Die Kunst der Fuge
Die Kunst der Fuge ist ein von Johann Sebastian Bach komponierter Zyklus von vierzehn Fugen und vier Kanons (BWV 1080).
Mit dem Werk solle anschaulich vermittelt werden, so der erste Bach-Biograph Johann Nikolaus Forkel, „was möglicher Weise über ein Fugenthema gemacht werden könne. Die Variationen, welche sämmtlich vollständige Fugen über einerley Thema sind, werden hier Contrapuncte genannt“.[1]
Um die kontrapunktische Struktur des Werkes zu verdeutlichen, hat Bach jede Stimme – die meisten vorkommenden Fugen, Doppelfugen, Spiegelfugen usw. sind vierstimmig – auf einem eigenen Notensystem, also in Partiturform, ausgeschrieben. Zugleich folgte er damit der alten Tradition, polyphone Tastenmusik in Partitur zu notieren, welche ihre Blüte im 17. Jahrhundert erlebt hatte und Werke namhafter Komponisten wie Frescobaldi, Scheidt, Froberger, Buxtehude und Kerll aufweist.
Das fragmentarisch überlieferte Werk Bachs bietet bis heute Anlass nicht nur zu vielfältigen Spekulationen, sondern ist auch Gegenstand werkanalytischer, musikgeschichtlicher und quellenkritischer Untersuchungen. Die anhaltende Diskussion thematisiert dabei vor allem die Frage der vorgesehenen Instrumente, der Abfolge der einzelnen Sätze sowie der Unabgeschlossenheit dieses Werkes.
Musikalische Merkmale
Wie die Goldbergvariationen und das Musicalische Opfer ist Die Kunst der Fuge eine Sammlung von Kompositionen über ein bestimmtes Thema, dessen Möglichkeiten systematisch erforscht werden. Sie besteht aus 14 „Contrapunctus“ genannten drei- und vierstimmigen Fugen und vier zweistimmigen Kanons. Als Besonderheit sind die Contrapunctus 12 und 13 doppelt vorhanden; in einer „recto“ genannten Urform und einer „inverso“ genannten Spiegelform.
Bach verwendet in der Kunst der Fuge nicht nur verschiedene Fugenarten (Einfache Fuge, Gegenfuge, Doppelfuge, Tripelfuge, Spiegelfuge, Kanon) sowie deren herkömmliche Verarbeitungsformen (Umkehrung, Vergrößerung/Augmentation und Verkleinerung/Diminution), sondern zusätzlich weitere, allgemeinere musikalische Gestaltungsmittel. So liegen den einzelnen Fugen eine oder mehrere Kompositionsideen (Achtel-Bewegung, Überbindung, Punktierung, Triolen, Chromatik, Sprungfiguren mit bevorzugten Intervallen, 16-tel-Bewegung usw.) zugrunde. Auch das Fugenthema selber ist einigen Veränderungen unterworfen (rhythmische Umgruppierungen, eingefügte bzw. weggelassene Noten, Pausen), was an ähnliche Variationstechniken bei imitativen Werken von Bachs Vorgängern erinnert, wie insbesondere Frescobaldi (Capricci, Canzonen),[2] Froberger (Canzonen, Capricci, Fantasien), oder auch Bachs Zeitgenosse Buttstett (Canzonen).[3] Auch die massive Verwendung von Chromatik in einigen Fugen (v. a. Contrapunctus III, VIII und XI) lässt sich schlüssig auf den Einfluss durch Frescobaldi und Froberger zurückführen.[4] Mithilfe all dieser Kompositionstechniken erreicht Bach in der Kunst der Fuge eine Ausdrucksvielfalt, welche der Sicht des Werkes als reines Demonstrationsobjekt kontrapunktischer Kunst entschieden widerspricht.
Einfache Fugen
Das Werk beginnt mit vier „einfachen“ vierstimmigen Fugen, bei denen das Fugenthema in seiner Urgestalt verwendet wird (also ohne Umspielungen oder Varianten), dabei sind die dritte und vierte Fuge über die Umkehrung des Themas gearbeitet.
Contrapunctus I: Nachdem die Gegenstimme den Tonraum von d nach a in aufsteigenden Vierteln durchschritten hat, geht sie zu einer Achtelbewegung über, welche im Verlauf des Stückes in verschiedenen Stimmen ständig präsent ist (). Hauptmerkmal dieser Fuge ist das Prinzip der Überbindung (schon in Takt 4 des Themas vorgegeben) und der darauf folgenden Abstoßung. Dabei wird der überbundene Ton der ersten Stimme von dem Ton der zweiten Stimme dazu bewegt, sich zu einem neuen Ton fortzubewegen, der nun erneut überbunden werden kann. Durch den Einsatz von Vorhaltsdissonanzen, wie in Takt 6–7 (das gis macht das f zur Dissonanz, und zwingt es über die Sprungnote h zur Auflösung in das e) wird dies Verfahren noch intensiviert. Diese Technik garantiert damit ein beständiges Fließen der Stimmen.
In Contrapunctus II wird das rhythmische Element gesteigert. Er ist durch einen durchgehenden punktierten Achtelfluss gekennzeichnet () und auch das Thema ist hier in seinem letzten Takt durch Punktierung leicht verändert. Dadurch bekommt die Fuge einen ziemlich energischen Charakter.
Mit Contrapunctus III, der mit der Umkehrung des Themas beginnt, wird der bisher dominierende diatonische Bereich ergänzt und zum ersten Mal intensiver Gebrauch vom Gestaltungsmittel der Chromatik gemacht, einem musikalischen Mittel, das zu Bachs Zeit mit den Bereichen des Leidens und des sündigen Menschen im christlichen Sinn assoziiert wurde. Die Chromatik beginnt nach dem letzten Ton des Themas, wo Bach in der Gegenstimme eine ab- und aufsteigende chromatische Linie einführt (). Chromatisch geprägte Gegenstimmen durchziehen den Kontrapunkt auch in der Folge. Als Beispiel sei eine Stelle in Takt 55–56 genannt (Notenbsp.), bei der außerdem eine auf Contrapunctus V vorausweisende rhythmische Abwandlung des Themas im Alt von einem chromatischen Durchgang im Tenor begleitet wird.
Contrapunctus IV ist ebenfalls über die Umkehrung des Themas gearbeitet, hat aber einen betont gelösten, freudigen Charakter (). Dies wird unter anderem durch den an einen Kuckucksruf erinnernden fallenden Terzsprung erreicht, der das ganze Stück durchzieht (siehe Notenbsp. Takt 54–56), sowie durch viele gebrochene Dreiklängsbildungen (Takt 23–26) und eine auf die Musik der Klassik vorgreifende Periodik in Vor- und Nachsatz.
Gegenfugen
Mit Contrapunctus V beginnt die Gruppe der vierstimmigen Gegenfugen, welche dadurch gekennzeichnet ist, dass der Comes als Umkehrung des Dux auftritt. Zum ersten Mal wird das Thema einer Verwandlung unterworfen. Es wird rhythmisch leicht verändert, indem zwischen drei Töne des Originalthemas kurze Durchgangsnoten eingefügt werden ().
Während sich Contrapunctus V in seiner Beschränkung auf zum Teil überbundene Achtelwerte eher an Contrapunctus I anlehnt, ist Contrapunctus VI rhythmisch ausgesprochen komplex und setzt abwechselnd Achtel, punktierte Achtel, Sechzehntel und Zweiunddreißigstel ein. Durch die Überschrift In Stylo Francese wies Bach ausdrücklich darauf hin, dass dieser Satz wie ein Eingangssatz einer französischen Ouvertüre zu spielen ist (). Bach führt nun auch die Verkleinerung (also das Thema im doppelten Tempo) ein und tut dies schon zu Beginn in einem „verfrühten“ Einsatz des Comes in Takt 2, bevor der Dux beendet ist (Engführung).
Contrapunctus VII beschließt dann die Gruppe der Gegenfugen. Das Thema in seiner punktierten Form (siehe Contrapunctus V) erscheint sowohl in Vergrößerung (Augmentation: verlängerte Notenwerte, also doppelt so langsam) als auch in Verkleinerung (Diminution: verkürzte Notenwerte, also doppelt so schnell). Den Kontrapunkt dazu bildet eine fließende Sechzehntel-Bewegung.
Doppel- und Tripelfugen
Contrapunctus VIII eröffnet eine Gruppe von vier Doppel- bzw. Tripelfugen, bei denen 2 bzw. 3 Themen nacheinander oder gleichzeitig vorgestellt und verarbeitet werden. Contrapunctus VIII ist das erste dreistimmige Stück des Zyklus und eine Tripelfuge, in der neben dem variierten „Urthema“ zwei neue Themen und ein in Achteln fließendes Kontrasubjekt verarbeitet werden. Das erste Thema ist durch zwei, von chromatischen Gängen unterbrochene Quartsprünge gekennzeichnet () und hat einen spielerischen Charakter. Es ist das erste neue, vom Grundthema wesentlich abweichende Thema des Zyklus und steht in einem gewissen Gegensatz zum zweiten Thema, das von Chromatik und Tonrepetitionen geprägt ist. Das „Urthema“ des Zyklus ist (als drittes Thema) zum ersten Mal nach einer überraschend brillanten Kadenz ab Takt 94 (Erstdruck) im Alt zu hören, in einer neuen, von Pausen durchsetzten Form, die dem Hörer, ebenso wie die beiden anderen Themen, in Contrapunctus XI erneut begegnen wird (siehe Notenbsp. bei Contrapunctus XI).
Contrapunctus IX beginnt mit einem Oktavsprung, der in Contrapunctus XIII wieder aufgegriffen wird, dem ein auf- und absteigender Sechzehntellauf folgt (). Auch wenn man es dem Thema nicht anmerkt, so weist es doch in den ersten drei Takten (bis zum Ton f' im Notenbsp.) eine entfernte Verwandtschaft mit dem Grundthema des Werkes auf. Dieses erscheint als zweites Thema und stellt mit seinen langen Notenwerten einen starken Gegensatz zum ersten Thema dar.
