Bannerod
Bannerod ist ein Ortsteil der Gemeinde Grebenhain im mittelhessischen Vogelsbergkreis.
Bannerod Gemeinde Grebenhain | |
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Höhe: | 415 m ü. NN |
Fläche: | 3,51 km²[1] |
Einwohner: | 117 (30. Jun. 2020)[2] |
Bevölkerungsdichte: | 33 Einwohner/km² |
Eingemeindung: | 31. Dezember 1971 |
Postleitzahl: | 36355 |
Vorwahl: | 06644 |
Geografie
Bannerod liegt auf dem Ostplateau des Hohen Vogelsberges in einer Höhe von 415 m ü. NN. Durch das Dorf fließt die Lüder, in deren Tal es sich befindet.
Geschichte
Entstanden ist Bannerod vermutlich zwischen 1000 und 1200 im Zusammenhang mit der zunehmenden Rodung und dem Landesausbau im Vogelsberggebiet während des hohen Mittelalters. Die älteste bekannte Erwähnung erfolgte im Jahr 1418 unter dem Namen „Benrode“in einem Kopiar fuldaischer Ämter.[1] Dort befindet sich ein Weistum des Gerichts Schlechtenwegen von 1418 über Fischereirechte in der Lüder.
Es gehörte zum Besitz des Klosters Fulda und gelangte als Lehen im Spätmittelalter in den Besitz der benachbarten Rittergeschlechter wie der Grafen von Schlitz und ab 1428 der Riedesel. Bis zum Ende des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation und der Mediatisierung im Jahr 1806 war Bannerod Teil des reichsfreien Ritterschaftsstaates der Riedesel und gehörte zum Gericht Schlechtenwegen.
Die Banneröder Kinder besuchten zunächst die 1540 entstandene Pfarrschule in Nieder-Moos, bevor zu Beginn des 18. Jahrhunderts eine eigene Schule eingerichtet wurde. Das noch heute erhaltene alte Schulhaus in Fachwerkbauweise wurde 1808 erbaut.
1680 wurde der Sitz des für Bannerod zuständigen riedeselischen Gerichts Schlechtenwegen nach Altenschlirf verlegt.
Nach Jahrhunderten riedeselischer Herrschaft kam Bannerod 1806 zum Großherzogtum Hessen. Bis zur Revolution von 1848 verblieben den Riedeseln jedoch als Standesherren noch die Gerichts- und Polizeihoheit sowie die Aufsicht über Kirche und Schule. 1817 wurde das Banneröder Flurbuch aufgestellt. Nach dem Inkrafttreten der neuen hessischen Gemeindeordnung 1821 wurde die überkommene riedeselische Gerichtsorganisation abgeschafft und das Gericht Altenschlirf aufgelöst. An die Stelle des bisherigen Schultheißen trat ein gewählter Bürgermeister. Die Gemeinde Bannerod bildete mit der Nachbargemeinde Vaitshain sowie ab 1887 außerdem noch mit Nösberts und Weidmoos einen Bürgermeistereiverband mit einem gemeinsamen Bürgermeister. Dieser bestand bis 1908, als alle genannten Gemeinden einen eigenen Bürgermeister erhielten.
Im 19. Jahrhundert war das Leben in Bannerod zeitweise von großer Armut geprägt, da die häusliche Leinweberei aufgrund der industriellen Konkurrenz zusammengebrochen und die Landwirtschaft vom Kleinbauerntum geprägt war. Vor allem aufgrund der Auswanderung nach Nordamerika ging die Bevölkerung nach 1850 von 195 auf 152 und damit um mehr als ein Fünftel zurück.
1911 erfolgte der Bau der Wasserleitung, 1923 der Anschluss an das Stromnetz des Überlandwerks Oberhessen. 1967 wurde ein neuer Hochbehälter erbaut und 1969 in der Gemarkung Bannerod eine Flurbereinigung durchgeführt.
