Ingo Gerhartz
Ingo Gerhartz (* 9. Dezember 1965 in Cochem) ist ein deutscher Generalleutnant der Luftwaffe der Bundeswehr und seit dem 29. Mai 2018 der 16. Inspekteur der Luftwaffe.
Militärische Laufbahn
Ausbildung und erste Verwendungen
Beförderungen
- 07/1989 Leutnant
- 07/1991 Oberleutnant
- 10/1994 Hauptmann
- 10/1998 Major
- 02/2002 Oberstleutnant
- 09/2008 Oberst
- 10/2015 Brigadegeneral
- 10/2017 Generalmajor
- 05/2018 Generalleutnant
Gerhartz trat zum 1. Juli 1985 als Wehrpflichtiger in Budel (Niederlande) in das Luftwaffenausbildungsregiment 2 der Luftwaffe ein. Es folgte von 1986 bis 1987 die Ausbildung zum Offizier an der Offizierschule der Luftwaffe in Fürstenfeldbruck. Von 1988 bis 1989 absolvierte er die Ausbildung zum Strahlflugzeugführer auf Cessna Cessna T-37 Tweet und Northrop T-38 Talon im Rahmen des Euro Nato Joint Jet Pilot Training auf der Sheppard Air Force Base (Texas, USA), und von 1989 bis 1990 die Waffensystemausbildung auf McDonnell F-4F Phantom II auf der George Air Force Base nahe Victorville in Kalifornien. Von 1990 bis 1998 folgten verschiedene Truppenverwendungen als Jagdflugzeugführer und Einsatzstabsoffizier im Jagdgeschwader 71 “Richthofen” in Wittmund auf dem Waffensystem F-4F. Von 1998 bis 2000 nahm Gerhartz am 43. Nationalen Generalstabslehrgang an der Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg teil.
Dienst als Stabsoffizier
Die erste Verwendung als Stabsoffizier führte Gerhartz von 2000 bis 2003, als Kommandeur der Fliegenden Gruppe des Jagdgeschwader 73 “Steinhoff”, nach Laage. Hierzu wurde er auf das Waffensystem MiG-29 Fulcrum umgeschult. Es folgte von 2003 bis 2005 eine erste ministerielle Verwendung als Referent Grundsatz und Planung Fliegende Waffensysteme im Bundesministerium der Verteidigung in Bonn. Hierbei zeichnete Gerhartz als militärischer Beauftragter für den EF-2000 Eurofighter verantwortlich. Daran schloss sich von 2005 bis 2007 eine Verwendung als Sprecher ISAF und Luftwaffe im Presse- und Informationsstab des Bundesministeriums der Verteidigung am Dienstsitz in Berlin. Von 2008 bis 2010 führte Gerhartz als Kommodore das Jagdbombergeschwader 31 „Boelcke“. Hierzu wurde er auf das Waffensystem PA-200 Tornado umgeschult. Er leitete in dieser Zeit auch die Umrüstung des Geschwaders auf den EF-2000. Es folgte 2010 bis 2012 eine Stabsverwendung als Gruppenleiter Planung und Einsatz Kampfflugzeuge im Luftwaffenführungskommando in Köln.[1] Von 2012 bis 2013 wurde Gerhartz erneut im Ministerium, diesmal als Referatsleiter FüL III 5 (Grundsatz fliegende Systeme Luftwaffe) im Führungsstab der Luftwaffe (gleichzeitig Leiter der Arbeitsgruppe Fähigkeitstransfer Hubschrauber) sowie später als Referatsleiter 2IIa (Grundsatz, Führung, Einsatz Jet/UAS) im Kommando Luftwaffe in Berlin-Gatow. Es folgte eine weitere Verwendung im Kommando Luftwaffe, diesmal als Unterabteilungsleiter 1I (Planung und Weiterentwicklung Luftwaffe). Von 2014 folgte eine erneute Verwendung im Presse- und Informationsstab des Bundesministeriums der Verteidigung, diesmal als Stellvertreter des Ministeriumssprechers Jens Flosdorff und Leiter des Bereichs Presse.[2] Diesen Dienstposten übergab er an Oberst Boris Nannt.
Dienst als General
Von 1. September 2015 bis 1. Oktober 2017 war Gerhartz, verbunden mit der Beförderung zum Brigadegeneral, Leiter des Büros des Generalinspekteurs der Bundeswehr, General Volker Wieker, diesen Dienstposten übernahm er von Brigadegeneral Andreas Marlow. Den Dienstposten als Büroleiter des Generalinspekteurs übergab er zum 1. Oktober 2017 an Brigadegeneral Jürgen-Joachim von Sandrart, und wurde dann, unter Beförderung zum Generalmajor, als Stellvertreter des Abteilungsleiters der Abteilung Strategie und Einsatz im Bundesministerium der Verteidigung in Berlin eingesetzt. Hier folgte er auf Konteradmiral Hans-Christian Luther.[3] Seit dem 16. März 2018 war er der designierte Inspekteur der Luftwaffe.[4] Am 29. Mai 2018 wurde Gerhartz der Nachfolger von Generalleutnant Karl Müllner als Inspekteur der Luftwaffe.[5] Im Alter von 52 Jahren und somit jüngster Inspekteur der Luftwaffe, übernahm er am 29. Mai 2018, unter vorheriger Beförderung zum Generalleutnant, die Führung der Luftwaffe.