Das erste Thema des 4-stimmigen Contrapunctus X wird von Pausen zum Taktbeginn geprägt, und erinnert damit etwas an das variierte Hauptthema von Contrapunctus VIII und XI; der zweite Takt ist dabei eine Umkehrung des ersten; es schließt sich eine auf- und ablaufende Tonleiterbewegung an (). Das zweite Thema ist die punktierte Variante des Urthemas, wie sie unter anderem in Contrapunctus V verwendet wurde.
Der die Gruppe der Mehrfach-Fugen abschließende vierstimmige Contrapunctus XI ist eine der komplexesten Fugen Bachs. Er verarbeitet drei Themen (Tripelfuge) und ein chromatisches Kontrasubjekt und besticht durch seine Ausdruckskraft. Alle drei Themen sind bereits aus Contrapunctus VIII bekannt, wo sie jedoch in anderer Reihenfolge verarbeitet wurden. Das erste Thema ist eine Abwandlung des Grundthemas – abgesehen von zwei Durchgangsnoten (im Beispiel blau) – und entspricht mit seinen Pausen am Taktbeginn dem Modell der Suspiratio (Seufzer) aus der barocken Figurenlehre (). Das zweite Thema ab Takt 27 ist die Umkehrung von Thema 1 aus Contrapunctus VIII, es wird zunächst durch ein chromatisch ansteigendes Gegensubjekt begleitet. Das dritte Thema, das mit umgekehrter Bewegungsrichtung ebenfalls schon in Contrapunctus VIII erschien, wird ab Takt 90 eingeführt. Gegen Ende der Fuge (Takt 158 – 167) erklingt das erste Thema gleichzeitig in seiner Urform und der Umkehrung, zuerst in den Oberstimmen, danach in den Unterstimmen. Damit scheint Bach bereits auf die nachfolgenden Spiegelfugen vorauszudeuten.
Spiegelfugen
Mit Contrapunctus XII erscheint die erste von zwei Spiegelfugen. Unter einer Spiegelfuge wird hierbei verstanden, dass der gesamte Satz anschließend mit umgekehrten Intervallen wiederholt wird (das Partiturbild lässt manchmal bei Laien die Vorstellung entstehen, beide Versionen sollten gleichzeitig erklingen). Das Thema besteht exakt aus den Tönen der Grundgestalt, erklingt jedoch hier im Dreiertakt; die rhythmische Gestalt mit Betonung auf der zweiten Zählzeit in den beiden ersten Takten erinnert an eine Sarabande. Wahrscheinlich ist die kontrapunktische Komplexität der Aufgabe dafür verantwortlich, dass dieses Stück (bzw. diese beiden Stücke) als einziges nicht durch einen einzigen Spieler auf einem Tasteninstrument spielbar ist (eine Ausführung auf zwei Cembali, die jeweils zwei Stimmen spielen, ist möglich).
Die dreistimmige Spiegelfuge Contrapunctus XIII hat einen ausgesprochen tänzerischen Charakter im Sinne einer Gigue, bei der Bach fast immer zu Beginn des zweiten Teils das Thema umkehrt. Auch dieses Thema ist aus dem Urthema abgeleitet. Nach einem Oktavsprung, der schon in Contrapunctus IX auftaucht, geht es für drei Takte in eine Triolenbewegung über. Im weiteren Verlauf wechselt diese Triolenbewegung immer wieder mit punktierten Sechzehnteln ab (die nach den Regeln der damaligen Aufführungspraxis rhythmisch an die Triolenbewegung anzugleichen sind). Dieser Satz ist auf dem Cembalo nur spielbar, wenn ein Interpret über eine gewisse Virtuosität hinaus mindestens eine Dezime greifen kann (Ausnahme: Fermate in T. 59 der forma inversa). Den Umfang einer typischen Orgel der Bachzeit wird nach oben hin mit den Tönen d''' und e''' überschritten. Es existiert auch eine Fassung für zwei Cembali, bei der Bach die drei Stimmen durch eine freie vierte Stimme ergänzte.
Kanons
Es folgen nun vier zweistimmige Kanons, die alle über eine andere Variation des Urthemas gearbeitet sind und als Meisterwerke dieser Gattung angesehen werden.
Nach dem Erstdruck beginnt der Abschnitt mit dem Canon per Augmentationem in Contrario Motu, der, wie der Titel sagt, die zweite Stimme in der Umkehrung und augmentiert einsetzen lässt.
Der Canon alla Ottava ist ein virtuoses Bravurstück im 9/16-Takt.
Der Canon alla Decima in Contrapunto alla Terza baut vor allem auf dem Gestaltungsmittel der Synkope auf.
Ein Wechsel zwischen triolischen und duolischen Passagen ist das zentrale Moment des Canon alla Duodecima in Contrapunto alla Quinta.
Laut Heinrich Rietsch,[5] dem darin zum Beispiel Erich Schwebsch und Wolfgang Wiemer gefolgt sind,[6] sollen die vier Kanons Typen der vier Temperamente darstellen:
- Canon per Augmentationem in Contrario Motu den Melancholiker
- Canon alla Ottava den Sanguiniker
- Canon alla Decima in Contrapunto alla Terza den Phlegmatiker
- Canon alla Duodecima in Contrapunto alla Quinta den Choleriker
Das Fugenfragment mit dem B-A-C-H
Quellen und Beschreibung
Das den Erstdruck (vor dem angefügten Choral) beschließende Fugenfragment trägt dort den Titel „Fuga a 3 soggetti“. Laut Davitt Moroney deutet der italienische Titel darauf hin, dass er von den Redakteuren des Erstdrucks, zum Beispiel Carl Philipp Emanuel Bach, gewählt wurde und nicht von Bach, da dieser in der Kunst der Fuge sonst nur lateinische oder griechische Titel verwende.[7]
Das Fragment beginnt mit einem ersten Abschnitt im typischen Stil eines Ricercars, wie es seit dem 16. Jahrhundert gepflegt wurde. Die ersten 4 Töne des ersten Themas sind dabei offenbar aus dem Urthema des Zyklus abgeleitet (mit einer Durchgangsnote). Das Thema erscheint auch in der Umkehrung (z. B. in T. 21–26 im Bass) und beide Varianten werden auch enggeführt (zuerst in T. 37–43 in Diskant und Alt).
Von Takt 114 bis 193 schließt sich ein zweiter Abschnitt über ein in Achtelnoten fließendes Thema an, das stark mit dem ersten Thema kontrastiert und zuerst allein durchgeführt wird, später in Kombination mit dem ersten Thema (z. B. T. 147–153 in Diskant und Bass).
Nach einer Binnenkadenz in g-moll wird dann in Takt 193 wird das B-A-C-H-Thema ein- und durchgeführt (bis T. 233); auch dieses verwendet der Komponist einmal in der Umkehrung (T. 222 ff im Bass: A-B-G-As), bis der Erstdruck diese Fuge mit einem Halbschluss beendet.
Nur im Autograph sind weitere sieben Takte erhalten, in denen alle drei bis dahin eingeführten Themen zusammen mit einem Kontrasubjekt (im Diskant) kombiniert werden, danach bricht das Manuskript in Takt 239 ab. Es enthält in der Handschrift von Bachs Sohn Carl Philipp Emanuel Bach die Anmerkung: „NB: ueber dieser Fuge, wo der Nahme B A C H im Contrasubject angebracht worden, ist Der Verfaßer gestorben.“
Bachs Schüler Johann Friedrich Agricola schreibt dazu 1754 im Nekrolog (und bezeichnet wohl die einzelnen Abschnitte des Schlusssatzes als 'Fugen'):
„Dies ist das letzte Werk des Verfassers, welches alle Arten der Contrapuncte und Canonen, über einen e i n t z i g e n Hauptsatz enthält. Seine letzte Krankheit hat ihn verhindert, seinem Entwurfe nach, die vorletzte Fuge völlig zu Ende zu bringen, und die letzte, welche 4 Themata enthalten, und nachgehends in allen Stimmen Note für Note umgekehrt werden sollte, auszuarbeiten.“
Im Vorwort zur Erstausgabe schrieb Friedrich Wilhelm Marpurg:
„Es ist nichts mehr zu bedauern, als daß selbiger durch seine Augen-Krankheit, und den kurz darauf erfolgten Tod außer Stande gesetzet worden, es selbst zu endigen und gemein zu machen. Er wurde von demselben mitten unter der Ausarbeitung seiner letzten Fuge, wo er sich bey Anbringung des dritten Satzes nahmentlich zu erkennen giebet, überraschet.“
Auffallend ist, dass die gesamte Schlussfuge im Gegensatz zu allen anderen Sätzen des Werkes nicht in Stimmenpartitur, sondern in zweizeiliger Klaviernotation geschrieben ist. Das spricht mit dafür, dass diese Fuge als Bachs Jahresbeitrag für die Mizlersche „Correspondierende Societät der musicalischen Wissenschaften“ gedacht war (s. u.), was auch die Anfertigung der Stichvorlage erklären würde.
Forschungs- und Vervollständigungsgeschichte
Die unvollendete Fuge war und ist Gegenstand zahlreicher Spekulationen.
Philipp Spitta und Albert Schweitzer waren überzeugt, dass die „Schlussfuge“ nicht zur Kunst der Fuge gehöre, weil sie das Grundthema nicht enthalte.
Nottebohm stellte 1880 dagegen fest, dass das Grundthema gleichzeitig mit dem das Fragment beendenden Tripelkomplex erklingen kann, der dadurch zum Quadrupelkomplex würde. Aus diesen Gründen wurde seitdem oft angenommen, dass die im Original „Fuga á 3 soggetti“ genannte Fuge eine Quadrupelfuge mit dem Grundthema als viertes Thema werden sollte.
