DR-Baureihe 99.73–76

Die Lokomotiven der Baureihe 99.73–76 waren Einheitslokomotiven der Deutschen Reichsbahn für die sächsischen Schmalspurbahnen. Zusammen mit der Nachfolgebauart Baureihe 99.77–79 stellen die Lokomotiven die stärksten Schmalspurlokomotiven für 750 mm-Spurweite in Deutschland dar.

Baureihe 99.73–76
Nummerierung: DR: 99 731–762
ab 1970: 99 1731–1762
ab 1992: 099 722–735
Anzahl: 32
Hersteller: Sächsische Maschinenfabrik,
Berliner Maschinenbau AG
Baujahr(e): 1928, 1929, 1933
Bauart: 1’E1’ h2t
Gattung: K 57.9
Spurweite: 750 mm
Länge über Kupplung: 10.540 mm
Höhe: 03.570 mm
Fester Radstand: 04.000 mm
Gesamtradstand: 07.600 mm
Kleinster bef. Halbmesser: 50
Leermasse: 44,3 t
Dienstmasse: 56,7 t
Reibungsmasse: 46,1 t
Höchstgeschwindigkeit: 30 km/h
Indizierte Leistung: 600 PSi, 441 kW
Anfahrzugkraft: 83,35 kN
Treibraddurchmesser: 800 mm
Laufraddurchmesser: 550 mm
Steuerungsart: Heusinger
Zylinderanzahl: 2
Zylinderdurchmesser: 450 mm
Kolbenhub: 400 mm
Kesselüberdruck: 14 bar
Anzahl der Heizrohre: 92
Anzahl der Rauchrohre: 28
Heizrohrlänge: 3500 mm
Rostfläche: 01,74 m²
Strahlungsheizfläche: 06,70 m²
Rohrheizfläche: 73,60 m²
Überhitzerfläche: 29,00 m²
Verdampfungsheizfläche: 80,30 m²
Wasservorrat: 05,80 m³
Brennstoffvorrat: 2,5 t Kohle
Lokbremse: Knorr-Druckluftbremse, ursprünglich saugluftgesteuert, mit Zusatzbremse
Zugbremse: Körting-Saugluftbremse
anfangs Heberleinbremse
heute Knorr-Druckluftbremse
Zugheizung: Dampf
Kupplungstyp: Scharfenbergkupplung

Geschichte

99 757 in Oybin, 1981

Obwohl mit der fünffach gekuppelten Baureihe 99.67–71 schon eine recht leistungsfähige Lokomotive für den Betrieb auf den Gebirgsstrecken im Erzgebirge vorhanden war, bestand auch weiterhin Bedarf an einer besonders leistungsstarken Bauart. So gelang es der neu gegründeten Reichsbahndirektion Dresden, die Beschaffung einer Einheitslokomotive für 750-mm-Spur durchzusetzen. Das Vereinheitlichungsbüro der Deutschen Lokomotiv-Vereinigung in Berlin-Tegel erarbeitete den Entwurf für die Konstruktion.

Die erste Serie von 13 Lokomotiven fertigte die Sächsische Maschinenfabrik vormals Richard Hartmann in Chemnitz. Laut Liefervereinbarung sollte die Sächsische Maschinenfabrik noch weitere Loks liefern, durch den Konkurs und die Liquidation des Unternehmens 1930 ging dieser Auftrag an die Berliner Maschinenbau AG vormals Schwartzkopff (BMAG) über. 1928 wurden sieben und 1933 noch weitere zwölf Lokomotiven von der BMAG geliefert. Die damals hochmodernen Lokomotiven entsprachen in ihrer Konstruktion den regelspurigen Einheitslokomotiven. Die Lokomotiven erfüllten die Erwartungen. Mit Vorspann war es nun möglich, auch überlange Schmalspurzüge mit bis zu 56 Achsen bergwärts zu befördern.

1945 mussten zehn Lokomotiven als Reparationsleistung an die Sowjetunion abgegeben werden. Zudem erhielten die Loks dort auch einige, bauliche Änderungen. Die hintere Laufachse wurde entfernt, und sie wurden alle auf Ölfeuerung umgebaut und mit Schlepptendern ausgerüstet. Zwischen 1975 und 1979 wurden alle Maschinen der UdSSR ausgemustert. Es waren die Loks mit den Nummern 733, 736, 737, 744, 748, 751, 752, 753, 755 und 756.

Demgegenüber stand eine enorme Zunahme der Verkehrsleistung auf den Schmalspurbahnen im Erzgebirge durch den neu aufgenommenen Uran-Bergbau der SDAG Wismut. Um dem daraus resultierenden Lokomotivmangel abzuhelfen, entstand ab 1952 eine ähnliche Nachfolgebauart beim VEB Lokomotivbau Karl Marx in Babelsberg als Baureihe 99.77–79.

Ende der 1960er Jahre mussten wegen Schäden an den Kesseln die ersten Lokomotiven ausgemustert werden. Zehn Lokomotiven erhielten neue, geschweißte Kessel und wurden auch weiterhin auf ihren Stammstrecken eingesetzt. Die 99 1760 wurde 1992 auf Ölhauptfeuerung umgebaut.

Zusammen mit der Nachfolgebauart werden diese Loks häufig von Eisenbahnfans auch als „Sächsische VII K“ bezeichnet, obwohl diese Bezeichnung falsch ist, da sie nicht mehr von den Sächsischen Staatseisenbahnen beschafft wurden.

