Bürgeln (Cölbe)
Bürgeln ist ein Ortsteil der Gemeinde Cölbe im mittelhessischen Landkreis Marburg-Biedenkopf. Er ist nach der Kerngemeinde Cölbe der zweitgrößte Ortsteil.
Bürgeln Gemeinde Cölbe | |
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Höhe: | 193 (191–225) m ü. NHN |
Fläche: | 4,81 km²[1] |
Einwohner: | 1422 (Mai 2011)[2] |
Bevölkerungsdichte: | 296 Einwohner/km² |
Eingemeindung: | 1. Juli 1974 |
Postleitzahl: | 35091 |
Vorwahl: | 06427 |
Bürgeln aus der Luft |
Geographische Lage
Bürgeln liegt östlich der Lahnberge in Oberhessen. Der Ort liegt in unmittelbarer Nähe zur Universitätsstadt Marburg und wird in Nord-Süd-Richtung vom Roten Wasser durchflossen. Östlich von Bürgeln verläuft die Bundesstraße 62. Einen Halbkreis um Bürgeln macht die Bundesstraße 3. Ab der Anschlussstelle Cölbe-Bürgeln ist die B3 Richtung Marburg autobahnähnlich ausgebaut. Bürgeln liegt an der Main-Weser-Bahn und hat daher eine sehr gute Anbindung an das Rhein-Main-Gebiet und Kassel. Die Verkehrsverbindung nach Marburg und Gießen ist durch die autobahnähnlich ausgebaute Schnellstraße, Zug und Bus sehr gut.
Geschichte
Historische Ortsnamen
In erhaltenen Urkunden wurde Bürgeln unter den folgenden Ortsnamen erwähnt (in Klammern das Jahr der Erwähnung):[1] Birgelin (1273) (Urkundenbuch Wetzlar 2, Nr. 104), Byrgele (1334), von Byrgeln (1351), von Birgeln (1369), Bürgeln (1630).
Von den Anfängen bis zur Gebietsreform in Hessen
Bekanntermaßen erstmals wird der Ort als Birgelin im Jahr 1273 mit Zubehör, neben Cölbe als zweiter Villikationsmittelpunkt der Grundherrschaft des Stifts Wetzlar urkundlich erwähnt. Bürgeln wurde 1244 an Konrad von Marburg zusammen mit dem officium villicationis in Cölbe auf Lebenszeit verpachtet. 1273 fiel die Vogtei von Bürgeln an seinen Sohn Konrad. Gegen einen Jahreszins an das Stift wurde Bürgeln 1334 an die Landgrafschaft Hessen verkauft. 1358 belehnt Landgraf Heinrich II. von Hessen die von Fleckenbühl mit der Vogtei Bürgeln. Die Herren von Fleckenbühl übertrugen 1376 den adligen Burgsitz der Landgrafschaft zu Lehen auf. Um 1718 befand sich das Gut der von Fleckenbühl am nordwestlichen Rand des Dorfes, daneben befand sich ein zweiter, vermutlich von den Herren von Hatzfeld, später der Scholley’sehe Hof. Beide Gutshöfe waren ab 1746 im Besitz der von Fleckenbühl. Die Landgrafen von Hessen-Rumpenheim kauften 1829 diese beiden Höfe.
Gebietsreform
Im Zuge der Gebietsreform in Hessen wurde die die bis dahin selbständige Gemeinde Bürgeln kraft Landesgesetze am 1. Juli 1974 in die Gemeinde Cölbe eingegliedert.[3][4] Für Bürgeln, wie für alle ehemals eigenständigen Gemeinden von Cölbe, wurden Ortsbezirke mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung gebildet.[5]
Burg Bürgeln
Die Burg wurde erstmals 1358 urkundlich erwähnt. Die Erbauer waren wahrscheinlich die Herren von Fleckenbühl. Vermutlich vor 1726 wurde die Burg aufgegeben und zur Gewinnung von Baumaterialien abgebrochen. Von der ehemaligen Burg sind nur noch geringe Reste vorhanden.