Im Ersten Weltkrieg hatte Bannerod 11 Gefallene und 3 Vermisste zu beklagen. Im Zweiten Weltkrieg fielen 8 gebürtige Banneröder als Soldaten. Die nach dem Krieg nach Bannerod gekommenen Evakuierten und Heimatvertriebenen verloren zwei Angehörige als Gefallene.
Die einklassige Volksschule im Ort musste im Jahr 1966 infolge der Schulreform in Hessen zugunsten der neuen Mittelpunktschule (Oberwaldschule) in Grebenhain geschlossen werden.
Gebietsreform
Im Zuge der Gebietsreform in Hessen fusionierte die Gemeinde Bannerod mit zehn benachbarten Gemeinden freiwillig zum 31. Dezember 1971 zur neugebildeten Großgemeinde Grebenhain[3].[4] Seit dem 1. August 1972 gehört der Ort außerdem zum damals neugebildeten Vogelsbergkreis. Für die eingegliederten Gemeinden von Grebenhain wurden je ein Ortsbezirk mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung gebildet.[5]
Nach dem Inkrafttreten der Gebietsreform erfolgten 1976 der Bau des Feuerwehrhauses und 1986 der Bau einer Kläranlage.
Territorialgeschichte und Verwaltung
Die folgende Liste zeigt im Überblick die Territorien, in denen Bannerod lag, bzw. die Verwaltungseinheiten, denen es unterstand:[1][6]
- vor 1803: Heiliges Römisches Reich, Gericht Altenschlirf der Freiherren von Riedesel zu Eisenbach (Mannlehen des Fürstbistum Fulda)
- ab 1806: Rheinbund, Großherzogtum Hessen, Gericht Altenschlirf[7]
- ab 1815: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Amt Altenschlirf[8]
- ab 1821: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Landratsbezirk Herbstein (Trennung zwischen Justiz (Landgericht Altenschlirf) und Verwaltung)
- ab 1825: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Landratsbezirk Lauterbach
- ab 1848: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Regierungsbezirk Alsfeld
- ab 1852: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Kreis Lauterbach
- ab 1866: Norddeutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Kreis Lauterbach
- ab 1871: Deutsches Reich, Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Kreis Lauterbach
- ab 1918: Deutsches Reich, Volksstaat Hessen, Provinz Oberhessen, Kreis Lauterbach
- ab 1945: Amerikanische Besatzungszone, Groß-Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Kreis Lauterbach
- ab 1949: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen (seit 1946), Regierungsbezirk Darmstadt, Kreis Lauterbach
- am 31. Dezember 1971 wurde Bannerod der neu gebildeten Gemeinde Grebenhain eingegliedert.
- ab 1972: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Vogelsbergkreis
- ab 1981: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen, Regierungsbezirk Gießen, Vogelsbergkreis
Materielles Recht
In Bannerod galten die Riedesel‘schen Verordnungen als Partikularrecht. Das Gemeine Recht galt nur, soweit diese Verordnungen keine Bestimmungen enthielten. Dieses Sonderrecht behielt theoretisch seine Geltung auch während der Zugehörigkeit zum Großherzogtum Hessen im 19. Jahrhundert, in der gerichtlichen Praxis wurden aber nur noch einzelne Bestimmungen angewandt. Das Partikularrecht wurde zum 1. Januar 1900 von dem einheitlich im ganzen Deutschen Reich geltenden Bürgerlichen Gesetzbuch abgelöst.[9]
Gerichtsverfassung seit 1803
In der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt wurde mit Ausführungsverordnung vom 9. Dezember 1803 das Gerichtswesen neu organisiert. Für die Provinz Oberhessen wurde das Hofgericht Gießen als Gericht der zweiten Instanz eingerichtet. Die Rechtsprechung der ersten Instanz wurde durch die Ämter bzw. Standesherren vorgenommen und somit war für Bannerod ab 1806 das „Riedeselsche Patrimonialgericht Altenschlirf“ zuständig. Das Hofgericht war für normale bürgerliche Streitsachen Gericht der zweiten Instanz, für standesherrliche Familienrechtssachen und Kriminalfälle die erste Instanz. Übergeordnet war das Oberappellationsgericht Darmstadt.
Mit der Gründung des Großherzogtums Hessen 1806 wurde diese Funktion beibehalten, während die Aufgaben der ersten Instanz 1821 im Rahmen der Trennung von Rechtsprechung und Verwaltung auf die neu geschaffenen Landgerichte übergingen. „Landgericht Altenschlirf“ war daher von 1821 bis 1853 die Bezeichnung für das erstinstanzliche Gericht in Altenschlierf, das für Bannerod zuständig war. Im Jahr 1853 erfolgte die Verlegung des Landgerichts nach Herbstein.
Anlässlich der Einführung des Gerichtsverfassungsgesetzes mit Wirkung vom 1. Oktober 1879, infolgedessen die bisherigen großherzoglich hessischen Landgerichte durch Amtsgerichte an gleicher Stelle ersetzt wurden, während die neu geschaffenen Landgerichte nun als Obergerichte fungierten, kam es zur Umbenennung in Amtsgericht Herbstein und Zuteilung zum Bezirk des Landgerichts Gießen.[10] Ab 1943 wurde das Amtsgericht Herbstein nur noch als Zweigstelle des Amtsgerichts Lauterbach betreiben bevor es 1968 endgültig aufgelöst wurde und in dem Amtsgerichtsbereich von Lauterbach zugeschlagen wurde. In der Bundesrepublik Deutschland sind die übergeordneten Instanzen das Landgericht Marburg, das Oberlandesgericht Frankfurt am Main sowie der Bundesgerichtshof als letzte Instanz.
Einwohnerentwicklung
- 1961: 156 evangelische (= 100,00 %) Einwohner[1]
Bannerod: Einwohnerzahlen von 1834 bis 2020 | ||||
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Jahr | Einwohner | |||
1834 | 190 | |||
1840 | 180 | |||
1846 | 169 | |||
1852 | 152 | |||
1858 | 186 | |||
1864 | 204 | |||
1871 | 172 | |||
1875 | 171 | |||
1885 | 165 | |||
1895 | 195 | |||
1905 | 199 | |||
1910 | 178 | |||
1925 | 176 | |||
1939 | 174 | |||
1946 | 236 | |||
1950 | 211 | |||
1956 | 164 | |||
1961 | 156 | |||
1967 | 161 | |||
1970 | 166 | |||
1980 | ? | |||
1990 | ? | |||
2000 | ? | |||
2011 | 120 | |||
2015 | 119 | |||
2020 | 117 | |||
Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: Die Bevölkerung der Gemeinden 1834 bis 1967. Wiesbaden: Hessisches Statistisches Landesamt, 1968. Weitere Quellen: [1]; Gemeinde Grebenhain: webarchiv; Zensus 2011[11] |
Religion
Ursprünglich gehörte Bannerod zu dem 1011 gegründeten Kirchspiel Crainfeld. 1524 wurden die im Gebiet der Riedesel zu Eisenbach gelegenen Dörfer im Mooser Grund von der auf hessischem Gebiet stehenden Mutterkirche in Crainfeld abgetrennt und ein eigenständiges Kirchspiel Nieder-Moos gebildet. Zu ihm gehört Bannerod bis heute. 1528 führten die Riedesel im Kirchspiel Nieder-Moos die Reformation ein. Bis 1945 war Bannerod daher rein evangelisch. Eine eigene Kirche besaß das Dorf nie.
Politik
Ortsvorsteherin von Bannerod ist Anja Gärtner (Stand 2021).[2]
Kultur und Sehenswürdigkeiten
Vereine
In Bannerod existieren folgende Vereine (Gründungsjahre in Klammern):
- Obst- und Gartenbauverein Bannerod (1897)
- Freiwillige Feuerwehr Bannerod (1934)
- Club 13 Bannerod (1981)
Baudenkmäler
Wie nahezu alle Vogelsbergdörfer bis in die Zeit des Wirtschaftswunders war Bannerod ausschließlich durch Fachwerk-Bauernhäuser in der Form des regionaltypischen Vogelsberger Einhauses geprägt. Diese wurden jedoch seither größtenteils modern überformt oder durch Neubauten ersetzt.
Hervorzuheben ist das wahrscheinlich um 1700 erbaute Fachwerkhaus Lüdertalstraße 1. Ebenfalls ein Fachwerkbau ist die 1808 erbaute ehemalige Dorfschule, deren Glockenturm jedoch nach Ende des Schulbetriebs entfernt wurde.
Wirtschaft und Infrastruktur
Wirtschaftsstruktur
Noch bis zum Zweiten Weltkrieg war Bannerod, wie die meisten anderen Vogelsbergdörfer, ein vorwiegend von der Landwirtschaft und vom Handwerk geprägtes Dorf. Noch im Jahr 1959 gliederte sich die wirtschaftliche Struktur der Ortsbevölkerung zu 85 % in den Bereich Land- und Forstwirtschaft, zu 10,8 % in den Bereich Industrie und Handwerk und zu 4,2 % in den Bereich Handel und Verkehr. Bis 1849 hatte Bannerod eine Gemeindewirtschaft. Erst danach war der Betrieb privater Gastwirtschaften gestattet. Noch in den 1970er Jahren hatte Bannerod zwei Gasthäuser. Seit den 1950er-Jahren wandelte sich Bannerod zunehmend zu einem fast reinen Arbeitspendler-Wohnort. Im Zuge eines extremen Strukturwandels in der Landwirtschaft gaben nach und nach fast alle landwirtschaftlichen Betriebe auf. Die Ortseinwohner pendeln heute zu Arbeitsplätzen in Grebenhain oder benachbarten Gemeinden, zum Teil bis ins Rhein-Main-Gebiet.
Verkehr
Bannerod besaß niemals einen Bahnanschluss und liegt auch an keiner überregionalen Fernstraße. Über die Kreisstraßen 90 und 91 besteht Verbindung zur Bundesstraße 275.
Literatur
- Karl-Heinz Winter: Dorfchronik von Bannerod, Bannerod 1990
Weblinks
- Ortsteil Bannerod. In: Webauftritt. Gemeinde Grebenhain
- Bannerod, Vogelsbergkreis. Historisches Ortslexikon für Hessen. In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
Einzelnachweise
- Bannerod, Vogelsbergkreis. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 17. April 2018). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
- Einwohner HWS. In: Webauftritt. Gemeinde Grebenhain, abgerufen im November 2020.
- Gemeindegebietsreform Hessen; Zusammenschlüsse und Eingliederung von Gemeinden vom 29. Dezember 1971. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1972 Nr. 3, S. 89, Punkt 94, Abs. 30 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 6,0 MB]).
- Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart/Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 368.
- Hauptsatzung. (PDF; 2 MB) § 5. In: Webauftritt. Gemeinde Grebenhain, abgerufen im November 2020.
- Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation. In: treemagic.org. 2006 .
- Wilhelm von der Nahmer: Handbuch des Rheinischen Particular-Rechts: Entwickelung der Territorial- und Verfassungsverhältnisse der deutschen Staaten an beiden Ufern des Rheins : vom ersten Beginnen der französischen Revolution bis in die neueste Zeit. Band 3. Sauerländer, Frankfurt am Main 1832, OCLC 165696316, S. 23 (Online bei google books).
- Neuste Länder und Völkerkunde. Ein geographisches Lesebuch für alle Stände. Kur-Hessen, Hessen-Darmstadt und die freien Städte. Band 22. Weimar 1821, S. 411 (online bei Google Books).
- Arthur Benno Schmidt: Die geschichtlichen Grundlagen des bürgerlichen Rechts im Großherzogtum Hessen. Curt von Münchow, Giessen 1893, S. 29, Anm. 92 und S. 103, Anm. 14.
- Verordnung zur Ausführung des Deutschen Gerichtsverfassungsgesetzes und des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetze vom 14. Mai 1879. In: Großherzog von Hessen und bei Rhein (Hrsg.): Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt. 1879 Nr. 15, S. 197–211 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 17,8 MB]).
- Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1,9 MB) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt