Ghetto Theresienstadt
Das so genannte Ghetto Theresienstadt wurde während des Zweiten Weltkrieges im von den staatlichen Behörden im Protektorat Böhmen und Mähren genannten besetzten Teil der Tschechoslowakei durch die deutschen Besatzer im November 1941 in der ehemaligen österreichischen Garnisonsstadt von Theresienstadt (tschechischer Name Terezín) eingerichtet. Es war als Sammel- und Durchgangslager Teil des nationalsozialistischen Zwangslagersystems.[1][2] Die Bezeichnung „Ghetto“ oder „jüdischer Wohnbezirk“ verschleierte den Zweck des Lagers, weil es den Häftlingen einen längeren Aufenthalt suggerieren sollte. Schon 1955 betonte H. G. Adler, dass die Bezeichnung Ghetto ausschließlich ein Tarnbegriff der Nationalsozialisten für diese Sonderform eines Konzentrationslagers war, der aber vielfach von anderen übernommen wurde.[3] Das Lager war Teil des NS-Systems zur geplanten Vernichtung der Juden, der so verharmlosend titulierten „Endlösung der Judenfrage“. Zunächst sollte es der Aufnahme von Gefangenen aus der Tschechoslowakei dienen, bald wurden jedoch Menschen aus fast ganz Europa dorthin deportiert.
Geschichte
Theresienstadt wurde Ende des 18. Jahrhunderts als eine Festungsanlage von Kaiser Joseph II. erbaut. Sie gliederte sich in zwei Teile: die Garnisonsstadt und die Kleine Festung. Nach der Besetzung des zur Tschechoslowakei zählenden Böhmen und Mährens im März 1939 und Bildung des Protektorats Böhmen und Mähren durch das nationalsozialistische Deutsche Reich wurde im Juni 1940 ein Gefängnis der Gestapo in der Kleinen Festung eingerichtet.
Am 10. Oktober 1941 beschlossen unter anderem Adolf Eichmann und Hans Günther, sein Leiter der „Zentralstelle für jüdische Auswanderung in Prag“ (ab dem 20. August 1942 Zentralamt für die Regelung der Judenfrage), ganz Theresienstadt in ein Sammel- und Durchgangslager für Juden aus dem Protektorat Böhmen und Mähren umzuwandeln. Als solches unterschied es sich zunächst nicht von den Durchgangslagern in den anderen von Deutschland besetzten Ländern. Im Dezember 1941 folgte das Auswanderungsverbot für Juden aus Tschechien. Die ursprüngliche Stadtbevölkerung musste ihre Wohnungen nach einem Räumungsbefehl vom 16. Februar 1942 verlassen. Das „Sammellager (Ghetto)“ in der ehemaligen Garnisonsstadt wurde von der Gestapo sehr schnell mit Juden aus dem gesamten Protektorat gefüllt. Theresienstadt wurde zu einem Lager unter „jüdischer Selbstverwaltung“ erklärt, was praktisch bedeutete, dass die Gefangenen selbst für Unterbringung, Nahrung, medizinische Versorgung oder die Betreuung und Verpflegung der Kinder sorgen mussten.[4] Nur dem Namen nach wurde das Ghetto durch einen „Ältestenrat“ verwaltet, der durch den „Judenältesten“ geleitet wurde. Doch in Wahrheit unterlagen alle Entscheidungen dem von Günther eingesetzten SS-Lagerkommandanten. Günther wiederum unterstand als hoher SS-Führer einerseits in der lokalen Struktur des Protektorats dem Polizeichef und gleichzeitig als Judenbeauftragter dem Referat Eichmanns im Reichssicherheitshauptamt (RSHA).[5]
Die ersten tschechischen Juden wurden als ein Aufbaukommando aus Prager Gefängnissen in das „Sammellager (Ghetto)“ deportiert. Dieses hatte die Aufgabe, die Nutzung als Lager vorzubereiten und einen „Judenrat“ als interne Verwaltungsorganisation zu schaffen. Die Zahl der hierhin deportierten Juden aus dem Protektorat wuchs rasch an. Schon im Mai 1942 waren mehr als 28.000 Juden deportiert worden und im September 1942 bereits über 58.000 Menschen auf einem Raum interniert, der zuvor 7.000 Einwohner hatte. Davon waren 30.000 Personen Alte und Kranke, von diesen waren 4.000 invalide und 1.000 blind. Viele besaßen nicht einmal einen eigenen Schlafplatz.
