Lew Ayres
Lew Ayres (* 28. Dezember 1908 als Lewis Frederick Ayres III. in Minneapolis, Minnesota; † 30. Dezember 1996 in Los Angeles, Kalifornien) war ein US-amerikanischer Schauspieler und Regisseur. Berühmt wurde er durch seine Hauptrolle als Paul Bäumer im Filmklassiker Im Westen nichts Neues (1930). Es folgte eine profilierte Film- und Fernsehkarriere von rund 65 Jahren, in deren Verlauf Ayres unter anderem für den Oscar nominiert sowie mit dem Golden Globe und zwei Sternen auf dem Hollywood Walk of Fame ausgezeichnet wurde.
Leben
Frühes Leben
Lew Ayres wurde in Minneapolis als Sohn von Irma und Louis Ayres geboren. Seine Eltern waren Musiker und ließen sich scheiden, als er vier Jahre alt war. Er wurde daher für einige Jahre von seiner Großmutter Anna, einer Klavierlehrerin, erzogen. Seine Großmutter entdeckte sein musikalisches Talent. Er spielte neben Gitarre auch Banjo und Saxophon. Im Jahre 1923 zog er mit seiner Mutter, seinem Stiefvater und seinem Halbbruder nach San Diego, wo er auch die Highschool besuchte. Er unterbrach die Highschool für eine kurze Zeit, um als Musiker zu arbeiten. Später machte er allerdings seinen Abschluss und studierte ab 1926 Medizin an der University of Arizona. Nebenbei spielte er dort in der Jazzband der Universität Banjo und Gitarre. Er brach sein Medizinstudium ab und spielte fortan in Jazzbands in kalifornischen Nachtclubs. In einem Nachtclub in Los Angeles wurde Ayres von einem Hollywood-Agenten beim Tanz mit der Schauspielerin Lili Damita entdeckt.
Karriere
Nach zwei kleinen Rollen erzeugte er mit seinem dritten Film erstmals Aufmerksamkeit: Er spielte einen naiven Jüngling in Der Kuß (1929), welcher der Titelheldin Greta Garbo einen Kuss gibt und so für Komplikationen sorgt. Sein vierter Film sollte ihn schließlich weltberühmt machen, nämlich die Hauptrolle des deutschen Soldaten Paul Bäumer im Antikriegsfilm Im Westen nichts Neues aus dem Jahre 1930. Die Verfilmung von Erich Maria Remarques gleichnamigem Roman wurde mit dem Oscar als bester Film des Jahres ausgezeichnet, stieß aber vor allem wegen seiner pazifistischen Haltung im Deutschen Reich auf erbitterten Protest bei rechten Verbänden und Nationalsozialisten, die von Joseph Goebbels zum Boykott des Films und anderer Filme der Beteiligten aufgerufen wurden. Ayres wurde von der US-amerikanischen Presse allerdings für seinen Auftritt mit viel Lob beachtet.
In den folgenden Jahren gelang dem jungenhaft aussehenden Schauspieler allerdings nicht der Sprung zum Top-Star in Hollywood. In den 1930er-Jahren wurde Ayres in den allermeisten seiner Rollen auf naive, etwas verwöhnte junge Männer aus gutem Hause beschränkt.[1] Zu seinen bedeutenderen Rollen zählten ein aufstrebender Gangster im Kriminalfilm The Doorway to Hell (1930) neben James Cagney sowie ein Preisboxer in Iron Man (1931), welcher von seiner Geliebten, gespielt von Jean Harlow, verlassen wird. 1938 machte er wieder auf sich aufmerksam, als er in einer tragikomischen Rolle den Bruder von Katharine Hepburn in Die Schwester der Braut spielte, der unter seinem dominanten Vater leidet und dies in Alkohol ertränkt. Im selben Jahr erhielt Lew Ayres bei MGM die Rolle des Dr. Kildare im B-Film Dr. Kildare: Sein erster Fall. Der Film wurde ein so großer Erfolg, dass Ayres den gutmütigen und hilfsbereiten Arzt bis 1942 in acht Fortsetzungen verkörperte. Er sprach Dr. Kildare in den 1940er-Jahren ebenfalls in einer populären Radioserie.