Es wurde vielfach versucht, die Schlussfuge zu vollenden; Walter Kolneder zählte bereits bis 1977 zwanzig derartige Ansätze.
Eine frühe Vervollständigung stammt 1931 von Donald Francis Tovey.[10] Neben der Einbindung des Grundthemas versuchte er sich auch an den von Agricola berichteten Umkehrungen, für die er allerdings das erste Thema in der Duodezime durchführen musste, was von Moroney als nicht befriedigend empfunden wird.[11] Thomas Daniel bemängelt unter anderem, dass das Grundthema hier direkt in der Umkehrung einsetzt und somit kaum zu erkennen ist,[12] bezeichnet seine Umkehrungslösung jedoch als die gelungenste unter den Vervollständigungen.[13]
Aufnahmen dieser Version:
- Donald Francis Tovey (Klavier) 1935, nur der von ihm komponierte Teil[14]
- The Delmé String Quartet 2000[15]
- Christoph Schlüren (Dir.), Salzburg Chamber Soloists 2019[16]
Karl Hermann Pillney schrieb 1937 eine Vervollständigung, die er 1974 nochmal überarbeitete. Laut Kolneder hat diese Version die Anerkennung Furtwänglers gefunden,[17] Daniel bemängelt jedoch einige satztechnische Inkonsequenzen, die sich insgesamt mehr einer spätklassischen Idiomatik als einer barocken annähern.[18]
Aufnahmen dieser Version:
- Christoph Schlüren (Dir.), Salzburg Chamber Soloists 2019[16]
Helmut Walcha veröffentlichte 1967 eine Übertragung der Kunst der Fuge für Orgel, im Anhang ist die von ihm verfasste „Weiterführung und Beendigung der Schlußfuge“ zu finden.[19]
Aufnahmen dieser Version:
- Auf Walchas zweitem Aufnahmezyklus von Bachs gesamtem Orgelwerk, die Aufnahme dazu entstand 1956.[20]
- George Ritchie (Orgel) 2010[21]
In den 1960er Jahren führte Rudolf Barschai im Rahmen seiner Orchestrierung der Kunst der Fuge erstmals seine Version des Finales auf, in welchem er Bachs Stilistik verlässt und sich sinfonischer Stilmittel bedient. Diese Version wurde von Dmitri Schostakowitsch begeistert aufgenommen, Barschai hat sie jedoch bis zu seinem Tod 2010 immer wieder überarbeitet.[22]
Aufnahmen dieser Version:
- Rudolf Barshai (Dir.), Moscow Chamber Orchestra[23]
In der Vervollständigung von Erich Bergel wird die Fugenexposition aus Contrapunctus I übernommen um das Grundthema einzuführen. Ab der zweiten Durchführung lässt er die Themen in einem streng fallenden Permutationsmuster auftreten. Daniel attestiert "eklatante satztechnische und klangliche Mängel".[24]
Aufnahmen dieser Version:
- Erich Bergel (Dir.), Cluj Philharmonic Orchestra 1991[25]
Christoph Wolff und andere Wissenschaftler vertreten die Meinung, dass die Schlussfuge bereits fertig gewesen sein muss.[26] So ist sie auf anderem Papier als der vorangegangene Teil geschrieben und zwar auf der Papiersorte, die Bach normalerweise für Stichvorlagen verwendete, noch dazu mit kalligraphischer Sorgfalt, was ein deutlicher Hinweis auf ein bereits fertiges Werk ist. Die letzten Takte 227–239, nach denen das Manuskript abbricht, sind dagegen auf einer anderen Papierart und das Blatt ist derart nachlässig rastriert, dass es von vornherein nur für wenige Takte brauchbar gewesen wäre. Wahrscheinlich konnte Bach krankheitshalber die Stichkopie nicht selbst fortführen und die wenigen Takte waren als Vorlage für einen Kopisten gedacht, der ab dieser Stelle auf eine Handschrift mit dem Finale zurückgreifen konnte, die verloren gegangen ist.
Auf Grundlage von Wolffs Erkenntnissen postuliert Gregory Butler, dass die gesamte Fuge nicht mehr als sechs Seiten umfasst haben wird, während der von Wolff als Stichvorlage identifizierte Teil 5 Seiten umfasst. Aus diesem Umstand und aus den Längenverhältnissen der Fugenabschnitte, welche absteigend immer ungefähr zwei Drittel der Takte des vorherigen Teils enthalten, schlussfolgert er, dass der fehlende Teil etwa 40 Takte betrage.[27]
Von Butlers Erkenntnissen ausgehend haben Davitt Moroney (1989) und Bernhard Billeter (2001) entsprechend kurze Vervollständigungen verfasst.[28] Die Version von Moroney wurde in dessen Notenausgabe der Kunst der Fuge für Cembalo (Klavier) veröffentlicht.[29] Daniel zählt diese Version "zu den schwächsten überhaupt".[30]
Aufnahmen von Moroneys Version:
Yngve Jan Trede hingegen veröffentlichte 1995 mit insgesamt 384 Takten eine der längsten Vervollständigungen. Am Ende der Fuge führt er alle Themen auch in der Umkehrung durch.[33][34]
Zoltán Göncz nennt seine Vervollständigung von 2006 „Rekonstruktion“, weil er in dem Fugenfragment ein Permutationsmuster erkennt, welches er in seiner Vervollständigung weiterführt: Im Quadrupelkomplex setzen also die einzelnen Themen zu dem Zeitpunkt und in der Stimme ein, wie sie auch im Fugenfragment eingesetzt haben.[35][36] Außerdem interpretiert er den Nekrolog Agricolas dahingehend, dass nur das hinzukommende Grundthema und nicht alle vier Themen umgekehrt werden sollten, weshalb bei ihm auch nur das Grundthema am Schluss in der Umkehrung auftritt.[37] Daniel kritisiert bei Göncz beispielsweise eine "wenig ausgeprägte Empfindlichkeit gegenüber [irregulären] Quarten".[38]
Thomas Daniel veröffentlichte 2010 eine Studie über dieses Fugenfragment, in der er dessen Aufbau untersucht und sich mit bisherigen Vervollständigungen auseinandersetzt. Er führt unter anderem mehrere Gründe an, weshalb das Grundthema den Fugenkomplex erst vollkommen macht, zum Beispiel verleiht der grundtönige Beginn dem Komplex eine Stabilität, die er vorher mit beginnendem zweiten Thema nicht hat.[39] Zu einer guten Vervollständigung zählt für ihn unter anderem, dass, nach einer ordentlichen Durchführung der von Bach noch begonnenen Tripelfuge, das Grundthema zuerst eigenständig eingeführt wird.[40] Wie schon einige vor ihm verwendet er das Grundthema nicht in der ersten Version von Contrapunctus 1, sondern in der punktierten Version von Contrapunctus 5. Hierfür führt er vier Gründe an: Es lasse sich besser engführen, es korrespondiere motivisch zum 1. und 3. Thema, es lasse den Quadrupelkomplex weniger statisch wirken. Außerdem bekomme der Quadrupelkomplex durch die zwei zusätzlichen Töne eine zahlenmäßige Ausgewogenheit mit insgesamt 72 Tönen, wobei der Mittelpunkt an einer harmonischen Wendestelle nach dem dritten Takt liegt.[41][42] Daniel hält es außerdem für plausibel, dass Bach die gesamte Fuge auf 372 Takte angelegt hat, da die vier Einzelfugen (Contrapunctus 1–4), die beiden Tripelfugen (Contrapunctus 8 und 11) und die Canons ebenfalls exakt 372 Takte umfassen.[43] Agricolas Bericht von der Umkehrung der vier Themen kommentiert er damit, dass dieser Bach wohl zum „Zauberkünstler hochstilisieren“ wollte, da eine korrekte Satzspiegelung nach dem vierfachen Kontrapunkt ausgeschlossen sei.[44]
Am Ende von Daniels Studie steht eine eigene Vervollständigung, die alle von ihm geforderten Kriterien zu erfüllen sucht. Er bezeichnet sie als „angewandten Tonsatz“,[45] wobei er dazu aufruft, das Fugenfragment „weniger als spekulative Leistung, sondern vielmehr als phänomenale Musik zu begreifen, die zum Größten gehört, was die Musikgeschichte zu bieten hat.“[46]
Für den Organisten Jan Lehtola[47] komponierte Kalevi Aho 2011 eine Vervollständigung,[48] von der auch eine Bearbeitung für Streichorchester existiert.[49]
Aufnahmen dieser Version:
Otfried Büsing vertritt in einem Artikel von 2015 die Meinung, dass Nottebohm mit seiner These bezüglich des Grundthemas Unrecht habe. Büsing argumentierte, das erste Thema der Schlussfuge sei dem Grundthema des Zyklus ebenso ähnlich wie die anderen Varianten aus der „Kunst der Fuge“, wobei es kein einziges Beispiel in Bachs Œuvre gäbe, in welchem er in einer Mehrfachfuge Themen mit derart ähnlichen Themenköpfen verwendet hätte. Angeblich reiche der Quadrupelkomplex, wie Nottebohm ihn vorschlägt, des Weiteren nicht an die von Bach gewohnte hohe satztechnische Qualität heran. Um Nottebohm ad absurdum zu führen, führt er mehrere (nicht mit der Kunst der Fuge in Zusammenhang stehende) Themen auf, die sich genauso gut oder gar besser zu den anderen drei Themen gesellen. Außerdem könne das Grundthema in diesem Quadrupelkomplex nicht ohne Satzfehler im Bass auftreten, was Bach jedoch, wie Büsing an mehreren Beispielen zeigt, gerne und häufig als Effekt am Schluss einer Fuge getan hat.[51] Daniel hingegen lässt in seiner Vervollständigung ab Takt 353 das Grundthema, wie von Büsing gefordert, am Schluss im Bass auftreten. Die von Büsing monierten angeschlagenen Quarten umgeht er, indem er das erste Thema (im Alt) um eine Quinte erhöht.
