Tugendbund
Der Tugendbund – die Gesellschaft zur Uebung oeffentlicher Tugenden – war ein Verein, der sich im Frühjahr 1808 unter dem Eindruck der verheerenden Niederlage Preußens im Krieg mit Frankreich und dem drückenden Frieden von Tilsit in Königsberg i. Pr. bildete. Er war der Keim der Preußischen Reformen und der Befreiungskriege.
Geschichte
Auf Betreiben von Hans Friedrich Gottlieb Lehmann, Rektor der Kneiphöfischen Stadtschule, und Friedrich Wilhelm Mosqua gründeten Karl Alexander von Bardeleben, Ludwig von Baczko und Wilhelm Traugott Krug den „Sittlich-wissenschaftlichen Verein“. Von Friedrich Wilhelm III. am 30. Juni 1808 genehmigt, verfolgte der Verein die Ziele,
- die durch das Unglück verzweifelten Gemüter wieder aufzurichten,
- physisches und moralisches Elend zu lindern,
- für volkstümliche Jugenderziehung zu sorgen,
- die Reorganisation des Heeres zu betreiben und
- Patriotismus und Anhänglichkeit an die Dynastie allenthalben zu pflegen.
Diesen offenen Bestrebungen lag die geheime Absicht zugrunde, die französische Herrschaft zu bekämpfen. In Schlesien und in Pommern fand die Idee Anklang, weniger in der Mark Brandenburg, am wenigsten in Berlin.[1]
Weitere Faktoren wirkten einer größeren Ausbreitung des Vereins entgegen. Viele ängstliche Vorsteher von Zivil- und Militärbehörden verboten ihren Untergebenen den Beitritt. Anderen erschienen die Statuten zu weit aussehend und unpraktisch; am meisten schadete dem Verein aber der Umstand, dass Preußen sich nicht schon 1809 der Erhebung Österreichs anschloss, und dass die Schillsche Unternehmung, die mit Unrecht dem Tugendbund aufgebürdet wurde, misslang.[1]
Die Zahl der Teilnehmer belief sich auf 300 bis 400. Unter ihnen waren Hermann von Boyen, Wilhelm von Dörnberg, Job von Witzleben, Karl von Grolman, Werner von Haxthausen, Friedrich von Ribbentrop, Alexander Wilhelm von der Goltz, Johann Philipp von Ladenberg, Friedrich Eichhorn, Johann Kaspar Friedrich Manso. Hingegen gehörten Hauptträger der ganzen Idee wie Heinrich Friedrich Karl vom und zum Stein, Barthold Georg Niebuhr, August Neidhardt von Gneisenau und Gerhard von Scharnhorst nie zum Verein.
Am 31. Dezember 1809 dekretierte Friedrich Wilhelm III. auf Drängen von Napoleon Bonaparte durch eine Kabinettsorder die Auflösung des Vereins. Später wurde der Tugendbund von der Reaktion (Politik) in Preußen wegen Beförderung der Demagogie verdächtigt.
Nach der Schlacht an der Beresina und der Konvention von Tauroggen unterstützten besonders ehemalige Mitglieder des Tugendbunds den Aufbau der Ostpreußischen Landwehr als Auftakt der Befreiungskriege.[1]
Zweige
Der Tugendbund war in Kammern gegliedert.[2]
Ostpreußen
- Königsberg, Hauptkammer
- Braunsberg
- Stallupönen
- Fischhausen
- Hohenstein
- Memel
Mark Brandenburg
Schlesien
Literatur
- Birgit Aschmann: Preußens Ruhm und Deutschlands Ehre. Zum nationalen Ehrdiskurs im Vorfeld der preußisch-französischen Kriege des 19. Jahrhunderts. R. Oldenbourg Verlag 2013. GoogleBooks
- Johannes Voigt: Geschichte des sogenannten Tugend-Bundes und des sittlich-wissenschaftlichen Vereins. Decker, Berlin 1850, Internet Archives
- Georg Baersch: Beiträge zur Geschichte des sogenannten Tugendbundes, mit Berücksichtigung der Schrift des Herrn Professor Johannes Voigt in Königsberg und Widerlegung und Berichtigung einiger unrichtiger Angaben in derselben. Perthes-Besser & Mauke, Hamburg 1852. Nachweis der Bayerischen Staatsbibliothek. Nachdruck Nabu Press 2011, ISBN 978-1245024457.
- August Lehmann: Der Tugendbund. Aus den hinterlassenen Papieren des Mitstifters Professor Dr. Hans Friedrich Gottlieb Lehmann. Haude und Spener, Berlin 1867. GoogleBooks.
- Paul Stettiner: Der Tugendbund. W. Koch, Königsberg 1904. Nachdruck Nabu Press 2010. ISBN 978-1145170278.
Weblinks
Einzelnachweise
- zeno.org
- Nobilität im Sittlich-Wissenschaftlichen Verein 1808–1809 Nobilität im Sittlich-Wissenschaftlichen Verein 1808–1809