Im Zweiten Weltkrieg lehnte Ayres einen Kriegseinsatz für die USA ab, weil er insbesondere durch seine Arbeit an Im Westen nichts Neues zum Pazifisten geworden war. Es entstand öffentliche Kritik am „berühmtesten Kriegsdienstverweigerer des Landes“[2] und MGM entließ ihn deshalb sogar aus ihrem Vertrag. Sein Ruf war erst wiederhergestellt, als die Öffentlichkeit erfuhr, dass er als Sanitäter für die US Army Medical Corps in Neuguinea und auf den Philippinen gearbeitet hatte. Er war unter anderem bei der Evakuierung in der Schlacht um Leyte gegenwärtig. Nach dem Krieg nahm Ayres seine Filmkarriere wieder auf und spielte unter anderem eine Hauptrolle neben Olivia de Havilland in Robert Siodmaks Thriller Der schwarze Spiegel (1946).
1948 erzielte er an der Seite von Jane Wyman in dem Drama Schweigende Lippen einen persönlichen Erfolg. Diese Rolle eines fürsorglichen Arztes, der sich um eine Gehörlose kümmert, brachte ihm seine einzige Oscar-Nominierung in der Kategorie Bester Hauptdarsteller ein. In den 1950er Jahren übernahm Ayres vor allem Gastrollen im Fernsehen, doch die Angebote für ihn ließen insgesamt nach. Seine Karriere nahm in den 1970er und 1980er Jahren einen neuen Anlauf. Er übernahm Nebenrollen in Filmen wie Terence Hills Don-Camillo-Neuverfilmung Keiner haut wie Don Camillo, dem Horrorfilm Damien – Omen II mit William Holden oder dem Science-Fiction-Film Die Schlacht um den Planet der Affen. Der mittlerweile ergraute Ayres spielte nun meist verständnisvolle und freundliche Autoritätsfiguren wie Präsidenten, Ärzte und Professoren. Auch im Fernsehen war er in Serien wie Unsere kleine Farm, Ein Engel auf Erden und Das A-Team zu sehen. In der Columbo-Episode Teuflische Intelligenz (1976) spielte er einen integren Wissenschaftler, der ermordet wird, als er einen Skandal aufdecken will. 1994 zog Ayres sich mit seinem Auftritt in dem Fernsehfilm Hart aber herzlich: Dem Täter auf der Spur nach über 150 Film- und Fernsehauftritten endgültig von der Leinwand zurück.
Beim Historiendrama Hearts in Bondage mit Mae Clarke und David Manners in den Hauptrollen führte Ayres 1936 erstmals Regie. Es blieb seine einzige Regiearbeit beim Spielfilm, später drehte er noch zwei Dokumentarfilme: Altars of the East (1955) und Altars of the World (1976), die sich beide dem Thema Religion widmeten. Altars of the World, seine 150-minütige Dokumentation über die verschiedenen Weltregionen, wurde 1977 mit dem Golden Globe in der Kategorie Bester Dokumentarfilm ausgezeichnet.
Privatleben
Lew Ayres war dreimal verheiratet: zunächst zwischen 1931 und 1933 mit der Schauspielerin Lola Lane und von 1934 bis 1940 mit Ginger Rogers. Ende der 1940er Jahre begann er eine Beziehung mit der Schauspielerin Jane Wyman, welche für ihn ihren damaligen Ehemann Ronald Reagan verließ. Wyman und Ayres trennten sich bereits nach kurzer Zeit wieder. Seiner letzten Ehe mit Diana Hall, die von 1964 bis zu seinem Tod hielt, entstammt ein Sohn.[3] Der Schauspieler interessierte sich sehr für Philosophie und Religion, hielt über diese Themen Vorträge und schrieb zahlreiche Aufsätze.[4] Für seine philosophischen Tätigkeiten erhielt er 1979 einen Ehrendoktor der Oakland University.[5]
Lew Ayres starb am 30. Dezember 1996, zwei Tage nach seinem 88. Geburtstag, in Los Angeles. Er wurde auf dem Westwood Village Memorial Park Cemetery in Brentwood direkt neben Frank Zappa begraben.[6]
Filmografie (Auswahl)
Als Schauspieler
- 1929: The Sophomore
- 1929: Der Kuß (The Kiss)
- 1930: Im Westen nichts Neues (All Quiet on the Western Front)
- 1930: Common Clay
- 1930: The Doorway to Hell
- 1931: Iron Man
- 1932: The Impatient Maiden
- 1933: Die Schule der Liebe (My Weakness)
- 1933: Jahrmarktsrummel (State Fair)
- 1934: Servants’ Entrance
- 1934: Cross Country Cruise
- 1936: Verbrecherjagd (Murder with Pictures)
- 1938: Die Schwester der Braut (Holiday)
- 1938: Rich Man, Poor Girl
- 1938: Dr. Kildare: Sein erster Fall (Young Dr. Kildare)
- 1939: Dr. Kildare: Unter Verdacht (Calling Dr. Kildare)
- 1939: Dr. Kildare: Das Geheimnis (The Secret of Dr. Kildare)
- 1939: Tanz auf dem Eis (The Ice Follies of 1939)
- 1939: Irrwege der Liebe (Broadway Serenade)
- 1939: Remember?