Territorialgeschichte und Verwaltung im Überblick
Die folgende Liste zeigt im Überblick die Territorien, in denen Bürgeln lag, bzw. die Verwaltungseinheiten, denen es unterstand:[1][6]
- vor 1567: Heiliges Römisches Reich, Landgrafschaft Hessen, Gericht Schönstadt (Gericht Schönstädt bestand aus den Orten: Kölbe, Bernsdorf, Bürgeln, Betziesdorf, Reddehausen, Schönstädt, Schwarzenborn und Bracht)[7]
- ab 1567: Heiliges Römisches Reich, Landgrafschaft Hessen-Marburg, Gericht Schönstadt[8]
- 1604–1648: Heiliges Römisches Reich, strittig zwischen Landgrafschaft Hessen-Darmstadt und Landgrafschaft Hessen-Kassel (Hessenkrieg), Gericht Schönstadt
- ab 1648: Heiliges Römisches Reich, Landgrafschaft Hessen-Kassel, Amt Marburg, Gericht Schönstadt
- ab 1806: Landgrafschaft Hessen-Kassel, Amt Marburg, Gericht Schönstadt
- 1807–1813: Königreich Westphalen, Departement der Werra, Distrikt Marburg, Kanton Rosenthal
- ab 1815: Kurfürstentum Hessen, Amt Marburg, Gericht Schönstadt[9]
- ab 1821: Kurfürstentum Hessen, Provinz Oberhessen, Landkreis Marburg[10]
- ab 1848: Kurfürstentum Hessen, Bezirk Marburg
- ab 1851: Kurfürstentum Hessen, Provinz Oberhessen, Landkreis Marburg
- ab 1866: Norddeutscher Bund, Königreich Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Marburg
- ab 1871: Deutsches Reich, Königreich Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Marburg
- ab 1918: Deutsches Reich, Freistaat Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Marburg
- ab 1944: Deutsches Reich, Freistaat Preußen, Provinz Kurhessen, Landkreis Marburg
- ab 1945: Amerikanische Besatzungszone, Groß-Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Marburg
- ab 1949: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Marburg
- ab 1974: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Marburg-Biedenkopf
- am 1. Juli 1974 wurde Bürgeln als Ortsteil der neu gebildeten Gemeinde Cölbe eingegliedert.
- ab 1981: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen, Regierungsbezirk Gießen, Landkreis Marburg-Biedenkopf
Gerichte seit 1821
Bis zur Trennung der Rechtsprechung von der Verwaltung (1807–1813 und endgültig 1822) sind die Ämter neben der Verwaltung für die Rechtsprechung (meist Niedere Gerichtsbarkeit bzw. Erste Instanz) zuständig. Mit Edikt vom 29. Juni 1821 wurden in Kurhessen Verwaltung und Justiz getrennt. Nun waren Justizämter für die erstinstanzliche Rechtsprechung zuständig, die Verwaltung wurde von Kreisen übernommen. In Marburg wurde der Kreis Marburg für die Verwaltung eingerichtet und das Landgericht Marburg war als Gericht in erster Instanz für Bürgeln zuständig. 1850 wurde das Landgericht in Justizamt Marburg umbenannt. Das Oberste Gericht war das Oberappellationsgericht in Kassel. Untergeordnet war das Obergericht Marburg für die Provinz Oberhessen. Es war die zweite Instanz für die Justizämter.[11]
Nach der Annexion Kurhessens durch Preußen wurde das Landgericht Marburg 1867 zum königlich Preußischen Amtsgericht Marburg. Im Juni 1867 erging eine königliche Verordnung, die die Gerichtsverfassung in den zum vormaligen Kurfürstentum Hessen gehörenden Gebietsteilen neu ordnete. Die bisherigen Gerichtsbehörden sollten aufgehoben und durch Amtsgerichte in erster, Kreisgerichte in zweiter und ein Appellationsgericht in dritter Instanz ersetzt werden.[12] Im Zuge dessen erfolgte am 1. September 1867 die Umbenennung des bisherigen Justizamtes in Amtsgericht Marburg. Die Gerichte der übergeordneten Instanzen waren das Kreisgericht Marburg und das Appellationsgericht Kassel.[13]
Auch mit dem in Kraft treten des Gerichtsverfassungsgesetzes von 1879 blieb das Amtsgericht unter seinem Namen bestehen. In der Bundesrepublik Deutschland sind die übergeordneten Instanzen das Landgericht Marburg, das Oberlandesgericht Frankfurt am Main sowie der Bundesgerichtshof als letzte Instanz.
