Göritzhain
Göritzhain ist ein Ortsteil der Stadt Lunzenau im sächsischen Landkreis Mittelsachsen. Er wurde am 1. Januar 1994 nach Lunzenau eingemeindet.
Göritzhain Stadt Lunzenau | ||
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Höhe: | 184,5–259 m | |
Fläche: | 4,87 km² | |
Einwohner: | 580 (31. Dez. 2020)[1] | |
Bevölkerungsdichte: | 119 Einwohner/km² | |
Eingemeindung: | 1. Januar 1994 | |
Eingemeindet nach: | Lunzenau | |
Postleitzahl: | 09328 | |
Vorwahl: | 037383 | |
Lage von Göritzhain in Sachsen | ||
Geografie
Geografische Lage
Göritzhain ist der östlichste Ortsteil der Stadt Lunzenau. Er liegt im Tal der Chemnitz, kurz vor deren Mündung in die Zwickauer Mulde. Im Ort mündet der Wiederbach in die Chemnitz. Göritzhain besteht aus mehreren Siedlungsteilen. Direkt im Tal am Westufer der Chemnitz befindet sich der einstige Bahnhof des Orts und südlich davon die Bauernseite. Nördlich des Bahnhofs befindet sich die Göritzhainer Maschinenfabrik (GÖMA). Am Hang westlich der Chemnitz liegen die Gemeindeteile Am Chemnitzberg, Siedlung und Wilhelminenberg. Letztere entstand vermutlich auf der Flur der Wüstung Naundorf. Am Hang östlich der Chemnitz befindet sich die Siedlung Wiederberg, welche bis ins 19. Jahrhundert zu Wiederau gehört hat.
Nachbarorte
Cossen | Wechselburg, Hartha | Seitenhain |
Berthelsdorf, Hohenkirchen | Wiederau | |
Heiersdorf | Mohsdorf | Stein im Chemnitztal |
Geschichte
Die Geschichte des Waldhufendorfs Göritzhain reicht bis in die Zeit um 1168 zurück. Der Ort wurde von Dedo von Rochlitz bzw. von Groitzsch gegründet. Die urkundliche Ersterwähnung erfolgte im Jahr 1208 als Gerardeshagen. Die spätere Wüstung Naundorf, welche ebenfalls auf der linken Uferseite der Chemnitz lag, wurde im Jahr 1280 als Nuendorff, um 1550 als Naundorf und um 1592 als Neudorf bzw. Neuberg erwähnt.[2]
Ursprünglich gehörte Göritzhain zum Besitz des Klosters Zschillen. Dieses kam im Jahr 1543 mit dem gesamten Besitz an Herzog Moritz von Sachsen, der es umgehend säkularisierte und an die Herren von Schönburg gegen die Orte Hohnstein, Wehlen und Lohmen in der heutigen Sächsischen Schweiz vertauschte. Daher kam für den Ort und die Klosteranlage der Name Wechselburg auf. Seitdem wurde Göritzhain als Amtsdorf der schönburgischen Herrschaft Wechselburg geführt, welche den Herren von Schönburg unter wettinischer Oberhoheit gehörte.[3][4] Im Jahr 1554 bis 1555 wurden erstmals die Häuser auf dem Wiederberg am rechten Ufer der Chemnitz als am Wideraberg erwähnt. Sie befanden sich noch 1834 in der Wiederauer Flur.[5][6] Die Flur der Wüstung Nauendorf auf der Anhöhe am linken Ufer der Chemnitz wurde im 18. Jahrhundert neu besiedelt. Unklar ist, ob es schon zur Zeit der Existenz von Naundorf ein zum Kloster Zschillen gehöriges Gut bzw. Vorwerk gab. Seit 1770/1773 war das „herrschaftliche Lehen“ bzw. „herrschaftliche Leeden“ wiederbesiedelt. Es erhielt den Namen Wilhelminenberg,[7] nach der Frau des die Herrschaft Wechselburg regierenden Carl Heinrich II. Graf von Schönburg (1729–1800),[8] die Christiane Wilhelmine von Schönburg (1716–1798) hieß.[9] Die Industrialisierung von Göritzhain begann bereits im 18. Jahrhundert. J. F. Wagner aus Burgstädt errichtete im Jahr 1765 an der Straßenkreuzung nach Seitenhain bzw. Wiederau die Bachmühle mit Türmchen als Wohnhaus. In späterer Zeit wurde in dieser Leinwand gewebt und auf der Wiese des Wiederbachs gebleicht. An der Niedermühle entstand im Jahr 1833 eine Baumwollspinnerei, die später zu einer Strohstoff- und Pappenfabrik und letztendlich in eine Seidenpapierfabrik umfunktioniert wurde. Die erste Papierfabrik von Göritzhain entstand im Jahr 1849 neben der Obermühle. Die Papierfabrik Pfitzner entstand im Jahr 1875 aus der Bachmühle.