Weitere Vervollständigungen, die auf Aufnahmen enthalten sind:
- von Lionel Rogg (1968), auf: Lionell Rogg (Orgel) 1969[52]
- von Lionel Rogg (2020), auf: Simon Johnson (Orgel) 2022[53]
- von Michael Ferguson, auf: Michael Ferguson (Orgel) 1985[54]
- von Niels Viggo Bentzon und Jan Maegaard, auf: Eva Feldbæk (Orgel) 1994[55]
- von Bernard Foccroulle, auf: Bernard Foccroulle (Orgel) 2010[56]
- von Kevin Korsyn, auf: Craig Sheppard (Klavier) 2018[57]
Weitere Vervollständigungen stammen zum Beispiel von David Schulenberg[58], Maurits Reynen, Henryk Dyhr und Tudor Saveanu[59].
Datierung
Vorarbeiten ab ca. 1740, autograph überlieferte Frühfassung um 1742 bis etwa 1746, Beginn der Drucklegung wahrscheinlich Frühjahr 1748, Autograph der unvollendet überlieferten Schlussfuge nach August 1748 bis Mitte Dezember 1749, Erstdruck 1751 und 1752. Der Titel „Die Kunst der Fuge“ stammt aus dem Erstdruck, während die autographe frühere Fassung den davon nur im letzten Buchstaben abweichenden Titel „Die Kunst der Fuga“ trägt, geschrieben von Bachs Schüler Johann Christoph Altnikol. Aufgrund des Fehlens eines eigenschriftlichen Werktitels hat man den überlieferten Titel angezweifelt; andererseits sprechen zahlensymbolische Überlegungen für die Echtheit der durch Altnikol überlieferten Titelvariante.[60]
Werk und Entstehung
Erst seit 1726 lässt sich ein Interesse Bachs für den Druck seiner Kompositionen nachweisen. Zwei Kantaten – Gott ist mein König von 1708, und das heute verschollene Pendant von 1709 –, die er zum Ratswechsel der Stadt Mühlhausen komponiert hatte, waren die einzigen Veröffentlichungen vor der Leipziger Zeit gewesen; ihr Druck ging vermutlich auf die Initiative der Mühlhauser Ratsversammlung zurück. 1731 veröffentlichte Bach die sechs Partiten für Cembalo als sein Opus 1, später die gesamte vierbändige Clavier Ubung, das Musicalische Opfer und die sechs sogenannten Schüblerchoräle. Er versuchte offenbar vor allem einen kleineren Kreis von Spezialisten zu erreichen, daher enthalten die Drucke durchweg Musik für Tasteninstrumente (abgesehen von der Triosonate aus dem Musicalischen Opfer). Ein Druck von Bachs Leipziger Kantaten (der ja ein Stimmendruck sein musste) hätte theoretisch interessierten Musikern wenig genützt, da diese Werke zu Bachs Lebzeiten nur unter seiner Leitung zur Aufführung kamen. Darüber hinaus pflegte Bach seinen Ruf als virtuoser Cembalist und Organist, den er auch durch den Druck von technisch außerordentlich schwer zu bewältigender Tastenmusik bestärkte. Folgerichtig schreibt der Nekrolog von 1754,
„[…] daß unser Bach der stärkste Orgel- und Clavierspieler gewesen sey, den man jemals gehabt hat. Es kann seyn, daß mancher berühmter [sic] Mann in der Vollstimmigkeit auf diesen Instrumenten sehr viel geleistet hat: ist er deswegen eben so fertig, und zwar in Händen und Füssen zugleich, so fertig als Bach gewesen. Wer das Vergnügen gehabt hat, ihn und andere zu hören, und sonst nicht von Vorurtheilen eingenommen ist, wird diesen Zweifel nicht für ungegründet halten. Und wer Bachens Orgel und Clavierstücke, die er, wie überall bekannt ist, in der grösten Vollkommenheit selbst ausführte, ansieht, wird ebenfalls nicht viel wider den obigen Satz einzuwenden haben.[61]“
In dieser Reihe großer Veröffentlichungen für Tasteninstrument steht auch die erst nach Bachs Tod erschienene Kunst der Fuge. Bach beschäftigte sich in seinen letzten Lebensjahren mit der Komposition, nachweislich seit 1742. Es wird vermutet, dass der Druck als Jahresgabe für die Correspondierende Societät der musicalischen Wissenschaften bestimmt war, der Bach 1747 beigetreten war und deren Mitglieder laut Statuten bis zu ihrem 65. Lebensjahr in jedem Juni ein „wissenschaftliches Werk“ im Druck vorzulegen hatten. 1747 hatte Bach als ersten Beitrag die Canonischen Veränderungen [über „Vom Himmel hoch“] vorgelegt, als zweiten 1748 vermutlich das Musicalische Opfer. Die rechtzeitige Fertigstellung der Kunst der Fuge zum Juni 1749, die Bachs letzter Beitrag vor der Erreichung des 65. Lebensjahres gewesen wäre, wurde aller Wahrscheinlichkeit nach durch seine zunehmende Erblindung und durch zwei erfolglose Operationen des britischen Chirurgen John Taylor verhindert. Bach starb vor der Vollendung. Der Contrapunctus 14 bricht ab; allgemein wird angenommen, dass mit diesem Stück die Kunst der Fuge abgeschlossen gewesen wäre.
Die traditionelle Vorstellung von der Kunst der Fuge als dem Schwanengesang Bachs ist von der Forschung in den letzten Jahrzehnten zunehmend relativiert worden. Wie wir heute aufgrund diplomatischer Untersuchungen wissen, reicht das Werk zu einem erheblichen Teil mindestens bis in die Zeit um 1742 zurück. Nach einer 1983 veröffentlichten Studie[62] wäre die Kunst der Fuge die Antwort auf jene Herausforderung, die Johann Mattheson 1739 in seinem Vollkommenen Capellmeister mit Blick auf seine eigene Fugensammlung Die wol-klingende Finger-Sprache mit der Hoffnung ausspricht, etwas dergleichen von dem berühmten Herrn Bach in Leipzig, der ein grosser Fugenmeister ist, ans Licht gestellet zu sehen. Diese These eines postulierten Zusammenhangs wird mit anderen Argumenten auch von Gregory Butler vertreten.[63]
Überlieferung und Textprobleme
Autographen
Eine abschließende Reinschrift der Kunst der Fuge ist nicht überliefert und hat wohl nie existiert. Die vier heute noch bekannten Autographen, von denen keines den Zyklus vollständig enthält, spiegeln meistens einen früheren Stand der Komposition. Sie liegen sämtlich in der Staatsbibliothek Berlin und sind in einem Konvolut zusammengefasst.
- Mus. ms. autogr. Bach P 200: Das Hauptautograph, entstanden ca. 1745–1748, umfasst den größten Teil des Zyklus in anderer Reihenfolge als der Erstdruck (und die heute übliche Ausgaben). Es fehlen die Contrapuncti 4, 13 in der Fassung für zwei Cembali, 14 sowie die Kanons in der Dezim und in der Duodezim. Der Titel Die Kunst der Fuga / di Sig.o [sic] Joh. Seb. Bach ist von Johann Christoph Altnikol geschrieben. Es handelt sich wenigstens zum Teil um ein Kompositionsautograph, d. h. es gibt durch eine Reihe von Umarbeitungen und Korrekturen den Kompositionsprozess wieder.
- Mus. ms. autogr. Bach P 200, Beilage 1 (ca. 1749) enthält auf drei losen Blättern den Canon per Augmentationem contrario motu (BWV 1080, 14). In das Manuskript hat Bach Hinweise über Zeilen- und Seitenumbrüche für den Stecher eingetragen, die der Erstdruck – der sich im Übrigen genau an die Vorlage hält – nur teilweise befolgt.
- Mus. ms. autogr. Bach P 200, Beilage 2 (ca. 1749) enthält den Contrapunctus 13 (rectus und inversus; s. u.) in den Fassungen für zwei Cembali. Auch dieses Manuskript, obwohl es nicht für den Stich vorbereitet wurde wie Beilage 1, diente als Vorlage für den Erstdruck.
- Mus. ms. autogr. Bach P 200, Beilage 3 (ca. 1749): Auf fünf einzelnen Blättern ist der unvollendete Contrapunctus 14 nicht in Partitur, sondern auf ein „Klaviersystem“ (zwei Systeme pro Akkolade) notiert. Das Stück bricht mitten auf der Seite 5 ab, es folgt von der Hand Carl Philipp Emanuel Bachs der Vermerk: „Ueber dieser Fuge, wo der Nahme BACH im Contrasubject angebracht worden, ist der Verfasser gestorben.“ Auf der Rückseite des vierten Blattes stehen Korrekturen, wohl ebenfalls von Carl Philipp Emanuel Bach.
Erstdruck
Der Erstdruck erschien vermutlich 1751 unter dem Titel „Die / Kunst der Fuge / durch / Johann Sebastian Bach / ehemahligen Capellmeister und Musikdirector zu Leipzig“; eine zweite Auflage, die einige Korrekturen enthält, 1752. Der Stecher war Johann Heinrich Schübler, der jüngere Bruder von Johann Georg Schübler, der 1748–1749 Bachs sogenannte „Schüblerchoräle“ gestochen und verlegt hatte.