Einwohnerstruktur
Nach den Erhebungen des Zensus 2011 lebten am Stichtag dem 9. Mai 2011 in Bürgeln 1422 Einwohner. Darunter waren 57 (4,0 %) Ausländer. Nach dem Lebensalter waren 210 Einwohner unter 18 Jahren, 615 zwischen 18 und 49, 669 zwischen 50 und 64 und 606 Einwohner waren älter.[2] Die Einwohner lebten in 633 Haushalten. Davon waren 186 Singlehaushalte, 168 Paare ohne Kinder und 201 Paare mit Kindern, sowie 60 Alleinerziehende und 18 Wohngemeinschaften. In 96 Haushalten lebten ausschließlich Senioren/-innen und in 453 Haushaltungen lebten keine Senioren/-innen.[2]
Einwohnerzahlen
Quelle: Historisches Ortslexikon[1] | |
• 1577: | 33 (19 landgräfliche) Hausgesesse. |
• 1630: | 68 Hausgesessene (19 landgräflich: 1 zweispännige, 6 einspännige Ackerleute, 12 Einläuftige); (adlige: 24 Ackerleute, 22 Einläuftige). |
• 1681: | 31 hausgesessene Mannschaften (nur landgräflicher Anteil). |
• 1838: | Familien: 21 Tagelöhner, 40 nutzungsberechtigte, 27 nicht nutzungsberechtigte Ortsbürger, 20 Beisassen. |
Quelle: Historisches Ortslexikon[1]
Bürgeln: Einwohnerzahlen von 1747 bis 2011 | ||||
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Jahr | Einwohner | |||
1747 | 265 | |||
1800 | ? | |||
1834 | 505 | |||
1840 | 547 | |||
1846 | 558 | |||
1852 | 587 | |||
1858 | 538 | |||
1864 | 514 | |||
1871 | 428 | |||
1875 | 454 | |||
1885 | 499 | |||
1895 | 459 | |||
1905 | 540 | |||
1910 | 576 | |||
1925 | 611 | |||
1939 | 722 | |||
1946 | 967 | |||
1950 | 976 | |||
1956 | 921 | |||
1961 | 957 | |||
1967 | 1.011 | |||
1980 | ? | |||
1990 | ? | |||
2000 | ? | |||
2011 | 1.422 | |||
Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: Die Bevölkerung der Gemeinden 1834 bis 1967. Wiesbaden: Hessisches Statistisches Landesamt, 1968. Weitere Quellen: LAGIS[1]; Zensus 2011[2] |
Religionszugehörigkeit
Quelle: Historisches Ortslexikon[1] | |
• 1861: | alle Einwohner lutheranisch |
• 1885: | 473 evangelische (= 94,79 %), 9 katholische (= 1,80 %), 17 jüdische (= 3,41 %) Einwohner |
• 1961: | 888 evangelische (= 92,79 %), 54 katholische (= 5,64 %) Einwohner |
Erwerbstätigkeit
Quelle: Historisches Ortslexikon[1] | |
• 1747: | Landgräflicher Anteil: 176: ein Wagner, zwei Bender, zwei Schmiede, 5 Leineweber, drei Schneider, 5 Maurer, zwei Scherenschleifer, ein Korbmacher, zwei Schreiner, zwei Müller, ein Wirt mit Branntweinbrennerei, ein Viehhändler und -schlachter, eine Jüdin, die sich vom Stricken nährt, 11 Tagelöhner. |
• 1838: | Familien: 32 Ackerbau, 30 Gewerbe. |
• 1961: | Erwerbspersonen: 119 Land- und Forstwirtschaft, 165 Produzierendes Gewerbe, 103 Handel und Verkehr, 82 Dienstleistungen und Sonstiges. |
Sehenswürdigkeiten
- Burg Bürgeln
- Heimatmuseum
- Alte Kirche Bürgeln aus dem frühen 12. Jahrhundert mit später aufgesetztem Fachwerkobergeschoss
- Alte Ohmbrücke
Wirtschaft und Infrastruktur
Im Ort gibt es mehrere kleinere Unternehmen, eine Grundschule, einen Kindergarten mit einer Hortgruppe, die Freiwillige Feuerwehr sowie eine evangelische Kirche. Am nördlichen Ortseingang gibt es eine Mehrzweckhalle.
