Wladimir Rudolfowitsch Solowjow
Wladimir Rudolfowitsch Solowjow (russisch Влади́мир Рудо́льфович Соловьёв; * 20. Oktober 1963 in Moskau) ist ein russischer Journalist, Fernseh- und Radiomoderator, Publizist, Sänger und Gesellschaftsaktivist. Er gilt als Teil der russischen Propaganda.
Lebensweg
Der in eine gläubige jüdische Familie hineingeborene Wladimir Solowjow wuchs in Moskau auf. Dort besuchte er eine angesehene Schule, auf die zahlreiche Söhne und Enkel von hohen KPdSU-Funktionären gingen. Während seiner Schulzeit beschäftigte er sich mit Fußball und Karate.
1980 schloss Solowjow die Schule ab und begann am Moskauer Institut für Stahl und Legierung ein Studium, das er 1986 mit Bestnote (dem so genannten „roten Diplom“) abschloss. Anschließend absolvierte er am Institut für Weltwirtschaft und internationale Beziehungen seine Aspirantur.
1990 zog Solowjow in die USA, wo er an der Alabama State University als Dozent tätig war. Nach zweijähriger Tätigkeit kehrte er 1992 nach Russland zurück.
Von 1992 bis 1998 war Wladimir Solowjow gewerblich tätig. Er betrieb eine Firma, die Ausrüstung für Diskotheken herstellte.
Durch seinen Einstieg in das Showgeschäft im Jahre 1998 wurde Solowjow dem russischen Publikum und dem der GUS-Staaten bekannt. Von 1998 bis 2010 moderierte er mehrere Sendungen auf dem staatlichen russischen Radiosender Westi FM.
Breite Bekanntheit erreichte Solowjow ab 2002, als er anfing, die Fernsehsendung Zweikampf zu moderieren. In der Sendung geht es um kontroverse Diskussionen zwischen zwei Personen des öffentlichen Lebens (zumeist Politiker). Die Sendung hat bis heute einen hohen Bekanntheitsgrad in der russischen Bevölkerung. Infolge einer hitzigen Debatte in dieser Sendung passierte es sogar, dass Solowjow einen Politiker beleidigte. Es handelte sich dabei um Wiktor Tarchow, den damaligen Bürgermeister von Samara. Solowjow musste an Tarchow 70.000 Rubel Schmerzensgeld zahlen, was etwa 1700 Euro entspricht.
Seit 2012 moderiert Wladimir Solowjow auf dem Sender Rossija 1 die wöchentliche, politische Late-Night-Talkshow Der Sonntagabend mit Wladimir Solowjow (russ. Воскресный вечер с Владимиром Соловьёвым).
Noch 2013 war er der Meinung „Gott verbietet, dass die Krim nach Russland zurückkehrt“ – wegen der radikalen Änderung dieser Meinung nach dem Euromaidan nannte ihn die Nowaja Gaseta einen Wendehals und fuhr weiter: „Journalismus unterscheidet sich von Propaganda, wie eine Geige von einer Hacke. Hat man sich von einer Kategorie zur anderen bewegt, ist das Schamgefühl verloren.“[1] Als die Menschen die immergleichen vorhersehbaren Berichte über die Ukraine gar nicht mehr im Fernsehen sehen wollten, so die Einschätzung von Jelle Brandt Corstius, sei die Talkshow von Solowjow derart gestaltet worden, dass ein unseriöser Ukrainer von drei klugen Russen verrissen werde.[2]
Solowjow gilt trotz gelegentlicher kritischer Fragen mit seinen Provokationen als Manipulator und dies stets als „Einpeitscher“[3] des Kremls und somit Bestandteil der russischen Propaganda.[4][5] Der Schriftsteller Dmitri Bykow warf Solowjow vor, Mörder der russischen Nation zu werden mit seiner Hasspropaganda und der damit verbundenen „Entfesselung der hässlichsten Instinkte“.[3]
Privates
Wladimir Solowjow war dreimal verheiratet. Aus den drei Ehen sind sieben Kinder hervorgegangen.
