Hattenrod
Hattenrod ist ein Ortsteil der Gemeinde Reiskirchen im mittelhessischen Landkreis Gießen.
Hattenrod Gemeinde Reiskirchen | |
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Höhe: | 217 (207–220) m ü. NHN |
Fläche: | 4,18 km²[1] |
Einwohner: | 663 (30. Jun. 2019)[2] |
Bevölkerungsdichte: | 159 Einwohner/km² |
Postleitzahl: | 35447 |
Vorwahl: | 06408 |
Geografische Lage
Der Ort liegt südöstlich des Hauptortes in Oberhessen. Im Ort treffen sich die Landesstraße 3355 und die Kreisstraße 152.
Geschichte
Historische Namensformen
In erhaltenen Urkunden wurde Hattenrod unter den folgenden Ortsnamen erwähnt (in Klammern das Jahr der Erwähnung):[1]
- Hattenroht, de (1226) [Urkundenbuch der Stadt Wetzlar 2, Nr. 7 = Gudenus, Sylloge S. 588f Nr. 11]
- Hattinrode, de (1237) [Wyss, Urkundenbuch der Deutschordens-Ballei 3, Nr. 1348]
- Haddenrode, de (1238) [Kopiar Kaminsky, Münzenberg, S. 75f = Baur, Hessische Urkunden 1 (Starkenburg und Oberhessen), Nr. 1278]
- Hatteroth, de (1239) [Wyss, Urkundenbuch der Deutschordens-Ballei 3, Nr. 1349]
- Hatthenroth, in (1248/1249) [Baur, Güterverzeichnis Mainz, S. 564]
- Hatterode, de (1257) [Wenck, Hessische Landesgeschichte 2,1 Urkundenbuch, S. 182 Nr. 156]
- Attenrode, de (1277) [Wyss, Urkundenbuch der Deutschordens-Ballei 1, Nr. 330]
- Hattenrode, in (1285) [Wyss, Urkundenbuch der Deutschordens-Ballei 3, Nr. 1365]
- Hattenroide, in villa (1311) [Baur, Hessische Urkunden 1 (Starkenburg und Oberhessen), Nr. 461]
Chronik
Die älteste bekannte schriftliche Erwähnung von Hattenrod erfolgte unter dem Namen Hattenroht im Jahr 1226 in einer Urkunde der Stadt Wetzlar.[1] Eine Besiedlung des Ortes hat wahrscheinlich schon zwischen den Jahren 800 und 1100 stattgefunden.
Die Evangelische Kirche in Hattenrod wurde im 14. Jahrhundert erbaut. Erhalten ist noch der spätgotische Turmschaft aus dem 14. oder 15. Jahrhundert und der dreigeschossige Helmaufbau von 1706. Das Kirchenschiff wurde 1947 wegen Baufälligkeit abgerissen und durch einen Neubau ersetzt, der Ostern 1952 eingeweiht wurde. Bedeutend ist der spätgotische bemalte Flügelaltar, der nach 1489 entstand.
Gebietsreform
Zum 31. Dezember 1970 fusionierten die bis dahin selbständigen Gemeinden Reiskirchen, Hattenrod, Saasen und Winnerod im Zuge der Gebietsreform in Hessen freiwillig zur neuen Großgemeinde Reiskirchen.[3][4] Für die eingegliederten Gemeinden wurde je ein Ortsbezirk mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher eingerichtet.[5]
Territorialgeschichte und Verwaltung im Überblick
Die folgende Liste zeigt im Überblick die Territorien, in denen Hattenrod lag, bzw. die Verwaltungseinheiten, denen es unterstand:[1][6][7]
- 1548: Amt Lich
- vor 1718: Heiliges Römisches Reich, Grafschaft Solms-Lich, Amt Lich
- ab 1718: Heiliges Römisches Reich, Grafschaft Solms-Hohensolms-Lich, Amt Lich
- ab 1792: Heiliges Römisches Reich, Fürstentum Solms-Hohensolms-Lich, Amt Lich
- ab 1806: Rheinbund, Großherzogtum Hessen (durch Rheinbundakte), Oberfürstentum Hessen, Amt Lich (des Fürsten Solms-Hohensolms-Lich)[8]
- ab 1815: Deutscher Bund, Provinz Oberhessen, Amt Lich (des Fürsten Solms-Hohensolms-Lich)[9]
- ab 1820: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Amt Lich (Patrimonialgericht: Standesherrliches Amt Lich des Fürsten Solms-Hohensolms-Lich)
- ab 1822: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Landratsbezirk Hungen (Trennung zwischen Justiz (Landgericht Lich; 1822 gingen die Rechte des „standesherrlichen Amts Lich“ an das Landgericht über, wo sie im Namen der Standesherren ausgeübt wurden) und Verwaltung)[10]
- ab 1837: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Kreis Grünberg
- ab 1848: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Regierungsbezirk Gießen
- ab 1852: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Landkreis Gießen
- ab 1867: Norddeutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Landkreis Gießen
- ab 1871: Deutsches Reich, Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Landkreis Gießen
- ab 1918: Deutsches Reich, Volksstaat Hessen, Landkreis Gießen
- ab 1945: Amerikanische Besatzungszone, Groß-Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Landkreis Gießen
- ab 1949: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen (seit 1946), Regierungsbezirk Darmstadt, Landkreis Gießen
- am 31. Dezember 1970 wurde Hattenrod als Ortsteil nach Reiskirchen eingegliedert.
