Beienrode (Königslutter)
Beienrode ist ein südwestlich des Höhenzugs Dorm außerhalb der Kernstadt liegender Ortsteil von Königslutter am Elm im Landkreis Helmstedt in Niedersachsen. Rund 30 Kilometer östlich von Braunschweig liegt es südlich der A 2/E 30; die Ausfahrt 59 (Königslutter) ist rund 5 km entfernt. Bis zur Gemeindegebietsreform im Jahr 1974 war Beienrode eine eigenständige Gemeinde. Das Dorf hat rund 500 Einwohner (Stand: 2003).
Beienrode Stadt Königslutter am Elm | ||
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Höhe: | 97 (90–116) m | |
Einwohner: | 508 (1. Apr. 2018)[1] | |
Eingemeindung: | 1. März 1974 | |
Postleitzahl: | 38154 | |
Vorwahl: | 05353 | |
Lage von Beienrode in Niedersachsen | ||
Eingangsgebäude des Rittergutes im Jahr 1998 vor der Renovierung |
Landschaft
Beienrode ist hauptsächlich geprägt durch die Einbettung der Uhrau- und Schunterniederung. Die Schunter fließt mit einer Breite von ungefähr sechs Metern am westlichen Rand des Dorfes entlang. Im Norden trifft sie auf die Uhrau und im südwestlichen Verlauf mündet die Lutter im Naturschutzgebiet „Lutterlandbruch“, das sich südwestlich von Beienrode befindet, in die Schunter. Das 1981 ausgewiesene Naturschutzgebiet mit einer Fläche von ungefähr 85 Hektar ist ein zusammenhängendes Feuchtgebiet, welches den darin siedelnden Pflanzen- und Tierarten einen gesicherten Lebensraum bieten soll.
Zudem erhebt sich am südöstlichen Ende des Dorfes der Höhenzug Dorm mit der höchsten Erhebung, dem Fuchsberg, mit 182 m über NN. Im Vergleich zum Elm gilt der Dorm, der auch im Naturpark Elm-Lappwald liegt, als wesentlich artenreicher. Der Baum mit dem reichsten Vorkommen ist die Rotbuche. Am lichten Südwesthang des Höhenzuges mit dem am unteren Ende verlaufenden Bahndamm befinden sich Heckenwege. Bekannt ist der Dorm außerdem für den Rogenstein, der unter anderem im Wirtschaftsgebäudes des Gutes, der Kapelle, und einigen Häusern im alten Dorfkern verbaut wurde. Am südöstlichen Ende von Beienrode liegt der sogenannte Kaliberg. Durch die weitsichtbaren Salzablagerungen sagt der Volksmund, dass gutes Wetter anstehe, wenn der Berg sauber weiß glänzt.
Geschichte
Beienrode war eine Rodungssiedlung und wurde erstmals in einer Urkunde von 980 als „Bodenrod“ erwähnt. Kaiser Otto II. schenkte dem Grafen Mamecho das Landgut im altsächsischen Derlingau. Heute kann aber nicht zweifelsfrei bestätigt werden, ob das Beienrode bei Königslutter oder das Beienrode bei Flechtorf gemeint ist. Es wird nur ein Ort an der Schunter genannt, und das trifft auf beide Dörfer zu.
Der alte Teil von Beienrode, das sogenannte Unterdorf, liegt im Tal der Schunter und war ursprünglich ein Bauerndorf am über 1000 Jahre alten Rittergut Beienrode. Das sogenannte Oberdorf entstand Ende des 19. Jahrhunderts im Zusammenhang mit dem Kali-Bergbau, der in den 1920er Jahren bereits wieder eingestellt wurde.
