Balje
Balje [ˈbaljə] ist eine Gemeinde im niedersächsischen Landkreis Stade und seit 1971 ein Teil der Samtgemeinde Nordkehdingen.
Wappen | Deutschlandkarte | |
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Basisdaten | ||
Bundesland: | Niedersachsen | |
Landkreis: | Stade | |
Samtgemeinde: | Nordkehdingen | |
Höhe: | 2 m ü. NHN | |
Fläche: | 58,09 km2 | |
Einwohner: | 943 (31. Dez. 2020)[1] | |
Bevölkerungsdichte: | 16 Einwohner je km2 | |
Postleitzahl: | 21730 | |
Vorwahlen: | 04752, 04753 | |
Kfz-Kennzeichen: | STD | |
Gemeindeschlüssel: | 03 3 59 004 | |
Gemeindegliederung: | 23 Ortsteile | |
Adresse der Gemeindeverwaltung: |
Bahnhofstr. 28 21730 Balje | |
Website: | ||
Bürgermeister: | Hermann Bösch (CDU) | |
Lage der Gemeinde Balje im Landkreis Stade | ||
Geografie
Balje befindet sich im Land Kehdingen an der Deutschen Fährstraße, zwischen Oste und Elbe – die Stadt Brunsbüttel befindet sich am gegenüberliegenden Elbufer. Die Landschaft ist geprägt durch den Elbdeich, der in die Abschnitte Hörner Außendeich (direkt an der Oste-Mündung) und Baljer Außendeich untergliedert ist, östlich schließen sich der Wechtern-Außendeich und der Stellenfleth-Außendeich an.
Durch das Ortsgebiet führt die Landesstraße 111, die Freiburg/Elbe mit Neuhaus (Oste) verbindet.
Das Kehdinger Land ist Moor- und Marsch-Gebiet und liegt zum Teil unter dem Meeresspiegel. Das Kulturland war daher früher regelmäßig überflutet. Erst umfassende Eindeichungen konnten das Gebiet am Südufer der Unterelbe dauerhaft gegen Sturmfluten sichern.
Da Balje bis heute weitgehend landwirtschaftlich geprägt ist, nehmen Ackerland, Marschwiesen und Obsthöfe einen großen Teil der Gemarkung ein. Die Ortsteile ziehen sich entsprechend an den Straßen entlang, die das Gebiet durchziehen. Wald ist im Ort kaum vorhanden.
Balje grenzt im Westen an Neuhaus (Oste) und Belum, im Süden an Geversdorf und im Osten an Oederquart und Krummendeich.
Neben dem eigentlichen Ort Balje gehören zur Gemeinde folgende Ortschaften:
- Elbdeich
- Hörne
- Neuenhof
- Altenwisch
- Kukenbüttel
- Mühlenwisch
- Wisch
- Feldhof
- Faulenhofe
- Außendeich
- Wehlken
- Baljerdorf
- Rittershausen
- Süderdeich-West
- Süderdeich-Ost
- Rosenkranz
- Hünkenbüttel
- Eggerkamp
- Breitendeich
- Wetterdeich
- Vogelschutzgebiet Hullen
- Eierdorf
Geschichte
Das Wort Balje oder Balge bedeutet (schiffbare) Wasserrinne im Watt. Es steht für niederdeutsch balge „niedriger, sumpfiger Ort, Wasserlauf“, balje, balge „Graben oder Aushöhlung, darin noch etwas Wasser übrig bleibt, wenn gleich das andere abgelaufen“, niederdeutsch balge „Flußrinne, Arm eines größeren Flusses, tiefe Rinne zwischen Sandbänken an der Küste“, mittelniederdeutsch balge, ballige „Vertiefung im Watt, die auch bei der Ebbe voll Wasser bleibt“.[2]
Das Kehdinger Land stellte ursprünglich eine Insellandschaft der Niederelbe dar, die erst um die Zeitenwende allmählich verschlickte, wobei sich drei größere Inseln herausbildeten: die Baljer Insel, die Insel Wechten und die Hamelwördener Insel. Plinius, der mit einer römischen Flotte bis zur Elbe gelangte, berichtet, die Uferanier lebten überwiegend vom Fischfang, wobei Netze aus Schilf und Sumpfbinsen gedreht wurden.