Die Gesamtzahl der Personen, die hier bis Mai 1945 eingesperrt wurden, betrug etwa 141.000, darunter 70.000 alte Menschen und 15.000 Kinder. Während der letzten Kriegstage trafen noch einmal 13.000 weitere Gefangene ein, die aus von der SS liquidierten Konzentrationslagern im Deutschen Reich und Polen nach Theresienstadt „verfrachtet“ worden waren.
Die Zahl der Betroffenen gliedert sich folgendermaßen:[6]
Land | Zahl der Internierten |
---|---|
Böhmen und Mähren | 73.500 |
Deutsches Reich | 42.821 |
Österreich | 15.266 |
Niederlande | 4.894 |
Slowakei | 1.447 |
Bialystok (Kinder) | 1.260 |
Ungarn | 1.150 |
Dänemark | 476 |
Sonstige | 20 |
Geburten + unbeständige Zugänge | 247 |
Gesamt | 141.184 |
An der Tatsache, dass das Ghetto Teil des Vernichtungsfeldzuges gegen die jüdische Bevölkerung war, änderte sich durch die Propaganda nichts. Ein Viertel der Gefangenen des Ghettos Theresienstadt (etwa 33.000) starben dort vor allem wegen der entsetzlichen Lebensumstände. Etwa 88.000 Häftlinge wurden nach Auschwitz und in andere Vernichtungslager wie Treblinka, Majdanek oder Sobibor deportiert. Davon überlebten nur ca. 4.000 Menschen den Krieg. Unter den Toten waren auch viele tausend Kinder.
Das weitere Schicksal dieser Menschen in genauen Zahlen:[7]
Abgänge | Zahl |
---|---|
in Vernichtungslager deportiert | 88.202 |
in Theresienstadt gestorben | 33.456 |
befreit | 1.654 |
geflohen | 764 |
festgenommen und vermutlich umgebracht | 276 |
am 9. Mai 1945 übriggeblieben | 16.832 |
Am 8. Mai 1945 befreite die Rote Armee das Ghetto.
Kinder in Theresienstadt
Unter den Häftlingen in Theresienstadt befanden sich ca. 15.000 Kinder. Die Häftlingsselbstverwaltung versuchte dafür Sorge zu tragen, dass zumindest die Kinder und Jugendlichen eine Überlebenschance hatten. Sie wurden in sogenannten Kinderheimen untergebracht, erhielten eine etwas bessere Verpflegung zulasten der Überlebenschancen der älteren Menschen und einen geheimen Unterricht von ihren Betreuern (auch Madrichim genannt).
Von den Kindern, die in die Vernichtungslager geschickt wurden, überlebten nur 150 das Kriegsende. Von ihnen sind noch Gedichte und Bilder aus dem Ghetto erhalten, die heute Gegenstand eigener Ausstellungen und Veröffentlichungen sind.
Propaganda
Theresienstadt hatte als Konzentrationslager eine Sonderstellung. Für die Nazis diente es als „Vorzeige-“ und „Altersghetto“. Aufgrund dieser Stellung war die Behandlung der Häftlinge in Theresienstadt im Vergleich mit anderen Konzentrationslagern der Nazis vergleichsweise „milde“.
In der Wannsee-Konferenz wurde die Garnisonsstadt als „Altersghetto“ für prominente und alte Juden aus Europa vorgesehen. Sie wurden gezwungen, ihren Wohnraum zu kaufen. Einen großen Teil der Gefangenen stellten aber jüdische Familien, die aus Böhmen und Mähren deportiert worden waren.
Aus Dänemark wurden im Oktober 1943 476 Juden nach Theresienstadt deportiert. Die meisten dänischen Juden konnten noch nach der Besatzung durch Nazi-Deutschland nach Schweden flüchten und wurden dabei von der dänischen Bevölkerung vorbildlich unterstützt (siehe Rettung der dänischen Juden). Als die dänische Regierung auf einer Inspektion des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz bestand, ließ man Theresienstadt monatelang zum „Vorzeigeghetto“ verschönern, um Berichte über Gräueltaten und entsetzliche Lebensbedingungen zu widerlegen.
Um den Eindruck der Überbevölkerung zu nehmen, wurden im Vorfeld des Besuches die Transporte von Häftlingen aus Theresienstadt nach Auschwitz verstärkt. Die im Zuge dieser Aktion nach Auschwitz deportierten Juden wurden dort zunächst im separaten sogenannten „Familienlager“ in Auschwitz-Birkenau untergebracht, um sie bei eventuellen Nachfragen des Roten Kreuzes präsentieren zu können. Nach Ende der Kontrollen wurde dieses Lager liquidiert und die Insassen ermordet.
