Tschirschky (Adelsgeschlecht)
Tschirschky (auch Tschierschky) ist der Name eines alten schlesisch-böhmischen Adelsgeschlechtes.
Geschichte
Ursprungslegende
Der Adelsrang der Tschirschkys wird in alten Chroniken auf die angebliche Großtat ihres Ahnherren zurückgeführt. Dieser soll ein böhmischer Köhler gewesen sein, der seinen Lebensunterhalt damit verdiente, dass er in den Wäldern Böhmens Holzkohle brannte. Dort sei er eines Tages von einem Büffel, einem “grimmigen Untier” (wahrscheinlich ein Wisent) angegriffen worden. Obwohl er unbewaffnet war, sei es ihm gelungen, das Tier mit bloßen Händen zu erschlagen. Sein Landesherr, ein polnischer Fürst, dem der Köhler das tote Tier vorlegte, habe ihm dann zur Belohnung für seine Tat die Wälder, in denen er seinem Gewerbe nachging, zum Lehen gegeben.
Mit Verleihung dieses Grundbesitzes wurde der Köhler zu einem freien Mann und fortan den Rittern und Adeligen zugezählt. Seither sollen die Tschirschkys dem Uradel angehört haben.
Verbürgte Geschichte
Bereits um die Jahrtausendwende waren die Tschirschkys als freie Herren anerkannt und in den Heroldsämtern der schlesischen Fürstenhäuser verzeichnet. Erstmals in einer Urkunde erwähnt wurde das Geschlecht am 10. März 1329 mit Jeschko Schirousky, auf Stuse, als Lehnsmann des Herzogs Heinrich VI. von Breslau,[1] mit dem auch die ununterbrochene Stammreihe beginnt. Später bildeten sich eine sächsische, eine schlesische und eine brandenburgische Linie. Besonders weit verzweigt war die Familie in Schlesien, Böhmen und Brandenburg.
Als Stammvater der schlesischen Linie gilt der 1657 geborene Ernst Leonhard, der einer Chronik aus Liegnitz zufolge ein Mann gewesen sei, “in dessen schönem Leibe ein recht edler Geist wohnte”. Nach einer Laufbahn im Dienste der Herzöge von Holstein-Plön und der Landstände des Herzogtums Brieg verstarb er im Februar 1721.
Die schlesischen Tschirschkys waren ursprünglich sehr begütert. Während des Dreißigjährigen Krieges und der Befreiungskriege gingen ihnen viele Besitzungen verloren, so dass ihnen im 19. Jahrhundert nur der Stammsitz Kobelau – etwa tausend Morgen im späteren Kreis Frankenstein – blieb.
Günther von Tschirschky (* 21. Juni 1860; † 1914), der nach dem Unfalltod seines älteren Bruders in die Erbfolge aufgerückt war, heiratete 1887 Johanna Gräfin von Limburg-Stirum (1866–1943). Aus der Ehe gingen acht Kinder hervor, darunter der Offizier Bernhard von Tschirschky, der Eleve Hans Adam von Tschirschky, die Hofdame Sibylla von Tschirschky und der Diplomat Fritz Günther von Tschirschky. 1904 übernahm Günther von Tschirschky auch die Besitzungen des Vaters seiner Ehefrau, des Politikers und Diplomaten Friedrich zu Limburg-Stirum, in Bromberg in Posen. Die Herrschaft Lobsens bestand aus den vier Gütern Buchen, Eberspark, Tatay und Lobsonka und umfasste zehntausend Morgen und große Waldbestände. Das Gutshaus verlegte Tschirschky ins zentrale Gut Buchen.
Wappen
Das Stammwappen zeigt in Rot einen vorwärts gekehrten schwarzen Büffelkopf mit goldenem Nasenring. Auf dem Helm mit rot-silbernen Decken zwei silberne Büffelhörner.
- Wappen derer von Tschirschky in Siebmachers Wappenbuch ca. 1701
- Wappen derer von Tschirschky (1847 Leonhard Dorst)
- Wappen derer von Tschirschky im schlesischen Wappenbuch
Bekannte Vertreter
Ein bekannter Vertreter der brandenburgischen Linie war Generalmajor Hans Wolfgang Levin von Tschirschky und Bögendorff (1864–1935), der als Kommandeur des 3. Garde-Ulanen-Regiments am Ersten Weltkrieg und an den Freikorpskämpfen im Baltikum teilnahm.