Position als Inspekteur der Luftwaffe
Gerhartz übernahm die Führung der Luftwaffe in einer Phase, in der die niedrige Einsatzbereitschaft der Luftwaffe und eine Kündigungswelle von Jetpiloten öffentlich diskutiert wurden.[6][7] Durch eine Verbesserung der Zusammenarbeit mit der Industrie und Maßnahmen zur Attraktivitätssteigerung des Fliegerischen Dienstes, konnten innerhalb von zwei Jahren sichtbare Erfolge erzielt werden. Beim Waffensystem Eurofighter wurde das Ziel von 75 Prozent einsatzbereiter Systeme erreicht.[8][9][10][11][12] Nach einer Halbierung der Kündigungen im Jahr 2019 konnten Kündigungen von Jetpiloten im Jahr 2020 komplett vermieden werden.[13]
Neben der Einsatzbereitschaft setzte Gerhartz den Schwerpunkt auf die Themen Modernisierung und multinationale Ausrichtung.
Bei der Modernisierung stehen die Tornado-Nachfolge, das FCAS-Projekt sowie die Entscheidungen für einen Schweren Transporthubschrauber als Nachfolgesystem für den seit 1966 in Nutzung befindliche CH-53 im Fokus.
Die Intensivierung der vertrauensvollen Freundschaft zu Israel und der Ausbau der deutsch-israelischen Luftwaffenkooperation gehören zu seinen besonderen Anliegen. Erstmalig nahm die israelische Luftwaffe 2020 an der Übung „Blue Wings“ über deutschem Boden teil.[14] Am 18. August 2020 überflogen israelische und deutsche Flugzeuge in einer gemeinsamen Formation die KZ-Gedenkstätte in Dachau und Fürstenfeldbruck zum Gedenken an das Olympia-Attentat von 1972. Ein gemeinsames, mehrjähriges NATO Air Policing-Projekt mit der britischen Royal Air Force[15] sowie die Übungsserie MAGDAYs[16] stehen beispielgebend für das Ziel der Intensivierung der multinationalen Kooperation.
Im Rahmen der internationalen Luftwaffenübung Blue Flag im Oktober 2021 zelebrierte Gerhartz gemeinsam mit dem israelischen Luftwaffenchef, Generalmajor Amikan Norkin, einen vielbeachteten symbolischen Akt: Norkin als Copilot einer F-15 Eagle der israelischen Luftwaffe und Gerhartz als Pilot eines sonderfolierten Eurofighters des Luftwaffengeschwaders Boelcke überflogen Seite an Seite das israelische Regierungsviertel und die Knesset in Jerusalem. Die Times of Israel merkte dazu an, dass dies der erste Flug eines deutschen Kampfflugzeuges über Jerusalem seit dem Ersten Weltkrieg war. Wenige Tage später wurde Gerhartz vom israelischen Generalstabschef, Generalleutnant Aviv Kohavi, die Chief of Staff Medal of Appreciation für besondere Verdienste um die israelischen Streitkräfte und die Sicherheit Israels verliehen.[17]
Für das Jahr 2022 hat Gerhartz das Ziel vorgegeben, mit Eurofightern an einer militärischen Übung in Australien teilzunehmen.[18] Air Defender 2023 ist eine durch Gerhartz initiierte Übung, die in Anlehnung an Defender-Europe 20 den transatlantischen Zusammenhalt der NATO und die Bedeutung von Luftstreitkräften für die Landes- und Bündnisverteidigung untermauert.
Gerhartz absolvierte über 2.500 Flugstunden als Pilot von F-4F, MIG-29, Tornado und Eurofighter. Seit dem Abschluss einer fliegerischen Ausbildung auf dem Waffensystem Eurofighter nimmt Gerhartz seit Februar 2020 als Pilot aktiv am Flugdienst teil.