Der Erstdruck enthält sämtliche bekannten Stücke der Kunst der Fuge in einer vom Hauptautograph abweichenden Reihenfolge; für drei (Contrapunctus 4 und die Kanons in der Dezim und der Duodezim) ist er die einzige Quelle. Er ist offensichtlich vom Herausgeber, als der Carl Philipp Emanuel Bach vermutet wird, in aller Eile zusammengestellt worden, da er Doppelfassungen enthält, die höchstwahrscheinlich nicht in die endgültige Sammlung gehören. Zum einen folgt auf Contrapunctus 13 eine Frühfassung des Contrapunctus 10, die erst mit Takt 23 beginnt; zum anderen bringt er gegen Ende vierstimmige Alternativfassungen der beiden Varianten des dreistimmigen Contrapunctus 13 „a 2. Clav:“, also für zwei Tasteninstrumente.
Der Choral
Die erste Auflage setzt vor den Notentext die
„Nachricht.
Der selige Herr Verfasser dieses Werkes wurde durch seine Augenkrankheit und den kurz darauf erfolgten Tod ausser Stande gesetzet, die letzte Fuge, wo er sich bey Anbringung des dritten Satzes namentlich zu erkennen giebet, zu Ende zu bringen; man hat dahero die Freunde seiner Muse durch Mittheilung des am Ende beygefügten vierstimmig ausgearbeiteten Kirchenchorals, den der selige Mann in seiner Blindheit einem seiner Freunde aus dem Stegereif in die Feder dictirert hat, schadlos halten wollen.“
Gemeint ist die vermutlich zwischen 1744 und 1747 entstandene Choralbearbeitung für Orgel „Wenn wir in hoechsten Noethen“ (BWV 668, eigentlich „Vor deinen Thron tret’ ich hiermit“), die als Schlussstück auf den Contrapunctus 14 folgt. Sie war also eindeutig von Bach nicht für die Kunst der Fuge vorgesehen, sondern ist von den posthumen Herausgebern angefügt worden.
Konkordanz von Hauptautograph und Erstausgabe
A: Autograph (ohne Beilagen). Das Autograph hat mehrere Zählungen (Seiten, Blätter, Stücke), die nicht von Bach stammen. Die Zahlen in der Tabelle beziehen sich auf die Seitenzählung.
ED: Erstdruck.
BWV: Nummerierung innerhalb der Bachwerkeverzeichnis-Nummer 1080. Aus technischen Gründen sind die hochgestellten Ziffern des BWV durch normale mit Komma abgetrennte Ziffern wiedergeben.
A: Seite | A: Titel, soweit vorhanden | ED: Seite | ED: Titel | BWV |
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1 | 1 | Contrapunctus 1. | 1 | |
6 | 3 | Contrapunctus 2. | 2 | |
4 | 6 | Contrapunctus 3 | 3 | |
8 | Contrapunctus 4 | 4 | ||
8 | 13 | Contrapunctus 5. | 5 | |
16 | 16 | Contrapunctus 6. a 4 in Stylo Francese | 6 | |
20 | 19 | Contrapunctus 7. a 4 per Augment et Diminut: | 7 | |
25 | 21 | Contrapunctus 8. a3 | 8 | |
10 | 26 | Contrapunctus 9. a 4. alla Duodecima | 9 | |
29 | Contrapunctus 10. a. 4. alla Decima. | 10 | ||
14 | 45 | Contrap. a 4 [Frühversion von Contrapunctus 10, ohne die Takte 1–22 der Endfassung] | 10 | |
28 | 32 | Contrapunctus 11. a 4. | 11 | |
33 | 39 | Contrapunctus inversus a 4 | 12,1 | |
33 | [akkoladenweise unter BWV 1080/12,1 notiert] | 37 | Contrapunctus inversus 12 a 4 | 12,2 |
36 | 43 | Contrapunctus inversus a 3 | 13,1 | |
36 | [akkoladenweise unter BWV 1080/13,1 notiert] | 41 | Contrapunctus a 3 | 13,2 |
38 | Canon al roverscio et per augmentationem [zweite Fassung, zweistimmige Notierung] | 48 | Canon per Augmentationem in Contrario Motu. | 14 |
32 | [zweistimmige Notierung der Frühfassung des Kanons BWV 1080/14] | 14 | ||
33 | Canon in Hypodiatessaron al roversio et per augmentationem [Takt 1–22 der Frühfassung des Kanons BWV 1080/14 in einstimmiger Notierung] | 14 | ||
23 | Canon in Hypodiapason. [einstimmige Notierung] | 15 | ||
23 | Resolutio Canonis [Auflösung in zweistimmiger Notierung] | 51 | Canon alla Ottava | 15 |
53 | Canon alla Decima [in] Contrapunto alla Terza | 16 | ||
55 | Canon alla Duodecima in Contrapunto alla Quinta | 17 | ||
57 | Fuga a 2. Clav: [vierstimmige Fassung von Contrapunctus 13 BWV 1080/13,1] | 18,1 | ||
59 | Alio modo Fuga a 2. Clav. [vierstimmige Fassung von Contrapunctus 13 BWV 1080/13,2] | 18,2 | ||
61 | Fuga a 3 Soggetti | 19 | ||
66 | Choral. Wenn wir in hoechsten Noethen Canto Fermo in Canto | BWV 668 |
Anordnung
Die endgültig von Bach vorgesehene Abfolge der einzelnen Stücke ist bis heute umstritten. Weder die Anordnung der Stücke im Hauptautograph noch die im Erstdruck wird als endgültig angesehen: Das Autograph bietet oft nur eine Frühfassung, auch mehrere Fassungen desselben Stücks (Contrapunctus 14); außerdem enthält es nicht den gesamten Bestand. Der Erstdruck ist offenbar ebenfalls nicht zuverlässig; auch in ihm stehen Mehrfachfassungen derselben Stücke, die wohl kaum in eine Veröffentlichung hatten eingehen sollen. Im Allgemeinen folgen die Anordnungsversuche dem Erstdruck bis Contrapunctus 11, obwohl dadurch die Contrapuncti 8 und 11, denen dieselben Themen zugrunde liegen und die im Autograph daher hintereinander stehen, auseinandergerissen werden (auch die Contrapuncti 6 und 7 beziehen sich thematisch aufeinander und stehen sowohl im Autograph als auch im Erstdruck hintereinander). Uneinigkeit besteht vor allem bei der Anordnung der rectus- und inversus-Versionen von Contrapunctus 13, der Kanons und des Contrapunctus 14, der von manchen Autoren als Schlussstück angesehen, von anderen vor die Kanons gesetzt wird.
Die Frage der Anordnung ist allerdings von untergeordneter Bedeutung. Die Kunst der Fuge ist nicht nach aufführungspraktischen Gesichtspunkten aufgebaut wie etwa eine Suite, die als Gesamtheit aufgeführt werden soll und deren einzelne Sätze daher nach den Prinzipien von Kontrast, (emotionaler) Dramaturgie usw. aufeinander folgen. Vielmehr stellt sie, ähnlich wie das Wohltemperierte Klavier oder das Musicalische Opfer eine Sammlung von Einzelstücken zu derselben kompositorischen Problemstellung dar. Eine Gesamtaufführung würde wohl die meisten Zuhörer überfordern. Deshalb hat Bach die Einzelsätze nicht nach dem Prinzip des Kontrastes zusammengestellt wie in einem zyklischen Werk üblich (z. B. ein langsamer Satz folgt auf einen schnellen), sondern nach dem Prinzip der Ähnlichkeit in Charakter und kompositionstechnischer Problemstellung. Beieinander stehen Stücke mit ähnlichem thematischen Material (die Contrapuncti 6 und 7, die recto- und inverso-Versionen der Contrapuncti 12 und 13 und – im Autograph – die Contrapuncti 8 und 11) und ähnlicher kompositionstechnischer Problemstellung (die einfachen Contrapuncti 1–4, die Spiegelfugen 5–7, die Contrapuncti mit mehreren Themen 8–11 – wozu eigentlich auch Contrapunctus 14 gehören würde –, die als ganze gespiegelten Contrapuncti 12 und 13 sowie die Kanons).
Originalbesetzung
Weder im Bachschen Autograph noch im Erstdruck der Kunst der Fuge finden sich Angaben zur Instrumentierung des Werkes. Folglich wurde viel über die von Bach vermeintlich intendierte Instrumentalbestimmung spekuliert, starb der Komponist doch vor Abschluss der Drucklegung der Erstveröffentlichung.