Als der prominenteste Vertreter der sächsischen Linie gilt Heinrich Leonhard von Tschirschky und Bögendorff (1858–1916), der als kaiserlich-deutscher Diplomat von 1909 bis 1916 den Posten des deutschen Botschafters in Österreich-Ungarn bekleidete.
Der schlesischen Linie entstammten der Offizier Bernhard von Tschirschky sowie der Diplomat Fritz Günther von Tschirschky.
Weitere Persönlichkeiten:
- Bernhard Hans Levin von Tschirschky und Bögendorff (1862–1930), preußischer Landrat des Kreises Zauch-Belzig[2]
- Bernhard von Tschirschky und Bögendorff (1888–1916), preußischer Marineoffizier, Kommandeur, Marineattaché im osmanischen Reich[3]
- Ernst Richard von Tschirschky und Bögendorff (1822–1904), preußischer Offizier und Kommandeur des Herzoglich Braunschweigischen Infanterie-Regiments Nr. 92
- Friedrich August Albrecht von Tschirschky (1792–1799), preußischer Generalmajor, Kommandeur der Zitadelle Wesel
- George Heinrich von Tschirsky, preußischer Landrat (1770–1785) des Landkreises Falkenberg O.S.
- Heinrich Friedrich Levin von Tschirschky und Bögendorff (1828–1852), preußischer Landrat des Kreises Zauch-Belzig
- Carl Wilhelm von Tschirschky (1735–1803), preußischer Generalmajor
- Carl Otto Heinrich von Tschirschky und Bögendorff (1802–1833), preußischer Offizier, Erweckungsprediger, Pietist, Separatist
- Otto Julius von Tschirschky und Bögendorff (1852–1861), preußischer Landrat des Kreises Zauch-Belzig
- Julius Friedrich von Tschirschky und Bögendorff (1737–1814), seit 1774 Herr von Peilau-Schlössel
- Benno von Tschirschky-Reichell (1810–1878), Gutsbesitzer Gut Schlanz und preußischer Politiker
- Adolf von Tschirschky und Bögendorff (1828–1893), sächsischer Generalleutnant
- Mortimer von Tschirschky (1844–1908), deutscher Majoratsherr und Parlamentarier
Besitzungen der Familie
- 1914 Gut Kobelau / Kobyla Głowa
- 1920 Gut Kunsdorf / Podlésie Niemcza
- 1700 Schloss Groß-Wilkau / Wilków Wielki
- 2013 Schloss Arnsdorf / Miłkowice
- 1900 Schloss Pristram / Przystronie
- 1800 Schloss Peilau-Gladishof / Piława Górna
- 1815 Schloss Nieder Peilau / Piława Dolna
- 1860 Schloss Kittelau / Kietlin
- 1860 Gut Schlanz / Kobierzyce
- 2014 Gutshof Klein Glien
Literatur
- Genealogisches Handbuch des Adels, Adelslexikon Band XV, Band 134 der Gesamtreihe, S. 60–62, C. A. Starke Verlag, Limburg (Lahn) 2004, ISSN 0435-2408
- Ernst Heinrich Kneschke: Die Wappen der deutschen freiherrlichen und adeligen Familien in genauer, vollständiger und allgemein verständlicher Beschreibung. Mit geschichtlichen und urkundlichen Nachweisen. Band 3, Leipzig 1856, S. 422–423
- Ernst Heinrich Kneschke: Neues allgemeines deutsches Adels-Lexicon. Band 9, Leipzig 1870, S. 300–302
- Gothaisches genealogisches Taschenbuch der freiherrlichen Häuser auf das Jahr 1858. Achter Jahrgang, S. 777ff Tschirschky-Reichell
Weblinks
- Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen 727) Das Wappen der Herren von Tschirschky., Band 2, Dresden 1874, S. 115–116; Quelle: Zenodot Verlagsgesellschaft mbH; Lizenz: Gemeinfrei
- Leopold von Zedlitz-Neukirch: Neues preußisches Adelslexicon oder genealogische und diplomatische Nachrichten, Leipzig 1837, S. 281: die Herren von Tschirschky
Einzelnachweise
- Staatsarchiv Breslau, Schlesische Regesten 4816
- Heimatverein Treuenbrietzen «Geschichte und Geschichten aus der Mark»: Ein Landrat als dritter Ehrenbürger
- Marineattaché, Books LLC, Wiki Series, Memphis USA, 2011, S. 5