In Theresienstadt selbst wurden für die Dauer der „Vorführung“ Cafés eingerichtet und eine Kinderoper Brundibár des tschechischen Komponisten Hans Krása einstudiert und aufgeführt.
Im Anschluss wurde der Film Theresienstadt. Ein Dokumentarfilm aus dem jüdischen Siedlungsgebiet inszeniert. Am 26. Februar 1944 wurde mit den Dreharbeiten begonnen. Mit der Regie wurde Kurt Gerron beauftragt. In dem Film sollte gezeigt werden, wie gut es den Juden unter den „Wohltaten“ des Dritten Reiches ging. Nach den Dreharbeiten wurden die meisten Schauspieler und auch Gerron selbst ins Vernichtungslager von Auschwitz deportiert. Am 23. Juni 1944 besuchten der Schweizer Maurice Rossel und die Dänen Frants Hvass und Eigil Juel Henningsen, begleitet von einem deutschen Rot-Kreuz Vertreter und einer Gruppe hochrangiger SS-Offiziere das Lager.[8][9]
Im Zeichensaal der Technischen Kanzlei wurden bis zu 25 inhaftierte Künstler im Auftrag der Lager-SS gezwungen, Progagandamaterial zu erstellen, welches das offizielle Bild von den guten Lebensbedingungen des sogenannten „Ghettos“ stützen sollten. Diesen gelang es, neben den offiziellen Arbeiten heimlich tausende Zeichnungen und Grafiken über den Ghettoalltag und sein Grauen anzufertigen. Als es 1944 gelang, einzelne dieser Zeichnungen in die Schweiz zu schmuggeln, fielen einige Zeichnungen der SS in die Hände. Am 17. Juli 1944 wurden im Zuge der „Affäre der Maler von Theresienstadt“ vier der Zeichner festgenommen. Adolf Eichmann warf ihnen persönlich ‚Greuelpropaganda‘ vor. Ferdinand Bloch[10] wurde in der Kleinen Festung nach den Folterungen ermordet, Otto Ungar wurde die rechte Hand verstümmelt[11], danach wurde er zusammen mit Leo Haas und Bedřich Fritta nach Auschwitz deportiert. Leo Haas überlebte als einziger und rettete im Sommer 1945 die vergrabenen und eingemauerten Zeichnungen und Malereien.[12]
Kurz vor Kriegsende gelang es dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz nach langen Verhandlungen mit der SS, Juden aus Theresienstadt in neutrale Länder zu bringen. 1.200 Juden konnten am 6. Februar 1945 in die Schweiz ausreisen. Am 15. April wurden die bis dahin überlebenden dänischen Juden im Rahmen der Rettungsaktion der Weißen Busse nach Schweden entlassen. Für knapp zwei Wochen übergab die SS die Verantwortung für Theresienstadt dem Roten Kreuz, am 8. Mai 1945 befreite die Rote Armee das Ghetto.
Heute ist die ehemalige Garnisonsstadt wieder eine städtische Siedlung; in den Anlagen der Kleinen Festung besteht eine staatliche Gedenkstätte.
Bekannte Gefangene
- Clara Arnheim (1865–1942), deutsche Malerin
- H. G. Adler (1910–1988), Dichter und Gelehrter aus Prag
- Inge Auerbacher (* 1934), deutsche Chemikerin, als Kind nach Theresienstadt gebracht (siehe Buch „Ich bin ein Stern“)
- Isaak Bacharach (1854–1942), deutscher Mathematiker (Capley-Bacharach-Theorem), erster jüdischer Konrektor des Königlich Bayerischen Technikums Nürnberg
- Jehuda Bacon (* 1929), israelischer Künstler und Professor für Grafik, 1942 Deportation nach Theresienstadt, 1943 Deportation nach Auschwitz
- Leo Baeck (1873–1956), Rabbiner, Präsident der Reichsvertretung der Deutschen Juden (1933–1943), 1943 Deportation nach Theresienstadt, Überlebender
- Elsa Bernstein (1866–1949), deutsche Schriftstellerin
- Josef Bor (1906–1979), tschechischer Rechtsanwalt und Schriftsteller (Die verlassene Puppe, Theresienstädter Requiem, Der Dritte)
- Isidor Caro (1876/77–1943), Rabbiner der Kölner Gemeinde
- Robert Desnos (1900–1945), französischer Schriftsteller, Mitglied der Résistance, starb nach der Befreiung am 8. Juni 1945 in Theresienstadt an Typhus