Heute ist die Tasteninstrument-These wissenschaftlich nicht mehr ernsthaft umstritten. So führt etwa Christoph Wolff in seiner 1987 erschienenen Klavierausgabe des Bachschen Werkes aus:
„Die tasteninstrumentale Bestimmung der Kunst der Fuge ergibt sich […] nicht nur aufgrund ihres historischen Kontextes (Partiturnotation polyphoner Tastenmusik galt seit Scheidt und Frescobaldi als Konvention), sondern insbesondere aus ihrer Faktur, die konsequent auf Manualiter-Spielbarkeit Rücksicht nimmt.“
Neben der Spielbarkeit für zwei Hände gelten heute als wesentliche Argumente für ein Cembalowerk auch stilistische Kriterien, die namentlich Gustav Leonhardt herausgearbeitet hat.[65] Den Standpunkt von Wolff und Leonhardt unterstützt auch ein neuerer Dokumentenfund, ein Subskriptionsaufruf vom 7. Mai 1751, wohl von Carl Philipp Emanuel Bach verfasst. Dieser führt zu Notation und Spielbestimmung des väterlichen Werkes folgendes aus:
„Da darinnen alle Stimmen durchgehends singen, und die eine mit so vieler Stärcke, als die andere ausgearbeitet ist: So ist iede Stimme besonders auf ihr eigenes Systema gebracht, und mit ihrem gehörigen Schlüssel in der Partitur versehen worden. Was man aber für besondere Einsichten in die Setz-Kunst, so wohl in Ansehung der Harmonie, als Melodie, durch Anschauung guter Partituren erlange, bezeigen dieienigen mit ihrem Exempel, die sich darinn hervorzuthun das Glück gehabt haben. Es ist aber dennoch alles zu gleicher Zeit zum Gebrauch des Claviers und der Orgel ausdrücklich eingerichtet.“
Rezeptionsgeschichte
Die Kunst der Fuge wurde zu einem Zeitpunkt veröffentlicht, als die streng kontrapunktischen Kompositionsformen mit Aufkommen der „empfindsamen Musik“ der Vorklassik allmählich als „alter Zopf“ empfunden wurden. Man bewunderte diese Form der Komposition zwar noch und empfahl sie dem angehenden Komponisten wärmstens zum Studium. Einen darüber hinausgehenden musikalischen Wert begann man aber immer mehr in Zweifel zu ziehen. Dies musste natürlich die Kunst der Fuge stärker treffen als andere, mehr „weltliche“ Werke Bachs wie die Brandenburgischen Konzerte oder die Violinkonzerte. So schrieb sogar im Vorwort des Erstdrucks des Werkes der Musiktheoretiker Friedrich Wilhelm Marpurg, dass das Werk zwar aufs Trefflichste die Regeln der Fuge vermittle und es jedem angehenden Komponisten geraten sei, sich mit Fugen und Kontrapunkten vertraut zu machen; andererseits aber die Fuge heutzutage eine „Geburt des aberwitzigen Altertums“ sei, die aus der Kammermusik ganz ihren Abschied genommen habe, und der Kontrapunkt „den zärtlichen Ohren unserer itzigen Zeit barbarisch klinget“. Vom Erstdruck wurden nach Angaben des Sohnes Carl Philipp Emanuel Bach in den ersten fünf Jahren nur dreißig Stück verkauft, was nicht einmal die Kosten für den Druck deckte. Der Bach-Biograph Forkel schrieb im Jahre 1802 dazu:
„Aber diese Bachische Kunst der Fuge war doch für die große Welt zu hoch; sie mußte sich in die kleine, mit sehr wenigen Kennern bevölkerte, Welt zurückziehen. […] Wäre ein Werk dieser Art außerhalb Deutschland von einem so außerordentlich berühmten Mann, wie Bach, zum Vorschein gekommen, und noch außerdem durch einen Schriftsteller, der in diesem Fache öffentlichen Glauben hatte, als etwas Außerordentliches empfohlen worden, so würden aus bloßem Patriotismus vielleicht 10 Prachtausgaben davon vergriffen worden seyn.“
Mattheson kommentierte die Erstausgabe des Werkes wie folgt:
„Joh. Sebast. Bachs so genannte Kunst der Fuge, ein praktisches und prächtiges Werk von 70 Kupfern in Folio, wird alle französische und welsche Fugenmacher dereinst in Erstaunen setzen; dafern sie es nur recht einsehen und wohl verstehen, will nicht sagen, spielen können. Wie wäre es denn, wenn ein jeder Aus- und Einländer an diese Seltenheit seinen Louisd'or wagte? Deutschland ist und bleibet doch ganz gewiß das wahre Orgel- und Fugenland.“
Diese verhaltene Aufnahme des Werks änderte sich im 19. Jahrhundert im Zuge der Wiederentdeckung des bachschen Werkes langsam. In der von Mozart stammenden Bearbeitung bachscher Fugen für Streichtrio (KV 404a) befindet sich auch der Contrapunctus VIII. In den Jahren 1801 und 1802 wurden zwei Partiturausgaben, eine davon mit einer Klavierumschrift aus zwei Systemen, in Paris und Zürich veröffentlicht. Die Orchesterschule der Sing-Akademie zu Berlin studierte 1813 und 1815 das Werk ein, ohne dass es jedoch zu einer öffentlichen Aufführung kam. 1838 erschien das Werk beim C. F. Peters Musikverlag in einer auf zwei Systemen notierten Ausgabe von Carl Czerny, der Fingersatz sowie Vortrags- und Tempobezeichnungen nach eigenen Vorstellungen hinzufügte. Bis 1874 wurden davon 20.000 Exemplare verkauft. 1868 entstand eine Ausgabe für Orgel, und 1875 eine Partiturausgabe in Originalschlüsseln. Komponisten wie Beethoven, Schumann, Bruckner und Brahms besaßen Druckversionen oder Handschriften. Außerdem entstanden nun auch theoretische Arbeiten zum Werk, wie die von Moritz Hauptmann (1841), James Higgs (1877), Hugo Riemann (1894). Dennoch gehörte die Kunst der Fuge nie zu den populärsten Werken Bachs. Albert Schweitzer, dessen Bach-Monographie von 1905 großen Einfluss auf das Bach-Bild der Zeit ausübte, widmete der Kunst der Fuge nur wenige Seiten und beschrieb ihr Hauptthema mit einer Mischung aus Faszination und merklicher Distanz wie folgt:
„Interessant kann man es [das Thema] eigentlich nicht nennen; es ist nicht einer genialen Intuition entsprungen, sondern mehr in Hinsicht auf seine allseitige Verwendbarkeit und in Absicht auf die Umkehrung so geformt worden. Und dennoch fesselt es denjenigen, der es immer wieder hört. Es ist eine stille, ernste Welt, die es erschließt. Öd und starr, ohne Farbe, ohne Licht, ohne Bewegung liegt sie da; sie erfreut und zerstreut nicht; und dennoch kommt man nicht von ihr los.“
Alban Berg hingegen schrieb nach einer Aufführung in Zürich 1928 an seine Frau Helene:
„Gestern Kunst der Fuge gehört. Herrlich!! Ein Werk, das bisher für Mathematik gehalten wurde. Tiefste Musik!“
Der Pianist Glenn Gould, der angab, dass keine Musik ihn mehr bewegt hätte als die Schlussfuge,[70] konstatierte, dass sich Bach, der sich im Laufe seines Lebens immer weiter aus dem Erwartungskreis seiner musikalischen Umwelt heraus bewegt habe, mit dieser Komposition bewusst von der Musik seiner Zeit abgewandt habe. Bach habe zum Teil einen harmonischen Stil verwendet (z. B. in der unvollendeten Fuge), der eher dem flämisch-deutschen hymnischen Choral des 17. Jahrhunderts, mindestens 100 Jahre vor Bachs Zeit entspräche. Auf der anderen Seite bewunderte Gould die harmonische Kühnheit in der kontrapunktischen Ausführung, die phasenweise an Wagner und darüber hinaus sogar an die Atonalität eines frühen Schönberg, mehr als 150 Jahre später erinnere.[71]
Bearbeitungen
Die Kunst der Fuge galt bis in die ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts unangefochten als Klavierwerk, wenngleich als ein solches, das nicht eigentlich zur Aufführung, sondern vielmehr zum Studium bestimmt war. Das Werk habe „zunächst eine andere Tendenz als die blos ästhetische“, vermerkte Moritz Hauptmann 1841 einleitend in seinen Erläuterungen; es wolle „hauptsächlich ein belehrendes sein.“ Und sein Schüler Salomon Jadassohn stellte 1898 in seinen Erläuterungen der in Joh. Seb. Bachs Kunst der Fuge enthaltenen Fugen und Canons beiläufig fest: „Dass das ganze Werk für eine praktische Ausführung nicht gedacht ist, liegt auf der Hand.“
Den Bann gebrochen zu haben, der die Kunst der Fuge vom öffentlichen Musikleben fernhielt, ist das bleibende Verdienst Wolfgang Graesers.[72] Seine Bearbeitung des Werks für großes Orchester, Orgel und Cembalo, uraufgeführt unter der Leitung des Thomaskantors Karl Straube am 26. Juni 1927 in der Thomaskirche in Leipzig, hat die Diskussion über die Instrumentalbestimmung der Kunst der Fuge erheblich beeinflusst. Ausführlich im Bach-Jahrbuch von 1924 begründet[73], ging diese Bearbeitung 1932 als Supplementband in die schon abgeschlossene Bach-Gesamtausgabe ein. Roswitha Schlötterer-Traimer bemerkt in ihrer Studie zur Kunst der Fuge hierzu:
„Damit war zum ersten Mal das Problem der Instrumentierung der Kunst der Fuge aufgetaucht. Graeser schlug in seiner Ausgabe Streichorchester und Solostreichquartett, Holz- und Blechbläser sowie Cembalo und Orgel vor, die die einzelnen Contrapuncte jeweils in verschiedenen Besetzungen ausführen sollte. […] Nach dem Abbrechen der fragmentarischen Quadrupelfuge wurde der Choral gespielt. Die Reaktion aus den Fachkreisen war zum großen Teil begeistert, zum Teil aber auch recht kritisch.“
Die Bearbeitung von Wolfgang Graeser ist zum Beispiel auf der Aufnahme von Karl Münchinger mit dem Stuttgarter Kammerorchester von 1965 zu hören.[75]
Bis heute wird immer wieder mit den verschiedensten Besetzungen für fast jede denkbare Instrumentalgruppe experimentiert, von denen aber keine den historischen Gepflogenheiten entspricht.
Weitere Adaptionen
- Wolfgang Amadeus Mozart hat um 1782 in seinen 6 Adagios und Fugen KV404a einen Contrapunctus für Streichtrio transkribiert.
- Ludwig van Beethoven schrieb sich mehrere Takte aus dem Contrapunctus IV ab. Schleuning[76] hält die Klaviersonate B-Dur op.106 „Hammerklaviersonate“ insgesamt für eine Reflexion auf die Kunst der Fuge.
- Wilhelm Middelschulte verwob in seiner Kanonischen Fantasie über BACH und Fuge über 4 Themen von Johann Sebastian Bach (1906) das dritte Thema aus dem Contrapunctus XIV mit der Toccata und Fuge d-Moll, dem Confiteor aus der h-Moll-Messe und dem Thema regium aus dem Musikalischen Opfer zu einer Quadrupelfuge.
- Ferruccio Busoni hat in seiner Fantasia contrappuntistica (1910 für Klavier zu zwei Händen, 1921 stark erweitert für zwei Klaviere) die Themen der Quadrupelfuge frei verarbeitet.