Technische Merkmale

Die fünffach gekuppelten Lokomotiven hatten einen Barrenrahmen und verfügen über in Bisselgestellen gelagerte Laufachsen. Als Treibachse dient die fest gelagerte dritte Achse, welche anfangs geschwächte Spurkränze aufwies. Nach 1945 wurden die Spurkränze dann völlig entfernt, um die Bogenläufigkeit weiter zu verbessern. Die zweite und die fünfte Kuppelachse waren seitenverschiebbar. Der feste Achsstand betrug anfangs 3000 Millimeter, wurde dann aber später auf 4000 Millimeter verlängert. Wie für alle Einheitslokomotiven typisch, wurden die Lokomotiven 99 731 bis 99 750 mit Kolbenspeisepumpe und einen quer über der Rauchkammer eingebauten Knorr-Oberflächenvorwärmer geliefert. Die 99 751 bis 99 762 wurden dagegen mit Abdampfinjektor Bauart Friedmann geliefert, später jedoch ebenfalls auf Knorr-Vorwärmer umgebaut. Die zweite Kesselspeisevorrichtung ist eine saugende Dampfstrahlpumpe. Der Langkessel bestand aus zwei Schüssen.

Wegen der damals noch teilweise gebräuchlichen Heberleinbremse erhielten die Lokomotiven ab Werk auch die dafür erforderliche Ausrüstung mit Rollenführungen und Haspel. Die Lokomotive selbst bekam eine Knorr-Druckluftbremse, welche über die Saugluftbremse für den Wagenzug angesteuert wird. Als die ersten Lokomotiven 1928 ausgeliefert wurden, war schon geplant, die veraltete Trichterkupplung durch die Scharfenbergkupplung abzulösen. So erhielten die ersten Lokomotiven zunächst Trichterkupplungen. Diese wurden später problemlos gegen die neuen Kupplungen getauscht.

Einsatz

Anfänglich wurden die Lokomotiven vereinzelt im Wilsdruffer Netz und bis zur Ablösung durch die Baureihe 99.77–79 auf den Strecken Schönfeld-Wiesa–Thum–Meinersdorf und Wilischthal–Thum eingesetzt. Auf den neigungsreichen Strecken Hainsberg–Kipsdorf, Cranzahl–Oberwiesenthal und Zittau–Oybin/Jonsdorf wurden die leistungsstarken Maschinen zu Stammlokomotiven. Seit 2002 kommen sie auch auf der Strecke Radebeul-Ost–Radeburg zum Einsatz.

Im August 2020 waren noch 14 Lokomotiven vorhanden, die sich zu gleichen Teilen im Besitz der Sächsischen Dampfeisenbahngesellschaft (SDG) und der Sächsisch-Oberlausitzer Eisenbahngesellschaft (SOEG) befanden, davon waren sieben betriebsfähig.[1][2]

Betriebs-Nr. Bild Baujahr Hersteller Fabrik-Nr. Eigentümer Standort Anmerkung
99 731 1928 Sächsische Maschinenfabrik 4678 SOEG Zittau Betriebsbestand
99 734 1928 Sächsische Maschinenfabrik 4681 SDG Freital-Hainsberg Betriebsbestand
99 735 1928 Sächsische Maschinenfabrik 4682 SOEG Zittau Betriebsbestand
99 741 1928 Sächsische Maschinenfabrik 4691 SDG Oberwiesenthal
99 746 1929 Berliner Maschinenbau (BMAG) 9535 SDG Kurort Kipsdorf abgestellt
99 747 1929 BMAG 9536 SDG Radebeul Ost Betriebsbestand
99 749 1929 BMAG 9538 SOEG Zittau Betriebsbestand
99 750 1929 BMAG 9539 SOEG - Denkmallokomotive vor dem Trixi Park, Großschönau
99 757 1933 BMAG 10148 SOEG Zittau abgestellt
99 758 1933 BMAG 10149 SOEG Zittau Betriebsbestand
99 759 1933 BMAG 10150 SDG Leihgabe an Sächsisches Schmalspurbahnmuseum Rittersgrün
99 760 1933 BMAG 10151 SOEG Zittau Betriebsbestand
99 761 1933 BMAG 10152 SDG Radebeul Ost Betriebsbestand
99 762 1933 BMAG 10153 SDG Freital-Hainsberg Betriebsbestand

Literatur

  • Erich Preuß, Reiner Preuß: Schmalspurbahnen in Sachsen. transpress Verlag, Stuttgart 1998, ISBN 3-613-71079-X.
  • Jürgen U. Ebel, Bernd Seiler: Die Baureihe 99.73–79 – Einheitslok auf schmaler Spur. EK-Verlag, Freiburg 1994, ISBN 3-88255-119-4.
  • Wolfram Wagner, Reiner Scheffler: Die sächsische VII K. Die Geschichte der Baureihe 99.73–79. Bufe-Fachbuchverlag, Egglham 1993, ISBN 3-922138-47-0.
Commons: DR-Baureihe 99.73–76 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Fahrzeugbestand des Zittauer Netzes auf zittauer-schmalspurbahn.de
  2. Fahrzeugliste SDG Lokomotiven auf sdg-bahn.de
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