Blutige Nachrichten
Blutige Nachrichten ist eine im Original 2020 als If it bleeds erschienene Sammlung von 4 Kurzgeschichten des US-amerikanischen Autors Stephen King. Die deutsche Übersetzung erschien ebenfalls 2020.
Handlung
Der Autor hat in seinem umfangreichen Werk schon öfter diese literarische Form gewählt, wobei er nicht nur Elemente der klassischen Horrorliteratur verwendet, sondern auch über Menschen mit ihren Schwächen und Hoffnungen schreibt. Die 4 Kurzgeschichten dieses Buches enthalten dabei folgende Themen und Motive
Mr. Harrigans Telefon – Mr. Harrigan’s phone
In dieser Geschichte geht es um den am Anfang 12-jährigen Craig, welcher zusammen mit seinem Vater in Harlow, einem kleinen Ort im Nordosten der Vereinigten Staaten lebt. Craig ist mit seinem Vater in der methodistischen Kirche aktiv, wobei er auch unter anderem beim Gottesdienst vorliest. Mr. Harrigan, welcher ebenfalls Kirchenmitglied ist, fragt daraufhin an, ob er ihn nicht ab und an besuchen und für ihn aus literarischen Büchern vorlesen kann? Mr. Harrigan bewohnt im Ort ein großes Haus und gilt als ausgesprochen reich, nachdem er als erfolgreicher Unternehmer seine Firmen verkauft hatte. Craig’s Vater stimmt den Besuchen bei Mr. Harrigan zwar zu, ist aber von dem Lohn von 5 $ pro Woche und einem Rubbellos im Jahr nicht gerade begeistert. Doch als eben dieses Rubbellos einen Hauptgewinn erzielt, kann sich Craig davon den lang gehegten Wunsch eines iphones erfüllen. Auch für Mr. Harrigan besorgt er ein iPhone, dessen Nutzung dieser erst ablehnt. Nachdem er aber erfährt, wie schnell er damit an seine beliebten aktuellen Börsenkurse kommt, ist er dann doch begeistert. Kurz darauf verstirbt Mr. Harrigan plötzlich und hinterlässt Craig 100000 US-Dollar mit welchem er sein College-Studium finanzieren soll. Während der Beerdigung von Mr. Harrigan steckt Craig heimlich dem Toten dessen geliebtes iPhone in die Hosentasche. Das neue Schuljahr beginnt Craig in einer neuen Schule und wird dort von einem Mitschüler namens Kenny Yanko zu einem Aufnahmeritual gezwungen, indem er ihm die Schuhe putzen soll. Craig weigert sich und hat Glück das Yanko kurz darauf wegen noch anderer Vergehen von der Schule verwiesen wird. Im Rahmen einer Schulparty wird Craig dann jedoch von Yanko zusammengeschlagen. Eine junge und nette Lehrerin namens Ms. Hargensen findet ihn und behandelt seine Verletzungen. Craig ruft am Abend dieses Tages die Telefonnummer von Mr. Harrigans iPhone an und ist erschrocken, dass dieses noch funktioniert und der Anrufbeantworter anspringt. Er erzählt daraufhin auf das iPhone, was ihm an diesem Tag passiert ist. Ein Tag später wird man Kenny Yanko erhängt auffinden. Die Polizei geht von einem Selbstmord oder eventuell sogar missglückten Masturbationsversuch aus. Nach der Schule beginnt Craig ein Studium des Journalismus und fängt danach bei einer lokalen Zeitung als Journalist ist. Dabei erfährt er, dass die beliebte Lehrerin Ms. Hargensen bei einem Autounfall ums Leben gekommen ist. Der Unfallverursacher, Dean Whitmore, war dabei betrunken und schon durch mehrere Vergehen dieser Art aufgefallen. Da sein Vater jedoch reich und einflussreich ist, wird er nur zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Craig ruft daraufhin wieder auf Mr. Harrigans iPhone an und erzählt dem Anrufbeantworter diesen Vorfall. Daraufhin wird man Whitmore erhangen auffinden. Craig äußert daraufhin am Ende der Geschichte den Wunsch, mit leeren Taschen begraben zu werden.