Geschichtliche Zugehörigkeiten
Durch Kaiser Lothar von Süpplingenburg kam der Derlingau mit Beienrode an den welfischen Besitz und somit an Heinrich den Löwen. Durch den Sturz Heinrichs und die damit zusammenhängende Aufteilung des Herzogtums wechselte der Hasenwinkel, zu dem Beienrode gehörte, als Grenzland immer wieder zwischen Braunschweig und Lüneburg hin und her. Erst 1428 gelangte der Hasenwinkel dauerhaft an die Lüneburger. Ab 1814, nach den Napoleonischen Kriegen, gehörte der Hasenwinkel zum Königreich Hannover. Durch die Niederlage der Hannoveraner, die mit den Österreichern verbündet waren, kam der Hasenwinkel 1866 an die Preußen, die im Preußisch-Österreichischen Krieg gesiegt hatten.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Beienrode, wie das gesamte Land Hannover, Teil des neu gegründeten Landes Niedersachsen. Die jüngste Veränderung der politischen Zugehörigkeit war die Gebietsreform von 1974. Am 1. März 1974 wechselten Beienrode und andere Ortschaften vom Landkreis Gifhorn zum Landkreis Helmstedt. Beienrode wurde in die Stadt Königslutter am Elm eingegliedert.[2]
Geschichte ab 1411
Der Ort Beienrode wurde jahrhundertelang von der adeligen Grundherrschaft beeinflusst. Einen freien Bauernstand hatte es in begrenzten Maße erst sehr spät gegeben. Ab 1411 kam das Rittergut Beienrode in den Besitz der Familie von Veltheim, die dort für 400 Jahr sesshaft blieben. Hinterlassenschaften der von Veltheims waren die Kapelle aus dem Jahr 1433 und die Umgestaltung des ursprünglichen Rittergutes, von der nur noch die Mauer entlang der Steinumer Straße geblieben ist. Im Jahr 1753 kaufte der Berghauptmann Georg Gottfried von Bülow das Gut. Von Bülow ließ eine Branntweinbrennerei und eine Pottaschenfabrikation errichten. Zudem begradigte er die Schunter, um einen Floßverkehr zu betreiben, auf dem er die produzierten Güter bis nach Braunschweig transportieren ließ. Ab 1763 bekam Beienrode seine eigene Schule, die schließlich bis 1966 bestand, bevor großflächig kleinere Dorfschulen zusammengelegt wurden.
Von 1860 bis 1936 waren die Freiherren Knigge die letzten adeligen Besitzer des Rittergutes. Im Jahr 1952 erwarb das Flüchtlingsselbsthilfswerk Beienrode e. V. das Gut und bot dort ostpreußischen Pfarrwitwen und -waisen ein neues Zuhause. Seit Jahrzehnten wird das „Haus der helfenden Hände“ als Altersheim und Tagungsstätte genutzt. Die Ländereien sind seit 1975 verpachtet.
Beienrode lag vor der Wiedervereinigung nur wenige Kilometer von der Innerdeutschen Grenze entfernt nahe dem Grenzübergang Helmstedt und gehörte damit zum strukturschwachen sogenannten „Zonenrandgebiet“. Heute ist es mit etwas mehr als 500 Einwohnern ein ländlicher Pendlerort, der durch die Eingemeindung seine eigene Verwaltung und eine Reihe weiterer Einrichtungen verloren hat.
Kalisalzabbau
Durch den Abbau von Kalisalz ab 1900 bis 1926 erlebte Beienrode seine größte wirtschaftliche Blütezeit. Durch die Entdeckung des Kunstdüngers am Ende des 19. Jahrhunderts bekam das Kalisalz als wichtiger Bestandteil einen neuen hohen Stellenwert. Bis zum Ende des Ersten Weltkriegs waren nur Lagerstätten im Deutschen Reich bekannt und es brach ein regelrechter Boom auf das Kalisalz aus. 1892 wurde in Beienrode eine Lagerstätte gefunden und so wurde unter Leitung der Gewerkschaft Beienrode das Kalibergwerk aufgebaut. Die Einwohnerzahl Beienrodes stieg in dieser Zeit um mehr als das Doppelte an und es konnten zur Blütezeit 845 Menschen beschäftigt werden. Durch die weltweiten Entdeckungen von Kalisalz, nach dem Ersten Weltkrieg, musste unter anderem auch das Bergwerk in Beienrode schließen. Bis 1966 wurde das Bergwerk als Reserveschacht betriebsbereit gehalten, dann wurden die Fördertürme gesprengt und die nicht mit Abraum verfüllten Schächte und Stollen mit Wasser geflutet. Der größte Teil der Bergwerksanlagen ist im Laufe der Zeit abgerissen worden. Geblieben sind der alte Wasserturm auf dem Schachtgelände, das Verwaltungsgebäude, daneben das Betriebsführer-Wohnhaus und die drei Beamtenhäuser am Schachtweg, die Steigerwohnhäuser in der Bergmannstraße, die Direktorenvilla an der Hauptstraße und das ehemalige Laboratorium am Schwarzen Weg.