- Friedl Dicker-Brandeis (1898–1944), österreichische Künstlerin/Malerin, wurde am 9. Oktober 1944 in Auschwitz ermordet, gab in Theresienstadt Malkurse vor allem für Kinder
- František Domažlický (1913–1997), tschechischer Geiger, Bratscher und Komponist
- Jakob Edelstein (1903–1944), tschechischer Zionist und erster Judenältester im Ghetto Theresienstadt
- Arthur Eichengrün (1867–1949), deutscher Chemiker, Überlebender
- Georg Freiherr von Eppstein (1874–1942), Wirklicher Geheimer Rat mit dem Titel Excellenz
- Paul Eppstein (1902–1944), ehemaliger Leiter der Mannheimer Volkshochschule. „Ältester der Juden“ in Theresienstadt, wurde dort am 27. September 1944 erschossen
- Alfred Flatow (1869–1942), deutscher Teilnehmer an I. Olympischen Sommerspielen
- Gustav Felix Flatow (1875–1945), deutscher Geräteturner und Olympiasieger. Cousin von Alfred Flatow
- Viktor Frankl (1905–1997), österreichischer Psychologe, 1942 Theresienstadt, 1944 2–3 Tage Auschwitz, Überlebender
- Max Friediger (1884–1947), dänischer Oberrabbiner und Überlebender des Holocaust
- Desider Friedmann (1880–1944), österreichischer Zionist, Rechtsanwalt und Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Wien (IKG)
- Bedřich Fritta (1906–1944), tschechisch-jüdischer Grafiker und Karikaturist, er war Leiter des Zeichensaales, dort arbeiteten bis zu 25 Künstler auch illegal, in der Affäre der Maler von Theresienstadt wurde er zusammen mit seinen Kollegen Bloch, Haas und Ungar wegen der Verbreitung von 'Greuelpropaganda' festgenommen und deportiert, weit über tausend Zeichnungen wurden vorher eingemauert und eingegraben
- Kurt Gerron (eigentlich Gerson; 1897–1944) war ein deutscher Schauspieler, Sänger und Regisseur
- Rolf Grabower (1883–1963), deutscher Professor für Steuerrecht und Richter am Reichsfinanzhof
- Georg Gradnauer (1866–1946), deutscher Politiker der SPD
- Ernst Grube (* 1932), Berufsschullehrer i. R., in diversen Organisationen tätig (Lagergemeinschaft Dachau, Förderverein für Internationale Begegnung etc.), hält regelmäßig unterrichtsbegleitende Vorträge an Schulen
- Ludwig Gutmann (1869–1943), österreichischer Fotograf, in Theresienstadt ermordet
- Leo Haas (1901–1983), österreichisch-deutscher Maler und Grafiker aus Opava, 1939 Inhaftierung im „Juden-KZ“ Nisko, fertigte hunderte Zeichnungen in Theresienstadt und später in Auschwitz, dann Häftling in der „Fälscherwerkstatt“ der „Aktion Bernhard“
- Moritz Henschel (1879–1947), deutscher Jurist, letzter Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde zu Berlin in der Zeit des Nationalsozialismus sowie letzter Vorsitzender der Reichsvereinigung der Juden in Deutschland
- Alice Herz-Sommer (1903–2014), deutsch-tschechische Pianistin, lebte von 1943 bis 1945 mit ihrem Sohn in Theresienstadt, wo sie über 100 Konzerte gab
- Hedwig Jahnow (1879–1944), polnische Alttestamentlerin, Licentiatin h. c., Stadträtin, Stellvertretende Schulleiterin, wurde am 7. September 1942 mit den letzten Marburger Juden nach Theresienstadt verbracht, wo sie einen Tag nach Vollendung ihres 65. Lebensjahres an Unterernährung starb
- Regina Jonas (1902–1944), erste Rabbinerin, November 1942 Theresienstadt, Oktober 1944 Auschwitz, wo sie im Dezember 1944 vergast wurde
- Peter Kien (1919–1944), tschechoslowakischer Schriftsteller (Gedichte, Dramen), Zeichner und Maler
- Heinrich Klang (1875–1954), österreichischer Jurist, Professor und Holocaustüberlebender
- Emil Klein (1873–1950), österreichisch-deutscher Mediziner und Begründer des Naturheilverfahrens
- Gideon Klein (1919–1945), tschechischer Komponist und Pianist, bis Oktober 1944 in Theresienstadt, starb im KZ Fürstengrube.
