Zhu Xiao-Mei
Zhu Xiao-Mei (chinesisch 朱晓玫, Pinyin Zhū Xiǎoméi; geboren 1949 in Shanghai) ist eine chinesisch-französische Pianistin.
Leben
Zhu Xiao-Mei wuchs in einer ehemaligen Mittelschichtsfamilie, die ein Klavier besaß, im kommunistischen China auf, ihre Eltern zogen 1950 nach Peking. Sie erhielt von ihrer Mutter Klavierunterricht, trat schon mit acht Jahren als Wunderkind in Konzerten und im Radio auf und besuchte das Zentrale Konservatorium Peking (中央音樂學院 / 中央音乐学院, Zhōngyāng Yīnyuè Xuéyuàn).
In der Zeit der Kulturrevolution folgte sie als Rotgardistin bereitwillig der maoistischen Umerziehung, brach ihre Ausbildung ab und denunzierte ihre „bourgeoisen“ Lehrer.[1] Dennoch wurde sie von den Roten Garden fünf Jahre lang der Umerziehung durch Arbeit in Lagern an der Grenze zur Inneren Mongolei unterworfen. Dort entdeckte sie für sich das Klavierspielen wieder. 1974 konnte sie nach Peking zurückkehren, wo sie 1976 ihr erstes Konzert gab, 1977 wurden in China die Konservatorien wieder eröffnet.
Zhu floh 1980 nach Hongkong und ging in die USA, wo sie sich zunächst als Putzfrau und Kellnerin im Bostoner Rotlichtviertel durchschlug und für die Aufenthaltsberechtigung eine Scheinehe einging. Am New England Conservatory of Music machte sie ein Diplom und wurde Lehrerin an einer Musikschule und Organistin bei Christian Science. 1985 spielte sie bei Marian Rybicki in Paris vor und beantragte die französische Staatsbürgerschaft. Seither wohnt sie in Paris.
Ihr erstes Konzert 1994 in Paris galt Bachs Goldberg-Variationen und war der Beginn einer internationalen Karriere. Neben ihren Konzertauftritten unterrichtet sie am Pariser Konservatorium (CNSMDP).
Zu ihrem Repertoire gehören Werke von Scarlatti, Haydn, Mozart, Beethoven, Schubert und Schumann. Im Zentrum ihres Schaffens steht das Klavierwerk Johann Sebastian Bachs: Das Wohltemperierte Klavier, die sechs Partiten, Die Kunst der Fuge, sowie die Goldberg-Variationen, die sie über zweihundertmal aufführte.
Zhu schrieb 2007 eine Autobiografie, die nach dem Vorbild der Goldberg-Variationen in dreißig Kapitel und eine Aria, die das Buch eröffnet und beschließt, gegliedert ist. Im vorletzten Kapitel erläutert Zhu Xiao-Mei ihre eigene Interpretation von Ludwig van Beethovens Klaviersonate Nr. 32 in c-Moll, op. 111 anhand von Laotse. André Leblanc schrieb über Zhu das illustrierte Jugendbuch Le piano rouge, das sich eng an das in der Autobiografie geschilderte Geschehen hält.[2]
Schriften
- La rivière et son secret: des camps de Mao à Jean-Sébastien Bach; le destin d’une femme d’exception. Laffont, Paris 2007, ISBN 978-2-221-10526-9.
- Von Mao zu Bach. Wie ich die Kulturrevolution überlebte. Aus dem Französischen von Anna Kamp. Antje Kunstmann, München 2009, ISBN 978-3-88897893-7.
Literatur
- André Leblanc: Le piano rouge. Illustrationen von Barroux. Le Sorbier, Paris 2008, ISBN 978-2-7320-3921-3.
Aufnahmen (Auswahl)
- CD: Bach: Die Kunst der Fuge, 2014, Accentus Music
- Vinyl (Doppel-LP): Bach: Die Kunst der Fuge, 2015, Accentus Music
- DVD: Bach: Goldberg Variations, enthält auch die Dokumentation von Michel Mollard: The Return is the Movement of Tao, 2014, Accentus Music
Weblinks
- Literatur von und über Zhu Xiao-Mei in der bibliografischen Datenbank WorldCat
- Internetseite von Zhu Xiao-Mei (englisch)
- Brigitte Preissler: Die Autobiografie der chinesischen Starpianistin Zhu Xiao-Mei. Der ideale Gatte. In: Berliner Zeitung. 23. Juli 2009, abgerufen am 28. August 2019.
- Hannes Schwenger: Der Klang der Freiheit. In: Der Tagesspiegel. 6. Juli 2009, abgerufen am 28. August 2019.
Einzelnachweise
- Sascha Lehnartz: Wie J. S. Bach eine Pianistin vor Mao rettete. In: Die Welt. 14. Mai 2009 .
- Pascale Pineau: Le piano rouge. In: Ricochet. (Rezension).