Bürgeln verfügt über drei Spielplätze und einen Bolzplatz. Am westlichen Ortsrand liegen der Fußballplatz und die Grillhütte. Der Ort gehört zur Pfarrgemeinde „St. Cyriakus und St. Johannes der Täufer“.
Persönlichkeiten
- Jean Wilhelm Pfendt (1900–1974), Opernsänger (Bass)
Literatur
- HOL Marburg, S. 46 f.
- Rudolf Knappe: Mittelalterliche Burgen in Hessen. 800 Burgen, Burgruinen und Burgstätten. 3. Auflage. Wartberg-Verlag, Gudensberg-Gleichen 2000, ISBN 3-86134-228-6, S. 247.
- Seibel, Bürgeln (Pläne).
- Literatur über Bürgeln nach Stichwort nach GND In: Hessische Bibliographie
- Suche nach Bürgeln (Cölbe) In: Archivportal-D der Deutschen Digitalen Bibliothek
Weblinks
- Bürgeln In: Webauftritt der Gemeinde Cölbe.
- Bürgeln. Ortsgeschichte, Infos. In: /www.buergeln.de. Private Website
- Bürgeln, Landkreis Marburg-Biedenkopf. Historisches Ortslexikon für Hessen. In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
Einzelnachweise
- Bürgeln, Landkreis Marburg-Biedenkopf. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 17. Oktober 2018). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
- Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1,0 MB) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt, S. 26 und 66 .
- Gesetz zur Neugliederung der Landkreise Biedenkopf und Marburg und der Stadt Marburg (Lahn) (GVBl. II 330-27) vom 12. März 1974. In: Der Hessische Minister des Innern (Hrsg.): Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen. 1974 Nr. 9, S. 154, § 6 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 3,0 MB]).
- Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart/Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 403.
- Hauptsatzung. (PDF; 2,78 MB) § 4. In: Webauftritt. Gemeinde Cölbe, abgerufen im September 2021.
- Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation. In: treemagic.org. 2006 .
- Georg Landau: Beschreibung des kurfürstenthums Hessen. T. Fischer, Kassel 1842, S. 370 (online bei HathiTrust’s digital library).
- Die Zugehörigkeit des Amtes Marburg anhand von Karten aus dem Geschichtlicher Atlas von Hessen: Hessen-Marburg 1567–1604., Hessen-Kassel und Hessen-Darmstadt 1604–1638. und Hessen-Darmstadt 1567–1866.
- Kur-Hessischer Staats- und Adress-Kalender: 1818. Verlag d. Waisenhauses, Kassel 1818, S. 100 f. (online bei Google Books).
- Verordnung vom 30sten August 1821, die neue Gebiets-Eintheilung betreffend, Anlage: Übersicht der neuen Abtheilung des Kurfürstenthums Hessen nach Provinzen, Kreisen und Gerichtsbezirken. Sammlung von Gesetzen etc. für die kurhessischen Staaten. Jahr 1821 – Nr. XV. – August. (kurhess GS 1821) S. 73 f.
- Neueste Kunde von Meklenburg/ Kur-Hessen, Hessen-Darmstadt und den freien Städten, aus den besten Quellen bearbeitet. im Verlage des G. H. G. privil. Landes-Industrie-Comptouts., Weimar 1823, S. 158 ff. (online bei HathiTrust’s digital library).
- Verordnung über die Gerichtsverfassung in vormaligen Kurfürstentum Hessen und den vormals Königlich Bayerischen Gebietstheilen mit Ausschluß der Enklave Kaulsdorf vom 19. Juni 1867. (PrGS 1867, S. 1085–1094)
- Verfügung vom 7. August 1867, betreffend die Einrichtung der nach der Allerhöchsten Verordnung vom 19. Juni d. J. in dem vormaligen Kurfürstentum Hessen und den vormals Königlich Bayerischen Gebietstheilen mit Ausschluß der Enklave Kaulsdorf, zu bildenden Gerichte (Pr. JMBl. S. 221–224 )