- Hans Werner Kolben (1922–1945), deutscher Dichter aus Prag
- Hans Krása (1899–1944), jüdischer Komponist, Verfasser der Kinderoper Brundibár
- Irma Lauscher (1904–1985), tschechische Lehrerin, Deportation nach Theresienstadt im Dezember 1942, Lehrerin im Ghetto (Kinderzeichnungen von Theresienstadt), Mitarbeit am Informationsblatt der israelischen Botschaft in Prag und später wichtige Zeitzeugin und Vermittlerin unter anderem bei Aktion Sühnezeichen
- Fritz Levy (1901–1982), der letzte Jude von Jever, verlor hier alle Verwandten
- Gerhard Löwenthals Großeltern väterlicherseits kamen in Theresienstadt ums Leben, weitere Verwandte in anderen Lagern. Gerhard Löwenthal und sein Vater waren zeitweise im KZ Sachsenhausen inhaftiert.
- Herbert Thomas Mandl (1926–2007), jüdischer Musiker und Autor
- Martha Mosse (1884–1977), deutsche Juristin und der erste weibliche Polizeirat in Preußen. Mosse überlebte den Holocaust und war Zeugin in den Nürnberger Prozessen
- Karl Josef Müller (1865–1942), deutscher Maler, und seine Frau Louise Müller
- Friedrich Münzer (1868–1942), deutscher Philologe
- Benjamin Murmelstein (1905–1989), österreichischer Rabbiner, Gelehrter, Mitglied des Judenrats in der Israelitischen Kultusgemeinde Wien sowie letzter Judenältester im Ghetto Theresienstadt
- František Mořic Nágl (1889–1944), tschechischer Maler
- Moritz Neumark (1886–1943), deutscher Unternehmer, und seine Frau Ida; diese gelangte im Februar 1945 durch den Einsatz des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) in Folge der Vereinbarung Himmler–Musy in die Schweiz.
- Fanny Opfer (1870–1944), deutsche Lied- und Oratoriensängerin
- Ralph Oppenhejm (1924–2008), dänischer Schriftsteller. In seinem Tagebuch veröffentlichte er 1945 die Prominentenliste A
- Alfred Philippson (1864–1953), deutscher Geograf, ab 8. Juni 1942 als Jude mit seiner Familie in Theresienstadt. Die Fürsprache von Sven Hedin führte zu seiner Einstufung als „A-Prominent“ und zu Hafterleichterungen der Familie, sodass diese in Theresienstadt überleben konnte. Philippson schrieb in Theresienstadt seine Lebenserinnerungen „Wie ich zum Geographen wurde“.
- Georg Alexander Pick (1859–1942), österreichischer Mathematiker
- Friedrich Pincus (1871–1943), deutscher Augenarzt
- Ottilie Pohl (1867–1943), Stadtverordnete aus Berlin, Rote Hilfe, starb nach elf Monaten in Theresienstadt
- Helga Pollak-Kinsky (1930–2020), österreichische Holocaust-Überlebende, war im Ghetto Theresienstadt (Zimmer 28 des Mädchenheimes L 410), im KZ Auschwitz und in einem Außenlager des KZ Flossenbürg inhaftiert. Ihr im Ghetto Theresienstadt verfasstes Tagebuch (Mein Theresienstädter Tagebuch 1943–1944; veröffentlicht 2014) gilt als einzigartiges persönliches und historisches Dokument.
- Karel Reiner (1910–1979), tschechischer Komponist; wurde 1944 nach Auschwitz und von dort nach Dachau verbracht, wo er die Befreiung erlebte.
- Elise Richter (1865–1943), Philologie- Professorin der Universität Wien, verstarb nach sechs Monaten in Theresienstadt
- Martin Roman (1910–1996), deutscher Musiker, nach Kriegsende in die USA ausgewandert
- Therese Rothauser (1865–1943), deutsche Opern- und Konzertsängerin
- Carlo Ross (1928–2004), deutscher Schriftsteller, verarbeitete seine Zeit in Theresienstadt in seiner Autobiographie „Im Vorhof der Hölle“
- Martin Salomonski (1881–1944), Berliner Rabbiner, ermordet im KZ Auschwitz
- Rafael Schächter (1905–1944/1945), tschechoslowakischer Pianist, Komponist und Dirigent. Er war Organisator und einer der Pioniere kultureller und künstlerischer Veranstaltungen im Ghetto Theresienstadt, nach Auschwitz deportiert und dort verstorben.