- Ernst Krenek hat in seinem Streichtrio Parvula Corona Musicalis op. 122 (ad honorem Johannis Sebastiani Bach composite secundum methodum duodecim tonorum per Ernestum Krenek anno Domini MCML) von 1950 in dem Satz Invocationes Bachs Thema mit Zitaten aus Beethovens opp. 131–133 und Wagners Tristan kombiniert.
- Der Komponist und Organist Gerd Zacher hat in seinem Orgelstück Die Kunst einer Fuge (sic!) von 1968 den Contrapunctus I in 10 Interpretationen bearbeitet, ohne eine einzige Note zu verändern. Er hat Charakteristika anderer Komponisten aufgegriffen und durch Widmungen kenntlich gemacht: 1. Quatuor für Johann Sebastian Bach; 2. Crescendo für Robert Schumann; 3. Alt-Rhapsodie für Johannes Brahms; Harmonies für György Ligeti; Timbre – durées für Olivier Messiaen; Interferenser für Bengt Hambraeus; Improvisation ajoutée für Mauricio Kagel; Density 1, 2, 3, 4 für Edgard Varèse; Sons brisés für Juan Allende-Blin; No (-) für Dieter Schnebel.
- Rolf Riehm hat in seinem Orchesterstück Double Distant Counterpoint von 1994 den Contrapunctus XI verarbeitet.
- Maria Scharwieß hat 2005 (gemeinsam mit dem Original spielbare) Parallelfugen veröffentlicht.
- Harry van der Kamp hat den Contrapunctus XIX mit dem Text „Ein selig Ende mir bescher’“ aus der 15. Strophe des Chorals Vor deinen Thron tret ich hiermit unterlegt und 2005 mit dem Gesualdo Consort Amsterdam aufgenommen.
Diskografie
Zwischen 1935 und 1979 erschienen sechzig Schallplatten-Aufnahmen, die eine Reichhaltigkeit der klanglichen Interpretation bieten, wie sie bei keiner anderen Komposition vorkommt. Diese Vielfalt betrifft sämtliche Aspekte der musikalischen Realisierung, angefangen bei Detailfragen wie Artikulation und Phrasierung bis hin zu Instrumentation, Reihung und Tempo.[77] Seit der Einführung der Compact Disc hat diese Vielfalt an Aufnahmen eine unübersehbare Dimension angenommen. Die ersten Aufnahmen des Werkes entstanden durch das Roth String Quartet (Columbia[US], aufgenommen 1934),[77] Hermann Diener und sein Collegium Musicum (Electrola, 1935),[77] den Organisten Edward Power Biggs (Victor, 1940)[77] und den Organisten Fritz Heitmann (Telefunken, 1950)[77] sowie Richard und Wesley Buhlig am Klavier.
Wichtige Orchestereinspielungen der folgenden drei Jahrzehnte stammen von Hermann Scherchen (1949, 1965), Ars Rediviva unter Milan Munclinger (1965, 1979), Kurt Redel (1958), Karl Münchinger (1965), Karl Ristenpart (1966), Helmut Winschermann (1974), George Malcolm (1965) sowie der Academy of St. Martin in the Fields unter Neville Marriner (1974). Unter den unzähligen Aufnahmen neuerer Zeit seien die von Hans Zender (1985), Reinhard Goebel und der Musica Antiqua Köln (1984), Erich Bergel (1991), Max Pommer und dem Neuen Bachischen Collegium Musicum Leipzig (1983) sowie die dynamisch expressive Einspielung von Rinaldo Alessandrini (1988) hervorgehoben. Die Besetzungsstärke ist dabei nicht einheitlich, und es werden zum Teil auch Cembalo und Klavier hinzugezogen. Hesperion XX verwendet gar Bläser (Zinken und Posaunen) in seiner Einspielung (2001). Vittorio und Vincenzo Ghielmi (Il Suonar parlante) realisieren 2008 eine Aufnahme mit Cembalo, Hammerklavier und Gamben (mit Vollendung der letzten Fuge und abschließendem Choral).
In wechselnder Besetzung existieren auch kammermusikalische Einspielungen. Die Bandbreite reicht dabei vom reinen Streichquartett, über diverse Streicherbesetzungen mit und ohne Cembali, Streichern und Holzbläsern, bis zu exotisch anmutenden Kombination (Oboe, Akkordeon und Fagott). Eine frühe Aufnahme (1962) stammt vom Collegium Aureum (4 Streicher und 2 Cembali). In der Folgezeit wurde das Werk von Ensembles wie dem Borciani String Quartett (1985), dem Juilliard String Quartet, dem Emerson String Quartet und dem Keller-Quartett eingespielt.
An Aufnahmen an der Orgel seien die von Helmut Walcha (1956), Glenn Gould (Teileinspielung) (1962), Johannes-Ernst Köhler (1969), Marie-Claire Alain (1974), Lionel Rogg, Herbert Tachezi (1977), Wolfgang Rübsam (1992) Louis Thiry (1993), Heinrich Walther (1995), Gerd Zacher (1999), Hans Fagius (2000), Bengt Tribukait (2008) und Gerhard Weinberger (2008) genannt.
Frühe Cembalo-Aufnahmen stammen von Gustav Leonhardt (1953 und 1969), Gunnar Johansen (1952) und Isolde Ahlgrimm (1953 und 1967 auf einem Pedalcembalo), spätere von Davitt Moroney (1985), Kenneth Gilbert (1989), den Holländern Ton Koopman (1993) und Pieter Dirksen (2002), von Robert Hill (1998), sowie von Matteo Messori (2008). Fabio Bonizzoni realisiert eine Cembalo-Einspielung nach dem Manuskript P 200 stellenweise mit einer 2. Spielerin (2011).
Erste Einspielungen am Klavier stammen von Josef und Grete Dichler (1954), Charles Rosen (1967) und Glenn Gould (1967). Später haben etliche Pianisten wie Grigori Sokolow (1982), Zoltán Kocsis (1984), Evgeni Koroliov (1990), Tatjana Nikolajewa (1992), Joanna MacGregor (1995), Edward Aldwell (1996), Pi-hsien Chen (2003), Ivo Janssen (2007), Pierre-Laurent Aimard (2008), Ron Lepinat (2009), Angela Hewitt (2013), Zhu Xiao-Mei (2014) sowie Schaghajegh Nosrati (2015) das Werk aufgenommen.
Außerdem existieren Aufnahmen für Saxophonquartett (Los Angeles Saxophone Quartet 1974, Berliner Saxophon Quartett 1990, Wiener Saxophon Quartett 2001), Blechbläser (Canadian Brass 1987), Synthesizer (Yūji Takahashi 1975, Alexander Blechinger 1990) sowie klassische Gitarre (József Eötvös 2002).
Seit 2006 ist auch eine Aufnahme mit einem Hammerflügel (Fortepiano vom Mozart-Typ) verfügbar, Pianist ist Walter Riemer.
2006 führte die slowenische Band Laibach auf dem Bachfestival in Leipzig eine elektronische Bearbeitung des Werkes auf. Die Aufnahme wurde 2008 als CD bzw. Download veröffentlicht.
Das Düsseldorfer Theater der Klänge führte im Rahmen des internationalen Düsseldorfer Orgelfestivals (ido) im Jahr 2016 die Produktion Die Kunst der Tanz-Fuge auf, bei der vier Tänzer neben der Originalmusik auch zu einer Teil-elektronischen rhythmisierten Version tanzten (Bearbeitung: J.U. Lensing).[78]
Ausgaben
- Bach, Johann Sebastian: Die Kunst der Fuge. BWV 1080. Faksimile-Reihe Bachscher Werke und Schriftstücke, hrsg. vom Bach-Archiv Leipzig, Bd. 14, Leipzig 1979 (Faksimilierung von Autograph und Originaldruck 1752/Exemplar Musikbibliothek der Stadt Leipzig, Slg. Becker, mit einer Studie von Hans Gunter Hoke und einer Handschriftenbeschreibung von H.-J. Schulze). ISBN 3-7957-0200-3.
- Bach, Johann Sebastian: Die Kunst der Fuge. BWV 1080. Bd. 1: Frühere Fassung der autographen Partitur. Hrsg. v. Christoph Wolff. Erstausgabe. Frankfurt, Leipzig, New York, London: Edition Peters Nr. 8586a, 1987 (Klaviernotation)
- Bach, Johann Sebastian: Die Kunst der Fuge. BWV 1080. Bd. 2: Spätere Fassung des Originaldrucks. Hrsg. v. Christoph Wolff. Frankfurt, Leipzig, New York, London: Edition Peters Nr. 8586b, 1987 (Klaviernotation)
- Bach, Johann Sebastian: Die Kunst der Fuge für Cembalo (Klavier) BWV 1080, nach den Quellen hrsg. v. Davitt Moroney, G. Henle Verlag, München 1989.
- Bach, Johann Sebastian: Neue Ausgabe Sämtlicher Werke. Serie VIII Band 2.1. Die Kunst der Fuge. BWV 1080. Nach dem Originaldruck hrsg. von Klaus Hofmann. Bärenreiter 1995
- Bach, Johann Sebastian: Neue Ausgabe Sämtlicher Werke. Serie VIII Band 2.2. Die Kunst der Fuge. BWV 1080. Nach den autographen Quellen hrsg. von Klaus Hofmann. Bärenreiter 1995
Literatur
Chronologische Liste:
- Forkel, Johann Nikolaus: Über Johann Sebastian Bachs Leben, Kunst und Kunstwerke. Leipzig, Hoffmeister und Kühnel, 1802. Faksimile und Volltext
- Hauptmann, Moritz: Erläuterungen zu Joh. Sebastian Bach’s Kunst der Fuge, Leipzig 1841
- Nottebohm, Gustav: J. S. Bach’s letzte Fuge. Musik-Welt 1 (1880/81), Nr. 20 v. 5. März 1881, S. 232–236 und Nr. 21 v. 12. März 1881, S. 244–246, neu abgedruckt in: Thomas Daniel: Bachs unvollendete Quadrupelfuge aus „Die Kunst der Fuge“, Köln: Christoph Dohr 2010, S. 100ff.