Chucks Leben – The Life of Chuck
Die Geschichte beginnt damit, dass man den Lehrer Marty Anderson auf seiner Heimfahrt von der Arbeit begleitet. Diese Autofahrt führt ihn bei einem schweren Unwetter durch eine Großstadt, bei welcher er auch in einen Stau gerät. In der Wartezeit dieses Verkehrsverzögerung fällt ihm auf, dass an der großen Werbeplattform die ungewöhnliche Bezeichnung „Chuck Krantz – Danke für 39 wunderbare Jahre“ mit dem Foto eines im unbekannten Mannes steht, welcher wie ein Buchhalter aussieht. Als Marthy endlich zu Hause ankommt, erfährt er aus den Nachrichten, dass die Unwetter und Erdbeben über das ganz Land verteilt sind und Personen aus den Küstengebieten wie Kalifornien schon in das Landesinnere flüchten müssen. Aber neben dieser Katastrophenmeldung gibt es sowohl im Radio als auch im Internet die Meldung, dass man sich für 39 wunderbare Jahre bei Chuck Krantz bedankt. Im nächsten Teil der Geschichte ist der Leser dann in einem Krankenzimmer, wo Charles (Chuck) Krantz, ein 39-jähriger Buchhalter der „Midwest Trust“ Bank liegt, weil er an einem Hirntumor schwer erkrankt ist. Bei ihm sind seine Frau, sein Sohn Doug und sein Bruder Brian. Es wird berichtet, dass Chuck als 10jähriges Kind seine Eltern bei einem Autounfall verloren hat und er dann bei seinen Großeltern aufwuchs. Insbesondere seine Großmutter entdeckt dabei sein Talent zum Tanz. Im Rückblick auf sein Leben erinnert sich Chuck insbesondere an eine Geschäftsreise nach Boston, als er hier nach Feierabend in den Straßen dieser Stadt einem Straßenmusiker in Form eines Schlagzeugers begegnet. Er ist so begeistert, von dem Spiel des Schlagzeugers, dass er alle Beherrschung verliert und wie wild zu tanzen beginnt. Janice Halliday eine Zuschauerin des Straßenmusikers, welche eben per SMS über das Ende ihrer aktuellen Liebesbeziehung informiert wurde und somit deprimiert ist, wird durch Chuck angesteckt und beginnt auf seinen Tanz einzugehen. Die Zuschauer sind von den beiden Tänzern so beeindruckt, dass sich der Hut des Musikers bald mit vielen Geldscheinen füllt. Nach dem Ereignis unterhalten sich die 3 Personen noch über diesen magischen Moment und teilen die Einnahmen unter sich auf.
Blutige Nachrichten – If it bleeds
In dieser Geschichte begegnet der Leser mit der Privatdetektivin Holly Gibney, einer Person, welche schon in mehreren King Romanen eine Rolle spielte, erstmals in Mr. Mercedes aus dem Jahr 2014. Diesmal untersucht die Ermittlerin einen Paketanschlag auf eine Schule in Pittsburgh, bei welchem 17 Personen getötet werden. Dabei kommt ihr der von dem Attentat berichtende Reporter Chet Ondowsky sehr verdächtig vor. Sie vermutet, dass er ein sogenannter „Outsider“ ist, eines jener boshaften, übernatürlichen Wesen, welche immer wieder hinter gewalttätigen Anschlägen stehen. Über ihren Psychologen erfährt sie, dass ein anderer Psychologe einen Patienten hat, welcher ebenfalls die „Outsider“ erkennen kann. Holly besucht diesen Patienten Don Bell und beide sind sich einig, dass Ondowsky hinter dem Anschlag steckt. Sie beschließen, dass Holly den Reporter mit diesem Vorwurf konfrontieren soll – sie trifft sich mit ihm und Ondowsky bestätigt diesen Sachverhalt. Holly gibt vor ihn zu erpressen und verlangt die Zahlung eines Schweigegeldes in ihrem Detektivbüro. Ondowsky will natürlich die Mitwisserin Holly beseitigen, aber Holly ist darauf vorbereitet und kann den Outsider töten. Neben diesen Geschehnissen wird in der Geschichte auch wieder das schwierige Verhältnis von Holly zu ihrer Mutter thematisiert.
Ratte – Rate
In der letzten Geschichte begegnet der Leser dem Literaturdozenten Drew Larson. Sein Wunsch ist es schon lange ein Buch zu schreiben und so beschließt er ein Sabbatical von seiner Universitätstätigkeit zu nehmen und sich in ein altes, im Wald gelegenes Landeshaus für dieses Projekt zurückzuziehen. Seine Frau und Kinder sind von diesem Plan wenig begeistert, da ein früherer Versuch fast damit endete, dass Drew verrückt geworden wäre. Aber er lässt sich davon nicht abbringen und fährt in das Landhaus. Der Inhaber des kleinen Lebensmittelladens in der Nähe des Hauses erzählt ihm, dass der Mann, welcher sich in Abwesenheit der Familie um das Landhaus kümmerte, sich vor dem Haus selbst erschossen hat. Drew richtet sich im Haus ein und Anfangs kommt er auch gut mit seinem Western-Roman voran. Doch noch einiger Zeit macht sich wieder die Schreibblockade bemerkbar, außerdem wird er telefonisch von seiner Frau und auch den Inhabern des Lebensmittelladens auf einen schweren Sturm hingewiesen, welcher demnächst in dieser Gegend erwartet wird. Beide raten ihm das Projekt abzubrechen und das Landhaus zu verlassen. Doch Drew bleibt im Landhaus und setzt sich dem Sturm aus. Als dieser wütet, stürzen auch einige Bäume in der Nähe des Hauses um, so das Drew nachschauen muss, ob nicht etwas zerstört wurde. Dabei entdeckt er eine Ratte, welche völlig entkräftet und frierend vor der Tür des Hauses liegt. Drew nimmt sie mit ins Haus und lässt diese sich am Kamin aufwärmen. Als die Ratte wieder fit ist, bietet sie ihm an, dass er seinen Roman vollenden kann, wenn eine ihm wichtige Person dafür stirbt. Als klar ist, dass es sich nicht um seine Frau oder Kinder handelt, sondern wahrscheinlich um den Bereichsleiter Al Stamper seiner Universität, welcher schwer an Krebs erkrankt ist, stimmt er diesem Pakt zu. Es kommt wie prophezeit, Drew kann sein Buch schreiben, welches auch verlegt und ein Erfolg wird. Auch Al Stamper wird wieder gesund, so dass Drew schon fast seinen Pakt mit der Ratte vergessen hat. Doch dann kommt Al Stamper mit seiner Frau bei einem Autounfall ums Leben.