- Zikmund Schul (1916–1944), deutscher Komponist, starb in Theresienstadt
- Heinz Jakob „Coco“ Schumann (1924–2018), deutscher Jazzmusiker und Gitarrist
- Ernst Springer (1860–1944), Rechtsanwalt, Staatsfinanzrat in der Reichsschuldenverwaltung
- Artur Stein (1871–1950), österreichisch-tschechischer Althistoriker
- Siegfried Translateur (1875–1944), deutscher Komponist und Musikverleger, bekannt als Komponist des Walzers Wiener Praterleben, der als Sportpalastwalzer berühmt wurde, in Theresienstadt umgekommen
- Viktor Ullmann (1898–1944), tschechisch-deutscher Komponist, Dirigent und Pianist. Gestorben in Auschwitz-Birkenau
- Emil Utitz (1883–1956), deutschsprachiger Philosoph und Psychologe
- Arthur von Weinberg (1860–1943), deutscher Chemiker, Unternehmer und Mäzen aus Frankfurt am Main, am 2. Juni 1942 festgenommen und nach Theresienstadt verschleppt, starb hier am 20. März 1943
- Max Weiss (1884–1954), deutscher Maler und Grafiker
- Helga Hošková-Weissová (* 1929), tschechische Malerin, 1941 nach Theresienstadt verschleppt
- Hans Winterberg (1901–1991), tschechisch-deutscher Komponist, jüdischer Herkunft
- Julie Wolfthorn (1864–1944), deutsche Malerin, starb am 26. Dezember 1944 im Alter von 80 Jahren in Theresienstadt
Kommandanten
- Siegfried Seidl, Lagerkommandant von November 1941 bis Juli 1943, 1947 hingerichtet
- Anton Burger, Lagerkommandant von Juli 1943 bis Februar 1944, in Abwesenheit zum Tode verurteilt, lebte bis zu seinem Tode unerkannt in Deutschland
- Karl Rahm, Lagerkommandant von Februar 1944 bis Mai 1945, 1947 hingerichtet
Siehe auch
- Internierungslager Theresienstadt (1945–1948), über die verschiedenen in der Gedenkstätte behandelten Aspekte
- Liste der Ghettos in der Zeit des Nationalsozialismus
- Liste der Konzentrationslager des Deutschen Reichs
Literatur
Bilder und Texte, die in Theresienstadt entstanden sind
- Bedřich Fritta: Für Tommy zum dritten Geburtstag in Theresienstadt, 22. 1. 1944, Pfullingen 1985 (Bilderbuch), ISBN 3-7885-0269-X.
- Karl Loewenstein: Aus der Hoelle Minsk in das 'Paradies' Theresienstadt. Typoskript im Archiv des Leo Baeck Instituts, New York City (Digitalisat beim Center for Jewish History)
- Eva Mändl Roubickova: „Langsam gewöhnen wir uns an das Ghettoleben“. Ein Tagebuch aus Theresienstadt [1941–1945], Hrsg.: Veronika Springmann, Konkret Literatur Verlag, Hamburg 2007, ISBN 3-89458-255-3.
- Hans Munk: Theresienstadt in Bildern und Reimen, Hartung-Gorre Verlag, Konstanz 2004, ISBN 3-89649-920-3.
- Ralph Oppenhejm: An der Grenze des Lebens. Theresienstädter Tagebuch. Rütten & Loening Verlag, Hamburg 1961
- Hana Volavková (Red.): Hier fliegen keine Schmetterlinge. Kinderzeichnungen und Gedichte aus Theresienstadt 1942-1944, Jugenddienst-Verlag, Wuppertal 1962
- Ruth Elkabets / Miriam Prager (Hrsg.): Camilla Hirsch. Tagebuch aus Theresienstadt Mandelbaum Verlag 2017, ISBN 978-3-85476-498-4.
- Helga Hošková-Weissová: Zeichne, was du siehst. Zeichnungen eines Kindes aus Theresienstadt, Wallstein-Verlag, Göttingen 2004, ISBN 3-89244-783-7.
- Rudolf M. Wlaschek (Hrsg.): Kunst und Kultur in Theresienstadt. Eine Dokumentation in Bildern, Bleicher, Gerlingen 2001, ISBN 3-88350-052-6.
- Alfred Philippson: Wie ich zum Geographen wurde, (1942/Bonn 1996), ISBN 3-416-02620-9.
- Josef Bór: "Theresienstädter Requiem"
- Ilka Wonschik: „Es war wohl ein anderer Stern, auf dem wir lebten…“ Künstlerinnen in Theresienstadt. Hentrich & Hentrich Verlag, Berlin 2013, ISBN 978-3-95565-026-1.
- Philipp Manes: Als ob’s ein Leben wär. Tatsachenbericht Theresienstadt 1942-1944, Ullstein, Berlin 2005, ISBN 3-550-07610-X.
Erinnerungen und Erlebnisberichte
- Inge Auerbacher: Ich bin ein Stern, Beltz & Gelberg, Weinheim 2005, ISBN 3-407-78136-9.
- Liesel Binzer: Ich prägte mein Leben in – wegen – trotz Theresienstadt, Hentrich & Hentrich, Berlin 2017, ISBN 978-3-95565-212-8.