- ab 1977: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Lahn-Dill-Kreis
- ab 1979: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Landkreis Gießen
- ab 1981: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen, Regierungsbezirk Gießen, Landkreis Gießen
Gerichtszugehörigkeit seit 1803
In der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt wurde mit Ausführungsverordnung vom 9. Dezember 1803 das Gerichtswesen neu organisiert. Für die Provinz Oberhessen wurde das Hofgericht Gießen als Gericht der zweiten Instanz eingerichtet. Die Rechtsprechung der ersten Instanz wurde durch die Ämter bzw. Standesherren vorgenommen und somit war für Hattenrod ab 1806 das „Patrimonialgericht der Fürsten Solms-Hohensolms-Lich“ in Lich zuständig. Das Hofgericht war für normale bürgerliche Streitsachen Gericht der zweiten Instanz, für standesherrliche Familienrechtssachen und Kriminalfälle die erste Instanz. Die zweite Instanz für die Patrimonialgerichte waren die standesherrlichen Justizkanzleien. Übergeordnet war das Oberappellationsgericht Darmstadt.
Mit der Gründung des Großherzogtums Hessen 1806 wurde diese Funktion beibehalten, während die Aufgaben der ersten Instanz 1821–1822 im Rahmen der Trennung von Rechtsprechung und Verwaltung auf die neu geschaffenen Land- bzw. Stadtgerichte übergingen. Ab 1822 ließen die Fürsten von Solms-Hohensolms-Lich ihre Rechte am Gericht durch das Großherzogtum Hessen in ihrem Namen ausüben. „Landgericht Lich“ war daher die Bezeichnung für das erstinstanzliche Gericht, das für Hattenrod zuständig war. Auch auf sein Recht auf die zweite Instanz, die durch die Justizkanzlei in Hungen ausgeübt wurde verzichtete der Fürst 1823.[11] Erst infolge der Märzrevolution 1848 wurden mit dem „Gesetz über die Verhältnisse der Standesherren und adeligen Gerichtsherren“ vom 15. April 1848 die standesherrlichen Sonderrechte endgültig aufgehoben.[12]
Anlässlich der Einführung des Gerichtsverfassungsgesetzes mit Wirkung vom 1. Oktober 1879, infolgedessen die bisherigen großherzoglich hessischen Landgerichte durch Amtsgerichte an gleicher Stelle ersetzt wurden, während die neu geschaffenen Landgerichte nun als Obergerichte fungierten, kam es zur Umbenennung in „Amtsgericht Lich“ und Zuteilung zum Bezirk des Landgerichts Gießen.[13] Am 1. Juni 1934 wurde das Amtsgericht Lich aufgelöst und Hattenrod dem Amtsgericht Gießen zugeteilt.[14] In der Bundesrepublik Deutschland sind die übergeordneten Instanzen das Landgericht Gießen, das Oberlandesgericht Frankfurt am Main sowie der Bundesgerichtshof als letzte Instanz.
Einwohnerzahlen
Hattenrod: Einwohnerzahlen von 1830 bis 2019 | ||||
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Jahr | Einwohner | |||
1830 | 419 | |||
1834 | 470 | |||
1840 | 514 | |||
1846 | 500 | |||
1852 | 503 | |||
1858 | 456 | |||
1864 | 360 | |||
1871 | 386 | |||
1875 | 395 | |||
1885 | 373 | |||
1895 | 399 | |||
1905 | 426 | |||
1910 | 428 | |||
1925 | 436 | |||
1939 | 433 | |||
1946 | 659 | |||
1950 | 648 | |||
1956 | 560 | |||
1961 | 544 | |||
1967 | 515 | |||
1980 | ? | |||
1990 | ? | |||
2000 | ? | |||
2011 | 582 | |||
2012 | 612 | |||
2015 | 598 | |||
2019 | 663 | |||
Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: Die Bevölkerung der Gemeinden 1834 bis 1967. Wiesbaden: Hessisches Statistisches Landesamt, 1968. Weitere Quellen: [1]nach 1980: Gemeinde Reiskirchen (HW+NW-Sitze) im Haushaltsplan Vorbericht[15]; Zensus 2011[16] |
Einwohnerstruktur
Nach den Erhebungen des Zensus 2011 lebten am Stichtag dem 9. Mai 2011 in Hattenrod 582 Einwohner. Darunter waren 12 (2,1 %) Ausländer. Nach dem Lebensalter waren 96 Einwohner unter 18 Jahren, 240 zwischen 18 und 49, 138 zwischen 50 und 64 und 111 Einwohner waren älter.[17] Die Einwohner lebten in 255 Haushalten. Davon waren 72 Singlehaushalte, 81 Paare ohne Kinder und 75 Paare mit Kindern, sowie 21 Alleinerziehende und 3 Wohngemeinschaften. In 60 Haushalten lebten ausschließlich Senioren und in 174 Haushaltungen lebten keine Senioren.[17]
Religionszugehörigkeit
• 1830: | 418 evangelische (= 99,76 %), ein katholischer (= 0,24 %) Einwohner[1] |
• 1961: | 466 evangelische (= 85,67 %), 75 katholische (= 13,79 %) Einwohner[1] |
Erwerbstätigkeit
• 1961: | Erwerbspersonen: 114 Land- und Forstwirtschaft, 109 Produzierendes Gewerbe, 26 Handel, Verkehr und Nachrichtenübermittlung, 26 Dienstleistungen und Sonstiges.[1] |
Infrastruktur
Die Freiwillige Feuerwehr Hattenrod sorgt für den abwehrenden Brandschutz und die allgemeine Hilfe in diesem Ort.