- Rietsch, Heinrich: Zur »Kunst der Fuge« von J. S. Bach, Bach-Jahrbuch 1926, S. 1–22. doi:10.13141/bjb.v19261458
- Schwebsch, Erich: Johann Sebastian Bach und die Kunst der Fuge. Stuttgart 1931, ISBN 3-7725-0555-4, u. Freies Geistesleben, Stuttgart 1987, ISBN 978-3-7725-0555-3.
- Hoke, Hans Gunter: Studien zur Geschichte der »Kunst der Fuge« von Johann Sebastian Bach, Beiträge zur Musikwissenschaft 1962, S. 81–129
- Kolneder, Walter: Die Kunst der Fuge – Mythen des 20. Jahrhunderts. Wilhelmshaven: Heinrichshofen 1977, ISBN 3-7959-0178-2.
- Wiemer, Wolfgang: Die wiederhergestellte Ordnung in Johann Sebastian Bachs Kunst der Fuge. Wiesbaden 1977, ISBN 3-7651-0138-9.
- Elste, Martin: Bachs Kunst der Fuge auf Schallplatten. Mit einer Diskographie aller zyklischen Aufnahmen. Frankfurt am Main: Buchhändler-Vereinigung 1981, ISBN 3-7657-1061-X.
- Wolff, Christoph: Zur Chronologie und Kompositionsgeschichte von Bachs Kunst der Fuge. Beiträge zur Musikwissenschaft 25 (1983), S. 130–142
- Eggebrecht, Hans Heinrich: Bachs Kunst der Fuge – Erscheinung und Deutung. München 1984, ISBN 3-492-00667-1
- Hofstadter, Douglas R.: Gödel, Escher, Bach. Ein endloses geflochtenes Band. Stuttgart: Klett-Cotta 1985, ISBN 3-608-93037-X.
- Schleuning, Peter: Johann Sebastian Bachs „Kunst der Fuge“. Ideologien – Entstehung – Analyse. München u. a.: dtv/Bärenreiter 1993 ISBN 3-423-04585-X / ISBN 3-7618-1050-4.
- Dirksen, Pieter: Studien zur Kunst der Fuge von Johann Sebastian Bach. Wilhelmshaven: Florian Noetzel Verlag 1994, ISBN 3-7959-0658-X.
- Rechtsteiner, Hans-Jörg: „Alles geordnet mit Maß, Zahl und Gewicht. Der Idealplan von Johann Sebastian Bachs Kunst der Fuge.“ Frankfurt/M. u. a.: Peter Lang 1995 (1. Aufl.), ISBN 978-3-631-48499-9; E-Book (2008, 3. erweiterte und verbesserte Aufl., gemeinfrei) bei http://imslp.org
- Jena, Günter: Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen – Die Kunst der Fuge von Johann Sebastian Bach. Gedanken und Erfahrungen eines Interpreten, m. 2 Audio-CDs. Eschbach: Verlag am Eschbach, 2000, ISBN 3-88671-211-7.
- Stange-Elbe, Joachim: Analyse- und Interpretationsperspektiven zu Johann Sebastian Bachs 'Kunst der Fuge' mit Werkzeugen der objektorientierten Informationstechnologie. (Univ. Osnabrück, Habil.-Schr., 2000.)
- Dentler, Hans-Eberhard: Johann Sebastian Bachs "Kunst der Fuge" – Ein pythagoreisches Werk und seine Verwirklichung. Mainz, Schott 2004, ISBN 978-3795704902.
- Daniel, Thomas: Bachs unvollendete Quadrupelfuge aus „Die Kunst der Fuge“. Studie und Vervollständigung, Köln: Christoph Dohr 2010, ISBN 978-3-936655-83-4.
Weblinks
- Das Werk und seine Quellen bei Bach digital
- Digitalisierte Autographen bei Bach digital
- Literaturliste
- Alphabetisch Literaturliste (englisch)
- Die Kunst der Fuge: Noten und Audiodateien im International Music Score Library Project
- Freie Aufnahmen der Piano Society
Einzelnachweise
- Johann Nikolaus Forkel: Über Johann Sebastian Bachs Leben, Kunst und Kunstwerke. 1802
- Bach kannte nachweislich Frescobaldis Fiori musicali von 1635, vielleicht auch andere Werke.
- In Buttstetts Sammlung: Musikalische Clavier-Kunst und Vorraths-Kammer, Leipzig 1713.
- Froberger und Frescobaldi gehörten überhaupt zu Bachs Lieblingskomponisten. Siehe: Walter Kolneder: Lübbes Bach-Lexikon, Bastei Lübbe Verlag, Bergisch Gladbach 1982, S. 123–124.
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- Johann Friedrich Agricola: Nekrolog auf J. S. Bach, 1754. Abgedruckt in: C. H. Bitter: Johann Sebastian Bach, Bd. II, 1865, S. 374.
- Johann Sebastian Bachs Werke/XLVII/Supplementband. (pdf; 1,2 MB) Verlag Breitkopf und Härtel, 1926, abgerufen am 17. März 2019 (enthält Reproduktionen der originalen Titelseiten und des „Vorberichts“ von Marpurg).
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- Moroney 1989, S. 108
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- George B. Stauffer, Johann Mattheson and J. S. Bach: the Hamburg connection, in: New Mattheson Studies, Cambridge (Massachusetts), 1983, S. 353–368
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- Christoph Wolff (Hrsg.): Bach, Johann Sebastian: Die Kunst der Fuge, 1987, S. 4.
- The Art of Fugue, Bach’s last Harpsichord Work, Den Haag 1952. Die Kunst der Fuge, CD-Begleitheft, Deutsche Harmonia Mundi, GD77013, 1987/1990
- Zitiert nach: Thomas Wilhelmi: Carl Philipp Emanuel Bachs Avertissement über den Druck der »Kunst der Fuge«, Bach-Jahrbuch 1992, S. 101–105
- Johann Nikolaus Forkel: Über Johann Sebastian Bachs Leben, Kunst und Kunstwerke, Leipzig 1802, S. 53.
- Johann Mattheson: Philologisches Tresespiel, Hamburg 1752. S. 98, in: Philipp Spitta: Johann Sebastian Bach. Zweiter Band, S. 682.
- Albert Schweitzer: Johann Sebastian Bach, Leipzig 1977, Kapitel XVIII. Das Musikalische Opfer und die Kunst der Fuge. S. 379.
- Bach – Glenn Gould talks about the Art of fugue: „… There are moments in the Art of Fuge that are much more valuable than its virtuosity, I think; moments that for me absolutely surpass everything else that Bach wrote. I really can't think of any music that moved me more deeply than that last fugue […] it really is because that final fugue … has a sense of peace, a devotional quality, that even for Bach is, … is really overwhelming …“ (YouTube-Video, Gould im Gespräch mit Bruno Monsaingeon), übersetzt: „… Ich glaube, es gibt Augenblicke in der Kunst der Fuge, die viel wertvoller sind als alles Virtuose dort. Ich kenne keine andere Musik, die mich mehr bewegt hat, als diese letzte Fuge […] es kommt wirklich daher, weil diese letzte Fuge eine Atmosphäre des Friedens und eine andächtige Qualität vermittelt, die sogar für Bach … wirklich überwältigend ist …“
- Bach – Glenn Gould talks about the Art of fugue: „The interesting thing about that final fugue is, that in it he literally turns his back on every kind of music of his time […], Bach, actually, I think quite deliberately changes his harmonic style […] he reaches back at least a hundred years […] but the other side of the coin is that Bach introduces […] a degree of chromaticism that in many respects reaches out at least into the time of Wagner, at least a hundred years … it leaves the extrordinary impression of an infinitely expanding Universe …“ (YouTube-Video, Gould im Gespräch mit Bruno Monsaingeon), übersetzt: „Das Interessante an dieser letzten Fuge ist, dass Bach sich in ihr im wörtlichen Sinne von der gesamten Musik seiner Zeit abwendet […] Bach ändert, wie ich denke ganz bewusst seinen harmonischen Stil […] er greift mindestens Hundert Jahre zurück […] aber die andere Seite der Medaille ist die, dass Bach […] einen Grad von Chromatik einführt, der in vieler Hinsicht mindestens in die Zeit Wagners hinausreicht, mindestens Hundert Jahre voraus … es vermittelt den außerordentlichen Eindruck eines immer weiter expandierenden Universums …“
- Johann Sebastian Bach, Neue Ausgabe sämtlicher Werke. Serie VIII, Band 2: Die Kunst der Fuge, S. 103. Kritischer Bericht von Klaus Hofmann. Bärenreiter 1996
- Wolfgang Graeser: Bachs „Kunst der Fuge“. In: Bach-Jahrbuch. Band 21, 1924, S. 105–124, doi:10.13141/bjb.v19241436.
- Roswitha Schlötterer-Traimer: Johann Sebastian Bach – Die Kunst der Fuge, 1966, S. 11f.
- Karl Münchinger: Die Kunst der Fuge - Musikalisches Opfer. Discogs, abgerufen am 31. Mai 2021.
- Schleuning 1993, S. 238 f.
- Martin Elste: Bachs Kunst der Fuge auf Schallplatten. Mit einer Diskographie aller zyklischen Aufnahmen. Buchhändler-Vereinigung GmbH, Frankfurt am Main 1981, ISBN 3-7657-1061-X.
- Düsseldorf: Theater der Klänge tanzt Bachs 'Kunst der Fuge'. In: rp-online.de. RP ONLINE, abgerufen am 30. Dezember 2017.