Auslandseinsätze
- 02/2009 bis 10/2009 ISAF Kommodore Einsatzgeschwader Mazar-e Sharif und Base Commander (hierbei mehr als 50 Einsätze mit TORNADO in RECCE-Variante).[19]
Auszeichnungen
- 08/2002: Ehrenkreuz der Bundeswehr in Silber
- 03/2009: Einsatzmedaille der Bundeswehr ISAF Bronze
- 10/2009: NATO-Medaille Non Article 5 ISAF
- 12/2016: Ehrenkreuz der Bundeswehr in Gold
- 09/2021: Offizierskreuz des Verdienstordens der Französischen Republik
- 10/2021: Chief of Staff Medal of Appreciation (Israel)[20]
Privates
Gerhartz ist verheiratet und hat zwei Kinder. Er hat einen Master in Aeronautical Science.[21]
Weblinks
- Vita auf http://www.luftwaffe.de (archivierte Version)
- Filmclip mit dem historischen Flug über das israelische Parlament einschließlich Originalton von Ingo Gerhartz (englisch mit deutschem Untertitel)
Einzelnachweise
- Gregor Ritter: Ingo Gerhartz. Leicht wehmütiger Abschied vom Cockpit. Kölnische Rundschau. 9. Juli 2010, abgerufen am 25. April 2017.
- Ulrike Schweitzer: Die Story im Ersten. Frontfrau – Deutschlands erste Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen. WDR.de. 25. März 2015, abgerufen am 25. April 2017.
- Personalveränderungen in militärischen und zivilen Spitzenstellen - April 2018. In: www.personal.bundeswehr.de. PIZ Personal, abgerufen am 29. April 2018.
- Personalveränderungen in Spitzenstellen des Bundesministeriums der Verteidigung und der Bundeswehr. (PDF) In: Pressemitteilung. BMVg Presse- und Informationsstab, 16. März 2018, abgerufen am 19. März 2018: „Generalleutnant Karl Müllner, Inspekteur der Luftwaffe, soll zum Ablauf des Monats Mai in den Ruhestand treten. Ihm folgt Generalmajor Ingo Gerhartz, derzeit stellvertretender Abteilungsleiter Strategie und Einsatz im BMVg.“
- Personalveränderungen in militärischen und zivilen Spitzenstellen – Juni 2018. Bundeswehr, Referat P I 3, 21. Juni 2018, abgerufen am 6. Juli 2018.
- Thomas Wiegold: Kündigungen von Jet-Piloten der Luftwaffe: Neuer Höchststand im vergangenen Jahr. augengeradeaus.net, 11. Februar 2019, abgerufen am 10. Juni 2021.
- Karl Schwarz: Pilotenmangel bei der Bundeswehr. Bericht es Wehrbeauftragten. Flugrevue.de, 28. Januar 2020, abgerufen am 10. Juni 2021.
- Chase Winter: Only 4 of Germany's 128 Eurofighter jets combat ready — report. dw.com, 18. Mai 2019, abgerufen am 10. Juni 2021 (englisch).
- Thomas Wiegold: Materiallage der Bundeswehr: Leichte Besserung, aber auch Systeme nur zu einem Viertel einsatzbereit. augengeradeaus.net, 9. Juni 2020, abgerufen am 10. Juni 2021.
- Peter Carstens: Einsatzbereitschaft weiter mangelhaft. faz.net, 10. Juni 2020, abgerufen am 10. Juni 2021.
- Karl Schwarz: Einsatzbereitschaft der Systeme sehr unterschiedlich. Neue Zahlen der Bundeswehr. Flugrevue.de, abgerufen am 10. Juni 2021.
- Sandra Süßmuth: Inspekteur fliegt Eurofighter zurück nach Neuburg. Bundeswehr.de, 9. September 2020, abgerufen am 10. Juni 2021.
- Das Jahr aus Sicht des Inspekteurs der Luftwaffe. Bundeswehr.de, 23. Dezember 2020, abgerufen am 10. Juni 2021.
- Michael Thaidigsmann: Seite an Seite. Luftwaffe. juedische-allgemeine.de, 27. August 2020, abgerufen am 10. Juni 2021.
- Thomas Wiegold: NATO Air Policing in Estland: Deutsch-britisches Training vor der Übergabe. augengeradeaus.net, 1. Mai 2019, abgerufen am 10. Juni 2021.
- Karl Schwarz: MAGDAYS mit Israel und Ungarn. Internationale Luftwaffen-Übung. Flugrevue.de, 26. August 2020, abgerufen am 10. Juni 2021.
- Judah Ari Gross: Israeli, German air chiefs exchange medals after Jerusalem flyover. The Times of Israel, 19. Oktober 2021, abgerufen am 28. Oktober 2021 (englisch).
- Ingo Gerhartz: German Air Force chief: The service is undergoing upgrades to meet future challenges. defensenews.com, 11. Januar 2021, abgerufen am 10. Juni 2021 (englisch).
- Norbert Kurth: Afghanistan – Vom Dach der Welt zum Eurofighter. In: Kölner Stadt-Anzeiger. 30. Dezember 2009, abgerufen am 25. April 2017.
- Chief of Staff Medal of Appreciation. Abgerufen am 28. Oktober 2021 (englisch).
- Jon O'Neill: Embry-Riddle Helps Chief of German Air Force Keep “Learning for Life”. In: Embry Riddle Aeronautics University. 27. August 2021, abgerufen am 9. September 2021.