Bakterienkultur
Als Bakterienkultur wird die Vermehrung von Bakterien in einer geeigneten Umgebung bezeichnet. Sie werden für wissenschaftliche, technische und diagnostische Zwecke angelegt. Von besonderer Bedeutung sind Reinkulturen, d. h. Kulturen, in denen sich nur Bakterien eines Klons befinden und andere Lebewesen nicht von außen eindringen können. Dazu ist erforderlich, dass das Kulturgefäß entweder vollständig verschlossen ist, auch gasdicht, oder dass ein Gasaustausch mit der Luft nur unter Ausschluss des Eindringens von Mikroorganismen von außen möglich ist.
Diagnostische Bakterienkultur
In der Medizinischen Mikrobiologie sollen durch Kultivierung schädliche Bakterien erkannt werden und weiteren Analysen zugänglich gemacht werden. Dazu werden Proben (zum Beispiel Stuhl, Urin, Blut, Auswurf) in ein flüssiges Kulturmedium (in einem Glasgefäß) eingebracht oder per Ausstrich auf die Oberfläche eines „festen“ Nährmediums (ein Agar-haltiges Gel, meistens in einer flachen Schale, einer Petrischale) aufgebracht und ein bis mehrere Tage bei geeigneter Temperatur, meistens bei etwa 37 °C, inkubiert (siehe auch Nährmedium). Die Bakterienkulturen werden meist im Rahmen eines spezialisierten medizinisch-diagnostischen Labors angelegt und beurteilt.
Sammlungen von Mikroorganismen
Bakterienkulturen werden dauerhaft in Sammlungen von Mikroorganismen wie der Deutschen Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen auf Vorrat gehalten. Die Aufgabe solcher Institutionen besteht in der Stammerhaltung beschriebener Bakterienstämme, der Katalogisierung der Stämme und der Bereitstellung von Untersuchungsmaterial für physiologische und biochemische Untersuchungen. Derartige Sammlungen enthalten u. a. Typusstämme, also Stämme, die typisch für eine neu beschriebene Art sind, sowie Referenzstämme für Untersuchungen, in denen das Ergebnis eines Stammes für die Qualitätskontrolle vorhersehbar sein muss (z. B. bei Empfindlichkeitsprüfungen gegenüber Antibiotika oder diagnostischen Untersuchungen).[1]
Neu beschriebene Bakterienarten sollen in mindestens zwei verschiedenen Sammlungen in verschiedenen Ländern kultiviert werden.[2] Ist die Reinkultur einer neuen Bakterienart nicht möglich, gilt sie nach den Regeln des International Code of Nomenclature of Bacteria nicht als vollständig beschrieben. Als Vorstufe zur endgültigen Beschreibung soll dem Namen der neuen Art die Bezeichnung Candidatus vorangestellt werden, bis sie kultiviert werden kann.
Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über wichtige Stammsammlungen (Sammlungen von Bakterienstämmen) in verschiedenen Ländern, die von internationaler Bedeutung sind. In wissenschaftlichen Publikationen über eine Bakterienart wird meist auf eine durch das jeweilige Institut vergebene Katalognummer verwiesen, so steht beispielsweise die Angabe Micrococcus luteus DSM 20030 für den bei der DSMZ unter der Nummer 20030 gelagerten Stamm des Bakteriums, dieser lässt sich auf den von Alexander Fleming 1929 als Micrococcus lysodeikticus bezeichneten Bakterienstamm zurückführen.
Abkürzung der Sammlung | Name | Ort |
---|---|---|
ATCC | American Type Culture Collection | USA, in Manassas, Virginia |
NCIMB (früher NCIB und NCMB) | National Collection of Industrial, Food and Marine Bacteria | Vereinigtes Königreich, in Aberdeen, Schottland |
NCTC | National Collection of Type Cultures, Central Public Health Laboratory | Vereinigtes Königreich, in London |
CNCM | Collection Nationale de Cultures de Microorganismes, Institut Pasteur | Frankreich, in Paris |
CIP | Collection de l'Institut Pasteur, Institut Pasteur | Frankreich, in Paris |
LMG | BCCM/LMG Belgian Co-ordinated Collections of Microorganismsm, Universität Gent | Belgien, in Gent |
CBS | Netherlands Culture Collection of Bacteria (NCCB), Centraalbureau voor Schimmelcultures (CBS) | Niederlande, in Utrecht |
DSM | Leibniz-Institut DSMZ – Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen | Deutschland, in Braunschweig |
CCUG | Culture Collection, Universität Göteborg | Schweden, in Göteborg |
CCM | Czech Collection of Microorganisms | Tschechische Republik, in Brno |
CGMCC | China General Microbiological Culture Collection Centre, Chinesische Akademie der Wissenschaften | Volksrepublik China, in Peking |
JCM | Japan Collection of Microorganisms, RIKEN BioResource Center | Japan, in Tsukuba (Ibaraki) |
Siehe auch
- Mikroorganismenkultur
- Kultivierung
- Nährmedium (Kulturmedium, Nährboden)
Weblinks
- Katalog der Mikroorganismen. In: Webseite des Leibniz Institut DSMZ – Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen GmbH. Abgerufen am 24. März 2013.
- Microbiology Collections. In: Website der American Type Culture Collection. Abgerufen am 30. März 2013.
- Liste von über 354.000 Bakterienkulturen. In: GOLD Genomes Online Database. Abgerufen am 11. Mai 2021.
Einzelnachweise
- Eckhard Bast: Mikrobiologische Methoden: Eine Einführung in grundlegende Arbeitstechniken. 2. Auflage. Spektrum Akademischer Verlag GmbH, Heidelberg/Berlin 2001, ISBN 978-3-8274-1072-6, S. 200–202.
- J. P. Euzéby, B. J. Tindall: Status of strains that contravene Rules 27(3) and 30 of the Bacteriological Code. Request for an opinion. In: International journal of systematic and evolutionary microbiology. Band 54, Nummer 1, Januar 2004, S. 293–301, ISSN 1466-5026. PMID 14742499.
- JCM On-line Catalogue of Strains. In: Webseite der Japan Collection of Microorganisms. Abgerufen am 30. März 2013.
- Jean Euzéby, Aidan C. Parte: Culture collections of prokaryotes (bacteria). In: List of Prokaryotic names with Standing in Nomenclature (LPSN). Abgerufen am 24. März 2014.