Veröffentlichung
Das Original erschien im Jahr 2020 bei Charles Scribner’s Sons, die deutsche Übersetzung von Bernhard Kleinschmidt im selben Jahr im Heyne Verlag.
Rezeption
Kommerzieller Erfolg
Im Heimatland des Autors konnte sich der Kurzgeschichtenband direkt nach erscheinen am 10. Mai 2020 auf Rang 2 der The New York Times Best Seller list platzieren.[1] Dies ist auch die höchste Platzierung, welche das Buch in den 9 Wochen erreichte, in welchen es auf dieser Bestsellerliste geführt war. In Deutschland konnte sich das Buch nach seinem erscheinen auch direkt auf der Spiegel-Bestsellerliste platzieren, erreichte als höchste Platzierung Rang 5 und war auch 2020 insgesamt 5 Wochen unter den Top 20 dieser Rangliste platziert.[2]
Zeitgenössische Kritik
Der Kurzgeschichtenband wurde von der Kritik allgemein gelobt, wobei Stephanie Merritt im Guardian, Hannes Stein in der Welt sowie Brian Truitt in USA Today besonders die Empathie in „Chucks Leben“ beeindruckt hat.[3][4][5] Auch die Anspielung auf die amerikanische Hochliteratur – die Ratte in ebendieser Novelle spricht wie Jonathan Franzen – wird wahrgenommen und thematisiert. Bei Bill Sheehan in der Washington Post und Christoph Schröder in der Zeit wird auch King’s wohl neue Lieblingsfigur Privatdetektivin Holly Gibney aus der Titelgeschichte hervorgehoben, wie mitfühlend ihre Ängste und Zweifel beschrieben werden – „Watching her overcome obstacles, among them her own fear, her troubled past and the disbelief of others, is one of the central pleasures of this book“[6]. Schröder findet es dabei unverständlich, dass King in Deutschland teilweise immer noch als Autor von Trivialliteratur angesehen wird.[7] Für David Steinitz in der Süddeutschen Zeitung beweist es wieder einmal, dass King das Genre der Kurzgeschichte beherrscht und hier auch gegen das Horror-Image etwas anschreiben kann.[8] Eher kritisch bewertet Sassan Niasseri das Buch im Rolling Stone, indem er es als sauber geplottete Storys, welche aber dem Gesamtwerk des Autors nichts neues beifügen, bezeichnet. Insbesondere die Titelgeschichte, ist für ihn vom Plot her zu simpel und fokussiert sich zu sehr auf die Figur Holly Gibney.[9]
Einzelnachweise
- The New York Times Best Sellers. The New York Times, 10. Mai 2020, abgerufen am 1. Mai 2021.
- Spiegel Bestseller Hardcover Belletristik. Buchreport, abgerufen am 1. Mai 2021.
- Stephanie Merritt: It it bleeds review – Stephen King in vintage form. The Guardian, 27. April 2020, abgerufen am 2. Mai 2021.
- Hannes Stein: Der wahre Horror in Zeiten von Corona. Die Welt, 5. Mai 2020, abgerufen am 2. Mai 2021.
- Brian Truitt: Stephen King masterfully explores our dreams, frailties in If it bleeds collection. USA Today, 21. April 2020, abgerufen am 2. Mai 2021.
- Bill Sheehan: ‘If it bleeds‘ reaffirms Stephen King’s mastery of short fiction. The Washington Post, 20. April 2020, abgerufen am 2. Mai 2021.
- Christoph Schröder: Holly Gibney verselbstständigt sich. Die Zeit, 12. August 2020, abgerufen am 2. Mai 2021.
- David Steinitz: Der Horror im Alltäglichen. Süddeutsche Zeitung, 12. August 2020, abgerufen am 2. Mai 2021.
- Sassan Niasseri: Reviews: Stephen King ‚If it bleeds‘. Rolling Stone, 20. November 2020, abgerufen am 2. Mai 2021.