- Edith Erbrich: Ich hab' das Lachen nicht verlernt. Ihre Lebensgeschichte – aufgezeichnet von Peter Holle edition momos, Neu-Isenburg 2014, ISBN 978-3930578269.
- Jana Renée Friesová: Festung meiner Jugend, Vitalis Verlag, Prag 2005, ISBN 3-89919-027-0.
- Resi Weglein: Als Krankenschwester im KZ Theresienstadt, Silberburg Verlag 1990, ISBN 978-3-92534-434-3.
Monographien
- H. G. Adler: Theresienstadt. Das Antlitz einer Zwangsgemeinschaft 1941-1945. 1. Aufl. 1955. Wallstein-Verlag, Göttingen 2005, ISBN 3-89244-694-6. (Leseprobe)
- Wolfgang Benz: Theresienstadt: Eine Geschichte von Täuschung und Vernichtung, C.H. Beck., München, 2013. Inhaltsverzeichnis. 281 Seiten. ISBN 978-3-406-64549-5.
- Wolfgang Benz: Als Blinder in Theresienstadt. Der Münchner Schriftsteller Norbert Stern, Jüdische Miniaturen Bd. 201, Hentrich & Hentrich, Berlin 2017, ISBN 978-3-95565-195-4.
- Hannelore Brenner-Wonschick: Die Mädchen von Zimmer 28. Freundschaft, Hoffnung und Überleben in Theresienstadt, Droemer Verlag, München 2004, ISBN 3-426-27331-4.
- Ludmilla Chládková: Das Ghetto Theresienstadt, Verlag Nase Vojsko, Terezín, 1995
- Axel Feuß: Das Theresienstadt-Konvolut, Dölling und Gallitz Verlag, Hamburg 2002, ISBN 3-935549-22-9 (Enthält 92 Biographien und Fotografien von internierten jüdischen „Prominenten“ sowie 64 Aquarelle und Zeichnungen, die im Ghetto entstanden sind. Überliefert durch Käthe Starke, ab 1943 Häftling und nach der Befreiung Besitzerin der Dokumente. Informationen zu den „Prominentenhäusern“; siehe auch unten unter Weblinks).
- Anna Hájková: The Last Ghetto. An Everyday History of Theresienstadt, Oxford University Press, Oxford 2020, ISBN 978-0-19005-177-8.
- Raul Hilberg: Die Vernichtung der europäischen Juden. Fischer, Frankfurt/M., 1999
- Jehuda Huppert, Hana Drori: Theresienstadt – Ein Wegweiser, Vitalis Verlag, Prag 2005, ISBN 3-89919-089-0.
- Kathy Kacer: Die Kinder aus Theresienstadt, Ravensburger Verlag, Ravensburg 2005, ISBN 3-473-54253-9.
Jahrbuch
- Stiftung Theresienstädter Initiative (Hrsg.): Theresienstädter Studien und Dokumente, Sefer, Prag, 1. Jg. (1994) ff. Digitalisate
Weiterführende Literatur
- Elena Makarova, Sergei Makarov & Victor Kuperman: University Over The Abyss. The story behind 520 lecturers and 2,430 lectures in KZ Theresienstadt 1942-1944. Second edition, April 2004
- Anna Hájková: Die Juden aus den Niederlanden im Ghetto Theresienstadt, 1943-1945 (Magisterarbeit TU Berlin 2006, digitalisiertes Manuskript, pdf zum Download in: Digital Collections, Center for Jewish History)
Film
- Karel Margry: Das Konzentrationslager als Idylle: „Theresienstadt“ – Ein Dokumentarfilm aus dem jüdischen Siedlungsgebiet. Filmbesprechung. In: Fritz-Bauer-Institut (Hrsg.): Auschwitz: Geschichte, Rezeption und Wirkung. Campus-Verlag, 1996, ISBN 3-593-35441-1, S. 319 ff. (Volltext (Memento vom 27. April 2013 im Internet Archive) [abgerufen am 18. November 2020]).
- Film Theresienstadt – Ein Dokumentarfilm aus dem jüdischen Siedlungsgebiet (Memento vom 22. Februar 2013 im Internet Archive)
- Wilhelm Rösing Film Enjoy the Music - Die Pianistin Edith Kraus - vom Wunderkind durch Theresienstadt nach Israel - der Schutzmantel der Musik half ihr im Ghetto zu überleben - der Film entfaltet das Leben dieser Jahrhundertzeugin - das Ghettoleben in Theresienstatt ist neben ihrer Musik ein grundlegendes Thema der Interviews - ein Dokumentarfilm von Marita Barthel-Rösing und Wilhelm Rösing - 99 Min 2012
- Edith Kraus, Pianistin, Theresienstadt. Eine 45-minütige TV-Doku von Katja Sindemann, produziert vom ORF, ausgestrahlt am 10. November 2004 auf BR-alpha
- Claude Lanzmann: Der letzte der Ungerechten (Le Dernier des Injustes), 2013, knapp vierstündiger Interviewfilm mit Benjamin Murmelstein, letzter sogenannter Judenältester im Ghetto Theresienstadt
Weblinks
- Offizielle Website der Gedenkstätte. (tschechisch, englisch).
- Terezín Initiative Institute. Theresienstädter Initiative: internationale Vereinigung ehemaliger Häftlinge (tschechisch, englisch, deutsch)
- Wolf Murmelstein: Theresienstadt – Die Sonderstellung von Eichmanns „Musterghetto“. In: zukunft-braucht-erinnerung.de. 6. November 2004.
- Terezin (Theresienstadt): Photographs. Bilder aus Theresienstadt. In: jewishvirtuallibrary.org. (englisch).
- Liste der Vortragenden im Ghetto Theresienstadt (englisch)
- Beit Terezin – von Überlebenden des Lagers aufgebaute Gedenkstätte mit Museum und zahlreichen Kunstwerken von Lagerhäftlingen im Kibbutz Givat Haim Ihud bei Haifa, Israel (englisch, hebräisch)
- Terezín: Musik im KZ von Dana Grigorcea
- Das Theresienstadt-Konvolut (Sammlung Käthe Starke; Kulturverein Schwarzer Hahn e.V.)
- Anna Goldenberg: KZ Theresienstadt. Das Leben danach. Die Großmutter und die Großtante der Autorin waren als Kinder im KZ Theresienstadt inhaftiert. Jetzt sind die drei erstmals gemeinsam an den Ort gefahren. In ZEITmagazin, 12. Dezember 2013 Nr. 51
- Das Ghetto Theresienstadt. In: yadvashem.org. Zitat: „In Wirklichkeit war es ein Durchgangsort zu den Vernichtungslagern“.
- ghettospuren.de, Relikte, Spuren und Überreste des „Ghettos Theresienstadt“ im heutigen Terezín, Forschungsprojekt seit 2013
Einzelnachweise
- H. G. Adler: Theresienstadt, Das Antlitz einer Zwangsgemeinschaft. J.C.B Mohr (Paul Siebeck), Tübingen 1955.
- H. G. Adler: Die verheimlichte Wahrheit. J.C.B Mohr (Paul Siebeck), Tübingen 1958.
- H. G. Adler: Theresienstadt. Das Antlitz … , Seite 29 im Wörterverzeichnis
- weiterführend: Anna Hájkova: The Last Ghetto. An Everyday History of Theresienstadt, 2020 insbes. S. 24 ff.
- Auschwitz: Geschichte, Rezeption und Wirkung. In: Fritz-Bauer-Institut (Hrsg.): Jahrbuch zur Geschichte und Wirkung des Holocaust. Band 1. Campus-Verlag, 1996, ISBN 3-593-35441-1, ISSN 1432-5535, Karel Margry: Das Konzentrationslager als Idylle: „Theresienstadt“ – Ein Dokumentarfilm aus dem jüdischen Siedlungsgebiet, S. 319 ff. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- Raul Hilberg: Die Vernichtung der europäischen Juden, Band 2, S. 457/458.
- Raul Hilberg: Die Vernichtung der europäischen Juden, Band 2, S. 458.
- Wolfgang Benz: Theresienstadt: Eine Geschichte von Täuschung und Vernichtung, 2013, S. 188.
- Miroslav Kárný: Der Bericht des Roten Kreuzes über seinen Besuch in Theresienstadt, Theresienstädter Studien und Dokumente, 3/1996, S. 276–320.
- Bloch, Felix (Ferdinand, Friedrich). In: ghetto-theresienstadt.info. Archiviert vom Original am 30. Oktober 2007; abgerufen am 1. Februar 2020. Siehe auch: Historie. In: pruvodce.com. Abgerufen am 17. August 2020 (tschechisch, siehe „Koncentrační tábor pro Židy, tzv. ghetto Terezín“).
- Ungar, Otto. In: ghetto-theresienstadt.info. Archiviert vom Original am 10. November 2007; abgerufen am 30. November 2019.
- Bedřich Fritta – Zeichnungen aus dem Ghetto Theresienstadt. In: jmberlin.de. Abgerufen am 25. September 2019.