- 1940: Dr. Kildare: Auf Messers Schneide (Dr. Kildare’s Strange Case)
- 1940: Dr. Kildare: Die Heimkehr (Dr. Kildare Goes Home)
- 1940: Dr. Kildare: Verhängnisvolle Diagnose (Dr. Kildare’s Crisis)
- 1941: Dr. Kildare: Vor Gericht (The People vs. Dr. Kildare)
- 1941: Dr. Kildare: Der Hochzeitstag (Dr. Kildare’s Wedding Day)
- 1942: Dr. Kildare’s Victory
- 1942: Schatten am Fenster (Fingers at the Window)
- 1946: Der schwarze Spiegel (The Dark Mirror)
- 1947: Ehebruch (The Unfaithful)
- 1948: Schweigende Lippen (Johnny Belinda)
- 1951: Der Todesfelsen von Colorado (New Mexico)
- 1953: Unschuldig gejagt (No Escape)
- 1953: Donovans Hirn (Donovan’s Brain)
- 1962: Sturm über Washington (Advise and Consent)
- 1964: Die Unersättlichen (The Carpetbaggers)
- 1968–1974: Hawaii Fünf-Null (Fernsehserie, 4 Folgen)
- 1972: Die Promenadenmischung (The Biscuit Eater)
- 1973: Die Schlacht um den Planet der Affen (Battle for the Planet of the Apes)
- 1974: Columbo: Teuflische Intelligenz (Columbo: Mind over Mayhem, Fernsehfilm)
- 1978: Damien – Omen II
- 1978: Kampfstern Galactica (Battlestar Galactica)
- 1979: Brennen muss Salem (Salem’s Lot)
- 1981: Von Mäusen und Menschen (Of Mice and Man; Fernsehfilm)
- 1982: Unsere kleine Farm (Fernsehserie, Episode Bürgermeisterwahl)
- 1983: Keiner haut wie Don Camillo (Don Camillo)
- 1985–1986: Lime Street (Fernsehserie, 9 Folgen)
- 1985–1989: Ein Engel auf Erden (Fernsehserie, 3 Folgen)
- 1986: Das A-Team (The A-Team; Episode: Landesverrat)
- 1988: Cagney & Lacey (Fernsehserie, 1 Folge)
- 1994: Hart aber herzlich: Dem Täter auf der Spur (Hart to Hart: Crimes of the Hart)
Als Regisseur
- 1936: Hearts in Bondage
- 1955: Altars of the East
- 1976: Altars of the World
Auszeichnungen
- 1948: Nominierung für den Oscar als bester Hauptdarsteller für Schweigende Lippen
- 1960: Zwei Sterne auf dem Hollywood Walk of Fame (Radio und Film)
- 1975: Emmy-Nominierung für den besten Gastauftritt in der Serie Kung Fu
- 1977: Golden Globe Award für Altars of the World
- 1979: Ehrendoktor der Oakland University, hauptsächlich für philosophische Arbeiten[7]
Einzelnachweise
- Lew Ayres bei der New York Times
- Nachruf beim Independent vom 1. Januar 1997
- Nachruf beim Independent
- Biografie: "Lew Ayres: Hollywood’s Conscientious Objector"
- Lesley L. Coffin: Lew Ayres: Hollywood's Conscientious Objector. Univ. Press of Mississippi, 2012, ISBN 978-1-61703-637-8 (google.de [abgerufen am 15. August 2019]).
- Lew Ayres bei Find A Grave
- Biografie: "Lew Ayres: Hollywood’s Conscientious Objector"
Weblinks
- Lew Ayres in der Internet Movie Database (englisch)
- Lew Ayres. In: Virtual History (englisch)
- Biografie von Lew Ayres auf der Website der University of Minnesota
- Biografie von Lew Ayres auf der Website der American National Biography