstenbefestigungen und der Unterstützung der Landungsoperation in den Dardanellen beteiligt waren. Später blockierten sie den deutschen Schlachtkreuzer SMS Goeben vor der Dardanellen, waren jedoch bei deren Ausbruch am 20. Januar 1918 zu weit entfernt und konnten den Durchbruch daher nicht verhindern. Im November 1918 waren beide Schiffe Teil des ersten britischen Geschwaders, das die Dardanellen nach dem Waffenstillstand passierte.
Schiffe der Klasse
HMS Lord Nelson
HMS Lord Nelson wurde bei der Palmers Shipbuilding and Iron Company in Jarrow im Jahre 1905 auf Kiel gelegt, im Jahr 1906 zu Wasser gelassen und 1908 in Dienst gestellt. Sie wurde im gleichen Jahr als letztes Vor-Dreadnought-Schlachtschiff der Reserve zugeteilt, um anschließend bis 1914 in der Home Fleet verwendet zu werden. Im Ersten Weltkrieg diente sie in der Channel Fleet (1914–1915), im Dardanellenfeldzug (1915–1916), im östlichen Mittelmeer-Geschwader (1916–1917) und im Ägäis-Geschwader (1917–1919). Sie ging im Jahr 1919 in die Reserve und wurde im Jahre 1920 zum Abwracken verkauft.[8]
HMS Agamemnon
HMS Agamemnon wurde im Jahre 1905 bei William Beardmore and Company in Dalmuir auf Kiel gelegt, im Jahr 1906 zu Wasser gelassen und 1908 in Dienst gestellt. Sie diente von 1908 bis 1914 in der Home Fleet. Im Ersten Weltkrieg diente sie in der Channel Fleet (1914–1915), im Dardanellenfeldzug (1915–1916), im östlichen Mittelmeer-Geschwader (1916–1917) und im Ägäis-Geschwader (1917–1919). Sie ging im Jahr 1919 in die Reserve, diente von 1921 bis 1926 als funkferngesteuertes Zielschiff[9] und wurde im Jahre 1927 als letztes britisches Vor-Dreadnought-Schlachtschiff zum Abwracken verkauft.[8]
Anmerkungen
- Lpp = Länge zwischen den Perpendikeln oder Länge zwischen den Loten: Abstand zwischen der Achse des Ruderschaftes und der Hinterkante des Vorstevens in der Konstruktionswasserlinie.
Einzelnachweise
- Burt, S. 282
- Conway's All the World's Fighting Ships, 1860–1905, S. 40
- Burt, S. 277–287.
- Burt, S. 229–238, 281–288.
- Burt, S. 284–288.
- Burt, S. 289.
- Burt, S. 293–294.
- Burt, S. 282, 295–298-
- Einige Quellen geben hier eine Dienstzeit von 1923 bis 1926 an, aber Burt führt auf S. 295 aus, dass der Umbau 1921 erfolgte und führt einige Beispiele für ihren Dienst als Zielschiff im gleichen Jahr an. Nach Burt, S. 298, wurde sie 1922–1923 während ihrer Dienstzeit als Zielschiff überholt, daher könnte die Verwirrung kommen.
Literatur
- Brown, D.K. Warrior to Dreadnought. Chatham Publishers, 1998.
- Burt, R. A. British Battleships 1889–1904. Annapolis, Maryland: Naval Institute Press, 1988. ISBN 0-87021-061-0.
- Chesneau, Roger, and Eugene M. Kolesnik, eds. Conway's All The World's Fighting Ships, 1860–1905. New York: Mayflower Books, Inc., 1979. ISBN 0-8317-0302-4.
- Gibbons, Tony. The Complete Encyclopedia of Battleships and Battlecruisers: A Technical Directory of All the World's Capital Ships From 1860 to the Present Day. London: Salamander Books Ltd., 1983.
- McBride, K. "Lord Nelson and Agamemnon". Conway's: Warship, 2005.