Seine jetzige Frau ist Helga Sepp, mit der er vier Kinder hat (Daniil, Sofia-Betina, Emma-Ester und Wladimir). Sepp hat mütterlicherseits russlanddeutsche und estnische Wurzeln und hat den Familiennamen ihrer Mutter angenommen; der Vater Wiktor Kokljuschkin war russischer Satiriker.[6][7][8]
Wladimir Solowjow versteht sich als gläubiger Jude, wobei er sich stets dem interreligiösen Dialog verpflichtet fühlt.[9]
Solowjow ist Anhänger der Politik des amtierenden russischen Präsidenten Wladimir Putin. Er trat 2014 als scharfer Kritiker des Euromaidan in der Ukraine auf. 2015 führte er mit Putin ein „großes Interview“ für den Dokumentarfilm Der Präsident, welcher in Russland und in Serbien zur sonntäglichen Hauptsendezeit ausgestrahlt wurde.[10] Auch in Montenegro, Mazedonien, Bosnien und Herzegowina, Rumänien, Bulgarien, Ungarn und Tschechien war dieses Interview mit Untertiteln in der Landessprache zu sehen.
Solowjow und fünf seiner Kinder besitzen eine Aufenthaltsgenehmigung in Italien, wo er zwei Villen am Comer See besitzt. Seine Immobilien und Aufenthalte in der Europäischen Union riefen im Zusammenhang mit seinen Äußerungen gegen „den Westen“ und seiner Selbstinszenierung als russischer Patriot Kritik hervor.[11][12]
Korruptions- und Immobilienskandale
Im Juni 2017 rückte Solowjow ins Zentrum eines Korruptionsskandals, wonach er als Inhaber des Unternehmens SB Consulting von der größten staatlichen Finanzinstitution Russlands Sberbank mit Hilfe seines Schwiegersohns zwischen 2014 und 2016 eine Summe in Höhe von 316,5 Millionen Rubel (5,4 Millionen Dollar) angenommen haben soll. Dabei bezeichnet Solowjow die Bankschuldner in seinen TV-Auftritten und Radioprogrammen stets als „Diebe“.[13]
Den Untersuchungen des Oppositionspolitikers Alexei Nawalny zufolge besitzt Solowjow allein in Moskau drei Wohnungen mit einer Gesamtfläche von 450 m², eine Datscha nahe der Hauptstadt und eine Villa am Comer See in der Lombardei. Nawalny schätzt Solowjows Minimalvermögen auf eine Milliarde Rubel (mehr als 17 Millionen Dollar). Der Moderator titulierte den oppositionellen Aktivisten darauf folgend als „Gauner“ und „Betrüger“, machte zugleich aus seinem Reichtum keinen Hehl: „Ja, die Immobilien sind auf meinen Namen registriert. Dafür zahle ich aber Steuern. Ich habe nie verheimlicht, dass ich reich bin.“[14]
Film Mussolini: Der Untergang
Solowjow ist auch als Regisseur tätig. 2013 strahle der russische Staatssender Rossija 1 seinen Film Mussolini: Der Untergang über den italienischen Faschisten und Diktator Benito Mussolini aus.[15] In dem Film tritt Solowjow auch als Erzähler auf und äußert sich anerkennend über Mussolini. Der Film wurde zum Zeitpunkt seiner Ausstrahlung größtenteils ignoriert, rückte im Januar 2020 aber in den Mittelpunkt öffentlicher Diskussionen, nachdem Solowjow eine positive Rezension seines Films in den sozialen Medien geteilt hatte.[16] In der Rezension lobte Igor Molotow, ein Mitarbeiter des Staatssenders Russia Today, den Film. Mussolini sei ein glänzender Mensch gewesen, er habe der Welt einen dritten Weg gezeigt, auf dem heute teilweise auch Russland gehe. Solowjows Film sei deshalb so wichtig, weil in Russland das Verständnis dafür fehle, dass Mussolinis Faschismus und der Nazismus völlig unterschiedlich gewesen seien.[15][17]
Solowjows Film und seine Anknüpfung an Molotows Rezension riefen in der russischen Öffentlichkeit eine Diskussion darüber hervor, ob es für einen Mitarbeiter des staatlichen Fernsehens wie Solowjow angemessen sei, sich löblich über den faschistischen Diktator Mussolini zu äußern, insbesondere angesichts der Tatsache, dass Solowjow Meinungsgegner regelmäßig als „Faschisten“ diffamiert. Der russische Oppositionelle Alexei Nawalny, den Solowjow als „Nazik“ betitelt, schrieb, dass Solowjow seine Beleidigungen nächstes Mal mit „Benitos treuer Sohn“ unterschreiben soll. Andere Kommentatoren waren der Ansicht, dass Solowjows Polemik über den italienischen Faschismus ihm seinen Umzug nach Italien ebnen sollte, wo Solowjow mehrere Villen unterhält.[15]
Einreiseverbot nach Lettland
In seiner wöchentlichen Talkshow Der Sonntagabend mit Wladimir Solowjow im Februar 2021 bezeichnete Solowjow Adolf Hitler als „sehr mutigen Menschen“ und lobte Hitlers „tapfere“ Leistung als Soldat im Ersten Weltkrieg. Mit diesen Äußerungen hob Solowjow Adolf Hitler positiv im Vergleich zum russischen Oppositionellen Alexei Nawalny hervor, der kurz zuvor einen Giftanschlag mit dem Nervenkampfstoff Nowitschok überlebt hatte.[18][19] Der Außenminister Lettlands Edgars Rinkēvičs verkündete daraufhin das Einreiseverbot für Solowjow wegen der Verherrlichung des Nazismus.[18]
Einzelnachweise
- Den ganzen Abend in Schokolade, Nowaja Gaseta, 23. Oktober 2018
- Grensland: Onder het oppervlak (4/8), vpro, 2015, Minute 11:50
- Die Propagandisten und ihre Lust an der Lüge. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 5. Mai 2015.
- Wladimir Solowjow auf dekoder.org, Stand 13. September 2017, abgerufen am 8. Juli 2019; Im Überblick: "Er profiliert sich vor allem als ein Scharfmacher, der gegen den Westen poltert und Liberale diffamiert." / "Solowjow ist einer der Journalisten, die die Politik des Kreml stets unterstützen"
- Die grosse Putin-Show, Die Welt, 6. September 2018; "Die Sendung dürfte selbst für russische Zuschauer, die Putin-Propaganda gewohnt sind, zu lobhudelig und vor allem zu langweilig sein."
- Владимир Соловьев: биография, личная жизнь, семья, жена, дети — фото - GlobalSib. In: GlobalSib. 18. Mai 2017 (globalsib.com [abgerufen am 13. November 2018]).
- Жена Владимира Соловьева, фото / Жены телеведущих, блоггеров / Его-Жена. Жены знаменитостей. Abgerufen am 13. November 2018 (russisch).
- Владимир Соловьев и Эльга Сэпп: "Я сделал ей предложение на третьем свидании…" Abgerufen am 13. November 2018 (russisch).
- http://radiovesti.ru/articles/2012-04-02/fm/39919
- https://www.youtube.com/watch?v=HyNcbVuDJyA
- Навальный нашел у Соловьева вид на жительство в Италии. Ведущий ему ответил. In: BBC, 22. Juli 2019.
- Патриот с домиком в Италии. In: Radio Free Europe, 29. September 2019.
- Телеведущий Владимир Соловьев заключает многомиллионные контракты со Сбербанком благодаря своему зятю | КОМПРОМАТ. (Nicht mehr online verfügbar.) Archiviert vom Original am 7. November 2017; abgerufen am 3. November 2017 (ru-RU). Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Соловьев назвал себя «богатым человеком» в ответ на обвинения Навального. In: РБК. (rbc.ru [abgerufen am 3. November 2017]).
- [Соловьев снял фильм про Муссолини и радуется. А соцсети негодуют]. In: BBC, 9. Januar 2020.
- "Пропаганда фашизма за государственный счет". In: Radio Free Europe, 6. Februar 2020.
- Unerwartete Ehrenrettung für den Faschismus – ausgerechnet in Russland. In: Neue Zürcher Zeitung, 11. Januar 2020.
- Latvia Bans Russian TV Host Over Hitler Remarks. In: Moscow Times, 18. Februar 2021.
- Телеведущему Соловьеву запретили въезд в Латвию за «глорификацию нацизма». In: Kommersant, 18. Februar 2021.