Jean-Louis Vaudoyer
Jean-Louis Vaudoyer (* 10. September 1883 in Le Plessis-Robinson, Département Hauts-de-Seine; † 20. März 1963 in Paris) war ein französischer Essayist, Kunsthistoriker, Dichter und Romancier, der zwischen 1941 und 1944 Verwaltungsdirektor der Comédie-Française war und 1950 Mitglied der Académie française wurde. Seine Wahl zum Mitglied der Académie française war jedoch aufgrund seiner Unterstützung des Vichy-Regimes von Marschall Philippe Pétain und Zusammenarbeit als Kollaborateur mit dem deutschen Botschafter in Frankreich Otto Abetz im Zweiten Weltkrieg umstritten.
Leben
Familie, Studium und Zeit bis zum Zweiten Weltkrieg
Jean-Louis Vaudoyer stammte aus einer Architektenfamilie und war ein Sohn von Alfred Vaudoyer. Sein Ururgroßvater war der Maler Louis Jean François Lagrenée, während sein Urgroßvater Antoine Vaudoyer und sein Großvater Léon Vaudoyer Mitglieder der Académie des Beaux-Arts sowie ebenfalls bekannte Architekten waren. Auch sein älterer Halbbruder Georges Vaudoyer war als Architekt tätig, während der Ehemann seiner Halbschwester Marianne mit dem Essayisten und Historiker Daniel Halévy verheiratet war. Er selbst besuchte die École Gerson und das Lycée Carnot, wo der Schweizer Schriftsteller Robert de Traz zu seinen Schulfreunden gehörte. Im Anschluss absolvierte er ein Studium der Kunstgeschichte und Literaturwissenschaften an der École du Louvre.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts begann Vaudoyer seine literarische Laufbahn und gehörte neben Abel Bonnard, Charles Du Bos, Auguste Gilbert de Voisins, Émile Henriot, Edmond Jaloux, Eugène Marsan und Francis de Miomandre zum literarischen Zirkel Club des Longues moustaches, der zwischen 1908 und 1911 bestand. 1911 verfasste er das Libretto für das von Michail Fokine für die Ballets Russes choreografierte Ballett Le Spectre de la Rose in einem Akt nach der Musik von Carl Maria von Weber. 1910 wurde er Mitarbeiter des Kunstgewerbemuseums Musée des Arts décoratifs in Paris. Er nahm am Ersten Weltkrieg teil und wurde mit dem Croix de guerre geehrt. Später wurde er Konservator und Kurator des Musée Carnavalet, dessen Direktor er im Anschluss wurde. Als Kunstkritiker verfasste er Beiträge für zahlreiche Zeitschriften und Tageszeitungen wie L’Écho de Paris. Am 13. Juni 1926 wurde ihm das Ritterkreuz der Ehrenlegion verliehen.
1928 wurde Vaudoyer mit dem Großen Literaturpreis der Académie française ausgezeichnet. Als Anhänger der Ideen von Maurice Barrès und Charles Maurras schloss er sich mit seinem Schwager Daniel Halévy sowie anderen liberalen konservativen durch den persönlichen Einfluss seines Freundes François Mauriac vor den Unruhen vom 6. Februar 1934 der christdemokratischen Bewegung an. Bereits nach dem Tode von Albert Besnard am 4. Dezember 1934 sowie von Pierre de Nolhac am 31. Januar 1936 galt Jean-Louis Vaudoyer als Kandidat für die Mitgliedschaft in der Académie française, allerdings wurden Louis Gillet beziehungsweise Georges Grente gewählt. Am 29. Januar 1937 wurde ihm das Offizierskreuz der Ehrenlegion verliehen.
Verwaltungsdirektor der Comédie-Française und Wahl zum Mitglied der Académie française
Im Zweiten Weltkrieg unterstützte er nach der Besetzung Frankreichs durch Truppen der deutschen Wehrmacht nach dem Westfeldzug jedoch das Vichy-Regimes von Marschall Philippe Pétain und arbeitete als Kollaborateur mit dem deutschen Botschafter in Frankreich Otto Abetz zusammen. Er wurde am 7. März 1941 als Nachfolger von Jacques Copeau nach einer kurzen Übergangsleitung durch Léon Lamblin Verwaltungsdirektor der Comédie-Française und bekleidete diese Funktion bis zu seinem Rücktritt am 23. März 1944, woraufhin André Brunot sein Nachfolger wurde. Zugleich wurde er am 7. Juli 1941 vom Staatssekretär für Bildung der Vichy-Regierung, Jérôme Carcopino, zum Präsidenten des Organisationskomitees für Unterhaltungsunternehmen COES (Comité d’organisation des entreprises du spectacle) ernannt.