Unter den Karolingern hat vermutlich in Hamelwörden, also etwas östlich des heutigen Balje, eine Zollstation existiert. Als Schifffahrtsweg diente allerdings nicht allein die Elbe selbst, sondern auch deren zahlreiche Seitenpriele, zumal die Landwege oft schlecht passierbar waren und Brücken, Stege und (später) Schleusen dafür sorgten, dass auch auf den Wasserwegen des Marschlandes Schiffsverkehr möglich war. Im Verlauf des Mittelalters bildete sich auf der ursprünglich nur aus Schlick bestehenden amphibischen Landschaft eine typische Ufervegetation, sodass das Gebiet als Wiesen nutzbar wurde, während es sich bei dem Moor um für die menschliche Nutzung eher ungeeignetes Hochmoor handelte.
Eine stärkere Besiedelung der Moore erfolgte erst nach Ende des Dreißigjährigen Krieges, als vor allem mittellose Tagelöhner das Gebiet als Siedlungsgebiet entdeckten, wobei sie in der Regel Land von den Marschbauern zugewiesen bekamen. Neben der landwirtschaftlichen Nutzung wurde der Abbau von Schwarztorf betrieben, der zur Produktion von Ziegeln benötigt wurde; die arbeitsintensive Gewinnung überstand allerdings die Industrialisierung nicht, da nunmehr kostengünstigere Konkurrenzprodukte aus anderen Gegenden zur Verfügung standen.
Kirchlich unterstand die Gemeinde mit ihrer alten Kirche, die später niederbrannte, dem Bistum Bremen, dessen Landesherrschaft (Erzstift Bremen) es auch politisch unterstand. Wie andere Bauernschaften an der Nordsee auch, genossen allerdings auch die Kehdinger Bauern immer ein gewisses Maß an Autonomie. So wurden die Grafen und Hauptleute, die das Land im Namen des Bischofs verwalteten, vom Volk gewählt, und als Appellationsgericht diente das Landgericht in Stade. 1648 kam das Gebiet mit dem Westfälischen Frieden an Schweden. 1719 fiel es an das Kurfürstentum Hannover, mit dem es 1866 preußisch wurde. Im Zweiten Weltkrieg beherbergte Balje u. a. die Stabsbatterie einer Marineflak-Abteilung zum Schutz der auf der gegenüberliegenden Elbseite bei Brunsbüttel gelegenen Kanalschleusen. Seit 1947 ist Balje Teil des Landes Niedersachsen. Ursprünglich war es eine Gemeinde im Kreis Kehdingen, der 1932 in den Landkreis Stade integriert wurde.
Einwohnerentwicklung
Jahr | 1987 | 1992 | 1997 | 2002 | 2007 | 2008 | 2009 | 2010 | 2011 |
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Einwohner | 1173 | 1221 | 1114 | 1107 | 1098 | 1068 | 1049 | 1051 | 1025 |
(jeweils zum 31. Dezember)[3]
Religion
Die Bewohner der Gemeinde Balje sind überwiegend evangelisch-lutherisch. Die Kirche befindet sich im Ortsteil Balje.
- St.-Marien-Kirche
- Gemeindehaus der ev.-luth. Kirchengemeinde
- Ortsblick am Deich
Politik
Der Rat der Gemeinde setzt sich zusammen aus
(Stand: Kommunalwahl 2016)
Bürgermeister ist Hermann Bösch (CDU)
Wappen
Das Wappen von Balje, das am 26. April 1948 verliehen wurde, zeigt in Blau über silbernem Schildfuß mit Wellenschnitt schwebend eine goldene Glocke mit Klöppel.
Das Wappen erinnert damit an eine Sage, wonach die Baljer einst bei einer Überschwemmung die Glocken der Brunsbütteler Kirche entführt haben sollen. Daraufhin sollen die Glocken bei Westwind hinübergerufen haben: "Na Brunsbüttel!" Dies soll so lange gedauert haben, bis eines Tages die Brunsbütteler bei einer Überschwemmung des Kehdinger Landes zu Hilfe kamen, die Glocke aber den Baljern überließen.