Zwei der Schächte, die in einem Naturschutzgebiet am Ortsrand lagen, wurden 2009 verfüllt.
Einrichtungen
Beienrode hat eine evangelische Kirchengemeinde, die traditionell eng mit dem diakonischen Altenpflegeheim „Haus der helfenden Hände“ verbunden ist. Diese Einrichtung wurde 1949 als Hilfswerk für evangelische Flüchtlinge aus Ostpreußen gegründet. Die Initiative dazu ging von dem Theologen Hans Joachim Iwand und seiner Frau Ilse Iwand aus. Das Gebäude ist ein ehemaliger Gutshof des 18. Jahrhunderts, der heute vier modern eingerichteten Wohngruppen für insgesamt 60 Bewohner Platz bietet. Es ist zugleich ein Tagungshaus für Freizeiten, Seminare, Fortbildungs- und Konzertveranstaltungen.
Nach einer gründlichen Sanierung im Jahr 2001 ist das Haus in eigener Trägerschaft einer GmbH. Mitgesellschafter sind die Evangelische Stiftung Neuerkerode und die Stiftung Maria-Stehmann-Haus in Braunschweig. In der direkten Umgebung des Hauses befindet sich ein weitläufiger alter Gutspark, der an das Naturschutzgebiet der Schunterauen und an den Höhenzug des Dorm grenzt. Im von alten Bäumen geprägten Park befindet sich das Erbbegräbnis der Knigges.[4] Im Jahr 2014 fand im Gutspark das zweite Festival der Veranstaltungsreihe „Jazz im Park“ statt, eine jährlich in einem anderen Park im Raum Braunschweig stattfindende Veranstaltung der Braunschweigischen Landschaft und der Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz.[5]
Die Schunterauen waren in den 1980er Jahren auch regelmäßig zu Pfingsten Schauplatz des „Festivals der Friedensdienste“ von Gruppen der damaligen westdeutschen Friedensbewegung. Von dort aus gingen Impulse für gemeinsame Aktionsbündnisse und grenzübergreifende Friedensinitiativen aus.
Wappen
Die Ortschaft Beienrode gehörte bis zur Eingemeindung zur Stadt Königslutter am Elm als selbstständige Gemeinde zum Landkreis Gifhorn. Deswegen sieht man im rechten oberen Teil des Wappens den blauen lüneburgischen Löwen (der Kreis Gifhorn war jahrhundertelang herzoglich-lüneburgische Landeshoheit) mit roten Herzen auf goldenem Grund. Im linken Teil des Wappens schwebt über einem goldenen Wellenbalken, der den Fluss Schunter darstellt, ein gestümmelter goldener Baumstamm mit zwei herabhängenden Lindenblättern. Der Baumstamm ist das farblich veränderte Schildbild der hier einst einflussreichen Adelsfamilie von Veltheim. Das untere rechte Feld ist dreimal blau-gold geteilt und wiederum ein abgewandelter Teil des Geschlechtswappens der Freiherren von Knigge. Am 27. Dezember 1968 beschloss der Gemeinderat das Wappen. Der Regierungspräsident des Regierungsbezirks Lüneburg genehmigte es am 11. März 1969.
Persönlichkeiten
- André Gelpke (* 1947), Fotograf
- Klaus Geyer (1940–2003), Pfarrer, 1998 wegen Totschlags an seiner Frau verurteilt
- Else von Sperber (1881–1977), Politikerin
- Johann August von Veltheim (1754–1829), deutscher Offizier in britischen Diensten
Literatur
- Wilhelm Bornstedt: Beienrode am Dorm bei Königslutter und Beienrode am Wohld bei Flechtdorf und die Urkunde Kaiser Otto II. aus dem Jahre 980. In: Braunschweigisches Jahrbuch, 61(1980), S. 117–134.
- Stadt Königslutter (Hrsg.): Chronik der Gemeinde Beienrode. Königslutter 1980.
Weblinks
Einzelnachweise
- Website der Stadt Königslutter am Elm
- Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27. 5. 1970 bis 31. 12. 1982. W. Kohlhammer, Stuttgart / Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 272.
- Die Gemeinden des Landkreises Gifhorn. verwaltungsgeschichte.de, abgerufen am 19. September 2021.
- gaerten-parks.de
- Jazz im Park 2014, abgerufen am 26. August 2018