Unter-Seibertenrod
Unter-Seibertenrod ist ein Ortsteil der Stadt Ulrichstein im mittelhessischen Vogelsbergkreis.
Unter-Seibertenrod Stadt Ulrichstein | |
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Höhe: | 355 m ü. NHN |
Fläche: | 5,83 km²[1] |
Einwohner: | 225 (2011) |
Bevölkerungsdichte: | 39 Einwohner/km² |
Eingemeindung: | 31. Dezember 1971 |
Postleitzahl: | 35327 |
Vorwahl: | 06645 |
Geografische Lage
Der Ortsteil liegt circa sechs Kilometer nordwestlich des Kernorts Ulrichstein am Oberlauf der Ohm. Mit dem Kernort verbindet ihn die L3073.
Geschichte
Die älteste bekannte schriftliche Erwähnung von Unter-Seibertenrod erfolgte im Jahr 1328 unter dem Namen Sywarterode.[1] In einer Gerichtsurkunde wird der Schöffe Grebe aus einem Ort dieses Namens genannt. Der Ort fiel im Heiliges Römisches Reich unter die Riedeselsche Gerichtsbarkeit, zu Lehen der Landgrafschaft Hessen.
Die Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen berichtet 1830 über ooo:
„Unterseibertenrod (L. Bez. Grünberg) evangel. Filialdorf; liegt im Vogelsberg 2 St. von Grünberg, und gehört dem Freiherrn von Riedesel. Man findet 1 Kirche, 59 Häuser und 306 Einwohner, die alle evangelisch sind.“[2]
Im Zuge der Gebietsreform in Hessen wurde der ländlich geprägte Ort am 31. Dezember 1971 in die Stadt Ulrichstein eingemeindet.[3]
Im Jahre 1985 feierte Unter-Seibertenrod sein 600-jähriges Bestehen.
Ein Neubaugebiet Rainbaum am Ortsrand von Unter-Seibertenrod soll neue Wohnfläche für Wochenenddomizile und auch Dauerwohnsitze für Bewohner der Metropolregion des Rhein-Main-Gebiets schaffen, die eine naturnahe Wohnlage suchen.
Territorialgeschichte und Verwaltung
Die folgende Liste zeigt im Überblick, die Territorien, in denen Unter-Seibertenrod lag, bzw. die Verwaltungseinheiten, denen es unterstand:[1][4][5]
- vor 1567: Heiliges Römisches Reich, Gericht Ober-Ohmen der Freiherren Riedesel zu Eisenbach[6]
- 1604–1648: Heiliges Römisches Reich, strittig zwischen Landgrafschaft Hessen-Darmstadt und Landgrafschaft Hessen-Kassel (Hessenkrieg)
- ab 1627: Heiliges Römisches Reich, Oberherrschaft: Landgrafschaft Hessen-Darmstadt, Gericht Ober-Ohmen der Freiherren Riedesel zu Eisenbach
- 1787: Heiliges Römisches Reich, Landgrafschaft Hessen-Darmstadt, Oberfürstentum Hessen, Amt Grünberg, Gericht Ober-Ohmen der Freiherren Riedesel zu Eisenbach
- ab 1806: Rheinbund, Großherzogtum Hessen, Oberfürstentum Hessen, Amt Grünberg, Gericht Ober-Ohmen der Freiherren Riedesel zu Eisenbach[7][8]
- ab 1815: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Amt Grünberg, Amt Grünberg, Gericht Ober-Ohmen
- ab 1821: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Landratsbezirk Grünberg (Trennung zwischen Justiz (Landgericht Grünberg; 1821 ging die Patrimonialgerichtsbarkeit der Freiherren Riedesel zu Eisenbach an das Landgericht über) und Verwaltung)
- ab 1832: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Kreis Grünberg
- ab 1848: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Regierungsbezirk Gießen
- ab 1852: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Kreis Grünberg
- ab 1867: Norddeutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Landkreis Grünberg
- ab 1871: Deutsches Reich, Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Landkreis Grünberg
- ab 1874: Deutsches Reich, Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Kreis Schotten
- ab 1918: Deutsches Reich, Volksstaat Hessen, Provinz Oberhessen, Kreis Schotten
- ab 1938: Deutsches Reich, Volksstaat Hessen, Landkreis Alsfeld
- ab 1945: Amerikanische Besatzungszone, Groß-Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Landkreis Alsfeld
- ab 1949: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen (seit 1946), Regierungsbezirk Darmstadt, Landkreis Alsfeld
- am 31. Dezember 1971 wurde Unter-Seibertenrod mit anderen Gemeinden zur neu gebildeten Stadtgemeinde Ulrichstein zusammengeschlossen.