Kultur und Sehenswürdigkeiten
- Das Natureum Niederelbe ist ein Natur- und Freilichtmuseum auf einer künstlichen Halbinsel zwischen Ostesee und Oste, das dem Besuche die Küstennatur mit ihrer typischen Pflanzen- und Tierwelt präsentiert.[4]
- Die St.-Marien-Kirche wurde 1938 als Backsteinbau an der Stelle der 1936 niedergebrannten mittelalterlichen Kirche errichtet, die bereits Anfang des 14. Jahrhunderts erste Erwähnung fand.[5]
- Mittelalterliches Dorf "Op de Horn", im Ortsteil Hörne: Gutsgelände mit acht Gebäuden im mittelalterlichen Stil und einem historischen Garten.
- Der 1903 errichtete Leuchtturm Balje ging am 1. Februar 1904 in Betrieb. Der massive Klinkerbau erzeugte sein Licht zunächst mit Petroleum, dann mit Flüssiggas und schließlich seit 1962 elektrisch. Das Leuchtfeuer wurde 1980 stillgelegt, nachdem in der Nähe das Ober- und das Unterfeuer Balje in Betrieb genommen wurden.
- Das moderne, 1980 als moderner Betonturm in Betrieb genommene Oberfeuer steht in der Nähe des alten Leuchtturms und erreicht eine Höhe von 56,2 Metern.
- Das von 1964 bis 1968 errichtete Ostesperrwerk besteht aus Massivbauteilen mit ca. 20.000 Kubikmeter Beton. Die Schifffahrtsöffnung in der Mitte misst 22 Meter und kann bei Sturmflut durch stählerne Stemmtore geschlossen werden. Damit Schiffe die Brücke des Sperrwerks passieren können, ist deren mittlere Teil als Klappbrücke ausgeführt.[6]
- Das Natureum
- Alter und neuer Leuchtturm im Außendeich
- Mittelalterliches Dorf „Op de Horn“ im Ortsteil Hörne
- Ostesperrwerk
Wirtschaft und Infrastruktur
Folgende Unternehmen bestehen im Ort: Zwei Bankfilialen (Kreissparkasse, Volksbank), die Gaststätte „Armer Ritter“, das Hotel „Zwei Linden“, eine Pension, Betriebe für Yachtausrüstungen, Baggerarbeiten, Fensterbau, Holzbau, Klärtechnik, Heizung-Elektro-Sanitärbetrieb, Stahlbau, zwei Schreinereien, ein Taxibetrieb, der Superbrain Verlag & Dienstleistung, sowie eine Reihe von Obstbauern und einen Dienstleister für landwirtschaftliche Betriebe.
Die Anbindung des Ortes erfolgt über die Straße Freiburg–Geversdorf–Neuhaus, dort Anschluss an die B 73. Es besteht eine Buslinie (2025) von Stade nach Itzwörden-Geversdorf. Nächster Bahnhof ist Cadenberge an der Strecke Cuxhaven-Hamburg.
Die Nordstrecke der schmalspurigen Kehdinger Kreisbahn, welche Balje mit Freiburg/Elbe und Itzwörden verband, wurde bereits 1933 stillgelegt und bis 1935 vollständig demontiert.
Sohn Baljes
Hermann Schlichting (1907–1982), Strömungsmechaniker in Braunschweig und Göttingen
Weblinks
Einzelnachweise
- Landesamt für Statistik Niedersachsen, LSN-Online Regionaldatenbank, Tabelle A100001G: Fortschreibung des Bevölkerungsstandes, Stand 31. Dezember 2020 (Hilfe dazu).
- Jürgen Udolph (Recherche): Der „Ortsnamenforscher“. (Nicht mehr online verfügbar.) In: Webseite NDR 1 Niedersachsen. Archiviert vom Original am 28. Dezember 2014; abgerufen am 3. August 2019.
- LSKN-Online
- Natureum Niederelbe. Abgerufen am 21. Januar 2020.
- Die Kirche St. Marien, auf organistenhaus-balje.de
- Oste-Sperrwerk auf wsa-cuxhaven.wsv.de, abgerufen am 21. Januar 2021.