Im Rahmen der administrativen Neugliederung des Königreichs Sachsen wurden Göritzhain, Wilhelminenberg und Wiederberg als Teile der schönburgischen Lehnsherrschaft Wechselburg im Jahr 1835 der Verwaltung des königlich-sächsischen Amts Rochlitz unterstellt.[10] Seit der Umgliederung der Siedlung Wiederberg nach Göritzhain besteht die Gemeinde Göritzhain seit 1839 aus den Ortsteilen Göritzhain und Wilhelminenberg am linken Ufer der Chemnitz und Wiederberg am rechten Ufer der Chemnitz.[11] Aufgrund der einstigen Zugehörigkeit des Wiederbergs zu Wiederau gehört der Wiederberg kirchlich bis heute zur Kirchgemeinde Wiederau mit Stein und nicht wie der Rest von Göritzhain zu Hohenkirchen.[12] Um 1840 wurde die auf der rechten Seite der Chemnitz liegende Siedlung Rabenberg mit ihren sieben Häusern von Göritzhain in das geographisch nähere Stein im Chemnitztal umgegliedert.[13][14] Im Jahr 1856 kam die Gemeinde Göritzhain zum Gerichtsamt Burgstädt und 1875 an die neu gegründete Amtshauptmannschaft Rochlitz.[15] In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erfolgte die verkehrstechnische Erschließung des Chemnitztals, von der auch Göritzhain profitierte. Nachdem im Jahr 1870 die Straße durch das Chemnitztal eröffnet wurde, erhielt Göritzhain an der im Jahr 1902 eröffneten Bahnstrecke Wechselburg–Küchwald (Chemnitztalbahn) einen Bahnhof.
Durch die zweite Kreisreform in der DDR im Jahr 1952 wurde die Gemeinde Göritzhain dem Kreis Rochlitz im Bezirk Chemnitz (1953 in Bezirk Karl-Marx-Stadt umbenannt) angegliedert. Zur Zeit der DDR gab es in Göritzhain mehrere volkseigene Betriebe, so u. a. die verstaatlichte Seidenpapierfabrik oder die Göritzhainer Maschinenfabrik, welche bis heute produziert.[16]
Seit 1990 gehörte Göritzhain zum sächsischen Landkreis Rochlitz, der 1994 im Landkreis Mittweida bzw. 2008 im Landkreis Mittelsachsen aufging. Am 1. Januar 1994 erfolgte die Eingemeindung von Göritzhain nach Lunzenau.[17] Mit der Einstellung des Personenverkehrs auf der Chemnitztalbahn wurde im Jahr 1998 der einstige Bahnhof Göritzhain außer Betrieb genommen.[18] Auf der einstigen Trasse soll der Chemnitztalradweg entstehen, welcher im Bereich Göritzhain jedoch noch nicht realisiert wurde. Auf dem Bahnhofsareal befinden sich neben dem Empfangsgebäude noch Gleisreste, die als Erinnerung an die Eisenbahnzeit erhalten worden sind. Im August 2008 feierte Göritzhain an 3 Tagen sein 800-jähriges Bestehen. Höhepunkte waren eine Lasershow, liebevoll geschmückte Häuser mit festlich gekleideten Puppen in den Vorgärten und ein historischer Festumzug bei strahlendem Sonnenschein[19].
Zur Aufwertung des Ortsbildes wurde 2011 der ehemalige Gasthof „Goldener Stern“ abgerissen. Der Gasthof wurde 1549 als Erbschänke erstmals erwähnt. Im Laufe der Jahrhunderte fanden im Gebäude Feste, Konzerte, Betriebsjubiläen, Tanzveranstaltungen u.v.m. statt. Im Jahr 1994 schloss der Gasthof für immer seine Pforten.[20] Im Jahr 2012 folgte der Abriss des ehemaligen Dienstleistungskombinat (DLK) Göritzhain. Dieses hatte unter anderem Campingzubehör und Bekleidung produziert und repariert. Infolge des strukturellen Wandels zur Wendezeit 1990/91 wurde die Fabrikanlage 1991 geschlossen. Durch den Abriss entstand die Grünfläche „Zur Goldenen Höhe“.[21] Eine weitere abgerissene Industriebrache des Orts ist die einstige Seidenpapierfabrik, die nach 1990 Parkett produzierte.[22]
Verkehr
Durch Göritzhain verläuft die Staatsstraße 247 und südlich des Orts die Via Porphyria.[23] Zwischen 1902 und 1998 besaß Göritzhain einen Bahnhof an der 2001 stillgelegten Bahnstrecke Wechselburg–Küchwald (Chemnitztalbahn). Parallel zu dieser Bahnstrecke verläuft die Bahnstrecke Neukieritzsch–Chemnitz im Südwesten an Göritzhain vorbei. Nachdem die an dieser Bahnstrecke liegende Station Cossen im Jahr 2005 im Personenverkehr außer Betrieb ging, befindet sich der nächstgelegene Bahnhof in Burgstädt.
Persönlichkeiten
- Heinz Irmscher (1920–2004), der Konteradmiral der Volksmarine und Kommandeur der Offiziershochschule der Volksmarine „Karl Liebknecht“ wurde in dem heutigen Ortsteil der sächsischen Stadt Lunzenau geboren
Weblinks
- Göritzhain im Digitalen Historischen Ortsverzeichnis von Sachsen
- Wiederberg im Digitalen Historischen Ortsverzeichnis von Sachsen
- Wilhelminenberg im Digitalen Historischen Ortsverzeichnis von Sachsen
- Göritzhain auf der Internetpräsenz der Stadt Lunzenau
- Private Webseite von Göritzhain
- Abriss Gasthof Goldener Stern
Einzelnachweise
- Private Webseite von Göritzhain
- Naundorf im Digitalen Historischen Ortsverzeichnis von Sachsen
- Göritzhain im Buch „Geographie für alle Stände“, S. 906
- Karlheinz Blaschke, Uwe Ulrich Jäschke: Kursächsischer Ämteratlas. Leipzig 2009, ISBN 978-3-937386-14-0; S. 82 f.
- Wiederberg im Digitalen Historischen Ortsverzeichnis von Sachsen
- Göritzhain auf der Webseite der Stadt Lunzenau
- Wilhelminenberg im Digitalen Historischen Ortsverzeichnis von Sachsen
- [saebi.isgv.de/biografie/Carl_Heinrich_II.,_Graf_von_Schönburg_(1729-1800) Carl Heinrich II. Graf von Schönburg in der Sächsischen Biographie]
- Amtsblatt der Gemeinde Königshain-Wiederau, Ausgabe 06/2018
- Die Herrschaft Wechselburg im Staatsarchiv des Freistaats Sachsen
- Private Webseite von Göritzhain
- Webseite der Kirchgemeinde Wiederau mit Stein
- Rabenberg im Digitalen Historischen Ortsverzeichnis von Sachsen
- Stein auf der Webseite der Gemeinde Königshain-Wiederau
- Die Amtshauptmannschaft Rochlitz im Gemeindeverzeichnis 1900
- Webseite der Göritzhainer Maschinenfabrik
- Göritzhain auf gov.genealogy.net
- Der Bahnhof Göritzhain auf www.sachsenschiene.net
- Archivierte Kopie (Memento des Originals vom 4. Januar 2014 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Der ehemalige Gasthof „Goldener Stern“ auf der Webseite der Stadt Lunzenau
- Das ehemalige Dienstleistungskombinat Göritzhain auf der Webseite der Stadt Lunzenau
- Die ehemalige Parkettfabrik auf der Webseite der Stadt Lunzenau
- Website der Via Porphyria