- ab 1971: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Landkreis Lauterbach
- ab 1972: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Vogelsbergkreis
- ab 1981: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen, Regierungsbezirk Gießen, Vogelsbergkreis
Gerichte seit 1803
In der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt wurde mit Ausführungsverordnung vom 9. Dezember 1803 das Gerichtswesen neu organisiert. Für die Provinz Oberhessen wurde das Hofgericht Gießen als Gericht der zweiten Instanz eingerichtet. Die Rechtsprechung der ersten Instanz wurde durch die Ämter bzw. Standesherren vorgenommen und somit war für Unter-Seibertenrod das „Patrimonialgericht der Freiherren Riedesel zu Eisenbach“ in Ober-Ohmen zuständig. Das Hofgericht war für normale bürgerliche Streitsachen Gericht der zweiten Instanz, für standesherrliche Familienrechtssachen und Kriminalfälle die erste Instanz. Übergeordnet war das Oberappellationsgericht Darmstadt.
Mit der Gründung des Großherzogtums Hessen 1806 wurde diese Funktion beibehalten, während die Aufgaben der ersten Instanz 1821 im Rahmen der Trennung von Rechtsprechung und Verwaltung auf die neu geschaffenen Land- bzw. Stadtgerichte übergingen. 1821 traten die Freiherren Riedesel zu Eisenbach ihre Recht am Gericht Ober-Ohmen an das Großherzogtum Hessen ab. „Landgericht Grünberg“ war daher von 1822 bis 1853 die Bezeichnung für das erstinstanzliche Gericht, das für Unter-Seibertenrod zuständig war. Infolge der Neuordnung der Gerichtsbezirke in der Provinz Oberhessen mit Wirkung vom 15. Oktober 1853[9] wurde Unter-Seibertenrod an den Sprengel des Landgerichts Ulrichstein abgetreten.
Anlässlich der Einführung des Gerichtsverfassungsgesetzes mit Wirkung vom 1. Oktober 1879, infolgedessen die bisherigen großherzoglich hessischen Landgerichte durch Amtsgerichte an gleicher Stelle ersetzt wurden, während die neu geschaffenen Landgerichte nun als Obergerichte fungierten, kam es zur Umbenennung in „Amtsgericht Ulrichstein“ und Zuteilung zum Bezirk des Landgerichts Gießen.[10]
1943 verlor das Amtsgericht Ulrichstein seine Selbständigkeit und wurde zur Zweigstelle des Amtsgerichts Schotten.[11] Am 1. Juli 1968 wurde auch diese Zweigstelle aufgehoben, und Unter-Seibertenrod wurde dem Amtsgericht Alsfeld zugelegt.[12] In der Bundesrepublik Deutschland sind die übergeordneten Instanzen das Landgericht Gießen, das Oberlandesgericht Frankfurt am Main sowie der Bundesgerichtshof als letzte Instanz.
Einwohnerentwicklung
• 1800: | 275 Einwohner[13] |
• 1806: | 292 Einwohner, 57 Häuser[8] |
• 1829: | 306 Einwohner, 59 Häuser[2] |
• 1867: | 315 Einwohner, 56 bewohnte Gebäude[14] |
• 1875: | 315 Einwohner, 57 bewohnte Gebäude[15] |
Ober-Ohmen: Einwohnerzahlen von 1800 bis 2011 | ||||
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Jahr | Einwohner | |||
1800 | 275 | |||
1806 | 292 | |||
1829 | 306 | |||
1834 | 316 | |||
1840 | 321 | |||
1846 | 320 | |||
1852 | 316 | |||
1858 | 306 | |||
1864 | 310 | |||
1871 | 315 | |||
1875 | 315 | |||
1885 | 303 | |||
1895 | 320 | |||
1905 | 323 | |||
1910 | 332 | |||
1925 | 309 | |||
1939 | 311 | |||
1946 | 462 | |||
1950 | 429 | |||
1956 | 335 | |||
1961 | 300 | |||
1967 | 301 | |||
1970 | 271 | |||
1980 | ? | |||
1990 | ? | |||
2000 | ? | |||
2011 | 225 | |||
Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: Die Bevölkerung der Gemeinden 1834 bis 1967. Wiesbaden: Hessisches Statistisches Landesamt, 1968. Weitere Quellen: [1]; Zensus 2011[16] |
Kultur und Sehenswürdigkeiten
- Die Evangelische Kirche stammt von 1738/1739 und ist eine der zahlreichen Fachwerkkirchen im Vogelsberg. Der flach gedeckte einschiffige Kirchenraum weist eine Empore mit Bildnissen der 12 Apostel, Christus und Maria, Moses und Isaak auf. Wertvollstes Ausstattungsstück ist eine reich ornamentierte Barockkanzel.