Nach der Befreiung Frankreichs (La Libération) 1944 wurde Jean-Louis Vaudoyer beschuldigt, mit der Comédie-Française „die erste französische Bühne dem Feind zur Verfügung gestellt zu haben“. Er wurde allerdings von dem von der Übergangsregierung am 26. Juni 1944 eingesetzten Gerichtshof (Cour de justice) und der Commission d’Épuration freigesprochen. Nach dem Tode von Edmond Jaloux am 22. August 1949 wurde er als dessen Nachfolger am 12. Januar 1950 zum Mitglied der Académie française gewählt. Seine Wahl zum Mitglied der Académie française war jedoch aufgrund seiner Unterstützung des Vichy-Regimes von Marschall Philippe Pétain und Zusammenarbeit als Kollaborateur mit dem deutschen Botschafter in Frankreich Otto Abetz im Zweiten Weltkrieg umstritten. Sein früherer Freund François Mauriac sprach sich gegen seine Wahl aus. Tatsächlich wurde er erst im zweiten Wahlgang mit 21 gegen sieben Stimmen für Antoine de Lévis-Mirepoix gewählt. Am 22. Juli 1950 hielt er die obligatorische Lobrede auf seinen verstorbenen Vorgänger Edmond Jaloux.[1]
Veröffentlichungen
Jean-Louis Vaudoyer, verfasste unter dem Einfluss seines Freundes Henri de Régnier, den er oft in Venedig besuchte, Romane und Gedichte, die eher impressionistisch als realistisch sind. In seinen Büchern befasste er sich unter anderem mit Persönlichkeiten wie Tamara Platonowna Karsawina, George Barbier, Alice Ozy, Arthur Chassériau, Ambroise Paré, Antoine Watteau, Marcelle Mallet, Nicolas Froment, Paul Cézanne, Édouard Manet, Piero della Francesca, Sandro Botticelli, Pierre-Auguste Renoir. Zu seinen Werken gehören:
- Les compagnes du rêve, 1906
- Quarante petits poèmes, 1907
- La Commedia, 1908
- L’amour masqué, 1908
- Stances et élégies, 1908
- La bien-aimée, 1909
- Suzanne et l’Italie, 1910
- La Maîtresse et l’Amie, 1912
- Poésies, 1906–1912, 1913
- Album dédié à Tamara Karsavina, 1914
- Poésies, 1914
- Propos et promenades, 1914
- La stèle d’un ami, 1916
- Les permissions de Clément Bellin, 1918
- Les papiers de Cléonthe, 1919
- Le dernier rendez-vous, 1920
- Le musée de l’Union centrale des Arts décoratifs au Pavillon de Marsan, 1920
- Un album de dix dessins sur la danse, 1920
- Peau d’ange, 1921
- Rayons croisés, 1921
- L’album italien, 1922
- La reine évanouie, 1923
- Ombres portées, 1923
- Campagne d’Italie, 1924
- Les délices de l’Italie, 1924
- Deux maisons de peintres, 1925
- Les plaisirs d’hier, 1925
- Raymonde Mangematin, 1925
- Beautés de la Provence, 1925
- Éloge de la gourmandise, 1926
- Le chant du rossignol, 1926
- En France, 1927
- Franges, 1927
- Premières amours, 1927
- Les Saintes-Maries-de-la-Mer, 1928
- Nouvelles beautés de la Provence, 1928
- George Barbier, 1929
- Nuit à l’hôtel Beaux-Monts, 1929
- Alice Ozy, ou l’Aspasie moderne, 1930
- Esquisses havanaises, 1930
- D’Athènes à La Havane, via Berlin, 1931
- Souvenirs de la rue des Vignes, 1931
- Donne-moi ton coeur, 1931
- Fauteuil XIII, 1933
- Italiennes, 1934
- Le baron Arthur Chassériau, 1935
- Cartes et estampes,1935
- Ambroise Paré et les Valois, 1936
- Italie, des Alpes à Sienne, 1936
- Watteau, 1937
- „La Rose“, 1938
- L’Homme et les Dieux, 1945
- Trois bouquets provençaux, 1945
- CLX petits faits vrais, 1946
- Le souvenir de Marcelle Mallet, 1946
- Dédié à l’amitié et au souvenir, 1947
- Les peintres provençaux, de Nicolas Froment à Paul Cézanne, 1947
- Fontaines de Provence, 1948
- Les Impressionnistes, de Manet à Cézanne, 1948
- Piero della Francesca, 1949
- Botticelli, 1950
- Italie retrouvée, 1950
- Paris aux yeux du monde, 1951
- Quelques Français en Italie, 1951
- La Provence, 1953
- Images de France, 1954
- Renoir, 1954
- La Sicile, 1955
- Les Impressionnistes, 1955
- Édouard Manet, 1956
- Rome, 1956
Weblinks
- Eintrag auf der Homepage der Académie française
- Literatur von und über Jean-Louis Vaudoyer im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Eintrag auf der Homepage des Archives nationales
- Eintrag in Prabook
- Eintrag im Munzinger-Archiv (Seitenanfang der Onlineversion)