Sehenswürdigkeiten
Naturdenkmäler
- Dicke Eiche bei Hattenrod mit einem Brusthöhenumfang von 5,95 m (2014).[18]
Literatur
- Literatur über Hattenrod nach Stichwort nach GND In: Hessische Bibliographie
- Suche nach Hattenrod In: Archivportal-D der Deutschen Digitalen Bibliothek
Weblinks
- Ortsteil Hattenrod. In: Webauftritt. Gemeinde Reiskirchen
- Hattenrod, Landkreis Gießen. Historisches Ortslexikon für Hessen. In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
Einzelnachweise
- Hattenrod, Landkreis Gießen. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 8. Juni 2018). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
- Haushaltsplan 2020. (PDF; 12 MB) In: Webauftritt. Gemeinde Reiskirchen, S. 14 (Vorbemerkungen), abgerufen im August 2020.
- Zusammenschluss von Gemeinden zur Gemeinde „Reiskirchen“, Landkreis Gießen vom 6. Januar 1971. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1971 Nr. 4, S. 140, Punkt 166 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 6,3 MB]).
- Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart/Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. =364.
- Hauptsatzung. (PDF; 143 kB) § 5. In: Webauftritt. Gemeinde Reiskirchen, abgerufen im August 2020.
- Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation. In: treemagic.org. 2006 .
- Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band 13. G. Jonghause's Hofbuchhandlung, Darmstadt 1872, DNB 013163434, OCLC 162730471, S. 12 ff. (google books).
- Wilhelm von der Nahmer: Handbuch des Rheinischen Particular-Rechts: Entwickelung der Territorial- und Verfassungsverhältnisse der deutschen Staaten an beiden Ufern des Rheins : vom ersten Beginnen der französischen Revolution bis in die neueste Zeit. Band 3. Sauerländer, Frankfurt am Main 1832, OCLC 165696316, S. 22, 438 f. (Online bei google books).
- Neuste Länder und Völkerkunde. Ein geographisches Lesebuch für alle Stände. Kur-Hessen, Hessen-Darmstadt und die freien Städte. Band 22. Weimar 1821, S. 424 (online bei Google Books).
- Georg W. Wagner: Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen: Provinz Oberhessen. Band 3. Carl Wilhelm Leske, Darmstadt 1830, S. 135 (online bei Google Books).
- Theodor Hartleben (Hrsg.): Allgemeine deutsche Justiz-, Kameral- und Polizeifama, Teil 1. Band 2. Johann Andreas Kranzbühler, 1832, S. 271 (online bei Google Books).
- Gesetz über die Verhältnisse der Standesherren und adeligen Gerichtsherren vom 7. August 1848. In: Großherzog von Hessen (Hrsg.): Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt. 1848 Nr. 40, S. 237–241 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 42,9 MB]).
- Verordnung zur Ausführung des Deutschen Gerichtsverfassungsgesetzes und des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetze vom 14. Mai 1879. In: Großherzog von Hessen und bei Rhein (Hrsg.): Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt. 1879 Nr. 15, S. 197–211 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 17,8 MB]).
- Verordnung über die Umbildung von Amtsgerichtsbezirken vom 11. April 1934. In: Der Hessische Staatsminister (Hrsg.): Hessisches Regierungsblatt. 1934 Nr. 10, S. 63 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 13,6 MB]).
- Haushaltspläne der Gemeinde Reiskirchen. Vorbericht: Statistische Angaben. Abgerufen im Februar 2019.
- Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1 MB) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt
- Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1,1 MB) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt, S. 8 und 48 .
- Eintrag im Verzeichnis Monumentaler Eichen. Abgerufen am 10. Januar 2017.