- Ebenso wie die Kirche sind einige weitere Gebäude des Ortes in einer Kombination aus Schindelbauweise und Fachwerk errichtet, wie sie für die Region charakteristisch sind.
Literatur
- Heinrich und Martin Bast: Unter-Seibertenrod – Urkunden und Nachrichten zur Dorf- und Familiengeschichte, Selbstverlag, 1953 (Neuauflage Oktober 2009 bei Friedhelm Bast in Unter-Seibertenrod erhältlich).
Weblinks
- Stadtteil Unter-Seibertenrod. In: Webauftritt der Stadt Ulrichstein.
- Unter-Seibertenrod, Vogelsbergkreis. Historisches Ortslexikon für Hessen. In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
Einzelnachweise
- Unter-Seibertenrod, Vogelsbergkreis. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 4. Mai 2020). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
- Georg Wilhelm Justin Wagner: Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen: Provinz Oberhessen. Band 3. Carl Wilhelm Leske, Darmstadt August 1830, OCLC 312528126, S. 286 (Online bei google books).
- Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart/Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 367.
- Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation. In: treemagic.org. 2006 .
- Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band 13. G. Jonghause's Hofbuchhandlung, Darmstadt 1872, DNB 013163434, OCLC 162730471, S. 12 ff. (google books).
- Die Zugehörigkeit des Gerichts Ober-Ohmen anhand von Karten aus dem Geschichtlicher Atlas von Hessen: Hessen-Marburg 1567–1604., Hessen-Kassel und Hessen-Darmstadt 1604–1638. und Hessen-Darmstadt 1567–1866.
- Wilhelm von der Nahmer: Handbuch des Rheinischen Particular-Rechts: Entwickelung der Territorial- und Verfassungsverhältnisse der deutschen Staaten an beiden Ufern des Rheins : vom ersten Beginnen der französischen Revolution bis in die neueste Zeit. Band 3. Sauerländer, Frankfurt am Main 1832, OCLC 165696316, S. 8 (Online bei google books).
- Hessen-Darmstädter Staats- und Adresskalender 1806. Im Verlag der Invaliden-Anstalt, Darmstadt 1806, S. 259 ff. (Online in der HathiTrust digital library).
- Bekanntmachung vom 4. Oktober 1853,
1) die Aufhebung der Großherzoglichen Landgerichte Großkarben und Rödelheim, und die Errichtung neuer Landgerichte zu Vilbel und Altenstadt, ferner die Verlegung des Landgerichtssitzes von Altenschlirf nach Herbstein;
2) die künftige Zusammensetzung der Landgerichts-Bezirke in der Provinz Oberhessen betreffend. (Hess. Reg.Bl. S. 640–641) - Verordnung zur Ausführung des Deutschen Gerichtsverfassungsgesetzes und des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetze vom 14. Mai 1879. In: Großherzog von Hessen und bei Rhein (Hrsg.): Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt. 1879 Nr. 15, S. 197–211 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 17,8 MB]).
- Verfügung des Landgerichtspräsidenten in Gießen vom 16. Juni 1943 — 3200 — Betrifft: Errichtung der Zweigstelle Ulrichstein des Amtsgerichts Schotten
- Zweites Gesetz zur Änderung des Gerichtsorganisationsgesetzes (Ändert GVBl. II 210–16) vom 12. Februar 1968. In: Der Hessische Minister der Justiz (Hrsg.): Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen. 1968 Nr. 4, S. 41–44, Artikel 1, Abs. 2 f) und Artikel 2, Abs. 4 a) (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 298 kB]).
- Hessen-Darmstädter Staats- und Adresskalender 1800. Im Verlag der Invaliden-Anstalt, Darmstadt 1800, S. 214 ff. (Online in der HathiTrust digital library).
- Wohnplätze 1867. In: Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band 13. G. Jonghause’s Hofbuchhandlung, Darmstadt 1877, DNB 013163434, OCLC 162730484, S. 119 (Online bei google books).
- Wohnplätze 1875. In: Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band 15. G. Jonghause’s Hofbuchhandlung, Darmstadt 1877, DNB 013163434, OCLC 162730484, S. 19 (Online bei google books).
- Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1 MB) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt